Anlage

 

Begründung

des Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006)

 

            I.  Die unterfertigten Bundesräte halten fest, dass ein funktionierendes Gesundheitssystem die Zusammenarbeit aller betroffenen Berufsgruppen, der Sozialversicherungen, der AnbieterInnen von Gesundheitsleistungen und der Politik braucht.

               Leider wird dieser Grundkonsens von der ÖVP-Bundesregierung nicht geteilt. Ein weiteres Beispiel für die unabgestimmte oktroyierte Vorgangsweise der Bundesregierung ist der Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (634/BNR).

          II.  Schon im Begutachtungsverfahren gab es massive Einwendungen der Bundesländer, die hier Auszugsweise wiedergegeben werden:

 

Tirol

„Die nunmehr neu aufgenommene Personengruppe „angehaltene bzw. vorläufig angehaltene Personen gemäß § 21 Abs. 1 StGB und § 429 Abs. 4 StPO“ wird traditionell systematisch den „forensischen Patien­ten“ zugeordnet. Durch die Aufnahme dieser Patientengruppe im § 38a Abs. 3 KAKuG wird eine aus medi­zinischer Sicht problematische Vermischung unterschiedlicher Patientengruppen intendiert.

 

Eine dadurch bewirkte Verschiebung der Kostentragung für den Strafrechtsvollzug zu Lasten der Krankenanstaltenträger bzw. der Länder ist dabei nicht auszuschließen.“

 

Niederösterreich

 

„§ 8a soll als grundsatzgesetzliche Bestimmung erlassen werden (Art. 12 Abs. 1 Z. 1 B-VG). Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung sind somit Landessache.

Die Kompetenz des Bundes nach Art. 12 Abs. 1 B-VG beschränkt sich aber nur auf die Aufstellung von Grundsätzen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bedeutet eine über die Aufstellung von Grundsätzen hinausgehende Regelung einen Eingriff in die Kompetenz des Landesgesetzgebers und ist somit verfassungswidrig (vgl. dazu bereits VfSIg. 3340, 3598, zuletzt 16.058).

Nach Ansicht der NÖ Landesregierung geht § 8a Abs. 4 des Entwurfes über die dem Bund zukommende Kompetenz hinaus. Es scheint zweifelhaft, ob die Vorgabe zur fachlichen und inhaltlichen Begleitung von Überwachungsmaßnahmen noch ein Grundsatz ist. Vielmehr ist sie eine sehr detaillierte Konkretisierung bzw. Ausführung des in § 8a Abs. 4 erster Satz enthaltenen Grundsatzes. Dies wird im Übrigen in den Erläuterungen selbst angeführt. Die genauen bundesgesetzlichen Vorgaben betreffend die Durchführung der Überwachung und insbesondere deren Dokumentation lassen für das Land aber keinen Raum mehr für die Gestaltung seiner Ausführungsgesetze. Die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Surveillance-System stellt keinen Grundsatz mehr dar. Im Übrigen ist unklar, worin der Unterschied zwischen „fachlicher" und „inhaltlicher" Begleitung liegt.

Der Bund überschreitet somit seine Kompetenzen im Rahmen der Grundsatzgesetzgebung (Art. 12 Abs. 1 B-VG).

§ 8a Abs. 4 verletzt somit die Kompetenz zur Ausführungsgesetzgebung der Länder und wird daher abgelehnt. Für den Fall, dass die § 8a Abs. 4 trotz der vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken beschlossen wird, wird die Abgeltung der damit verbundenen Mehrkosten gefordert.“

 

Burgenland

„Zu § 38a Abs. 3 KAKuG:

Die Aufnahme von geistig abnormen Rechtsbrechern nach § 21 Abs. 2 StGB und Tatverdächtigen nach § 429 Abs. 4 StPO in geschlossenen Abteilungen von Krankenanstalten wird als nicht durchführbar angesehen. Die Anhaltung psychisch Kranker nach dem UbG und jene nach dem StGB bzw. der StPO sind zwei völlig verschiedene Bereiche, die auch in der Praxis unterschiedlich zu behandeln sind.

Da es de facto keine geschlossenen Bereiche in den Krankenanstalten gibt, können in den kleinen dezentralen psychiatrischen Abteilungen nur kurzfristige Maßnahmen zur Durchführung der Anhaltung gesetzt werden. Eine geeignete Anhaltung von Rechtsbrechern ist nicht möglich. Weiters sind in den Krankenanstalten die für die Unterbringung von Rechtsbrechern notwendigen räumlichen und personellen Voraussetzungen nicht gegeben.

 

Zu § 59g Abs. 9 KAKuG:

Nach vorliegendem Gesetzesentwurf sind Vertreter des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, der Österreichischen Apothekerkammer, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Wirtschaftskammer Österreich als kooptierte Mitglieder des Bundes allein von der oder dem für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerin oder Minister zu entsenden, ohne die in der Kommission Vertretenen zu beteiligen. Diese Vorgehensweise entspricht nicht dem Einstimmigkeitsprinzip der Vereinbarung nach Art. 15 B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens und wird daher abgelehnt.

 

Wien

„Zu § 59g Abs. 9:

Kritisch anzumerken ist, dass die beabsichtigte zusätzliche Kooptierung von je einem Mitglied des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, der Österreichischen Ärztekammer, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der für die im § 149 Abs. 3 des ASVG genannten Krankenanstalten in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretung über die im Art. 12 Abs. 2 Z 1 der Art. 15a B-VG-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens vorgenommene taxative Aufzählung der VertreterInnen hinausgeht. Art. 12 Abs. 2 Z 1 sieht als VertreterInnen der Bundesgesundheitskommission nämlich nur (im Gegensatz zur demonstrativen – arg.: jedenfalls – Aufzählung der Mitglieder der Landesgesundheitsfonds im Art. 15 Abs. 2 Z 1) VertreterInnen des Bundes, des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger, aller Länder, der Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden, der konfessionellen Krankenanstalten, der Patientenvertretungen und der Österreichischen Ärztekammer vor.“

 

Steiermark

„Zu 10. (§ 59 g Abs. 9 KAKuG):

Art. 12 der Vereinbarung gemäß Art. 15 a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens regelt im Einvernehmen zwischen Bund und den Ländern die Organisation und Zusammensetzung der Bundesgesundheitskommission als Organ der Bundesgesundheitsagentur.

Gemäß Abs. 2 Z. 1 dieses Artikels gehören der Bundesgesundheitskommissionvertreterinnen/Vertreter des Bundes, des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, aller Länder, der Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden, der konfessionellen Krankenanstalten, der Patientenvertretungen und der Österreichischen Ärztekammer an.

Kooptierungen zusätzlicher Mitglieder bzw. die Einbindung zusätzlicher Institutionen sind nach dieser Vereinbarung nicht vorgesehen. Aus diesem Grund wurde auch der Versuch, die Kooptierungen zusätzlicher Vertreter in der Geschäftsordnung der Bundesgesundheitskommission zu verankern, mit Ländermehrheit abgelehnt, weshalb ein entsprechender Beschluss nicht zustande gekommen ist.

Wenn nun versucht wird, die im Rahmen der Bundesgesundheitskommission erforderlichen Beschlussmehrheiten durch eine gesetzliche Regelung der Kooptierung zusätzlicher Mitglieder zu umgehen, entspricht dies in keiner Weise dem Sinn und Inhalt der Vereinbarung. Die im Entwurf vorgesehene Fassung des § 59 g Abs. 9 KAKuG wird daher seitens des Landes Steiermark strikt abgelehnt.“

 

Kärnten

Zu Z 10 (§ 59g Abs. 9):

Die Zusammensetzung der Bundesgesundheitskommission, die mit Art. 12 Abs. 1 der Vereinbarung zwischen Bund und den Ländern über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens als Organ der Bundesgesundheitsagentur eingerichtet wurde, ist in Art. 12 Abs. 2 Z 1 der Vereinbarung abschließend geregelt. Eine nähere Konkretisierung dieser zwischen Bund und den Ländern akkordierten Zusammensetzung erfolgt im § 59g Abs. 2, wonach sich die Bundesgesundheitskommission aus 27 Mitglieder zusammensetzt, die sich nach Maßgabe der näher aufgelisteten Nominierungsrechte ergibt. In der Vereinbarung findet sich eine Rechtsgrundlage für die Erweiterung der Bundesgesundheitskommission um „kooptierte Mitglieder“ nicht.

Es darf in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass die Aufnahme von kooptierten Mitgliedern in die Bundesgesundheitskommission schon wiederholt Gegenstand von Diskussionen in der Bundesgesundheitskommission war und dass unter den Mitgliedern vereinbart wurde, diese Frage einer rechtlichen Klärung durch das Bundeskanzleramt/Verfassungsdienst gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zuzuführen.

In den Erläuterungen zum gegenständlichen Änderungsvorschlag wird auf diese Vorgeschichte nicht näher eingegangen, es wird nur apodiktisch die Feststellung getroffen, dass künftig „im Einklang mit der zitierten Vereinbarung“ vom zuständigen Bundesminister eine Reihe von Vertretern bestimmter Organisationen ohne Stimme in die Bundesgesundheitskommission als kooptierte Mitglieder entsandt werden.

Diese abweichende, in der Vereinbarung nicht begründete Vorgangsweise wird von Landesseite nicht zur Kenntnis genommen. Vor allem muss die Auswahl der „Kooptierten“ kritisch kommentiert werden. Es kämen für diese Rolle auch Vertreter anderer Institutionen in Betracht, wie zB der Kammer für Arbeiter und Angestellte, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, des Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes, des Verbandes der Privaten Versicherungsunternehmen usw. Die im Entwurf vorgesehene Auswahl von kooptierten Vertreten muss als willkürlich bewertet werden, weshalb von Landesseite die Forderung erhoben wird, diese Forderung konsensual zwischen Bund und den Ländern zu klären.“

 

Salzburg

㤠59g:

Gemäß Art 12 Abs 2 Ziffer 1 der Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens gehören der Bundesgesundheitskommission Vertreter des Bundes, des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger, aller Länder, der Interessensvertretungen der Städte und Gemeinden, der konfessionellen Krankenanstalten, der Patientenvertretungen und der Österreichischen Ärztekammer an. Gemäß dem geplanten § 59g sollen der Bundesgesundheitskommission auch Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer sowie der Österreichischen Wirtschaftskammer als kooptierte Mitglieder ohne Stimmrecht angehören. Diese Bestimmung ist vom Art 12 Abs 2 Z 1 der Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens nicht gedeckt und wird daher abgelehnt.“

 

         III.  Die unterfertigten Bundesräte konkretisieren ihre Bedenken gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates:

 

a.) Patientenverfügung im Zusammenhang mit Artikel 1

Dass jeder Mensch angeborene Rechte besitzt, die ihm von keiner Seite genommen werden können, ist ein Grundprinzip, das schon der § 16 ABGB unter Schutz stellt. Der § 110 StGB ist ebenfalls Ausfluss dieses Grundsatzes, er sieht jede Heilbehandlung als Kontrakt zwischen Arzt und Patient an und stellt eigenmächtiges Handeln von Seiten des Arztes ohne Einverständnis des Patienten/der Patientin unter Strafe. Schlussendlich resultiert aber auch die Möglichkeit einer Patientenverfügung, die man als schriftliche Vorwegnahme einer Willenserklärung definieren kann, aus diesem Recht auf Selbstbestimmung.

Das beschlossene Gesetz regelt nach den Erläuterungen folgende Belange:

         - Allgemeine Gültigkeitserfordernisse für eine Patientenverfügung;

         - Besondere Voraussetzungen einer verbindlichen Patientenverfügung;

         - Gültigkeitsdauer einer solchen verbindlichen Patientenverfügung;

         - Beachtlichkeit anderer Patientenverfügungen bei der Ermittlung des Willens des Patienten;

         - Schutz vor dem Missbrauch solcher Instrumente.

Bewertung:

Die unterzeichneten Bundesräte verfolgen im Bereich der Gesundheitspolitik einen gesamtheitlichen Ansatz, im Mittelpunkt der Überlegungen steht immer der Mensch. Diesem Primat folgend ist es unser Anspruch, eine patientenzentrierte, zielorientierte und effiziente Gesundheitspolitik verfolgen. So verlangen die unterfertigten Bundesräte - auch seit längerem im Sinne der Vorrangigkeit der Selbstbestimmung des Menschen - eine bundesweit einheitliche Möglichkeit der Regelung einer Patientenverfügung. Die beschlossenen Bestimmungen sind leider weitgehend mangelhaft und problematisch. Das Ergebnis dieses Gesetzes ist die finanzielle Belastung für die BürgerInnen, so dass man sich eine Patientenverfügung erst leisten können muss.

 

Als Lösungsvorschlag wurde von den Bundesräten in die Diskussion gebracht, die Dienste der Patientenanwaltschaften und Hospizeinrichtungen zu Rate zu ziehen. Diese Organisationen führen ohnehin bereits kostenlose Beratungen für PatientInnen durch.

In ähnlichem Sinn hat die Niederösterreichische Patienten- und Pflegeanwaltschaft ausgeführt, dass „die Belehrung auf Personen erweitert werden …. sollte, die vom/ von der LeiterIn der Patientenanwaltschaft dazu ermächtigt wurden (das müssen nicht unbedingt Mitarbeiter der Patientenanwaltschaft sein). In der Praxis sind in den Bundesländern einige Personen verfügbar (die Patientenanwaltschaften der Länder haben hier den Überblick), die diese Kenntnisse und Erfahrungen aufweisen und eine ausgezeichnete fachliche Belehrung und Beratung durchführen könnten.

Es ist auch durchaus denkbar, dass eine Ermächtigung durch den Leiter/in der Patientenanwaltschaft erst nach einer fachlichen Einschulung dieser Personen erfolgen darf.

Damit wäre der große Vorteil für die Patienten und Heimbewohner gegeben, dass Stellen in den Regionen und somit vor Ort (auch für Patienten, die bereits in Krankenanstalten aufgenommen sind oder auch Pflegeheimbewohner) niedrig schwellig und leicht zugänglich sowie kostenlos zur Verfügung stehen.

 

Aus dem Bereich der Wissenschaft wurden insbesondere folgende Kritikpunkte am Entwurf vorgebracht:

-       Es gibt eine mangelhafte Abstimmung der wichtigen Gesetzgebungsprojekte Sachwalterschaftsreform (Vorsorgevollmachten etc.) einerseits und die Einführung der Patientenverfügung andererseits. Dabei wäre es nicht nur sachlich nahe liegend, diese Materien in einem Konnex zu regeln, sondern eine solcherart gekoppelte Regelung.

-       Wenn man den Gedanken der Patientenverfügung und damit die Selbstbestimmung ernst nehmen will, braucht es auch die Möglichkeit einer geeigneten Registrierung, wie dies mittlerweile (nach langer Kritik!) auch für Widerspruchserklärungen gegen die Möglichkeit als OrganspenderIn in Anspruch genommen zu werden, beim ÖBIG (Österr. Bundesinstitut für Gesundheitswesen) möglich ist. Der geeignete Einsatz der neuen E-Card in diesem Zusammenhang ist eine Möglichkeit.

-       Der gegenwärtige Entwurf sieht keine geeigneten Übergangslösungen vor, was zur Folge hat, dass alle bislang errichteten Patientenverfügungen ungültig wären.

-       Auch aus der Wissenschaft wurde kritisiert, dass das neue Patientenverfügungsgesetz für Ärzte, Rechtsanwälte und Notare ein gar nicht so geringes „Körberlgeld“ bringen soll. Besonders kritikwürdig ist dabei, dass dieses „Körberlgeld“ nach Vorstellungen des Gesetzgebers auch im Fall der „Erneuerung der Patientenverfügung“ eingestrichen werden können soll.

 

Resümee:

Aus diesen Gründen verlangen die unterfertigten Bundesräte die Regelungen über die PatientInnenverfügung zu überarbeiten.

b.) Beschäftigung von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und von Angehörigen der Pflegehilfe im Wege der Arbeitskräfte-überlassung nach den Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

Die unterfertigten Bundesräte stellen fest, dass es schon bei der Beratung des Beschlusses des Nationalrates über die Regierungsvorlage (941.d.B.) Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das MTF-SHG-G geändert werden (GuKG-Novelle 2005), insbesondere Kritik an der Vorgangsweise gab, künftig im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege Leiharbeit zuzulassen.

 

Die ÖVP Regierung kümmert sich nicht um die Qualität der Pflege von Menschen in Spitälern und Heimen. Dies zeigte sich besonders deutlich bei diesem Gesetz, dass erlaubt, Personal von Leihfirmen einzusetzen.

Es gibt zwar Qualitätsstandards für Einrichtungen, wie medizinische Apparate aber für jene Menschen, die die Pflege von kranken, alten und bettlägrigen Patienten übernehmen gibt es diese nicht.

Während zum Beispiel in der Voest nur 5 % Leiharbeitskräfte beschäftigt werden können, tolerierte die ÖVP im sensiblen Pflegebereich 15 %. Dies wird dazu führen, dass private Firmen Personal zu Dumpingpreisen an die Spitäler vermitteln.

Es ist völlig unmöglich, dass ein Arzt mit Arbeitskräften, die täglich wechseln, ein Vertrauensverhältnis im so genannten mitverantwortlichen Bereich aufbauen kann. Das ist ein völlig falscher Ansatz und führt zu einem Qualitätsverlust in der Pflege.

Daher lehnen die unterfertigten Bundesräte diese Bestimmung ab.

 

c.) Kooptierung durch die Bundesministerin in die Bundesgesundheitskommission

Die unterfertigten Bundesräte teilen die massiven Bedenken der Bundesländer und lehnen diese Bestimmung ab.

 

d.) 8. Ärztegesetz-Novelle

d.a.) Neuregelung der Besetzung der Gremien der Ärztekammer

Schon das Begutachtungsergebnis zur letzen großen Ärztegesetznovelle war ein blankes Desaster. So hat unter anderem:

 

1. das Amt der Kärntner Landesregierung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber an das aus dem Gleichheitssatz erfließende Sachlickeitsgebot gebunden und hat den Personenkreis, für welchen er eine berufliche Vertretung einrichtet, nach objektiven und sachlichen gerechtfertigten Umständen zu bestimmen.

Resümee der Kärntner Landesregierung:

Die Argumente für diese Reform können allerdings nicht als eine ausreichende sachliche Rechtfertigung für eine derartige Initiative gesehen werden…

 

2. das Amt der Tiroler Landesregierung darauf hingewiesen, dass sich sowohl die Vollversammlung der österreichischen Ärztekammer als auch die Ärztekammer für Tirol gegen die Herauslösung der Angehörigen des zahnärztlichen Berufs aus den Ärztekammern ausgesprochen haben.

Resümee der Tiroler Landesregierung:

Es stellt sich daher die Frage, ob die vorgesehene Änderung des Kammernrechts, die gemeinschaftsrechtlich nicht geboten ist, gegen den erklärten Willen der gesetzlichen Interessenvertretungen erfolgen soll.

 

3. das Amt der Wiener Landesregierung hat darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung des Entwurfs „Ärztekammernreform-Novelle“ unpassend erscheint. Eine echte Reform der Ärztekammern ist nicht erkennbar.

Auch von engagierten, besorgten Interessenvertretern der österreichischen Ärztinnen kamen massivste Einwendungen, so wies die

 

a.) Kärntner Ärztekammer darauf hin, dass die Reform:

-       gravierende verfassungsrechtliche Probleme erzeugt

-       in bedenklicher Weise in die Selbstverwaltung eingreift

-       das Eigentumsrecht der Ärztekammern berührt

-       demokratische Mehrheiten ignoriert

-       dem Föderalismus entgegensteht

-       unwägbare Risiken für die Wohlfahrtsfonds der Ärzte und Zahnärzte entstehen lässt

 

Resümee:

Die Ärztekammer für Kärnten spricht sich daher grundsätzlich sowohl gegen die mit diesen Gesetzesentwürfen beabsichtigten Änderungen als auch gegen die für deren Durchführung gewählte Vorgangsweise aus.

 

b.) und die Ärztekammer für Tirol:

-       Ärztekammer für Tirol spricht sich aus folgenden Überlegungen strikt gegen diese Vorgangsweise aus.

-       Bei der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer im Juni 2005 hat ein Beschluss auf Trennung der Zahnärzte von der Österreichischen Ärztekammer bzw. Landeszahnärztekammern keine Mehrheit gefunden.

-       Es liegen auch einstimmige Beschlüsse der Kurierversammlung der Kurie der Zahnärzte wie auch des Vorstandes der Ärztekammer für Tirol vor, die sich für den Verbleib der Zahnärzte innerhalb der Ärztekammer aussprechen.

 

In diesem Zusammenhang war auch ein Brief der österreichischen Ärztekammer eingegangen, der einen dringenden Appell an die ÖVP-Ministerin und alle Parlamentarier enthielt.

 

Zitat:

… Nunmehr hat sich herausgestellt, dass dieser nur ein paar Wochen lange Zeitraum jedoch aufgrund der Komplexität der Abtrennung der Zahnärzte von der Ärztekammer und vor allem der damit verbundenen vielfältigen behördlichen, wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Erfordernissen und Funktionen viel zu kurz ist.

Zu berücksichtigen ist weiters, dass dieser Vorgang einer Kammertrennung erstmalig in Österreich stattfindet und daher eine entsprechende profunde Vorbereitung und Durchführung verlangt, wofür es keine Erfahrungswerte gibt. …

… Die Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer richtet daher an Sie, sehr geehrter Herr Klubvorsitzender, die dringende Bitte, diese Bedenken im Zuge der Ausschussberatungen zu berücksichtigen.

Im "Kurier" vom 19.10.2005 auf der Seite 2 war zu lesen:

Aufreger Ärztegesetz und Fremdenpaket im Parlament …Auf heftigen Widerstand stößt bei Opposition und Ärzten die von der Regierung geplante Änderung des Ärztegesetzes. Hintergrund: Die Zahnärzte erhalten eine eigene Kammer, die Standesvertretung wird neu geordnet. "Dabei sollen verfassungswidrige Bestimmungen umgesetzt werden", sagt Gabriele Kogelbauer, Vizepräsidentin der Wiener Ärztekammer zum KURIER.

Hintergrund: Obwohl die Zahl der angestellten Ärzte (Spitäler, Pflegeheime, etc.) etwa in Wien mit 7056 deutlich höher ist als die der niedergelassenen (2984), soll der Kammer-Vorstand paritätisch besetzt werden. Laut einem Rechtsgutachten wird so das Stimmengewicht verzerrt, was einem Bruch des demokratischen Prinzips und damit der Verfassung gleichkommt. Kogelbauer: "Kommt das Gesetz, gehen wir zum Verfassungsgericht."

 

Resümee:

Schon beim damaligen Beschluss des Nationalrates zum gegenständlichen Gesetz haben die Bundesräte kritisiert, dass die ÖVP wieder in typischer „speed kills“- Manier über die Interessen der Menschen drübergefahren ist, Verfassungswidrigkeiten in Kauf nahm und den besorgten Ärztinnen und Ärzten eine untragbare Bürde auferlegte.

Die nun vorgenommenen Änderungen können die oben zitierten massiven Bedenken nicht ausräumen.

d.b.) Solidarfonds der Österreichischen Ärztekammer zum Zweck der finanziellen Unterstützung und Entlastung von Patienten, die durch schuldhaftes widerrechtliches ärztliches Handeln durch freiberuflich tätige Ärzte einschließlich Gesellschafter von Gruppenpraxen einen Schaden erlitten haben

 

Ausgangspunkt ist ein in der Sendung "Volksanwalt – Gleiches Recht für Alle" in seinen Auswirkungen besprochener Skandal um einen Gynäkologen, der 16.000 Krebsabstriche sieben Jahre lang nicht zur Befundung weiterleitete, nicht erbrachte Leistungen den KV-Trägern aber in Rechnung stellte und Patientinnen versicherte, dass alles in Ordnung sei. Im Entstehen befindliche Karzinome wurden so weder erkannt noch rechtzeitig behandelt; wie viele Geschädigte es tatsächlich gibt, konnte durch spätere Prozesse nicht mehr zweifelsfrei geklärt werden.

 

Das LG Klagenfurt verurteilte den Arzt aber 2004 wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges und des Vergehens der schweren fahrlässigen Körperverletzung in sechs Fällen zu einer Freiheitsstrafe.

 

Der vermögenslose Arzt beantragte Privatkonkurs.

 

2005 stellte der OGH fest, dass auch seine Berufshaftpflichtversicherung gegenüber den Frauen leistungsfrei bleibt, weil die Gesundheitsschäden durch Vorsatz bzw. eine vorsatzähnliche Handlung billigend in Kauf genommen worden sind.

 

Insbesondere Schmerzengeldansprüche der Patientinnen, die sich mehreren Operationen unterziehen mussten und deren Heilungschancen auch heute noch ungewiss sind, können weder durch die ihnen zugebilligten Konkursquote noch aus dem Verbrechensopfergesetz bedeckt werden.

 

Während der Rechtsträger bei Spitalsbehandlungen in vergleichbaren Fällen jedenfalls für fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten der bei ihm tätigen Ärzte haftet und im Rahmen der in allen Bundesländern eingerichteten Patientenentschädigungsfonds in bestimmten Konstellationen außergerichtliche Ausgleichszahlungen geleistet werden können, gibt es im Bereich der niedergelassenen Ärzte keinerlei wirksames Sicherungssystem für Härtefälle, durch welches Schmerzengeldansprüche und andere durch lange Krankheit verursachte Vermögensschäden von Patienten bedeckt werden könnten.

 

Auch die beruflichen Interessenvertretungen der Rechtsanwälte und der Notare haben wegen gravierendem Fehlverhalten einzelner Mitglieder seit dem Jahr 2000 reagieren müssen und Vorkehrungen zum Schutz Geschädigter getroffen, indem eine Vertrauensschadenversicherung durch die Kammern abgeschlossen wurde. Anlass für die Errichtung dieser speziellen Versicherungen und zusätzlicher Härtefonds waren gleichfalls gravierende - dem Ansehen dieser Berufe schädliche - Malversationen, bei denen Mandanten durch Veruntreuungen, für welche Haftpflichtversicherungen nicht aufkommen mussten, zu Schaden kamen.

 

Unabhängig vom konkreten Anlassfall ist zu bemerken, dass im Ärztegesetz als Berufsantrittsvoraussetzung für niedergelassene Ärzte - anders als bei anderen freien Berufen – nicht einmal eine Pflichthaftpflichtversicherung, die zumindest bei fahrlässig verursachten Schäden Leistungen an Patienten erbringen könnte, verlangt wird.

 

Bei - teils auch weniger gefahrengeneigten Dienstleistungsberufen sieht der Gesetzgeber diese Notwendigkeit zum Schutz von "Kunden" aber sehr wohl:

         Rechtsanwälte (§ 21a Rechtsanwaltsordnung),

         Notare (§ 30 Notariatsordnung), 

         Wirtschaftstreuhänder (§ 11 WirtschaftstreuhandberufsG),

         Patentanwälte (§ 21a PatentanwaltsG), 

         Versicherungsmakler (§ 137c GewO),

         Dolmetscher und Gerichtssachverständige (§§ 2a, 15a Sachverständigen- und DolmetscherG), 

         Zertifizierungsdiensteanbieter (§ 2 SignaturVO), 

         Sportlehrer (§ 14 Oö SportG), 

         Bergführer (§ 4 Tiroler BergsportführerG, § 14 Vlbg BergführerG), 

         Jäger (§ 64 Blgd JagdG u.a.), 

         Schischulen (§ 4 Kärntner SchischulG u.a.) etc.

 

Die unterfertigten Bundesräte weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass seit dem Jahr 2001 folgende Anträge, die eine umfassende Neuregelung der Medizinhaftung zum Ziel haben, im Nationalrat liegen:

 

A. Neuregelung der Medizinhaftung

Für alle vermeidbaren Schäden, die eine Person durch eine medizinische Behandlung erleidet (Behandlungsschäden), soll eine umfassende Neuregelung der Medizinhaftung erfolgen. An Stelle des einzelnen Arztes, der Krankenanstalt oder sonstigen Personen soll eine breite Versicherung für die Risikogemeinschaft haften.

B. Schaffung einer eindeutigen Rechtsgrundlage für die PatientInnenentschädigung nach Behandlungsfehlern

In den letzten Jahren ist ein Netz an Schlichtungsstellen entstanden, die im Zusammenhang mit behaupteten Behandlungsfehlern Fragen der Medizinhaftung außergerichtlich lösen und überdies auch einen Beitrag im Rahmen verschuldensunabhängiger Entschädigungen leisten sollen. Solche Schlichtungsstellen sind bei Ärztekammern eingerichtet, darüber hinaus können beispielsweise auch PatientInnenanwaltschaften in diese Richtung tätig werden.

Die Abgeordneten begrüßen zwar jede Maßnahme, die dazu führt, geschädigten PatientInnen unbürokratisch und schnell Schadenersatz zukommen zu lassen und die überdies Fragen der Medizinhaftung auf eine außergerichtliche Ebene stellt.

Es darf aber nicht übersehen werden, dass Entscheidungen in einem weitgehend rechtsfreien Raum (siehe die vagen Vorgaben des § 27a KAG) mit Entscheidungsstellen, die weder organisatorisch noch verfahrensrechtlich über ausreichende Rechtsgrundlagen verfügen, die große Gefahr in sich bergen, dass PatientInnen letztlich weit unter der ihnen tatsächlich zustehenden Entschädigungshöhe abgefunden werden, da ihnen keinerlei Ressourcengleichheit zukommt und sie vielmehr von Schiedsgremien unter dem Hinweis auf die Risiken und Kosten des Gerichtswegs zur Einwilligung in unterdotierte Vergleichsangebote bewegt werden könnten.

Die Bundesministerin  für Gesundheit und Frauen wird daher aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, damit dem Anliegen einer optimalen PatientInnenentschädigung nach Behandlungsfehlern tatsächlich zum Durchbruch verholfen wird. Insbesondere sollen zwingende österreichweit geltende Vorgaben für die Tätigkeit und die Entscheidungen von ärztlichen Schiedsstellen normiert werden.

 

C. Dokumentation und Auswertung von Schlichtungsstellenentscheidungen im Zusammenhang mit behaupteten Behandlungsfehlern im Gesundheitsbericht

Durch die Darstellung im Gesundheitsbericht ist eine Vergleichbarkeit der in den einzelnen Bundesländern von den jeweiligen Schlichtungsstellen getroffenen Entscheidungen möglich. Damit sollen auch allfällige Unterschiede in positiven und negativen Entscheidungen sowie allfällige unterschiedliche Entschädigungshöhen bei vergleichbaren Schadensfällen erkennbar werden.

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, in den regelmäßig dem Nationalrat vorzulegenden Gesundheitsbericht ein gesondertes Kapitel aufzunehmen, in dem die Tätigkeit der Schlichtungsstellen im Medizinbereich (z.B. Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern, PatientInnenanwaltschaften) nach Kalenderjahren anonymisiert erfasst und ausgewertet wird, insbesondere sollen folgende Daten pro Schlichtungsstelle ausgewiesen werden:

 

         •      Anzahl anhängiger Fälle

         •      Abweisungen

         •      Anerkennung eines PatientInnenanspruchs

         •      Einwilligung der PatientInnen in das Vergleichsangebot

         •      Ablehnung eines Vergleichsangebots durch PatientInnen

         •      Fallgruppen (z.B. Operationszwischenfall, Arzneimittelzwischenfall, Fahrlässigkeit des Arztes, Organisationsverschulden von Spitalsträgern und jeweilige Auswirkung auf PatientInnen)

         •      Durchschnittliche Verfahrensdauer

         •      Summe der je Schlichtungsstelle zugesprochenen Entschädigungen und durchschnittliche Zahlungen entsprechend den jeweiligen Fallgruppen.“

 

Resümee:

Die Folgen von Gesundheitsschäden und geminderter Überlebenschancen sind vielfach gravierender als Vermögensschäden, daher wendet sich die den Gesetzesbeschluss beeinspruchende Mehrheit der Bundesräte nicht grundsätzlich gegen eine ausdrückliche Neuregelung der Medizinhaftung und wäre bereit, eine Regelung zu beschließen, die den im vorliegenden Gesetzesbeschluss enthaltenen "Solidaritätsfonds" mit einschließt, da so ein "Solidaritätsfonds" im Rahmen eines modernen Medinzinhaftungsrechtes eine sinnvolle und notwendige Ergänzung wäre.

Aus all den genannten Gründen wird  daher der Antrag gestellt, gegen  den genannten Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben.