1602 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (1438 der Beilagen): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen.

Die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (BGBl. Nr. 443/1982) hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter, wobei die Art. 1 bis 4 verfassungsändernd bzw. verfassungsergänzend sind. Sie wurde deshalb gemäß Art. 50 Abs. 1 und 3 B-VG vom Nationalrat genehmigt. Daher bedarf auch die Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen der parlamentarischen Genehmigung gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Die Erklärung hat nicht politischen Charakter und ist nicht verfassungsändernd oder verfassungsergänzend. Der Nationalrat hat anlässlich der Genehmigung der Konvention beschlossen, dass diese gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Ein Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG ist für die Erklärung jedoch nicht erforderlich. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Anlässlich der Ratifikation der Konvention hat Österreich einen Vorbehalt zu Art. 7 lit. b der Konvention in Bezug auf militärische Dienstleistungen und zu Art. 11 der Konvention in Bezug auf das Verbot der Nachtarbeit von Frauen und den besonderen Arbeitnehmerschutz von Frauen erhoben. Art. 11 enthält ein Gebot zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau und lässt eine differenzierte Behandlung nur aus Schutzgründen im Falle der Mutterschaft zu.

Nach der Einführung des Bundesgesetzes über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer (BGBl. I Nr. 30/1998) konnte Österreich am 11. September 2000 seinen Vorbehalt zu Art. 7 lit. b der Konvention zurückziehen (BGBl. III Nr. 183/2000).

Nunmehr sind auch die Beschränkungen hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen beseitigt worden. Mit BGBl. I Nr. 122/2002 wurde das Bundesgesetz vom 25. Juni 1969 über die Nachtarbeit der Frauen, BGBl. Nr. 237/1969, das ein generelles Frauennachtarbeitsverbot vorsah, aufgehoben und die Nachtarbeit im Arbeitszeitgesetz geschlechtsneutral geregelt.

Nachtarbeitnehmer/innen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sind Arbeitnehmer/innen, die regelmäßig oder sofern der Kollektivvertrag nichts anderes vorsieht, in mindestens 48 Nächten im Kalenderjahr während der Nacht mindestens drei Stunden arbeiten; als Nacht gilt die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr (§ 12a Abs. 1 und 2 AZG). Nachtschwerarbeiter/innen sind Nachtarbeitnehmer/innen, die Nachtarbeit unter den in Art. VII Abs. 2, einer Verordnung nach Artikel VII Abs. 3 oder eines Kollektivvertrages gemäß Art. VII Abs. 6 NSchG genannten Bedingungen leisten (§ 12a Abs. 3).

Grundsätzlich darf die durchschnittliche Arbeitszeit für Nachtschwerarbeiter/innen an Nachtarbeitstagen innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 26 Wochen einschließlich der Überstunden acht Stunden nur dann überschreiten, wenn dies durch Normen kollektiver Rechtsgestaltung zugelassen wird. In diesen Fällen gebühren zusätzliche Ruhezeiten (§ 12a Abs. 5 AZG).

Alle Nachtarbeitnehmer/innen haben Anspruch auf unentgeltliche Untersuchungen des

Gesundheitszustandes gemäß § 51 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (§ 12b AZG).

Alle Nachtarbeitnehmer/innen haben auf Verlangen Anspruch gegenüber den Arbeitgeber/innen auf Versetzung auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz entsprechend den betrieblichen Möglichkeiten bei Gesundheitsgefährdung und wenn unbedingt notwendige Betreuungspflichten gegenüber Kindern bis zu zwölf Jahren dies erfordern (§ 12c AZG).

Arbeitgeber/innen haben sicherzustellen, dass Nachtarbeitnehmer/innen über wichtige Betriebsgeschehnisse, die die Interessen der Nachtarbeitnehmer/innen berühren, informiert werden (§ 12d AZG).

Mit der geschlechtsneutralen Regelung der Nachtarbeit wurde auch Art. 5 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. Nr. L 39 vom 14.2.1976, S. 40) entsprochen. Zuvor war Österreich an das ILO-Übereinkommen (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen aus 1919 und an das ILO-Übereinkommen (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe sowie dessen Neufassung gebunden, die ein grundsätzliches Nachtarbeitsverbot für Frauen vorsehen. Diese Übereinkommen wurden zum damals frühest möglichen Kündigungstermin 2001 gekündigt (BGBl. III Nr. 208/2001 bzw. BGBl. III Nr. 209/2001).

In Anbetracht der durch die Aufhebung des Frauennachtarbeitsverbotes und geschlechtsneutralen Regelung der Nachtarbeit geschaffenen Rechtslage ist es nunmehr rechtlich möglich, den Vorbehalt Österreichs betreffend die Nachtarbeit durch eine Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zurückzuziehen.

Es handelt sich dabei um eine teilweise Zurückziehung, da der Vorbehalt zu Art. 11 der Konvention betreffend den „besonderen Arbeitnehmerschutz von Frauen“ aus folgendem Grund aufrecht bleiben muss: Die Verordnung über Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Arbeitnehmerinnen, BGBl. II Nr. 356/2001, enthält noch einige wenige Beschäftigungsverbote bzw. -beschränkungen für Arbeitnehmerinnen, die auf Grund der geschlechterspezifischen Unterschiede zum Schutz von Frauen unbedingt erforderlich und wissenschaftlich begründbar sind. Es handelt sich dabei um das Verbot der Beschäftigung im untertägigen Bergbau, das 2007 nach Kündigung des entsprechenden ILO-Übereinkommens aufgehoben wird, das Verbot der Beschäftigung bei einer Bleiexposition von mehr als 0,02 mg/m³ sowie das Verbot der Beschäftigung mit Arbeiten mit besonderer physischer Belastung.

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 5. Juli 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Herbert Scheibner, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Dr. Michael Spindelegger sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1438 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2006 07 05

                                Carina Felzmann                                                          Dr. h.c. Peter Schieder

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann