Bundes-Vergabekontrollkommission

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tätigkeitsbericht der

 

Bundes-Vergabekontrollkommission

 

Berichtszeitraum 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Praterstraße 31

1020 Wien

www.bvkk.gv.at

 

Die Bundes-Vergabekontrollkommission legt gemäß § 146 Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG 2002) hiermit ihren Bericht über die Tätigkeit und die dabei gesammelten Erfah­rungen für das Jahr 2004 vor:

 

I.       Tätigkeit der Bundes-Vergabekontrollkommission im Berichtszeitraum[1]

 

Im Berichtszeitraum 2004 wurden insgesamt 13 Schlichtungsersuchen bei der Geschäftsfüh­rung der Bundes-Vergabekontrollkommission eingebracht. Von diesen Schlichtungsersuchen betrafen 8 den Oberschwellenbereich und 5 den Unterschwellenbereich (was einem prozentu­ellen Aufteilungsverhältnis von 62 % zu 38 % im Verhältnis Ober- und Unterschwellen­bereich entspricht).

 

Die Verfahren wurden mit folgendem Ergebnis abgeschlossen:

 

·        In 7 Fällen war die Bundes-Vergabekontrollkommission unzuständig, wobei die meisten Fälle der Unzuständigkeit daraus resultierten, dass im konkreten Vergabeverfahren die Zuschlagsentscheidung bereits bekannt gegeben worden war.

 

·        In 4 Fällen erfolgte keine gütliche Einigung, in einem Fall davon wurde, weil nach An­sicht des Schlichtungssenats eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung aufgeworfen wurde, eine begründete Empfehlung abgegeben.

 

·        In 2 Fällen erfolgte eine gütliche Einigung.

 

Ablehnungen mangels Erfolgsaussichten (§ 159 Abs 3 BVergG 2002) sind nicht erfolgt. In zwei der von der B-VKK in Behandlung gezogenen Fälle wurde in der Folge das Bundes­vergabeamt angerufen.

 

II.      Erfahrungen

 

1.       Der bereits im Tätigkeitsbericht 2003 festgestellte Trend eines markanten Abfalls von Schlichtungsersuchen hat sich nachdrücklich bestätigt.

 

Ebenfalls bestätigt hat sich, dass die Ursache dafür in den Regelungen über die Neugestaltung des Rechtsschutzes des BVergG 2002 liegen. Grundlegende Änderungen im Verfahren vor dem Bundesvergabeamt haben Auswirkungen auf das vorgeschaltete Schlichtungsverfahren nach sich gezogen, die erst in der praktischen Anwendung bewusst wurden und so durch das BVergG 2002 nachweislich nicht intendiert waren. Wie die Bundes-Vergabekontrollkommis­sion schon in ihrem Tätigkeitsbericht 2003 ausgeführt hat, besteht derzeit aus der Sicht der Bewerber und Bieter folgende Situation: Sie müssen nunmehr auf Grund der Fristenbindung von Nachprüfungsanträgen an das Bundesvergabeamt unter deutlichem Zeitdruck entschei­den, ob sie ein Nachprüfungsverfahren beantragen. Wollen sie darüber hinaus noch ein Schlichtungsersuchen an die Bundes-Vergabekontrollkommission stellen, dann müssen sie noch die gesamte Verfahrensdauer des Schlichtungsverfahrens einrechnen, um, wollen sie nicht ihrer Rechtsschutzmöglichkeit vor dem Bundesvergabeamt verlustig gehen, nach Ab­schluss des Schlichtungsverfahrens noch rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag beim Bundes­vergabeamt stellen zu können.

 

Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Entscheidung eines Bewerbers oder Bieters, ein Schlichtungsverfahren vor der Bundes-Vergabekontrollkommission zu beantragen, so früh im jeweiligen Vergabeverfahren im Hinblick auf die strittige Entscheidung des Auftraggebers ge­troffen werden müsste, dass es praktisch kaum zu einer solchen Antragstellung kommt. In manchen Fallkonstellationen – Mitteilung über die erfolgte Bewerberauswahl in zweistufigen Verfahren etwa – sind die Nachprüfungsfristen überhaupt so gestaltet, dass ein Schlichtungs­verfahren nicht einmal theoretisch im vom Gesetz vorgegebenen Anfechtungszeitraum Platz hat.

 

2.       Die Bundes-Vergabekontrollkommission hat in ihrem Tätigkeitsbericht 2003 aus dieser Situation die Konsequenz gezogen, dass auf Grund der derzeitigen Gesetzeslage des BVergG 2002 eine effektive Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht sinnvoll möglich ist. Dies führt, wie ebenfalls bereits im Tätigkeitsbericht 2003 festgehalten, aus der Sicht der Bundes-Vergabe­kontrollkommission rechtspolitisch zu zwei möglichen Konsequenzen, die die Bundes-Ver­gabekontrollkommission ohne Präferenz für eine der beiden zur Diskussion gestellt hat:

 

Option 1 wäre die Abschaffung der Bundes-Vergabekontrollkommission. Option 2 wäre eine Neuregelung des Schlichtungsverfahrens dahingehend, dass Schlichtungsverfahren vor der Bundes-Vergabekontrollkommission zwar weiterhin nur freiwillig in Anspruch genommen werden können, dass aber die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens vor der Bundes-Verga­bekontrollkommission für die Verfahrensdauer von 14 Tagen den Lauf der Nachprüfungsfris­ten vor dem Bundesvergabeamt hemmt. In diesem Fall können dann Schlichtungsverfahren beantragt werden, ohne dass ein effektiver behördlicher Rechtsschutz vor dem Bundesver­gabeamt aus Sicht der Bewerber und Bieter gefährdet wäre.

 

3.       In einem von den Universitätsprofessoren Aicher, Holoubek und Thienel erstellten so genannten „Professorenentwurf“ für ein neues Bundesvergabegesetz 2006 ist im Rechts­schutzteil ein legistisch ausformulierter Vorschlag vorgelegt worden, wie Option 2 verfas­sungs- und europarechtskonform sowie praktikabel umgesetzt werden kann. Option 1 ist legistisch einfach zu verwirklichen und bedarf keines Vorschlags.

 

4.       Die nachfolgende Grafik zeigt das Verhältnis zwischen Schlichtungsverfahren vor der Bundes-Vergabekontrollkommission und jenen Fällen auf, in denen im Anschluss an ein der­artiges Schlichtungsverfahren dennoch das Bundesvergabeamt angerufen wurde. Damit kann ein Bild vermittelt werden, ob und inwieweit die Bundes-Vergabekontrollkommission die ihr zugedachte „Filterfunktion“, Vergaberechtsstreitigkeiten rasch und kostengünstig ohne be­hördliches Verfahren zu bereinigen, erfüllt. Auch wenn das aus dieser Grafik ersichtliche Ver­hältnis nicht direkt in eine „Erfolgsquote“ des Schlichtungsverfahrens umgelegt werden kann, weil dafür die einzelnen Verfahrenskonstellationen differenziert zu betrachten sind und die Gründe für eine Inanspruchnahme des behördlichen Rechtsschutzes different sein mögen, kann sie doch ein grobes Bild vermitteln, das vielleicht bei den rechtspolitischen Beratungen hilfreich ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Bundes-Vergabekontrollkommission ersucht, bei einer Neuregelung des Bundesvergabe­gesetzes eine der beiden aufgezeigten Optionen zu verwirklichen. Keinesfalls sinnvoll er­scheint der Bundes-Vergabekontrollkommission die Aufrechterhaltung des geltenden gesetz­lichen Zustandes.

 

 

 

 

Der Vorsitzende der

Bundes-Vergabekontrollkommission

 

 

 

 

(Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek)

 



[1] Für einen ausführlichen Überblick über Organisation und Tätigkeitsfelder der Bundes-Vergabe­kontrollkommission darf zur Vermeidung von Wiederholungen und der besseren Übersichtlichkeit halber an dieser Stelle auf die Darstellungen in den Tätigkeitsberichten der vergangenen Jahre 2002 und 2003 verwiesen werden.