1620 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 436/A(E) der Abgeordneten Maga. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuständigkeit zur bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug

Die Abgeordneten Maga. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 09. Juli 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Grünen haben eine Gesetzesinitiative zur Ausweitung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug eingebracht. Darin werden im wesentlichen folgende Änderungen in § 46 StGB vorgeschlagen:

·       Überlegungen, ob die Strafe weiter vollzogen werden muss, um andere von strafbaren Handlungen abzuhalten (Generalprävention), sollen – so wie in Deutschland und der Schweiz – keine Rolle mehr spielen.

·       Nach Verbüßen von zwei Drittel der Strafe muss die bedingte Entlassung die Regel sein. Ausnahmen gibt es nur bei einer erhöhten Rückfallgefahr zu schweren Gewalttaten oder gemeingefährlichen Delikten.

·       Da die bedingte Entlassung nichts mit einer neuerlichen Strafzumessung zu tun hat sondern die letzte Phase des Strafvollzuges bildet, sollen darüber nicht mehr die Vollzugsgerichte, sondern Strafvollzugskommissionen (StaatsanwältIn, Vollzugsbedienstete und SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe) entscheiden.
Da wir der Überzeugung sind, dass derartig wichtige verfahrens- und organisationsrechtliche Bestimmungen einer besonderen Vorarbeit bedürfen und daher tunlichst nicht durch Initiativanträge vorbereitet werden sollen, bringen wir zugleich einen Entschließungsantrag ein, mit dem die Bundesministerin für Justiz aufgefordert wird, dem Nationalrat eine entsprechende Gesetzesvorlage zuzuleiten.

·       Auch bei besonderen Risikogruppen erfolgt die bedingte Entlassung grundsätzlich spätestens nach fünf Sechstel der Strafe, damit Hilfe und Unterstützung durch die Bewährungshilfe geleistet werden kann (und damit auch die Erteilung von Weisungen ermöglicht wird – denn wer seine Strafe bis zum letzten Tag absitzt, verlässt das Gefängnis „als freier Mann“). Nur ausnahmsweise und augrund besonders schwerwiegender Gründe soll von einer bedingten Entlassung nach fünf Sechstel abgesehen werden können.

Neben diesen Änderungen im materiellen Strafrecht sind aber begleitend auch verfahrensrechtliche Änderungen zur Ausweitung der bedingten Entlassung notwendig.

Da die bedingte Entlassung nichts mit einer neuerlichen Strafzumessung zu tun hat, sondern die letzte Stufe des Entlassungsvollzuges bildet, sollen darüber nicht mehr die Vollzugsgerichte, sondern eigene Strafvollzugskommissionen entscheiden. Sie sollen sich aus einem/einer StaatsanwältIn, einem/einer leitenden VollzugsbedienstetEn und einem/einer SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe zusammensetzen. Gegen ihre Entscheidung soll ein Rechtsmittel an eine Oberkommission, bestehend aus einem/einer RichterIn, einem/einer leitenden VollzugsbedienstetEn und einem/einer SozialarbeiterIn der Bewährungshilfe.

In unserem Initiativantrag wir vorgeschlagen, dass ein Rechtsbrecher, dem nach § 46 Abs. 2 StGB der Rest der Strafe nicht bedingt nachgesehen wurde, der Strafrest nach fünf Sechstel der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Strafe bedingt nachzusehen ist. In diesem Fall soll die bedingte Entlassung in Verbindung mit anderen Maßnahmen auszusprechen. Von der bedingten Entlassung könne nur abgesehen werden, wenn aus ganz besonders schwerwiegenden Gründen, die in der Person des Rechtsbrechers, seines Vorlebens, seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen und seiner Aufführung während der Vollstreckung liegen, zu befürchten ist, der Rechtsbrecher werde in Freiheit schwere Gewaltverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen begehen. Hier sind im Verfahrendrecht flankierende Maßnahmen notwendig: Eine Verweigerung der bedingten Entlassung nach Abs. 6 darf nur nach einer mündlichen Verhandlung verweigert werden. In dieser Verhandlung muss der/die Gefangene angehört und eine Stellungnahme aus dem bereich der Bewährungs- oder Entlassenenhilfe sowie des Anstaltsleiters besprochen werden.

Zur Einheitlichkeit des Verfahrensrechts sollte parallel zu den Änderungen bezüglich der bedingten Entlassung die Strafvollzugskommissionen auch für die Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme zuständig gemacht werden.

Derartig wichtige verfahrens- und organisationsrechtliche Bestimmungen bedürfen aber einer besondere Vorarbeit und –bereitung und sollen daher tunlichst nicht durch Initiativanträge vorbereitet werden. Gerade in Kernbereichen des Justizrechtes halten wir das für eine sinnvolle und sachgerechte Tradition. Daher bringen wir keinen Initiativantrag ein, sondern fordern wir die Bundesministerin für Justiz auf, dem Nationalrat eine entsprechende Gesetzesvorlage zuzuleiten.“

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 7. Juli 2006 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatterin im Ausschuss fungierte Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin der Abgeordnete Otto Pendl sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Franz Glaser gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2006 07 07

                                   Franz Glaser                                                     Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau