1583 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

betreffend den neunundzwanzigsten Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2005) (III-202 der Beilagen)

Im Kalenderjahr 2005 wurde die Volksanwaltschaft in 16.133 Fällen in Anspruch genommen. 10.796 Beschwerden betrafen den Bereich der Verwaltung. Es wurde in 6.569 Fällen ein Prüfungsverfahren eingeleitet. Bei den verbleibenden 4.227 Beschwerden waren die behördlichen Verfahren noch nicht abgeschlossen oder es stand den Beschwerdeführern ein Rechtsmittel (Rechtsbehelf) noch offen. In 68 Fällen wurde ein amtswegiges Prüfungsverfahren eingeleitet.

Insgesamt konnten im Berichtsjahr 7.891 Prüfungsverfahren abgeschlossen werden, wobei es in 10 besonders schwerwiegenden Fällen einer formellen Empfehlung und in 16 Fällen einer Missstandsfeststellung und in einem Fall einer Verordnungsanfechtung in Form eines Kollegialbeschlusses bedurfte.

Dem Berichtsteil über die Ressorts ist ein Grundrechtsteil angefügt, der die Wahrnehmungen der Volksanwaltschaft auf dem Gebiet der Gesetzgebung und Vollziehung im Bereich ausgewählter Grundrechtsmaterien enthält. Da das Netz an völkerrechtlichen- bzw. gemeinschaftsrechtlichen- und nationalen Instrumenten zur Bekämpfung und Überwindung der Diskriminierung immer engmaschiger wird, werden in diesem Berichtsteil erstmals auch im Jahr 2005 geführte Prüfungsverfahren gesondert dargestellt.

Prüfungen sollen in Hinkunft durch gezielte Zusammenarbeit mit NGO´s ausgedehnt werden, die aus ihrer Wahrnehmung reiches Anschauungsmaterial zur Verfügung stellen können.

Die Volksanwaltschaft unterstützt die wesentlichsten Ziele des Aktionsprogramms der EU und des Europarates zur Bekämpfung von Diskriminierung, die darin bestehen, die Bekämpfung von Rassismus zu einer Querschnittsaufgabe der gesamten europäischen Politik zu machen und einer Partnerschaft zwischen den europäischen Institutionen und sämtlichen nationalen Akteuren, sowohl auf der Ebene der Regierungen als auch auf Nichtregierungsebene zu fördern.

Abgeleitet von den Antidiskriminierungsrichtlinien der EU ergibt sich, dass die Volksanwaltschaft als nationale Ombudsmann-Einrichtung eine profilierte, unabhängige, kostenlose und niederschwellige Anlaufstelle für Diskriminierungsopfer zur Verfügung zu stellen hat und jede „unsachliche Diskriminierung“ durch Vollzugsorgane selbst sowie die Weigerung, dagegen wirksam mit allen zu Gebote stehenden Mitteln einzuschreiten, als „Missstand“ gemäß Art. 148a B-VG zu qualifizieren sind.

Die vertiefte Auseinandersetzung mit Fragen der Antidiskriminierung allein auf Grundlage der einschlägigen EU-Richtlinien und deren nationaler Umsetzung gestaltet sich juristisch wie materiell hoch komplex, weil es zum einen keine Rechtsprechung der Überwachungsorgane der EMRK gibt und zum anderen verbotene indirekte Diskriminierungen zumeist nur spezifisch durch Gutachten aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen, aussagekräftigem statistischem Datenmaterial usw. zu Tage treten und gesondert untermauert werden müssen.

Internationale Kooperationen der EU und des Europarates mit europäischen Ombudsmann-Einrichtungen zeigen, dass der Diskriminierungsschutz einen hohen Stellenwert hat. Seit etwa 50 Jahren geht das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) in über 170 Ländern Partnerschaften mit Regierungen, Kontrolleinrichtungen und Menschen ein, um Informationen darüber zu sammeln, welche praktischen Kenntnisse sie benötigen und das dort verfügbare Wissen an andere weiterzugeben. UNDP Bratislava Center ist an die Volksanwaltschaft als Sitz des IOI Europa herangetreten und hat den Wunsch wie das Interesse an einem langfristigen Transfer von Know-How in Zusammenarbeit mit Ombudsmann-Einrichtungen in den GUS-Staaten herangetragen. Die Volksanwaltschaft steht damit vor einer Herausforderung, für die sie organisatorisch wie budgetär die Unterstützung des Nationalrates und des Bundesrates benötigt.

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Bericht der Volksanwaltschaft in seiner Sitzung am 4. Juli 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Peter Marizzi, Mag. Terezija Stoisits, Markus Fauland, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Elisabeth Grossmann, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl und DDr. Erwin Niederwieser sowie die Volksanwälte Rosemarie Bauer und Dr. Peter Kostelka.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den neunundzwanzigsten Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2005) (III-202 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2006 07 04

                           Mag. Hans Langreiter                                                        Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann