Dritter Bericht der Gentechnikkommission

gemäß § 99 Abs. 5 des Gentechnikgesetzes,

vorgelegt von der

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

im Einvernehmen mit der

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

 

 

 

 


 

 

Dritter Bericht der Gentechnikkommission

 

Inhaltsverzeichnis

 

1. Gesetzlicher Auftrag .....................................................................

1

2. Aufgaben und Tätigkeit der Gentechnikkommission .....................

1

    2.1. Tätigkeit der Gentechnikkommission und ihrer
wissenschaftlichen Ausschüsse ...................................................

 

2

           2.1.1. Gentechnikkommission ....................................................

2

           2.1.2. Wissenschaftlicher Ausschuss für Arbeiten
im geschlossenen System ...............................................

 

3

           2.1.3. Wissenschaftlicher Ausschuss für Freisetzungen
und Inverkehrbringen .....................................................

 

4

           2.1.4. Wissenschaftlicher Ausschuss für Genanalysen
und Gentherapie ............................................................

 

4

           2.1.5. Gutachtertätigkeit ...........................................................

7

3. Zusammenfassende Darstellung der Anwendungen der
Gentechnik in Österreich
..............................................................

 

7

    3.1. Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen ...............................

7

    3.2. Freisetzen von GVO und Inverkehrbringen von Erzeugnissen ..........

11

           3.2.1. Freisetzungen .................................................................

12

  3.2.2. Inverkehrbringen von Erzeugnissen,
die aus GVO bestehen oder solche enthalten .......................

 

12

  3.2.3. Koexistenz-Maßnahmen ...................................................

13

    3.3. Genanalysen und Gentherapien am Menschen ...............................

14

           3.3.1. Genanalysen ...................................................................

14

           3.3.2. Gentherapien ..................................................................

15

4. Entwicklungen auf EU-Ebene (Exkurs) .........................................

15

    4.1. Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen ...............................

15

    4.2. Freisetzungen und Inverkehrbringen von GVO ...............................

15

    4.3. Gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel ........................

16


 


 

5. Bewertung der beobachteten Entwicklungen, Konsequenzen .......

17

    5.1. Grundsätze des Gentechnikgesetzes ............................................

17

           5.1.1. Vorsorgeprinzip ...............................................................

17

           5.1.2. Zukunftsprinzip ...............................................................

18

           5.1.3. Stufenprinzip ..................................................................

19

           5.1.4. Demokratisches Prinzip ....................................................

19

           5.1.5. Ethisches Prinzip .............................................................

20

    5.2. Bildungs- und forschungspolitische Konsequenzen .........................

22

    5.3. Das Österreichische Genomforschungsprogramm „GEN-AU“ ............

23

    5.4. Wirtschaftliche Konsequenzen .....................................................

24

    5.5. Sicherheitsforschung zur Gentechnik ...........................................

25

           5.5.1. Forschungsaufträge BMGF ................................................

25

           5.5.2. Forschungsaufträge BMBWK .............................................

27

           5.5.3. Forschungsaufträge BMBWK/BMLFUW ................................

27

    5.6. Sicherheitsforschung im EU-Rahmenprogramm .............................

29

 

Anlagen

1.         Liste der Mitglieder der Gentechnikkommission und ihrer
wissenschaftlichen Ausschüsse

2.         Liste aller Bewerbungen und Dreiervorschläge der ÖAW für die Besetzung der Ausschüsse

3.         Gentechnikregister – Stand Oktober 2004

 

 


1. Gesetzlicher Auftrag

 

Die Gentechnikkommission hat gemäß § 99 Abs. 5 Gentechnikgesetz - GTG (BGBl. 

Nr. 510/1994, i.d.F. BGBl. I Nr. 126/2004) auf der Grundlage der ihr von den ständigen wissenschaftlichen Ausschüssen übermittelten Berichte in dreijährigen Abständen - erstmals 1998 ‑ einen Bericht über die Anwendungen der Gentechnik in Österreich zu erstellen.

 

Dieser Bericht ist vom Bundesminister für Gesundheit und Frauen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur unter Beifügung einer Darstellung der von diesen beiden Ministern getroffenen Maßnahmen zur Förderung der Sicherheitsforschung (§ 102 GTG) dem Nationalrat vorzulegen.

 

Der erste Bericht wurde am 14. Jänner 1999 von der Gentechnikkommission beschlossen und dem Nationalrat vorgelegt. Er umfasste den Zeitraum vom Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes am 1. Jänner 1995 bis zum 1. Juni 1998.

Der zweite Bericht über den Zeitraum vom 1. Juni 1998 bis zum 1. Juni 2001 wurde am 15. April 2002 von der Gentechnikkommission beschlossen und dem Nationalrat vorgelegt.

 

Der nun vorliegende dritte Bericht umfasst den Zeitraum vom 1. Juni 2001 bis zum 1. Juni 2004 und enthält in Übereinstimmung mit § 99 Abs. 5 GTG eine zusammenfassende Darstellung

 

a)  der in Österreich durchgeführten Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen,

b) des Bereiches des Freisetzens von GVO und Inverkehrbringens von Erzeugnissen gemäß dem III. Abschnitt und

c)   allgemeiner Angelegenheiten der in Österreich durchgeführten Genanalysen und Gentherapien am Menschen.

 

Die dabei beobachteten Entwicklungen im Hinblick auf die Beachtung der in § 3 GTG festgehaltenen Grundsätze (Vorsorgeprinzip, Zukunftsprinzip, Stufenprinzip, demokratisches Prinzip und ethisches Prinzip) werden von der Gentechnikkommission bewertet  und die bildungs‑ und forschungspolitischen und wirtschaftlichen Konsequenzen der beobachteten Entwicklung für Österreich untersucht und dargestellt. In einem kurzen Exkurs werden auch die Entwicklungen auf EU-Ebene beleuchtet.

 

 

2. Aufgaben und Tätigkeit der Gentechnikkommission

 

Die Gentechnikkommission und ihre drei wissenschaftlichen Ausschüsse sind beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zur Beratung der Behörde über grundsätzliche Fragen der Anwendungen der Gentechnik eingerichtet. Des weiteren obliegt der Gentechnikkommission die Beschlussfassung über vorgeschlagene Abschnitte des Gentechnikbuches, in dem der Stand von Wissenschaft und Technik für alle gesetzlich vorgesehenen Bereiche des Einsatzes der Gentechnik in Österreich zu dokumentieren ist. Für die laufenden Geschäfte der Gentechnikkommission und ihrer Ausschüsse ist beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eine Geschäftsstelle eingerichtet.


 

Die Aufgaben der Gentechnikkommission sind insbesondere

a)                   die Beratung der Behörde über grundsätzliche Fragen der Anwendungen der Gentechnik, soweit sie nicht in den Aufgabenbereich der wissenschaftlichen Ausschüsse fallen,

b)                   die Beschlussfassung über vorgeschlagene Abschnitte des Gentechnikbuches und

c)                   die Erstellung des Berichts über die Anwendung der Gentechnik.

 

Den wissenschaftlichen Ausschüssen obliegt die Begutachtung von Anmeldungen und Anträgen nach Maßgabe des GTG sowie die Vorbereitung von Abschnitten des Gentechnikbuches und die Abgabe von Stellungnahmen zu Verordnungsentwürfen nach Maßgabe des GTG.

 

 

2.1. Tätigkeit der Gentechnikkommission und ihrer wissenschaftlichen Ausschüsse

 

2.1.1. Gentechnikkommission

Die Gentechnikkommission trat im Berichtszeitraum zu insgesamt fünf Sitzungen zusammen. Wichtigste Tagesordnungspunkte dieser Sitzungen waren:

 

13. Sitzung am 19. Februar 2002:

 

Erörterung des Vorschlages für den 2. Bericht der Gentechnikkommission an den Nationalrat;

Bericht über den Stand der 2. Novelle zum Gentechnikgesetz mit dem Schwerpunkt der Umsetzung der Richtlinie 98/81/EG.

 

14. Sitzung am 15. April 2002:

 

·                     Erörterung und Beschlußfassung des 2. Berichtes der Gentechnikkommission an den Nationalrat gemäß § 99 Abs. 5 GTG;

·                     Erörterung der Berichte der drei wissenschaftlichen Ausschüsse der Gentechnikkommission für das Kalenderjahr 2001.

 

15. Sitzung am 24. Juni 2002:

 

·                     Erörterung und Beschlußfassung der „Leitlinien für die genetische Beratung“ als 2. Kapitel des Gentechikbuches gemäß § 99 Abs. 2 GTG

 

16. Sitzung am 30. Juni 2003:

 

·                     Erörterung der Berichte der drei wissenschaftlichen Ausschüsse der Gentechnikkommission für das Kalenderjahr 2002;

·                     Bericht über legistische Vorhaben (Regelungen zur Frage der Koexistenz, Umsetzung der Richtlinie 2001/18/EC, Anpassung des IV. Abschnittes des GTG an den Stand von Wissenschaft und Technik);

·                     Bericht über die bevorstehende Neubestellung der wissenschaftlichen Ausschüsse für deren 3. Funktionsperiode


 

17. Sitzung am 10. Februar 2004:

 

·                     Österreichische Importverbote für drei GVO-Maise (Stand des WTO-Verfahrens, Argumente für die Beibehaltung der österreichischen Maßnahmen);

·                     Bericht über den Stand der Novelle zum GTG zur Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie

 

Neukonstituierung der wissenschaftlichen Ausschüsse der Gentechnikkommission

·                      

·                     Mit 31. Oktober 2003 endete die zweite Funktionsperiode der Mitglieder der wissenschaftlichen Ausschüsse. Die Neukonstituierung der genannten Ausschüsse erfolgte  mit 1. November 2003. Die Liste aller auf Grund der öffentlichen Ausschreibung gemäß § 89 Abs. 3 GTG eingelangten Bewerbungen, die Nominierungen und Dreiervorschläge der Österreichischen Akademie der Wissenschaften für die Besetzung dieser Ausschüsse sowie die Begründung für deren Erstellung ist diesem Bericht  als Anlage 1 beigeschlossen  (siehe § 89 Abs. 5 GTG).

·                      

·                     Anlage 2 beinhaltet ein komplettes Verzeichnis der Mitglieder der Gentechnikkommission und der drei wissenschaftlichen Ausschüsse (Stand 1. Juni 2004).

 

2.1.2. Wissenschaftlicher Ausschuss für Arbeiten im geschlossenen System

Der wissenschaftliche Ausschuss für Arbeiten im geschlossenen System hielt im Berichtszeitraum vier Sitzungen ab. Dabei standen folgende Themen auf der Tagesordnung:

·                     3. Sitzung am 30. Oktober 2001:

·                     Begutachtung eines Antrages für Arbeiten mit GVO im geschlossenen System in Sicherheitsstufe 3; Erörterung von Sicherheitsfragen bei gentechnischen Arbeiten mit Patientenblut.

·                      

·                     4. Sitzung am 11. März 2002:

·                      

·                     Erörterung von Sicherheits- und Einstufungsfragen im Zusammenhang mir einer Arbeit mit GVO in Sicherheitsstufe 2 der Veterinärmedizinischen Universität Wien; Bericht über den Stand der Novelle des GTG zur Umsetzung der Systemrichtlinie 98/81/EG.

·                      

·                     5. Sitzung am 18. Juli 2002:

·                      

·                     Anhörung des Ausschusses zum Entwurf der neuen Systemverordnung (Systemverordnung 2002) zur Umsetzung der Richtlinie 98/81/EG; Bericht über ein Workshop in der Slowakei „Implementation of National Biosafety Frameworks in pre-acession countries of Cetral and Eastern Europe“ mit dem Ziel, die östlichen EU-Beitrittskandidaten bei der Umsetzung und Vollziehung der EU-Richtlinien im Bereich Gentechnik zu unterstützen.


·                      

·                     6. Sitzung am 2. Dezember 2002:

·                      

·                     Begutachtung eines Antrages auf Genehmigung zur Durchführung von zwei Arbeiten mit GVO in Sicherheitsstufe 3; Bericht über die vom BMSG durchgeführten Kontrollen gemäß § 101 GTG von Arbeiten mit GVO in gentechnischen Anlagen; Bericht über das Inkrafttreten der Systemverordnung (BGBl. II Nr. 43/2002) am 1.12.2002.

·                      

2.1.3. Wissenschaftlicher Ausschuss für Freisetzungen und Inverkehrbringen

Im Berichtszeitraum fanden zwei Sitzungen des wissenschaftliches Ausschusses für Freisetzungen und Inverkehrbringen statt, in denen folgendes erörtert wurde:

 

·                     3. Sitzung am 11. Juni 2003:

·                      

·                     Bericht und Diskussion über eine Mitteilung von Kommissar Fischler zur Frage der „Koexistenz“; Bericht über aktuelle Forschungsprojekte zu Fragen der Koexistenz und der ökologischen Sicherheitsbewertung; Bericht über den Stand der Novelle zum Gentechnikgesetz mit dem Schwerpunkt der Umsetzung der Richtlinie 2001/18/EG; Bericht über zwei Entscheidungen der Kommission bzw. des Rates (Leitlinien zur Ergänzung der Anhänge II und VII der Richtlinie 2001/18/EG: betreffend die Risikobewertung und die Überwachung von In Verkehr gesetzten GVO-Produkten).

·                      

·                     konstituierende Sitzung für die 3. Funktionsperiode am 25. Mai 2004:

·                      

·                     Konstituierung, Wahl der Berichterstatter und der Vertreter des Ausschusses in der Gentechnikkommission; Bericht über Aktivitäten des BMGF im Zusammenhang mit der European Food Safety Authority (EFSA); Stand der legistischen Arbeiten bei der Neuerlassung der Freisetzungsverordnung; Bericht über die Studie von DI Werner Müller über GVO-Soja und –Mais; Entscheidung der Europäischen Kommission über die Zulassung von Bt11-Süßmais als Lebensmittel;

 

2.1.4. Wissenschaftlicher Ausschuss für Genanalyse und Gentherapie am Menschen

 

Dieser Ausschuss hielt im Berichtszeitraum sechs Sitzungen ab:

 

·                     7. Sitzung am 21. Jänner 2002

·                     8. Sitzung am 12. April 2002

·                     9. Sitzung am 11. Juni 2002

·                     10. Sitzung am 1. Oktober 2002

·                     11. Sitzung am 1. April 2003

·                     12. Sitzung am 30. Oktober 2003

 

Neben der gesetzlich vorgesehenen Begutachtung von Anträgen gemäß dem IV. Abschnitt des GTG, die unter Punkt 3.3. des Berichts behandelt werden, wurden unter anderem folgende Themen erörtert:


 

Für den Bereich der Genanalyse am Menschen:

 

·                     Der Bereich der Gendiagnostik am Menschen kristallisierte sich in diesem Berichtszeitraum als Schwerpunkt der Arbeit des wissenschaftlichen Ausschusses heraus.

·                     Zum einen war durch die Vielzahl an Anträgen auf Zulassung von Einrichtungen zur Durchführung von Genanalysen aus ganz Österreich ein Hauptaugenmerk auf die Begutachtung dieser Anträge zu legen. Zum anderen ergaben sich im Lichte der ständig fortschreitenden technischen und wissenschaftlichen Entwicklung auf dem Gebiet der Gendiagnostik zahlreiche Fragestellungen, die über den Anlaßfall der Antragstellung hinaus zu eingehenden Diskussionen im Ausschuss führten.

·                      

·                     In diesem Zusammenhang ist vor allem die Verwendung der DNA-Chip-Technologie zu nennen, die wiederholt erörtert wurde. Die Frage der medizinischen Aussagekraft mancher in dieser Form angebotenen Untersuchungen wurde thematisiert, ebenso der Umstand, dass diese Methode sehr umfangreiche Analysen ermöglicht und zur Entstehung von Überschussinformation und oft schwer interpretierbaren Ergebnissen beiträgt. Deshalb seien an zuweisende Ärzte, aber auch an die durchführenden Labors und die Personen, die zur Aufklärung und Beratung der Probanden autorisiert sind, andere Anforderungen zu stellen, als bei der Durchführung herkömmlicher Einzelanalysen.

·                      

·                     Trotz einiger Meinungsunterschiede der Mitglieder in Detailfragen herrschte im wesentlichen Einigkeit darüber, dass die Chip-Technologie derzeit stets noch Elemente der wissenschaftlichen Forschung bei gleichzeitiger kommerzieller Nutzung beinhalte, woraus sich viele Fragen und Probleme ergeben. Eine zu großzügige gesetzliche und organisatorische Regelung könnte Anlass zu missbräuchlichem Einsatz geben, eine zu strenge und restriktive Zulassung der Technik wertvolle Forschungsarbeit behindern. Auch die bisherige strikte Trennung zwischen Analysen zur Feststellung einer Disposition und solchen zur Diagnose manifester Erkrankungen sei in dieser Form nicht mehr handhabbar, da die Erfahrungen der Praxis der letzten Jahre ein Ineinanderübergreifen dieser beiden Bereiche gezeigt haben.

·                      

·                     Weiters wurde auch die Finanzierbarkeit der neuen Technologie, die Frage des Kostenersatzes durch Träger von Krankenversicherungen, die Gefahr eines zu weitreichenden und unreflektierten Einsatzes in Form von Screening-Untersuchungen und die Bedeutung von qualitativer Aufklärung und Beratung im Lichte moderner Werbemöglichkeiten (vor allem via Internet) erörtert.

·                      

·                     Ein weiteres Diskussionsthema war die Durchführung von Screening-Untersuchungen an Neugeborenen, dabei im besonderen die Frage, welche Anforderungen an die ärztliche Aufklärung zu stellen sind, wenn sich im Anschluß an eine „herkömmliche“ Routine- Untersuchung im Rahmen eines Screening-Programmes die Notwendigkeit einer genaueren Abklärung der Diagnose durch eine Genanalyse ergibt. Hier vertrat der Ausschuss die Meinung, dass auch derartige Analysen wie alle Genanalysen erst durchgeführt werden dürfen, wenn die Betroffenen über Wesen, Tragweite und Aussagekraft der Analyse informiert wurden und der Untersuchung zugestimmt haben. Dabei wurde angeregt, die Information der Betroffenen durch Bereitstellung von geeignetem schriftlichen Material in Form von Broschüren bzw. Aufklärungsfoldern zu gewährleisten.

·                      


·                      

Arbeitskreis „Beratung“

·                     

·                     Die von der Arbeitsgruppe „Genetische Beratung“ in den Jahren 1999 bis 2002 ausgearbeiteten „Leitlinien für die genetische Beratung“ wurden in den Sitzungen des wissenschaftlichen Ausschusses am 21. Jänner 2002, am 12. April 2002 und am 11. Juni 2002 erörtert. Es erfolgten einige Änderungen sowie die Zusammenstellung einer „Beispielliste für humangenetische Fragestellungen, bei denen eine psychotherapeutische Beratung im Zusammenhang mit prädiktiver Gendiagnostik allgemein anzuraten wäre“, die als Anhang angeschlossen wurde. Danach wurde der Text von der Mehrheit der Ausschussmitglieder angenommen und der Gentechnikkommission gemäß § 99 Abs. 2 GTG zur Beschlussfassung als Kapitel des Gentechnikbuches vorgeschlagen. Die Beschlußfassung durch die Gentechnikkommission erfolgte am 24.6.2002. Veröffentlicht wurden die „Leitlinien“ in den „Mitteilungen der Sanitätsverwaltung“ vom Juli 2002, 103. Jahrgang/Heft 7, Seiten 3 und 4 sowie auf der Gentechnik-Homepage des Ressorts unter www.gentechnik.gv.at im Menü unter „Rechtsvorschriften in Österreich“.

·                      

·                     Die „Leitlinien“ regeln Umfang und Inhalt einer genetischen Beratung vor und nach Durchführung einer Genanalyse, die Möglichkeit der Beiziehung eines Psychotherapeuten, das Recht auf Wissen bzw. Nicht-Wissen des Untersuchten über die Ergebnisse der Untersuchung, den Datenschutz, die Verschwiegenheitspflicht der Beratenden sowie die erforderliche Qualifikation der Beratenden einschließlich der Verpflichtung zu regelmäßiger Fortbildung.

·                     

Arbeitsgruppe „Gentechnik – Medizin“

·                      

·                     Im Lichte der raschen wissenschaftlichen und technischen Weiterentwicklung auf dem Gebiet der medizinischen Anwendungen der Gentechnik, im besonderen der Gendiagnostik, wurde vom wissenschaftlichen Ausschuss im Herbst 2002 der Arbeitskreis „Gentechnik – Medizin“ eingesetzt. Die konstituierende Sitzung des Arbeitskreises fand am 19. Dezember 2002 statt, weitere sechs Sitzungen folgten.

·                     Das Gremium setzte sich aus Mitgliedern des Ausschusses und externen Experten zusammen und war aufgerufen, eine Bestandsaufnahme zu machen, welche neuen Aspekte und Fragestellungen sich auf diesem Gebiet seit Inkrafttreten des GTG ergeben haben. Ausgehend von dieser Evaluierung wurden die bestehenden Bestimmungen auf deren Anwendbarkeit geprüft und Vorschläge für eine Anpassung des Rechtsbestandes an den technischen Fortschritt und die gegenwärtigen Anforderungen der biomedizinischen Praxis erarbeitet.

·                      

·                     Dabei wurde verstärkt an eine Nutzung des Gentechnikbuches gedacht, dessen Zweck es ist, den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik zu dokumentieren.

·                      

Von den Teilnehmern wurde ein großer Handlungsbedarf für die Erörterung folgender Themen gesehen: eine dem Stand von Wissenschaft und Technik angepasste neue Definition des Begriffes „Genanalyse“, die Untersuchung von Polymorphismen, der Umgang mit Massenuntersuchungen, im speziellen die damit in Zusammenhang stehende genetische Beratung und die Versendung von Proben (vor allem ins Ausland), die Pharmakogenetik, eine Differenzierung der Beratung und eine Erweiterung und Differenzierung der Datenschutzbestimmungen.


 

Die vorläufigen Ergebnisse der Arbeitsgruppe werden bei der gegenwärtig in Arbeit befindlichen Novelle zum GTG berücksichtigt.

 

Sonstige Aktivitäten:

 

·                     Am 11.6.2002 fand im Anschluss an die neunte Sitzung des wissenschaftlichen Ausschusses für Genanalyse und Gentherapie am Menschen ein Vortrag von Herrn Univ. Prof. Dr. Hans-Martin Sass vom Zentrum für Medizinische Ethik an der Ruhr-Universität in Bochum statt. Unter dem Thema Ethische Aspekte neuer Technologien in der molekularen Diagnostik“ behandelte Prof. Sass in seinem Vortrag die Bereiche Pharmakogenetik und Arzneimittelsicherheit, die Chancen und Risken der Verwendung von individuellen Patienten-Chipkarten, den erweiterten Zugang der Bevölkerung zu medizinischer Information durch verstärkte Nutzung des Internets, die Patientenaufklärung im Bereich der prädiktiven Diagnostik, das Spannungsfeld zwischen Datenschutz und Datenverfügbarkeit, weiters auch die Problematik von Screeninguntersuchungen und daran anknüpfend die Präimplantationsdiagnostik, und schließlich auch die Frage neuer Finanzierungsmodelle für Gesundheits- und Krankheitsvorsorge im Lichte innovativer medizinischer Methoden.

·                      

·                     Die Veranstaltung sollte als Impuls für die weitere Arbeit des wissenschaftlichen Ausschusses, im speziellen des Arbeitskreises „Gentechnik-Medizin“ verstanden werden, da die von Prof. Sass angesprochenen Themen bereits wiederholt zur Diskussion standen und auf Grund ihrer Aktualität bei der Erarbeitung neuer gesetzlicher Regelungen mitberücksichtigt werden müssen.

 

2.1.5. Gutachtertätigkeit

Auf die Gutachtertätigkeit der wissenschaftlichen Ausschüsse wird im 3. Abschnitt dieses Berichtes eingegangen.

 

 

3. Zusammenfassende Darstellung der Anwendungen der Gentechnik in

Österreich

 

3.1. Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen

Die Durchführung von Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen ist nach Maßgabe der §§ 19 und 20 GTG anmelde- bzw. genehmigungspflichtig. Behörde ist, soweit diese Arbeiten mit GVO in wissenschaftlichen Hochschulen oder in wissenschaftlichen Einrichtungen des Bundes in seinem Ressortbereich oder durch diese erfolgen, der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, im übrigen der Bundesminister für Gesundheit und Frauen (§ 100 GTG). 

 


 

 

 

 

 

 

Tabelle 1[1]:

Neue Anmeldungen bzw. neue Anträge auf Genehmigung von Arbeiten mit GVO im Berichtszeitraum 1. Juni 2001 bis 1. Juni 2004:

·                      

 

 

BMBWK

(vormals BMWV) [2]

 

BMGF

(vormals BMSG)[3]

 

Gesamt

Sicherheitsstufe

kleiner

Maßstab

großer

Maßstab

kleiner

Maßstab

großer

Maßstab

 

1

157

0

23

7

187

2

29

0

24

0

53

3

2

0

1

0

3

4

0

0

0

0

0

 

 

 

 

Tabelle 2:

Neue gentechnische Anlagen im Berichtszeitraum 1. Juni 2001 bis 1. Juni 2004:

 

Die Aufgliederung richtet sich nach der jeweils höchsten Sicherheitsstufe der in der gentechnischen Anlage durchgeführten Arbeiten mit GVO, wobei mit diesen Daten auch Arbeiten mit GVOs in niedrigeren Sicherheitsstufen in derselben Anlage  miterfasst sind.

 

 

Sicherheitsstufe

 

BMBWK

(vormals BMWV)

 

BMGF

(vormals BMSG)

 

Gesamt

 

1

 

16

 

9

 

25

 

2

 

5

 

4

 

9

 

3

 

1

 

0

 

1

 

4

 

0

 

0

 

0

 

 

·                     

Tabelle 3:

Gesamtanzahl der Anmeldungen bzw. Anträge auf Genehmigung von  Arbeiten mit GVO seit 1. Jänner 1995:

 

 

 

 

BMBWK (vormals BMWV)

 

BMGF (vormals BMSG)

 

Gesamt

 

Sicherheitsstufe

 

kleiner

Maßstab

 

großer

Maßstab

 

kleiner

Maßstab

 

großer

Maßstab

 

 

 

1

 

381

 

1

 

89

 

34

 

505

 

2

 

117

 

0

 

60

 

1

 

178

 

3

 

4

 

0

 

2

 

0

 

6

 

4

 

0

 

0

 

0

 

0

 

0

 

 


·                     

Tabelle 4:

Gesamtanzahl der Anlagen seit 1. Jänner 1995:

·                      

 

Sicherheitsstufe

 

BMBWK

(vormals BMWV)

 

BMGF

(vormals BMSG)

 

Gesamt

 

1

 

93

 

26

 

119

 

2

 

42

 

12

 

54

 

3

 

3

 

1

 

4

 

4

 

0

 

0

 

0

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in den ersten beiden Jahren nach dem Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes mit 1. Jänner 1995 eine große Anzahl an Anmeldungen und Anträgen zu bearbeiten war. In den folgenden Jahren war ein rückläufiger Trend zu beobachten. Im nun aufgezeigten Berichtszeitraum ist wiederum – bedingt durch die Neuansiedlung von Betrieben - ein Anstieg an angemeldeten bzw. beantragten Arbeiten zu verzeichnen. Vor allem im privaten Sektor kann festgestellt werden, dass sich die Anzahl der angemeldeten Arbeiten in der Sicherheitsstufe 2 immer mehr an die der Sicherheitsstufe 1 annähert.  Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass weitere Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 nicht meldepflichtig sind, andererseits aber auch darauf, dass die meisten neu angesiedelten Betriebe (spin-offs) sich hauptsächlich mit medizinischen Forschungsthemen beschäftigen und daher zumeist mit humanpathogenen Organismen der Risikogruppe 2 arbeiten.

·                      

·                     Vor der Entscheidung der Behörde über Anmeldungen und Anträge gemäß dem II. Abschnitt des GTG waren in den in § 22 Abs. 3 GTG genannten Fällen Gutachten des wissenschaftlichen Ausschusses für Arbeiten mit GVO im geschlossenen System einzuholen. Der Ausschuss erstellte demgemäß positive Gutachten bei drei Anträgen auf Genehmigung von erstmaligen Arbeiten in Sicherheitsstufe 3 im kleinen Maßstab.

·                      

·                     Die im Berichtszeitraum durchgeführten Kontrollen durch die Behörde ergaben keine Beanstandungen.

·                      

·                      

·                     3.2. Freisetzen von GVO und Inverkehrbringen von Erzeugnissen

·                      

·                     Jede Freisetzung von GVO sowie das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, bedarf der Genehmigung durch die Behörde.


·                      

·                     3.2.1. Freisetzungen

Im Berichtszeitraum wurde weder beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen noch beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur ein Antrag auf Genehmigung zur Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen gemäß dem III. Abschnitt des GTG gestellt.

·                      

·                     3.2.2. Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die aus GVO bestehen oder solche enthalten

·                      

·                     Im Berichtszeitraum wurde in Österreich kein Antrag auf Inverkehrbringen gemäß Teil B des III. Abschnitts des GTG gestellt. Der Genehmigung des Inverkehrbringens durch die österreichischen Behörden stehen gemäß § 54 Abs. 4 GTG Genehmigungen zum Inverkehrbringen gleich, die von Behörden anderer EU-Mitgliedstaaten im Verfahren gemäß der Richtlinie 90/220/EWG erteilt worden sind. Diese Erzeugnisse sind im Gentechnikregister erfasst, das laufend aktualisiert wird. Ein auf dem letzten Stand befindliches Exemplar des Gentechnikregisters gemäß § 101c GTG ist diesem Bericht angeschlossen (Anlage 4).

·                     Seit den letzten Zulassungen gentechnisch veränderter Nutzpflanzen im Jahre 1998herrschte bezüglich der Neuzulassung eine Pattstellung („De facto-Moratorium“). Dieses wurde beim EU-Umweltministerrat am 29. Oktober 2001 bestätigt, als sich ein Großteil der Mitgliedstaaten dafür aussprach, bis auf weiteres keine weiteren Zulassungen für das Inverkehrbringen von Produkten gemäß Teil C der Richtlinie 90/220/EG zu erteilen, solange

·                      

a)                die Änderung der Richtlinie 90/220/EG (2001/18/EG) noch nicht umgesetzt,

b)                die Verordnungen über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung genetisch veränderter Organismen noch nicht angenommen und

c)                 Leitlinien für die Risikobewertung und für Monitoring-Pläne noch nicht fertiggestellt seien.

 

Die Frist zur Umsetzung der RL 2001/18/EG endete im Oktober 2002. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte allerdings eine Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten keine Umsetzungsmaßnahmen getroffen, weil man auch noch die Fertigstellung der beiden EU-Verordnungen über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel sowie über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO abwarten wollte. Diese Verordnungen (EG) 1829/2003 und (EG) 1830/2003 sind am 18. April 2004 in Kraft getreten. Weiters wurden im Jahr 2003 u.a. auch die EU-Entscheidungen betreffend Leitlinien für die Risikobewertung und für die Überwachung verabschiedet. Im Hinblick auf das nunmehr nach Ansicht der Kommission abgeschlossene EU-Regelwerk betreffend die Zulassung und Kennzeichnung von GVO beendete die Kommission einseitig das Moratorium insoferne, als sie am 19. Mai 2004 den Mais (Zuckermais) BT11 für den Import zu Nahrungsmittelzwecken zuließ, obwohl sich eine Reihe von Mitgliedstaaten (darunter auch Österreich) bei der Abstimmung am Landwirtschaftsministerrat gegen diese Zulassung aussprach und diese Entscheidung daher im Rat auch nicht die erforderliche Mehrheit erhielt. (Gemäß einer Aussendung des Zulassungsinhabers Fa. Syngenta sei allerdings bis auf weiteres ein Inverkehrbringen dieses Produkts mangels Akzeptanz der europäischen Konsumenten nicht beabsichtigt.)


 

Einen weiteren Schritt zur Beendigung des Moratoriums setzte die Kommission am 19. Juli 2004, als sie, ebenfalls einseitig von ihrem dbgl. Recht Gebrauch machend, die Maislinie NK603 (herbizidresist) zum Import für Futtermittelzwecke (und im November 2004 auch für Lebensmittelzwecke) zuließ, nachdem am Rat auch dafür keine Mehrheit erzielt werden konnte.

 

Im Gegensatz dazu bekräftigte das österreichische Parlament in einer von allen Parteien unterstützten Entschließung im Juni 2004 neuerlich seine Aufforderung an die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung auf EU-Ebene weiterhin gegen die Neuzulassung von GVO einzutreten.

 

Am 13. Oktober 2004 verabschiedete das österreichische Parlament nach längerer Diskussion schließlich die Novelle des Gentechnikgesetzes zur Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie. Ein Diskussionspunkt dabei war auch die Debatte um das Problem des Nebeneinanderbestehens (Koexistenz) eines allfälligen GVO-Pflanzenanbaus mit „gentechnikfreien“ Bewirtschaftungsformen, wie insb. dem biologischen Landbau. Diese Diskussion führte letztlich zur Einführung neuer nachbarrechtlicher Haftungsbestimmungen zum Schutz des GVO-freien Landbaus vor unbeabsichtigten Verunreinigungen. Weitere Regelungen zur „Koexistenz“ sind in diesem Bundesgesetz im Hinblick auf die mangelnde Bundeskompetenz nicht enthalten. Auch aus diesem Grund begannen die Bundesländer – ausgehend von einer Initiative des Landes Kärntens zur Regelung des Koexistenzproblems eigene „Gentechnikvorsorgegesetze“ zu erarbeiten, mit denen der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einem landesrechtlichen Anmelde- oder Bewilligungsverfahren unterzogen werden soll.

 

3.2.3. Koexistenz-Maßnahmen

Im Hinblick auf die Koexistenz hat die Europäische Kommission (EK) im Jahr 2003 Leitlinien für nationale Maßnahmen beschlossen. In ihrer Information vom 28.1.2004 betont die EK, dass alle nationalen Maßnahmen betreffend Koexistenz als technische Vorschriften der EK zu notifizieren sind. De facto Verbote für den Anbau von GVOs in Form von gesetzlich festgelegten „Gentechnik-freien Gebieten“ seien nach Ansicht der EK nicht EU-Rechts-konform.

Österreich setzt sich auf den Landwirtschaftsministerräten nach wie vor für EU-weit harmonisierte Koexistenz-Regelungen ein. Insbesondere die Frage der Haftung im Zusammenhang mit GVO-Verunreinigungen müsste aus österreichischer Sicht  auch auf EU-Ebene geregelt werden.

Dennoch wird parallel dazu an einer Österreichischen Koexistenz-Strategie gearbeitet. Laut Beschluss der Landesagrarreferentenkonferenz vom März 2003 wurde im BMLFUW eine Arbeitsgruppe „Gentechnik“ eingerichtet. Eine von dieser Arbeitsgruppe eingesetzte Koexistenz-Strategiegruppe hat bereits einen Endbericht erstellt und der Konferenz der LARK am 12.März 2004 Empfehlungen für eine gemeinsame Koexistenzstrategie von Bund und Ländern vorgelegt.

 

Auf Basis der vorliegenden Empfehlungen erarbeiten die Bundesländer - ausgehend vom „Kärntner Modell“ - sog. Gentechnik-Vorsorgegesetze. Diese sehen prinzipiell vor, dass jeder Landwirt, der GVOs anbauen will, einem behördlichen Verfahren unterliegt (Anmelde- oder Bewilligungsverfahren). Im Rahmen des behördlichen Verfahrens kann die Behörde Auflagen für den Anbau erteilen oder diesen verbieten. Die benachbarten Landwirte sind in das Verfahren eingebunden. Jeder bewilligte Anbau wird registriert

Bundeseinheitliche Richtlinien des Koexistenzmanagements werden derzeit im Auftrag des BMLFUW in einer in der AGES eingerichteten Expertengruppe ausgearbeitet. Sie sollen den Landesbehörden als Entscheidungsgrundlage dienen, ob der GVO-Anbau im gegebenen Fall möglich ist bzw. unter welchen Bedingungen (behördliche Auflagen, wie z.B. Isolationsabstände zu GVO-freien Kulturen) der Anbau zugelassen werden kann.

 

3.3. Genanalysen und Gentherapien am Menschen

 

3.3.1. Genanalysen

 

Die Durchführung von Genanalysen im Sinne des § 65 Abs. 1 Z 1 GTG darf nur in hierfür zugelassenen Einrichtungen erfolgen (§ 68 GTG).

 

Der wissenschaftliche Ausschuss für Genanalysen und Gentherapie am Menschen erstellte gemäß § 68 Abs. 3 GTG in Verbindung mit § 88 GTG Gutachten zu insgesamt 20 Anträgen auf Zulassung von Einrichtungen zur Durchführung von Genanalysenrichtungen. Davon waren 11 Neuanträge, die übrigen 9 Anträge auf Erweiterung einer bereits bestehenden Zulassung.

 

Nach Klärung offener Punkte und Nachreichung ergänzender Informationen wurden alle 20 Einrichtungen mit Bescheid zugelassen bzw. die Erweiterung der Tätigkeitsbereiche genehmigt. Die bisher gut bewährte Praxis, den Antragstellern im Rahmen einer Sitzungen des wissenschaftlichen Ausschusses für Genanalyse und Gentherapie die Möglichkeit zu geben, allfällige offene Fragen zu ihrem Antrag persönlich zu beantworten, wurde auch in diesem Berichtszeitraum fortgeführt.

 

Als Grundlage für die Beurteilung der Anträge durch den zuständigen wissenschaftlichen Ausschuss diente auch in diesem Berichtszeitraum der vom Ausschuss hierfür erarbeitete und 1998 im Gentechnikbuch veröffentlichte ”Kriterienkatalog für die Anforderung an Veranlassung und Durchführung einer Genanalyse im Sinne des § 65 Abs. 1 Z 1 GTG und an eine Einrichtung gemäß § 68 GTG”.

 

Die fachlichen Erörterungen im Rahmen der Begutachtung bezogen sich vor allem auf Aspekte der technischen Durchführung der Untersuchungen, auf die fachliche Qualifikation und Erfahrung der verantwortlichen Laborleiter, auf die Handhabung der Befundergebnisse, die Aufklärung und Beratung der untersuchten Personen, die Maßnahmen zum Datenschutz sowie die Gewährleistung einer adaequaten externen Qualitätssicherung durch die verpflichtende regelmäßige Teilnahme an Ringversuchen.

 

Die zur Zulassung für die Durchführung von Genanalysen im Sinne des § 65 Abs. 1 Z 1 beantragten Einrichtungen sind auch in diesem Berichtszeitraum einerseits Einrichtungen mit weitreichendem Tätigkeitsgebiet, in denen humangenetische Untersuchungen einer Vielzahl genetisch determinierter Erkrankungen durchgeführt werden, andererseits Einrichtungen mit eingeschränktem Tätigkeitsbereich, die molekularbiologische Untersuchungen im Bereich eines speziellen medizinischen Fachgebietes wie z.B. der Kinder- und Jugendheilkunde, der Dermatologie, der medizinisch-chemischen Labordiagnostik und der internen Medizin durchführen.

 

Wie aus den angeführten Zahlen hervorgeht, zeichnete sich im Berichtszeitraum eine Zunahme der sogenannten „Erweiterungsänträge“ ab. Das bedeutet, dass Einrichtungen, die bereits eine Zulassung gemäß § 68 GTG besitzen, nunmehr verstärkt ihr Untersuchungsgebiet erweitern und ein größeres Spektrum an Untersuchungen anbieten können und wollen. Dies resultiert gleichermaßen aus der zunehmenden Praxis und Erfahrung der Einrichtungen bei der Durchführung von Gendiagnostik als auch aus einer verstärkten Nachfrage der Patienten nach diesen neuartigen Untersuchungsmethoden.

 

Die Zahl der 20 zugelassenen  bzw. erweiterten Einrichtungen setzt sich wie folgt zusammen:

 

8 Abteilungen von Krankenanstalten der Länder oder Gemeinden

7 Universitätskliniken der Medizinischen Universität Wien

2 Universitätsinstitute (Wien und Graz)

3 private Einrichtungen (alle in Wien)

 

3.3.2. Gentherapien

 

Eine somatische Gentherapie an Menschen darf nur von einem Arzt in einer hierfür gemäß § 75 Abs. 3 GTG zugelassenen Krankenanstalt durchgeführt werden.

 

Im Berichtszeitraum wurde kein Antrag auf Genehmigung zur Durchführung einer somatischen Gentherapie am Menschen im Rahmen einer klinischen Prüfung gestellt.

Ebenso erfolgte keine Antragstellung für eine Krankenanstalt gemäß § 75 Abs. 2 GTG.

 

 

4. Entwicklungen auf EU-Ebene (Exkurs)

 

4.1. Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen

 

Die auf EU-Ebene für Arbeiten mit GVO im geschlossenen System maßgebliche Richtlinie 90/291/EWG wurde mit der RL 98/81/EG an den technischen Fortschritt angepasst. Die Umsetzung dieser Änderungsrichtlinie erfolgte schließlich durch das Bundesgesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes BGBl. I Nr. 94/2002 und durch die Erlassung der Systemverordnung 2002, BGBl. II Nr. 431/2002.

 

4.2. Freisetzungen und Inverkehrbringen von GVO

 

Die neue Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG, mit der die alte Richtlinie 90/220/EWG aufgehoben wurde, hätte bis 17. Oktober 2002 von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollen. Dieser Termin wurde von einer Mehrzahl der Mitgliedstaaten u.a. auch deshalb nicht eingehalten, weil man auch die Erlassung der weiteren von der EU angekündigten Verordnungen über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel und über die Rückverfolgbarkeit von GVO und deren Kennzeichnung aber auch weitere Durchführungsvorschriften zur RL 2001/18/EG selbst abwarten wollte.

Eine weitere Novelle zum Gentechnikgesetz, die diese Richtlinie nunmehr auch für Österreich umsetzt, wurde nach längeren Vorarbeiten schließlich am 23. Oktober 2004 vom Nationalrat verabschiedet. Mit dieser Novelle wurden auch zusätzliche Haftungsbestimmungen zum Schutz der biologischen und gentechnikfreien Landwirtschaft beschlossen.

 

Die wesentlichen Inhalte der RL 2001/18/EG können wie folgt zusammengefasst werden:

 

1.            Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips

2.            Erstmalige Festlegung von einheitlichen Kriterien für die Risikobewertung unter besonderer Berücksichtung auch langfristiger und akkumulierter Umweltauswirkungen

3.            Befristung der Zulassung zum Inverkehrbringen auf längstens 10 Jahre

4.            Überprüfung bestehender Zulassungen zum Inverkehrbringen

5.            eindeutige Kennzeichnung und Maßnahmen zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit

6.            Verpflichtende Überwachung (Monitoring) von in Verkehr gebrachten Produkten

7.            Registerführung über die Orte der Freisetzung und des kommerziellen Anbaus von GVO-Pflanzen zur Erleichterung der Überwachung

8.            Festlegung spezifischer Anwendungsbestimmungen in der schriftlichen Zustimmung, insbesondere auch unter Berücksichtigung gegebener ökologischer Bedingungen

9.            schrittweise Einstellung der Verwendung von bedenklichen Antibiotika-Resistenz-Markern in GVO-Produkten bis 31.12.2004 (für Freisetzungen zu Forschungszwecken bis Ende 2008)

10.       verbesserte Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung

11.       Berichtspflichten der Kommission, so z.B. auch über die sozioökonomischen Auswirkungen von Freisetzungen und Inverkehrbringen von GVO

12.       Verpflichtung zur künftigen Übernahme der Bestimmungen des Cartagena-Protokolles über die biologische Sicherheit betreffend das Verfahren der vorherigen Zustimmung bei Exporten.

 

4.3. Gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel

 

In den Berichtszeitraum fällt auch die Erlassung der EU Verordnungen (EG) 1829/2003 und (EG) 1830/2003, mit denen ein neues umfassendes Zulassungsverfahren für alle Lebens- und Futtermittel, die aus GVO hergestellt werden, sowie eine strenge Kennzeichnungspflicht und Rückverfolgbarkeitsanforderungen festgelegt wurden. Neue Zulassungsanträge für GVO, die ausschließlich für die Herstellung von Lebens- oder Futtermitteln verwendet werden, werden somit in Zukunft nicht mehr über die Verfahren gemäß der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG, sondern gemäß dem hauptsächlich bei der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) und der EU-Kommission konzentrierten Verfahren abgewickelt werden.

 


 

5. Bewertung der beobachteten Entwicklungen, Konsequenzen

 

5.1. Grundsätze des Gentechnikgesetzes

 

Die Gentechnikkommission hat dem gesetzlichen Auftrag entsprechend die beobachteten Entwicklungen im Hinblick auf die Beachtung folgender Grundsätze zu bewerten, die bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes zu beachten sind:

 

5.1.1. Vorsorgeprinzip

 

„Arbeiten mit GVO und Freisetzungen von GVO in die Umwelt sind nur zulässig, wenn dadurch nach dem Stand von Wissenschaft und Technik keine nachteiligen Folgen für die Sicherheit zu erwarten sind (§ 3 Z 1 GTG)“.

 

Bei Arbeiten mit GVO im geschlossenen System wird diesem Prinzip auf mehrfache Weise Rechnung getragen: zum einen ist der Betreiber einer gentechnischen Anlage von Gesetz wegen angehalten, durch die Bestellung eines entsprechend qualifizierten Beauftragten für die biologische Sicherheit, seines Stellvertreters und des Komitees für die biologische Sicherheit die Sicherheit bei der Arbeit mit GVO sicherzustellen. Bei Ausscheiden dieser Personen aus ihrer Funktion ist eine Neubestellung vorzunehmen; jeder Wechsel ist der Behörde bekannt zu geben, die ihrerseits zu prüfen hat, ob auch hier die notwendige Qualifikation der Personen nachgewiesen werden kann.

Zwingend vorgesehen ist auch die Bekanntgabe des Beauftragten für die biologische Sicherheit und seines Stellvertreters an die örtliche Feuerwehr.

 

Ein weiteres Kriterium ist die gesetzlich normierte Einbindung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses der Gentechnikkommission für jene in § 22 Abs. 3 GTG genannten Arbeiten mit GVO im geschlossenen System.

 

Von Seiten der Behörde ist die Überprüfung der Einhaltung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen durch die Befugnis zur Durchführung von Kontrollen geregelt (§ 101 GTG). Derartige Kontrollen, die im Berichtszeitraum erfolgten, ergaben keine Beanstandungen. Desgleichen wurden keinerlei Unfälle bei Arbeiten mit GVO gemeldet.

 

Die im zweiten Bericht der Gentechnikkommission an den Nationalrat beschriebene Initiative „European Enforcement Project of EU Directive 90/219“ hat sich im Laufe der letzten drei Jahre dahingehend weiterentwickelt, als sie auch auf den Bereich „Freisetzung und Inverkehrbringen von GVOs“ – anfangs auch mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission – ausgedehnt wurde. Die Aktivitäten dieser Gruppe „European Enforcement Project on Contained Use and Deliberate Release of GMOs“ erstrecken sich u.a. auf die Durchführung von Risk Assessment-Workshops im Rahmen ihrer jährlichen Treffen und die Ausarbeitung von Monitoringplänen und Checklisten zur Inspektion (Contained Use and Deliberate Release), welche nicht nur von Bedeutung für die Tätigkeit der Inspektoren ist, sondern auch beispielsweise in die Arbeiten der Monitoring-Arbeitsgruppe, welche unter dem Ausschuss der zuständigen Behörden zur Durchführung der RL 2001/18/EG eingerichtet wurde, einfließt. Weiters organisieren die Mitglieder des „European Enforcement Projects“ „Joint Inspections“, wodurch die Effektivität der Kontrollen in organisatorischer und technischer Hinsicht optimiert werden konnte.

 

Im Jahr 2004 hat auch das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eine „Joint Inspektion“ von Arbeiten in der Sicherheitsstufe 2 (kleiner Maßstab) im geschlossenen System mit Vertretern aus der Schweiz, Norwegen, Finnland, Niederlande und Slowenien durchgeführt.

Ein weiteres wichtiges Anliegen dieser Gruppe stellt die Integration der neuen Mitgliedstaaten in die Aktivitäten des „European Enforcement Projects“ dar.

 

Für Freisetzungen und Inverkehrbringen von GVO wurde das Vorsorgeprinzip in der EU-Richtlinie 2001/18/EG sowie auch im Cartagena Protokoll über die Biologische Sicherheit und in der dazu ergangenen EU Durchführungsverordnung explizit verankert. Für eine entsprechende Umsetzung ist die detaillierte Erarbeitung von Kriterien für die Risikoabschätzung und –bewertung  - unter Einbeziehung aller gesundheitlichen und ökologischen Aspekte – notwendig. Dabei sind auch ethische Aspekte zu berücksichtigen, ebenso die Frage,  wie mit wissenschaftlicher Unsicherheit („Uncertainty“) im Zuge der Risikoabschätzung und besonders im Zusammenhang mit dem Kriterium der Persistenz bestimmter GVO umzugehen ist.

 

5.1.2. Zukunftsprinzip

 

„Der Forschung auf dem Gebiet der Gentechnik und der Umsetzung ihrer Ergebnisse sind unter Beachtung der Sicherheit keine unangemessenen Beschränkungen aufzuerlegen“ (§ 3 Z 2 GTG).

 

Hier ist zunächst auf den Punkt 5.4. Sicherheitsforschung zur Gentechnik zu verweisen, der Art und Umfang der vergebenen Forschungsaufträge im Berichtszeitraum darstellt.

 

Festzuhalten ist, dass das Zukunftsprinzip in engem Zusammenhang mit dem Vorsorgeprinzip zu sehen ist und keinen Widerspruch hiezu darstellt: Effektive Forschung im Bereich der Sicherheit der Anwendung von GVO kann gewährleisten, dass mögliche Risken und Gefahren erkannt, evaluiert und in ihren mittel- und langfristigen Konsequenzen für Mensch und Umwelt erfasst werden können; eine Beschränkung auf diesem Gebiet würde daher nicht nur einen Rückschritt in der Qualitätssicherung gentechnischer Anwendungen bedeuten,  sondern auch den Weg zu internationaler wissenschaftlicher Kommunikation versperren und derart verhindert, die positiven Entwicklungen auf dem Gebiet der Biotechnologie mitzuverfolgen und für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.

 

Die Gen- und Biotechnologie stellt gemäß dem Regierungsübereinkommen 2000 (Kapitel neuer sozialer Gesellschaftsvertrag sowie  Bildung und Sport, Wissenschaft und Forschung) neben anderen Fachgebieten einen wesentlichen Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt dar.

 

Der europäische Rat in Göteborg im Juni 2001 hat die Gen –und Biotechnologie gemeinsam mit den Informationstechnologien als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts identifiziert.

 

Die biotechnologische Forschung mit gentechnischen Methoden und ihre wirtschaftliche Anwendung ist in vielen Bereichen in Österreich gut entwickelt und genießt international Anerkennung. Auch die Anwendung neuester Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Medizin und die Entwicklung neuer Arzneimittel wird in Österreich von einer breiten Öffentlichkeit akzeptiert. Aus Sicht der Forschung auf dem Gebiet der Gentechnik stellt die pauschale Ablehnung von Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen zu Forschungszwecken eine Beeinträchtigung des Zukunftsprinzips dar. Die durch die Novelle des GTG im Jahr 2004 (Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG) geschaffenen klaren Kriterien für die Risikoabschätzung, die neuen Haftungsbestimmungen sowie eine neutrale und sachgerechte Information der Öffentlichkeit sollten einen Beitrag zu einem differenzierten Meinungsbildungsprozess leisten.

 

5.1.3. Stufenprinzip

 

„Die Freisetzung von GVO darf nur stufenweise erfolgen, indem die Einschließung der GVO stufenweise gelockert und deren Freisetzung nur ausgeweitet werden darf, wenn die Bewertung der vorhergegangenen Stufe ergibt, dass die nachfolgende Stufe mit dem Vorsorgeprinzip vereinbar erscheint“ (§ 3 Z 3 GTG).

 

Zu diesem Prinzip können gegenwärtig keine konkreten für Österreich spezifischen Aussagen getroffen werden, da im Berichtszeitraum in Österreich kein Antrag auf Genehmigung zur Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen eingebracht wurde.

 

5.1.4. Demokratisches Prinzip

 

Die Öffentlichkeit ist nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes in die Vollziehung einzubinden, um deren Information und Mitwirkung sicherzustellen (§ 3 Z 4 GTG).

 

Durch die (im Oktober 2004) beschlossene Gentechnikgesetznovelle zur Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG wurden im Sinne einer verstärkten Transparenz weitere Informationspflichten zugunsten der Öffentlichkeit im Hinblick auf Freisetzungs- und Inverkehrbringensanträge festgelegt.

 

Da auch in diesem Berichtszeitraum weder Anträge auf Genehmigung zur Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen, noch Anträge zur Durchführung von Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen in geschlossenen Systemen in höheren Sicherheitsstufen und großem Maßstab gestellt wurden, fanden keine Anhörungsverfahren im Sinne der §§ 28 und 43 GTG statt.

 

Dennoch war ein gleichbleibendes Interesse der Bevölkerung an Informationen über allgemeine und spezielle Themen der Gentechnik und Biotechnologie zu verzeichnen, was sich an zahlreichen telefonischen und schriftlichen Anfragen sowie auch E-mail-Eingaben zeigte. Bewährt hat sich hier weiterhin der Hinweis auf die seit 1997 eingerichtete Internet-Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen mit der Adresse http://www.gentechnik.gv.at. Diese Homepage wurde im Frühsommer 2004 grundlegend überarbeitet und neu gestaltet, das Layout wurde dem Corporate Design des Ressorts angepasst und die Seite auch in dessen Homepage www.bmgf.gv.at integriert.

 

Verstärkt genutzt wurde von Biotechnologie-Firmen und Genanalyse-Einrichtungen die Möglichkeit des Herunterladens von Antrags- und Anmeldeformularen sowie Informationsblättern und Gesetzes- bzw. Verordnungstexten. Dies erleichtert es den Antragstellern, sich bereits vor Einreichung eines Antrages oder einer Anmeldung ausreichend über alle Erfordernisse dieser Verwaltungsverfahren zu informieren. Fehlerhafte oder unschlüssige Anbringen haben sich dadurch deutlich reduziert. Der Kontakt zwischen Behörde und Bürger wird sichtlich verbessert, wenn erforderliche Informationen möglichst übersichtlich, aktuell und in leicht zugänglicher Weise angeboten werden.

 

Ebenfalls seit 1995 besteht die Homepage des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Adresse http://www.bmbwk.gv.at/gentechnik.

 

5.1.5. Ethisches Prinzip

 

„Bei Genanalysen und Gentherapien am Menschen ist auf die Wahrung der Menschenwürde Bedacht zu nehmen; der Verantwortung des Menschen für Tier, Pflanze und Ökosystem ist Rechnung zu tragen“ (§ 3 Z 5 GTG).

 

a) Im Berichtszeitraum konnte, wie schon in den Jahren zuvor, eine Tendenz zur verstärkten Diskussion ethischer Aspekte der Gentechnik beobachtet werden. Der rasche wissenschaftliche und technische Fortschritt auf dem Gebiet der Biotechnologie im allgemeinen und bei der Anwendung gentechnische Methoden in der Humanmedizin im besonderen führt in interdisziplinär besetzten Gremien zwangsläufig zur eingehenden Beschäftigung mit der Frage, wie – im Zuge immer größerer technischer Machbarkeit biotechnologischer Aktivitäten -  den individuellen Rechten, Interessen und Bedürfnissen des Einzelnen im Lichte dieser Entwicklungen bestmöglich Rechnung getragen werden kann.

 

Diesen Fragen haben sich in letzter Zeit verstärkt auch alle einschlägig zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere Europarat, OECD, UNESCO und, im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten, auch die Europäische Union, gewidmet.

 

Der zuständige wissenschaftliche Ausschuss bzw. die daraus hervorgegangene Arbeitsgruppe „Gentechnik und Medizin“ haben sich – durchaus unter Berücksichtigung dieser internationalen Diskussionen - eingehend mit den neuen Entwicklungen beschäftigt. Schwerpunkte der Diskussion waren vor allem Fragen der Patientenberatung und des Umganges mit personenbezogenen, sensiblen Daten im Zeitalter globaler Forschung (Stichwort: Biobanken) sowie die Frage der rechtlichen und ethischen Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik (PID).

 

Während der Umgang mit Biobanken im wesentlichen nur im Gleichklang mit internationalen Richtlinien gelöst werden kann, welche ihrerseits auf einem globalen ethischen und rechtlichen Konsens beruhen, hat sich die o.a. Arbeitsgruppe für eine ausdrückliche nationale Regelung der PID ausgesprochen und nach intensiver Diskussion ethischer, technischer und rechtlicher Aspekte die ausdrückliche rechtliche Zulässigkeit der PID in Österreich einstimmig empfohlen.

 

PID ist eine molekulargenetische Untersuchung von Embryonen, welche im Reagenzglas erzeugt und vor der Einpflanzung in die Gebärmutter auf (bestimmte, dzt. ca. 40) Erbkrankheiten (Chromosomen- oder Gendefekte) untersucht werden.

Wegen der methodenbedingten Unsicherheiten und Interpretationsschwierigkeiten wird nach der Implantation eines gemäß PID als gesund eingestuften Embryos noch eine Überprüfung durch gängige (und auch in Österreich bereits erlaubte) pränataldiagnostische Methoden durchgeführt. Nach Auffassung der Arbeitsgruppe ist PID eine alternative Methode zu (Spät-)Abtreibungen wie auch zur freiwilligen Kinderlosigkeit sog. „Hochrisikopaare“ und insofern eine grundsätzlich auf Leben bzw. Lebenserhaltung hin angewandte, und daher ethisch vertretbare, Methode.

 

Die PID ist nach herrschender Rechtsmeinung in Österreich derzeit verboten. Österreich befindet sich mit diesem Verbot gemeinsam mit Deutschland, der Schweiz, Irland und Italien in einer klaren Minderheitsposition. In allen anderen europäischen Staaten ist PID implizit oder explizit rechtlich erlaubt und wird auch tatsächlich praktiziert

 

Die von der Arbeitsgruppe angestrebte Zulassung sollte rechtssystematisch korrekterweise im Gentechnikgesetz erfolgen, welches bereits jetzt bestimmte, pränatale Untersuchungen regelt.

Grundsätzlich sollte die PID jedoch nicht generell zulässig sein, sondern nur bei Vorliegen folgender Kriterien:

·                hohes Risiko für das Auftreten einer bestimmten schwerwiegenden, genetischen Krankheit bei den Nachkommen des Paares

·                diese Krankheit äußert sich durch schwere körperliche oder geistige Fehlbildung und

·                ist nach dem Stand der Wissenschaft nicht behandelbar

 

Unter der Voraussetzung dieses eingeschränkten Zuganges zur PID handelt es sich dabei in Österreich um 10 bis 20 betroffene Paare pro Jahr.

 

Auch die Bioethikkommission des Bundeskanzlers (BEK) hat am 7. Juli 2004 ihre Empfehlungen betreffend den Umgang mit PID verabschiedet. Die BEK hat sich dabei mehrheitlich ebenfalls für eine ethische Zulässigkeit der PID in bestimmten, eng umschriebenen Anwendungsfällen ausgesprochen. Genannt wurden dabei 1. rezidivierend fehlschlagende IVF/ICSI, 2. Fälle, in denen aufgrund von chromosomalen oder genetischen Befunden das Risiko einer schweren Erkrankung besteht, welche entweder noch während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder bis spätestens wenige Monate nach der Geburt zum Tode führt und die sich zuverlässig diagnostizieren, jedoch nicht medizinisch behandeln lässt, sowie 3. jene Fälle, wo Paare ein hohes Risiko aufweisen, ein Kind mit schwerer genetisch bedingter Erkrankung zu bekommen, welche bei bereits vorliegender Schwangerschaft als medizinische Indikation für die PND gelten würde. In diesen Fällen wird empfohlen, auch die Bestimmung des Geschlechts mit Krankheitsbezug zuzulassen. Darüber hinaus sollten administrative Rahmenbedingungen eine entsprechende Qualitätskontrolle, z.B. in Form einer Zulassungspflicht der befugten medizinischen Einrichtungen auf der Grundlage materieller Qualifikationsanforderungen sicherstellen.

 

Die genannten Empfehlungen stimmen weitgehend mit den Diskussionsergebnissen der ho. Arbeitsgruppe zur Novellierung des Gentechnikgesetzes (medizinischer Teil) überein; sie sollen auch nach Wunsch der BEK in die derzeit in Ausarbeitung befindliche Novelle des GTG betreffend Genanalyse und Gentherapie am Menschen eingebaut werden.

 

(Anmerkung: Die Stellungnahme der Bioethikkommission sowie die zur PID vertretenen Minderheitenpositionen, die z.T. auch für eine Beibehaltung der bisherigen Gesetzeslage einsetzen, sind im Internet unter www.bka.gv.at/bioethik/ abrufbar. In der Gentechnikkommission wurde die Frage der PID bisher nicht diskutiert.)


 

b) Die Beachtung des ethischen Prinzips in der Verantwortung des Menschen für Tier, Pflanze und Ökosystem ist insbesondere durch die Berücksichtigung langfristiger und indirekter Auswirkungen gentechnischer Anwendungen auf die Umwelt zu gewährleisten.

 

5.2. Bildungs- und forschungspolitische Konsequenzen

 

Ein Blick in die Tageszeitungen des Landes zeigt, dass Berichterstattung über Biotechnologie zu einem festen Bestandteil der Medienlandschaft und des täglichen Informationsangebotes von Presse, Hörfunk und Fernsehen sowie dem Internet geworden ist.

 

Über die Erfolge bei der Sequenzierung des menschlichen Genoms wurde in den Medien ausführlich berichtet. Ebenso schreitet die Sequenzierung von Genomen von für die Forschung wichtigen Tier- und Pflanzenmodellen, aber auch von Mikroorganismen rasant fort. Der Sequenzierung und Entschlüsselung der Gene folgen nunmehr weitere wichtige Bereiche der Genom- und Biotechnologieforschung, wie die Erforschung der Funktionen der Gene (Functional Genomics) sowie die Erforschung der Wirkungsweise der von den Genen gebildeten Proteine (Proteomics) und ihrer Metaboliten (Metabolomics).

 

Die Belange der Gentechnik und Biotechnologie haben in den letzten Jahren alle Bereiche des Lebens entscheidend geprägt und verändert: beginnend bei der Landwirtschaft und  der Lebensmittelproduktion über den Einsatz der Gentechnik bei der Herstellung von Medikamenten, Impfstoffen und Medizinprodukten bis hin zu den modernsten Methoden der genetischen Analytik, der somatischen Gentherapie und den neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Fortpflanzungsmedizin und der Stammzellenforschung sind ungemein viele und komplex miteinander vernetzte Bereiche von den neuartigen Technologien erfasst.

 

Sachwissen über Gentechnik wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Diese Aufgabe kann und soll nicht den Forschenden allein überlassen werden. Entsprechend den unterschiedlichen Anwendungsgebieten ist ein konstruktives Zusammenwirken von Schulen, Universitäten, Landwirtschaft, Handel, Industrie, Arbeitnehmer-, Konsumenten – und Umweltgruppen bis hin zu den Gesundheitsberufen erforderlich.

 

Auch in diesem Berichtszeitraum fanden in zahlreichen öffentlichen und privaten Institutionen Veranstaltungen statt,  die dem Thema Gentechnik gewidmet waren. Projekte in Schulen, Vortragstätigkeiten, Podiumsdiskussionen, die Bereitstellung umfangreichen Informationsmaterials sowie nicht unwesentlich auch Kongresse und Symposien auf nationaler und internationaler Ebene konnten hier in bildungspolitischer Hinsicht wertvolle Beiträge leisten.  Der Verantwortung der Wissenschafter in diesem Bereich wird insbesondere durch den Verein Dialog<>Gentechnik Rechnung getragen (Homepage: http://www.dialog-gentechnik.at).

 

Bemühungen in diesem Bereich werden fortgesetzt, um den so wichtigen Dialog zwischen der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Industrie, den Interessenvertretungen und der Öffentlichkeit in Gang zu halten und dessen Ergebnisse und Erkenntnisse nutzbar für weitere Entwicklungen zu machen.

 


 

5.3. Das Österreichische Genomforschungsprogramm „GEN-AU“

 

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat im September 2001 ein österreichisches Genomforschungsprogramm („GEN-AU“) ausgeschrieben.

 

Dieses Programm soll einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Regierungsübereinkommens leisten ("Bio- und Gentechnologie stellen neben anderen Fachgebieten einen wesentlichen Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt dar") sowie des Beschlusses der Bundesregierung zur Forschungs- und Technologiepolitik, in dem ausgeführt wird : "In den Jahren 2001/2002 sollten mit den Finanzierungsmaßnahmen des Bundes abgedeckt werden: ... (c) die im Regierungsübereinkommen festgelegten Vorhaben: "Vernetzung mit europäischen Partnern und zielgerichteter Ausbau von Kompetenzclustern; Ausbau der Programmförderung durch Einrichtung themenkonzentrierter nationaler Forschungsprogramme in Abstimmung mit entsprechenden EU-Programmen, insbesondere der Bio- und Gentechnologie."

 

Mit diesem Forschungsprogramm soll die Zukunftsfähigkeit Österreichs auf dem zentralen Feld der Biowissenschaften im 21. Jahrhundert gesichert werden, das zum einen erhebliche Bedeutung für den Erkenntnisfortschritt in der Wissenschaft und zum anderen für die Innovationsfähigkeit einer Vielzahl von Wirtschaftsbereichen mit hoher Wertschöpfung hat.

 

Nur mit einem eigenständigen nationalen Genomforschungsprogramm kann Österreich nachhaltig seine internationale Wettbewerbsfähigkeit auf einem Forschungsgebiet sichern, das weltweit in den nächsten Jahrzehnten die zentrale Leitwissenschaft darstellt und deren Forschungsergebnisse und Umsetzung in innovative Produkte, Technologien und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung sind. Gleichzeitig schafft Österreich damit die Voraussetzungen, um sich in diesem Bereich an führender Stelle im Europäischen Forschungsraum zu positionieren, der mit neuen Initiativen im 6. EU-Forschungsrahmenprogramm gerade auf dem Gebiet der Genomforschung vielfältige inhaltliche und strukturelle Impulse erhalten wird. Mit diesem Programm werden die Voraussetzungen zu einer Teilnahme an diesen Aktionen erst gelegt.

 

Die Ergebnisse der Genomforschung werden zu einem neuen Bild und einem neuen Verständnis über Ursachen und Abläufe von Lebensvorgängen verhelfen, zu einem besseren Verständnis  der Ursachen menschlicher Erkrankungen und zur Entwicklung neuer Medikamente und Therapien beitragen, welche die Heilung bisher nicht oder nur schwer therapierbarer Krankheiten, wie Krebs, Infektionskrankheiten oder neurologische Erkrankungen, ermöglichen. Aber auch die Bekämpfung von Tier- und Pflanzenkrankheiten kann durch neue Erkenntnisse aus der Genomforschung erhebliche Fortschritte machen, die nicht zuletzt einer umweltgerechten und gesunden Landwirtschaft zugute kommen, die in Österreich eine gute und lange Tradition hat. Die Biotechnologie und die chemische Industrie werden von den Erkenntnissen der Genomforschung profitieren, indem den Produktionsprozessen Energie sparende und Umwelt und Ressourcen schonende biologische Prinzipien zu Grunde gelegt werden. Neue Pflanzen und Mikroorganismen werden als Umweltsensoren eingesetzt und können gleichzeitig Umweltschäden reparieren.


 

Diese und viele andere Chancen für die Forschung und die Umsetzung der Forschungsergebnisse sollen durch das österreichische Genomforschungsprogramm GEN-AU genutzt werden. Darüber hinaus verspricht sich das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur von diesem Programm nachhaltige Hebelwirkungen für die nationale und internationale Vernetzung der universitären und außeruniversitären Forschungskapazitäten, für die Entwicklung von Kompetenzzentren der Genomforschung, für die weitere Verbesserung der Aus- und Weiterbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und insbesondere auch für die Intensivierung des Technologietransfers und die Etablierung von Kooperationen zwischen der akademischen Forschung und der Wirtschaft.

 

Großer Wert wird darauf gelegt, die naturwissenschaftliche Forschung und auch die wirtschaftliche Anwendung der Forschungsergebnisse durch geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung zu begleiten. Nur so können die ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen rechtzeitig erkannt und einer Lösung zugeführt werden, die sich aus dem beschleunigten Erkenntnisgewinn vor allem in der Humangenomforschung und den damit einhergehenden großen medizinischen Fortschritten und dem Umgang mit medizinischer Information insgesamt ergeben.

 

Hierzu sind Forschungsprojekte und ein offener Diskurs mit allen Akteuren - Öffentlichkeit, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik - erforderlich, die das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Rahmen einer gesonderten Ausschreibung anregt und unterstützt.

 

Auf der Homepage des Genomforschungs­programms (www.gen-au.at) werden ausführliche und laufend aktualisierte Informationen zur Verfügung gestellt.

 

 

5.4. Wirtschaftliche Konsequenzen 

 

"Life Sciences", ein Begriff, der sämtliche Bereiche der Gentechnik und -technologie inkludiert, wird heute als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts mit enormem wirtschaftlichem Wachstumspotenzial betrachtet. Die Europäische Kommission hat dies im Jahr 2002 mit der Herausgabe der europäischen Strategie für Biotechnologie und Biowissenschaften dementsprechend betont. Das Wechselspiel zwischen Grundlagenforschung und wirtschaftlicher Anwendung ist gerade im Bereich der Gentechnik von besonderer Bedeutung. Um dies möglichst friktionsfrei zu erhalten, ist ein gesellschaftliches Klima vonnöten, in den eine informierte öffentliche Meinung der Forschung und den sich daraus ergebenden Anwendungen positiv gegenübersteht. Allgemeine Rahmenbedingungen für Innovation, Rechtssicherheit für Betriebe, das Vorhandensein adäquat ausgebildeter Arbeitskräfte und ausreichende Infrastruktur in entsprechender Qualität stellen weitere Grundvoraussetzungen für die Entwicklung und Anwendung moderner Technologien dar.

 

Das im Jahre 1999 ins Leben gerufene "Impulsprogramm Biotechnologie" wird - nunmehr unter der Marke LISA - "Life Science Austria" - seit Herbst 2003 innerhalb der AWS (Austria Wirtschaftsservice) operational abgewickelt. Zur Unterstützung bei Unternehmensgründungen und zur Förderung der biotechnologischen Forschung in jungen Unternehmen wurde ein "one-stop-shop" eingerichtet, der Jungunternehmern ein umfassendes Service von der Beratung und Betreuung, über Finanzierung, Netzwerkaktivitäten bis zur Aus- und Weiterbildung bietet.

 

Innerhalb der 2004 neu gegründeten Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) werden im Bereich des ehemaligen FFF (Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft) pro Jahr rund 30 Mio. € für Projekte biotechnologischer Ausrichtung in der industriellen Forschung zur Verfügung gestellt. Mit dem Bereich des ehemaligen BIT (Büro für internationale Technologiekooperation) existiert ein nationales Service- und Informationszentrum für alle nationalen und internationalen Forschungs- und Technologieprogramme, worin "Life Sciences" ein wichtiger Stellenwert beigemessen wird.

 

Diese Initiativen zeigen, dass umfassende Förderkonzepte notwendig sind, um Österreich auch weiterhin als wirtschaftlichen Standort biotechnologischer Aktivitäten zu erhalten und zu stabilisieren. In einigen Bereichen biomedizinischer Forschung ist Österreich durchaus in der Lage, im europäischen und globalen Wettbewerb zu bestehen. Gerade die jüngste Vergangenheit zeigt, dass auch österreichische Unternehmen in der Lage sind, sich in diesem Wettbewerb hervorragend zu positionieren.

 

5.5. Sicherheitsforschung zur Gentechnik

 

5.5.1. im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen (bzw. vormals des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen) wurden im Berichtszeitraum folgende Forschungsaufträge vergeben:

 

·           Titel: Monitoring von mit gentechnisch verändertem Mais kontaminierten Maisfeldern
Auftragnehmer: Umweltbundesamt Wien
Auftragsumme: € 135.352,--

 

·           Titel: GVO-freie Bewirtschaftungsgebiete: Konzeption und Analyse von Szenarien und Umsetzungsschritten
Auftragnehmer: Dipl.-Ing. Werner Müller
Auftragsumme: € 13.954,--

·           Titel: Concepts of Coexistence
Auftragnehmer: Dipl.-Ing. Werner Müller
Auftragsumme: € 9.600,--

 

·           Titel: Evaluating Substantial Equivalence – A step towards improving the risk/safety evaluation of GMOs
Auftragnehmer: Umweltbundesamt Wien und Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur
Auftragsumme: € 6.541,--

 

·           Titel: Moratorium der Gentechnik? Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben der Errichtung gentechnikfreier Bewirtschaftungsgebiete
Auftragnehmer: Univ. Prof. Dr. Manfred Stelzer (Universität Wien)
Auftragsumme: € 23.760,--


 

·           Titel: Durchführung von Untersuchungen zu einem ökologischen Monitoring von gentechnisch veränderten Organismen
Auftragnehmer: Umweltbundesamt Wien, Institut für Ökologie und Naturschutz (Universität Wien)
Auftragsumme: € 115.682,--

 

·           Titel: Toxikologie und Allergologie von GVO-Produkten
Untersuchung zur Praxis und Empfehlungen zur Standardisierung der Sicherheitsbewertung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln (Teil I)
Untersuchung von Regelungen zur Sicherheitsbewertung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln in der EU und den USA (Teil II)
Auftragnehmer: Umweltbundesamt Wien und Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur
Auftragsumme: € 21.802,-- (die Hauptfinanzierung erfolgte durch das
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit)

 

·           Titel: Datenschutz im Gentechnikrecht
Studie über den allfälligen Anpassungsbedarf der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Gentechnikgesetzes
Auftragnehmer: Univ.Prof. Dr. Manfred Stelzer (Universität Wien)
Auftragsumme: € 7.000,--

 

·           Titel: Agrarökologie von Reis und Baumwolle – Kurzstudie
Grundlagen zur Beurteilung der Grünen Gentechnik
Auftragnehmer: DI Helmut Reiner

Auftragsumme: € 2.940,--

 

·           Titel: Risk Assessment of GMO Products in the European Union
Toxicity assessment, allergenicity assessment and substantial equivalence in practice and proposals for improvement and standardisation
Auftragnehmer:
Umweltbundesamt Wien und Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur
Auftragsumme: € 22.040,--

·           Titel: Fachgrundlagen für eine österreichische Position für die Risikoabschätzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Rahmen der RL 2001/18/EG – Biodiversitäts-Hotspots der Agrarlandwirtschaft als Eckpfeiler für Risikoabschätzung und Monitoring von GVO
Auftragnehmer:
Umweltbundesamt Wien, Dr. Andreas Traxler
Auftragsumme:
€ 62.888,-- (unter Mitfinanzierung durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft)

·           Titel: Koexistenz von gentechnisch veränderten, konventionellen und biologisch angebauten Kulturpflanzen in der österreichischen Landwirtschaft – Handlungsempfehlungen aus ökologischer Sicht
Auftragnehmer:
Dr. Kathrin Pascher, Mag. Marion Dolezel (Institut für Ökologie und Naturschutz, Universität Wien)
Auftragsumme:
€ 45.000,--

·           Titel: Gutachten zum Dokument der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit – Draft Guidance Document for the Risk Assessment of Genetically Modified Plants and Derived Food and Feed
Auftragnehmer:
Umweltbundesamt Wien und Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur
Auftragsumme: € 6.724,--

 

Soweit zu den o.a. genannten Forschungsaufträgen bereits Forschungsberichte vorliegen können diese vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen - Sektion IV – (online Bestellservice des Bundesministerium für Gesundheit und Frauen: http://www.gentechnik.gv.at) bezogen werden.

 

5.5.2. im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur:

 

·         "Begleitkommission Transgene Obstbäume"

(Begleitkommission und Expertengutachten zum Projekt ´Charakterisierung transgener Obstbäume und Untersuchungen direkter und indirekter biologischer Wechselwirkungen´)

Auftragnehmer:               Österreichische Akademie der Wissenschaften

Auftragssumme:             53.269,19 EUR (ATS 733.000.--)

Aufgabe der Begleitkommission ist die Evaluierung der Sicherheitsforschungsprojekte durch unabhängige Fachexperten und Dokumentation. Für Anfragen an die Mitglieder der Begleitkommission wurde eine eigene E-mail-Adresse eingerichtet.

Die Begleitkommission hat auf Grund der ihr vorgelegten Zwischen- und Endergebnisse generell empfohlen, die Resultate aus den Projekten in einschlägigen, wissenschaftlichen Zeitschriften zur Veröffentlichung einzureichen.

Homepage: http://www.oeaw.ac.at/transgene-obstbaeume/

E-mail:         Obst@oeaw.ac.at

 

5.5.3. Zu gleichen Teilen durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft finanziert:

 

Informationen zu den folgenden Projekten sind im Internet erhältlich:

Homepage:  http://www.boku.ac.at/sicherheitsforschung/

E-mail:         Sicherheit.Forschung@iam.boku.ac.at

 

·         "Charakterisierung transgener Obstbäume"

("Charakterisierung transgener Obstbäume und Untersuchungen direkter und indirekter biologischer Wechselwirkungen")

Auftragnehmer:               Institut für Angewandte Mikrobiologie

Auftragssumme:             480.512,78 EUR (ATS  6.612.000,--)

In diesem Projekt wurden transgene Steinobstbäume (Marillen und Kirschen) molekular und biochemisch charakterisiert. Dabei wurde u.a. die Expression des Transgens im Jahresverlauf und der Fortbestand des Schutzes vor Viren, aber auch die Wechselwirkung mit verschiedenen Pflanzenviren untersucht werden, d.h. eine detaillierte Untersuchung der biologischen Vorgänge in den Obstbäumen vor­genommen.


 

Die Arbeiten an diesem Projekt sind abgeschlossen. Zum Endbericht über das Projekt wurden von der wissenschaftlichen Begleit­kommission weitere, ergänzende Untersuchungen verlangt. Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen liegen nunmehr vor und sollen von der Begleit­kommission evaluiert werden.

 

·         "Untersuchungen an transgenen Obstgehölzen"

("Biologische und pomologische Untersuchungen bei der stufenweisen Überführung von transgenen Obstbäumen (Marille und Zierkirsche) in das Saranhaus und ins Freiland")

Auftragnehmer:               Institut für Obst‑ und Gartenbau

Auftragssumme:             EUR 71.268,80 (ATS  980.680,--)

In diesem Projekt wurden die obstbaulichen (pomologischen) Eigenschaften und das vegetative und generative Verhalten der Obstbäume geprüft, d.h. Reaktionen beim Veredeln, das Blüh- und Wachstumsverhalten. Weiters wurde die Kreuzbarkeit zwischen verwandten Steinobstarten ermittelt. Die Arbeiten an diesem Projekt wurden abgeschlossen und in einem Endbericht zusammengefasst.

 

·         "Transgene Obstbäume - phytomedizinische Aspekte"

("Interaktionen zwischen transgenen / nicht-transgenen Prunus-Arten und phytopathogenen Krankheitserregern, Blattläusen, sowie Blattlausantagonisten")

Auftragnehmer:               Institut für Pflanzenschutz

Auftragssumme:             EUR 211.636,37 (ATS 2,912.180,--)

Ziel:   Es sollte geprüft werden, ob die transgenen Bäume Veränderungen in der Anfälligkeit gegenüber bakteriellen oder pilzlichen Krankheitserregern zeigen, und ob direkte oder indirekte Auswirkungen auf Blattlausarten - als wichtigste Virusüberträger - und auf Blattlausantagonisten (z.B. Marienkäfer) auftreten.

Das Projekt ist abgeschlossen, die Ergebnisse werden auf Empfehlung der wissenschaftlichen Begleitkommission der ÖAW in einschlägigen Fachjournalen veröffentlicht.

 

Bisher erschienen:

Knoll M., Weilguni S., Koschier E.H., Redl H., Steinkellner S. (2004): Seasonal fluctuation in the flight activity of potential PPV-vector aphids (Homoptera: Aphididae) in Austrian apricot tree orchards. Journal of Plant Diseases and Protection, 111, 4, 408-415

 

·         "Transgene Marillen - Nicht-Zielorganismen"

("Auswirkungen transgener Marillen auf Blattinhaltsstoffe und in Folge auf Nicht-Zielorganismen ")

Auftragnehmer:               Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz

Auftragssumme:             EUR 91.943,49 (ATS  1,265.170,--)

In diesem Projekt wurde geprüft, ob die transgenen Bäume direkte oder indirekte Auswirkungen auf Blatt fressende Insekten haben, bzw. ob solche Effekte in der tierischen Nahrungskette auftreten. Dazu wird die Nahrungskette (transgene Wirtspflanzen > Pflanzenfresser > endoparasitische Schlupfwespe) untersucht. Weiters soll die Krankheitsanfälligkeit der Pflanzenfresser beobachtet werden. Das Projekt ist abgeschlossen, die Ergebnisse sollen auf Empfehlung der wissenschaftlichen Begleitkommission der ÖAW in einschlägigen Fachjournalen veröffentlicht werden.


 

5.6. Sicherheitsforschung im EU-Rahmenprogramm

 

Von der Europäischen Kommission wurde im Jänner 2002 im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie zur Förderung der Spitzentechnologie die Mitteilung „Biowissenschaften und Biotechnologie: Eine Strategie für Europa" vorgelegt. Im ersten Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Strategie im Bereich Biowissenschaften und Biotechnologie werden die in der Zwischenzeit erzielten Fortschritte, die politische Entwicklung und weitere, sich abzeichnende Fragen aufgezeigt. Sofern weitere Maßnahmen erforderlich sind, gibt der Bericht Leitlinien für die Zukunft, spricht Empfehlungen aus und kündigt neue Initiativen an.

 

In den bisherigen Forschungs-Rahmenprogrammen der Europäischen Union wurden und werden umfangreiche Untersuchungen von möglichen Risken und Sicherheitsmaßnahmen bei der Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen finanziert, an denen sich auch österreichische Forschungsgruppen beteiligen.

 

Eine Übersicht über die Projekte des 5. Rahmenprogramms und die Teilnehmer wurde von der Europäischen Kommission im Internet veröffentlicht:

http://www.europa.eu.int/comm/research/quality-of-life/gmo/index.html

 



[1] Die angeführten Zahlen geben die Anzahl der Verwaltungsverfahren (aufgrund der Anmeldungen bzw. Genehmigungsanträge) bei den Behörden wieder. Sie sind nicht gleichzusetzen mit der Anzahl der durchgeführten Arbeiten mit GVO. Deren Zahl ist infolge der differenzierten Anmeldungs- und Genehmigungspflichten höher:

In der Sicherheitsstufe 1 sind jeweils erstmalige Arbeiten mit GVM, mit transgenen Pflanzen oder Tieren in einer gentechnischen Anlage anmeldepflichtig (§ 19 Z 1 und 2). Danach sind weitere derartige Arbeiten in der gentechnischen Anlage, außer in bestimmten Fällen (§ 19 Z 5 und 6), nicht mehr anzumelden.

Ab der Sicherheitsstufe 2 sind alle Arbeiten mit GVO anmeldungs- oder genehmi­gungspflichtig. Allerdings kann eine unbestimmte Anzahl methodisch und thematisch zusammenhängender einzelner Arbeiten im kleinen Maßstab der Sicherheitsstufe 2 zu einer einzigen Arbeitsreihe zusammengefasst sein (§ 4 Z 4 a).

 

[2] Zur Anzahl der beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur angemeldeten Arbeiten in der Sicherheitsstufe 1 ist anzumerken, dass diese Zahl auch jene anmeldepflichtigen weiteren Arbeiten mit transgenen Wirbeltieren in einer gentechnischen Ablage (§ 19 Z 6 GTG) enthält, für die eine Genehmigung des Tierversuches nach dem Tierversuchsgesetz 1988 im Rahmen ihres Geltungsumfanges die Anmeldung nach dem GTG ersetzt (§ 27 Abs. 1 GTG).

 

[3] Zur Anzahl der beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen angemeldeten Arbeiten in der Sicherheitsstufe 1 ist anzumerken, dass diese Zahl jene anmeldepflichtigen Arbeiten mit transgenen Wirbeltieren in einer gentechnischen Ablage (§ 19 Z 6 GTG) nicht enthält, für die eine Genehmigung des Tierversuches nach dem Tierversuchsgesetz 1988 im Rahmen ihres Geltungsumfanges die Anmeldung nach dem GTG ersetzt (§ 27 Abs. 1 GTG), da diese Anmeldungen in den Kompetenzbereich der Länder fallen.