Vorblatt

Problem:

Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik werden gegenwärtig nur durch die vorläufige Weiteranwendung des Abkommens mit der ehemaligen Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik geschützt.

Ziel:

Durch das Abkommen soll die auf Grund der Überschneidung der nationalen Steuerrechte Österreichs und Tschechiens bewirkte Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen beseitigt und im üblichen Ausmaß die Möglichkeit einer Amtshilfeunterstützung bei der steuerlichen Sachverhaltserhebung erwirkt werden.

Inhalt:

Das neue Doppelbesteuerungsabkommen orientiert sich inhaltlich an Grundsätzen, die vom Fiskalausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet wurden und mittlerweile internationale Anerkennung gefunden haben.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch das Abkommen werden die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen in einer dem modernen Stand des zwischenstaatlichen Steuerrechts adäquaten Weise steuerlich geschützt und es wird damit die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich verbessert.

Finanzielle Auswirkungen:

Negative finanzielle Auswirkungen des Abkommens auf den Bundeshaushalt sowie auf andere Gebietskörperschaften sind nicht zu erwarten. Das Abkommen hat keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben, da die Mitgliedstaaten weiterhin grundsätzlich zum Abschluss solcher Abkommen zuständig sind. Ein den Gegenstand des Abkommens abdeckendes Übereinkommen der EU besteht nicht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gem. Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil:

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ist ein gesetzändernder Staatsvertrag und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Überdies ist gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, da Angelegenheiten geregelt werden, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen. Das Abkommen hat nicht politischen Charakter und enthält weder verfassungsändernde noch verfassungsergänzende Bestimmungen. Alle seine Bestimmungen sind zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich ausreichend determiniert, sodass eine Beschlussfassung gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.

Mit der Tschechischen Republik wird nach wie vor das noch vor der Loslösung der Slowakei mit der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik in der kommunistischen Ära abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen angewendet, allerdings nur auf vorläufiger Basis bis zum Zustandekommen eines eigenständigen neuen Vertrages (siehe Abschn. I Z. 3 des Notenwechsels BGBl. Nr. 1046/94). Diese Gegebenheiten sowie das Erfordernis, den weiteren Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu Tschechien auf der Grundlage des heutigen Entwicklungsstandes des internationalen Steuerrechs bestmöglich zu fördern, haben zum Abschluss eines eigenständigen Doppelbesteuerungsabkommens mit Tschechien genötigt.

Erste Verhandlungen wurden vom 7. bis 9. April 1999 in Prag aufgenommen und vom 28. November bis 1. Dezember 2000 in Wien fortgesetzt.  Wegen einiger ungeklärter offener Fragen wurde das Abkommensprojekt bis zur Einigung über das deutsch-tschechische Vertragsverhältnis zurückgestellt. Bei Verhandlungen in Prag am 14. und 15. Juli 2005 konnte schließlich Einigung in den offenen Fragen erzielt werden und es wurde das Abkommen in englischer Sprache paraphiert.

Das Abkommen folgt in größtmöglichem Umfang, d.h. soweit dies mit den wesentlichen außensteuerlichen Positionen der beiden Staaten vereinbar ist, den Regeln des OECD-Musterabkommens aus dem Jahr 1992 (idF 2003).

Besonderer Teil:

Zu Artikel 1:

Das Abkommen ist ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit auf natürliche und juristische Personen anzuwenden, die in einem der beiden Staaten gemäß Art. 4 ansässig sind.

Zu Artikel 2:

In sachlicher Hinsicht gilt das Abkommen für die in beiden Vertragsstaaten in Geltung stehenden oder künftig erhobenen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Zu Artikel 3:

Dieser Artikel enthält die in Doppelbesteuerungsabkommen üblichen OECD-konformen Begriffsumschreibungen.

Zu Artikel 4:

Diese Bestimmungen enthalten in Abs. 1 die OECD-Grundsätze für die Umschreibung des Begriffes der Ansässigkeit. Die Absätze 2 und 3 sehen die OECD-konformen Lösungen für Ansässigkeitskonflikte bei natürlichen Personen (Abs. 2) und bei juristischen Personen (Abs. 3) vor.

Zu Artikel 5:

Dieser Artikel beinhaltet die Definition des Begriffes der „Betriebstätte“. In OECD-konformer Weise versteht man unter dem Begriff „Betriebstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung für die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit als auch für die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit.

Bei Bauausführungen oder Montageleistungen beträgt die Frist zur Begründung einer Betriebstätte 12 Monate. Auch Dienstleistungen mit einer 6 Monate übersteigenden Dauer (zu berechnen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten) führen zum Entstehen einer Betriebstätte; dies entspricht einem Vorbehalt, den Tschechien gegenüber dem OECD-Musterabkommen eingelegt hat. Im Schlussprotokoll wird aber sichergestellt, dass Dienstleistungen in Form von Gütertransporten nicht als betriebstättenbegründend angesehen werden dürfen.

Zu Artikel 6:

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen in dem Staat besteuert, in dem sich das betreffende Vermögen befindet.

Zu Artikel 7:

Für die Aufteilung der Besteuerungsrechte an gewerblichen Gewinnen und Gewinnen aus einer freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit gilt die allgemein anerkannte OECD-Regel, derzufolge Gewinne, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats aus dem anderen Vertragsstaat bezieht, dort nur insoweit besteuert werden dürfen, als sie einer in diesem Staat gelegenen Betriebstätte zurechenbar sind. Hierfür sind der Betriebstätte jene Gewinne zuzurechnen, die sie unabhängig von dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, hätte erzielen können (Fremdverhaltensgrundsatz).

Zu Artikel 8:

Diese Bestimmung sieht in Anlehnung an die international übliche Zuteilung der Besteuerungsrechte vor, dass Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen und Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr nur in dem Staat besteuert werden dürfen, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Zu Artikel 9:

Dieser Artikel befasst sich mit verbundenen Unternehmen (Mutter- und Tochtergesellschaften sowie Gesellschaften unter gemeinsamer Kontrolle). Er sieht in OECD-konformer Weise vor, dass in diesen Fällen die Steuerbehörden eines Vertragsstaats Gewinnberichtigungen vornehmen dürfen, wenn wegen der besonderen Beziehungen zwischen den Unternehmen nicht die tatsächlichen steuerlichen Gewinne ausgewiesen werden.

Zu Artikel 10:

Das Besteuerungsrecht für Dividenden wird in Abs. 1 in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem der Dividendenempfänger ansässig ist (Wohnsitzstaat). Das Besteuerungsrecht des Quellenstaats wird bei Portfoliodividenden auf 10 % beschränkt, während im Fall von Schachteldividenden bei einem Beteiligungsverhältnis von mindestens 10 % der Ansässigkeitsstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht hat (Abs. 2 lit. b).

Die in Abs. 3 vorgesehene Definition des Begriffs Dividende entspricht dem OECD-Musterabkommen. Der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen. Abs. 5 schließt die so genannte „extraterritoriale Dividendenbesteuerung“ aus.

Zu Artikel 11:

Das ausschließliche Besteuerungsrecht für Zinsen wird dem Wohnsitzstaat des Zinsenempfängers zugewiesen (Abs. 1). Die in Abs. 2 vorgesehene Definition des Begriffs „Zinsen“ ist OECD-konform. Der in Abs. 3 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen.

Zu Artikel 12:

Das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren wird OECD-konform dem Wohnsitzstaat des Lizenzgebührenempfängers zugewiesen (Abs. 1). Ein Besteuerungsrecht des Quellenstaats besteht nur für die in Abs. 3 lit. a angeführten Lizenzgebühren und ist auf 5 % beschränkt. Dem Verlangen Tschechiens, ein 10%iges Besteuerungsrecht zu erlangen, wurde insoweit Rechnung getragen, als eine solche Anhebung unter der Voraussetzung stattfindet, dass Tschechien dies gegenüber allen EU-Staaten  durchsetzt (siehe Schlussprotokoll). Die in Abs. 3 lit. b angeführten Lizenzgebühren dürfen nur im Wohnsitzstaat besteuert werden.

Der Lizenzgebührenbegriff wird in Abs. 3 definiert und ist im Wesentlichen OECD-konform. Es fallen jedoch auch Zahlungen für Rechte an industriellen, gewerblichen oder wissenschaftlichen Ausrüstungen unter den Lizenzgebührenbegriff.

Der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen.

Zu Artikel 13:

Dieser Artikel enthält in Übereinstimmung mit dem OECD-Musterabkommen die üblichen Regelungen für die Besteuerung der Gewinne aus Vermögensveräußerungen.

Zu Artikel 14:

Nach Art. 14 werden private Aktivbezüge, das sind Aktivbezüge, die nicht unter Art. 18 fallen, im Allgemeinen in jenem Staat besteuert, in dem die betreffende Tätigkeit ausgeübt wird. Art. 14 Abs. 2 enthält hierbei die Ausnahmebestimmung für kurzfristige Auslandstätigkeiten (183 Tage). In Abs. 3 wird festgelegt, welche Tage in die Berechnung der 183-Tage-Regel miteinbezogen werden; dies weicht insoweit von den OECD-Regelungen ab, als auch Abwesenheiten aus Anlass von Auslandsdienstreisen oder Wochenendheimfahrten in die Frist eingerechnet werden.

Zu Artikel 15:

Das Besteuerungsrecht für Aufsichtsratsbezüge wird entsprechend dem OECD-Musterabkommen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem die Gesellschaft, die die Aufsichtsratsbezüge auszahlt, ihren Sitz hat.

Zu Artikel 16:

Für die Besteuerung der Künstler und Sportler werden die OECD-Grundsätze übernommen. Darnach steht jenem Staat das Besteuerungsrecht zu, in dem der Künstler oder Sportler persönlich auftritt (Abs. 1). Dieses Quellenbesteuerungsrecht geht auch dadurch nicht verloren, dass die Einkünfte nicht unmittelbar dem Künstler oder Sportler sondern einem zwischengeschalteten Rechtsträger zufließen.

Zu Artikel 17:

Gemäß Art. 17 Abs. 1 wird das Besteuerungsrecht für private Ruhebezüge (das sind solche die nicht unter Art. 18 fallen) dem Wohnsitzstaat zugewiesen. Nach Abs. 2 dürfen bestimmte Entschädigungs- oder Restitutionszahlungen in keinem Vertragsstaat besteuert werden. Nur im auszahlenden Vertragsstaat dürfen die unter Abs. 3 fallenden Entschädigungszahlungen besteuert werden. Abs. 4 legt fest, dass Unterhaltszahlungen nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden dürfen, außer sie sind im anderen Vertragsstaat abzugsfähig.

Zu Artikel 18:

Aktiv- und Ruhebezüge, die aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, dürfen gemäß den in Art. 18 übernommenen OECD-Grundsätzen im Allgemeinen nur in jenem Staat besteuert werden, in dem sich die auszahlende öffentliche Kasse befindet. Diese Regelung steht unter Ortskräftevorbehalt (Abs. 1 lit. b) und unter dem Vorbehalt erwerbswirtschaftlicher Betätigungen der öffentlichen Hand (Abs. 3).

Zu Artikel 19:

Durch diese Bestimmung werden auf OECD-Basis die den Auslandsstudenten aus dem Ausland zufließenden Zuwendungen steuerfrei gestellt.

Zu Artikel 20:

Dieser Artikel sieht in OECD-konformer Weise vor, dass dem Wohnsitzstaat des Einkommensempfängers das Besteuerungsrecht an allen Einkünften zugewiesen wird, für die im Abkommen keine besondere Zuteilungsregel vorgesehen ist.

Zu Artikel 21:

Unbewegliches Vermögen (Abs. 1) und bewegliches Betriebsvermögen (Abs. 2) darf in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liegt bzw. in dem sich die Betriebstätte befindet, der das Vermögen zugehört.

Abs. 3 stellt eine korrespondierende Bestimmung zu Art. 8 dar, derzufolge Seeschiffe und Luftfahrzeuge, die im internationalen Verkehr eingesetzt sind, sowie zugehörige bewegliche Vermögenswerte nur in jenem Staat besteuert werden dürfen, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Alle übrigen Vermögensteile (Abs. 4) einer Person sind ausschließlich in dem Vertragsstaat zu besteuern, in dem diese Person ansässig ist.

Durch die Abschaffung der Vermögensbesteuerung in Österreich hat dieser Artikel auf österreichischer Seite nur mehr untergeordnete Bedeutung.

Zu Artikel 22:

In diesem Artikel werden die Methoden festgelegt, nach denen die Doppelbesteuerung vermieden wird:

Österreich wendet hierbei auf OECD-Grundlage die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt in Bezug auf steuerfreizustellende Einkünfte an. Die Tschechische Republik wendet auf OECD-Grundlage die Anrechnungsmethode an.

Allerdings hat sich Österreich im Schlussprotokoll das Recht auf einen Methodenwechsel zum Anrechnungsverfahren gesichert. Dies wäre z.B. von Bedeutung, wenn die Anwendung des Befreiungssystems wirtschaftsstörende Effekte in Österreich bewirken würde, z.B. bei rein steuerlich motivierten Betriebsabsiedelungen und/oder Arbeitskräfteabwanderungen als Grenzgänger.

Zu Artikel 23:

Dieser Artikel enthält die OECD-konformen Regelungen über das Verbot von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Abs. 1) oder der Kapitalbeteiligung (Abs. 4). Desgleichen ist eine Diskriminierung von Betriebstätten ausländischer Unternehmen gegenüber inländischen Unternehmen untersagt (Abs. 2). Das Diskriminierungsverbot gilt für Steuern jeder Art und Bezeichnung (Abs. 5).

Zu Artikel 24:

Die Vorschriften dieses Artikels enthalten die üblichen Grundsätze über das in Streit- oder Zweifelsfällen durchzuführende Verständigungsverfahren.

Zu Artikel 25:

Durch diesen Artikel verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten, alle Auskünfte auszutauschen, die für die richtige Durchführung des Abkommens oder des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten betreffend die vom sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens erfassten Steuern erforderlich sind („großer“ Informationsaustausch).

Zu Artikel 26:

Dieser Artikel regelt in klarstellender Weise das Verhältnis des Doppelbesteuerungsabkommens zu den völkerrechtlich privilegierten Personen.

Zu Artikel 27 und 28:

Diese Bestimmungen betreffen den zeitlichen Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens.

Protokoll:

Zu Artikel 5:

Es wird festgehalten, dass Beförderungen von Waren nicht als Dienstleistung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 lit. b anzusehen sind.

Zu Artikel 12:

Sollte die Tschechische Republik ein Übereinkommen mit allen anderen Mitgliedstaaten der EU erzielen, dass Lizenzgebühren im Sinne des Art. 12 Abs. 3 lit. a dieses Abkommens mit 10 % des Bruttobetrags im Quellenstaat besteuert werden dürfen, so gilt dies auch für Zwecke dieses Abkommens.

Zu Artikel 22:

Österreich kann aufgrund einer Verordnung gemäß § 48 BAO in bestimmten Fällen die Anrechnungsmethode anwenden, wenn dies im öffentlichen Interesse Österreichs gelegen ist.