1603 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (1442 der Beilagen): Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial.

Die Änderung des Übereinkommens hat gesetzändernden bzw. gesetzergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Sie enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Ein Beschluss des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG ist nicht erforderlich, weil die Änderung des Übereinkommens in Zusammenschau mit bestehendem österreichischem Recht einer Anwendung zugänglich ist. Da durch die Änderung keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises der Länder geregelt werden, bedarf sie keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial, BGBl. Nr. 53/1989. Das Übereinkommen regelt die Verpflichtungen der Staaten bezüglich der Sicherung im Zusammenhang mit internationalen Transporten von Kernmaterial sowie Strafverfolgungsfragen. Nach mehrjährigen Verhandlungen konnten auf der Vertragsstaatenkonferenz im Juli 2005 eine – unter österreichischer Federführung erarbeitete – Änderung angenommen werden (zur österreichischen Delegationsvollmacht vgl. Pkt. 11 des Beschl. Prot. Nr. 98 über die Sitzung des Ministerrates am 28. Juni 2005). Die Änderung erweitert insbesondere den Anwendungsbereich des Übereinkommens auf Kernanlagen und den innerstaatlichen Umgang mit Kernmaterial.

Bisher haben lediglich drei Staaten (Turkmenistan, Seychellen und Bulgarien) die Änderung des Übereinkommens ratifiziert bzw. angenommen. Österreich sollte während seines EU-Ratsvorsitzes eine Vorreiterrolle im weiteren Prozess der Ratifikation der Änderung des Übereinkommens einnehmen.

Die  Änderung des Übereinkommens verpflichtet die Vertragsstaaten, ein nationales System zum physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen zu errichten und aufrechtzuerhalten. Ein Katalog von „Zielen und Grundsätzen“ beschreibt die notwendigen Elemente eines solchen nationalen Systems. Die Änderung des Übereinkommens fügt einen neuen Art. 2A ein, der insbesondere im Grundsatz H (Abgestufter Ansatz) bestimmt, dass die Anforderungen des physischen Schutzes auf einem abgestuften Ansatz gegründet sein sollen, der die aktuelle Bedrohungsbewertung, die relative Attraktivität, die Beschaffenheit des Materials und die mit der unbefugten Verbringung von Kernmaterial und mit Sabotageakten gegen Kernmaterial oder Kernanlagen verbundenen möglichen Folgen berücksichtigt. Grundsatz K (Notfallpläne) legt darüber hinaus fest, dass von allen Genehmigungsinhabern und betroffenen Behörden Notfallpläne erarbeitet und auf geeignete Weise geübt werden sollen, um auf die unbefugte Verbringung von Kernmaterial oder auf Sabotageakte gegen Kernanlagen oder Kernmaterial oder Versuche dieser Handlungen reagieren zu können.

Die Änderung des Übereinkommens tritt gemäß Art. 20 des Übereinkommens nach der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung der Änderung durch zwei Drittel der Vertragsstaaten in Kraft; eine Unterzeichnung der Änderung ist in dieser Bestimmung nicht vorgesehen.

Die Verpflichtungen aus der Änderung des Übereinkommens sind bereits durch das Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992, bzw. durch § 177 b StGB umgesetzt; im Bereich der innerbetrieblichen Maßnahmen zur Vermeidung der unbefugten Entfernung von Kernmaterial auch durch das Strahlenschutzgesetz, BGBl. Nr. 227/1969 idgF.

Das Übereinkommen ist ein sogenanntes „Gemischtes Abkommen“, dem auch die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) als Vertragspartei angehört; dies ist auch bei der Änderung des Übereinkommens vorgesehen.

Die Übersetzung der Änderungen des Übereinkommens ins Deutsche wurde auf einer im Februar 2006 von Österreich organisierten Übersetzungskonferenz in Wien mit Vertretern Österreichs, Deutschlands und der Schweiz abgestimmt.

 

Hinsichtlich der Kundmachung des Staatsvertrages hat die Bundesregierung dem Nationalrat vorgeschlagen, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die arabische, chinesische, russische und spanische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 05. Juli 2006 in Verhandlung genommen.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Ebenso wurde einstimmig beschlossen, dass die arabische, chinesische, russische und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.      Der Abschluss des Staatsvertrages: Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial. (1442 der Beilagen) wird genehmigt.

2.      Die arabische, chinesische, russische und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages sind gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Wien, 2006 07 05

                       Dr. Vincenz Liechtenstein                                                  Dr. h.c. Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann