Tätigkeitsbericht
der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen
2002
Inhaltsverzeichnis
1. Beratung
5
1.1 Einleitung
5
1.2. Beratungen
2002
6
1.2.1. Beratungen
2002 zum Gleichbehandlungsgesetz nach Tatbeständen 7
1.3. Neue
Beratungsfälle 2002
8
1.3.1. Neue
Beratungsfälle 2002 zum Gleichbehandlungsgesetz 9
nach
Tatbeständen
1.3.2. Neue
Beratungsfälle 2002 nach Bundesländern 10
1.3.3. Neue
Beratungsfälle 2002 von Frauen und Männern 11
1.4. Beratungsprozess
12
2. Themenschwerpunkte
in der Beratung 2002
13
3. Das
wichtigste aus den Tätigkeitsbereichen Kooperation, 16
Information,
Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit
3.1. Information,
Bewusstseinsbildung, Öffentlichkeitsarbeit 16
3.2. Gender
Mainstreaming in Kollektivverträgen 24
3.3. PEP (Project Equal Pay) 26
3.4. Towards the Uniform and Dynamic
Implementation of EU-Anti- 28
Discrimination
Legislation – The Role of Specialised Bodies
3.5. Projekt
„betriebliche Gleichstellungsberatung“ 29
3.5.1. Informationsblatt
für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber 30
zur
Entgeltdiskriminierung
3.5.2. Informationsblatt
für Betriebsrätinnen und Betriebsräte bei sexueller 32
Belästigung
am Arbeitsplatz
3.5.3. Beratung
und Unterstützung von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern 36
bei
der Einführung und Durchführung von Vereinbarkeitsmaßnahmen
3.6. Informationssystem
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen 37
4. Die
Situation der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen 39
4.1. Ressourcen
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen 39
4.2. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen 42
für
Vorarlberg, Tirol und Salzburg
4.3. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen 45
für
die Steiermark
4.4. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen 49
für
Kärnten
5. Die
Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen 53
5.1. Weiterentwicklung
des Gleichbehandlungsgesetzes 53
5.2. Weiterentwicklungen
in anderen gleichbehandlungs- und 58
gleichstellungsrelevanten
Rechtsbereichen
5.2.1. Kündigungsschutz
bei Diskriminierung im Probemonat 58
5.2.2. Judikatur
zur Sozialwidrigkeit bei Kündigungen im Widerspruch zur 59
Gleichbehandlungsrichtlinie?
5.2.3. Fakultative
Betriebsvereinbarungen 61
5.2.4. Evidenz
gleichbehandlungsrechtlicher Urteile 62
6.1.
Begründung des
Arbeitsverhältnisses
64
6.2. Festsetzung des
Entgelts 69
6.3. Maßnahmen der Aus- und
Weiterbildung
73
6.4. Beruflicher Aufstieg,
insbesondere Beförderungen 74
6.5. Sonstige
Arbeitsbedingungen und Mobbing 76
6.6. Beendigung
des Dienstverhältnisses 82
6.7. Geschlechtsneutrale
Stellenausschreibung 85
6.8. Sprachliche
Gleichbehandlung 86
6.9. Sexuelle Belästigung am
Arbeitsplatz 86
6.10. Sexuelle Belästigung außerhalb des
Schutzbereichs des 96 Gleichbehandlungsgesetzes
6.11. Diskriminierung im Zusammenhang mit
der Inanspruchnahme 97
eines
Karenzurlaubs
6.12. Gleichstellung
98
6.13. Sonstige Gleichbehandlungsfragen
98
1. Beratung
1.1. Einleitung
Die mit dem Jahresbericht 2000 erstmals neu
gestaltete Statistik ermöglicht nun bereits für drei Arbeitsjahre einen
genaueren Einblick in die Arbeit der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen.
Seit 1991 enthielt die jährliche Beratungsstatistik
die Information, wie viele Personen im Berichtsjahr erstmals mit der Anwaltschaft
Kontakt aufgenommen haben.
Diese Darstellung hatte den Vorteil der
Einfachheit, aber den Nachteil, dass ein wesentlicher Teil der Arbeit, die
längerfristige Beratung und Unterstützung von Frauen (und Männern), die sich
gegen eine benachteiligende Ungleichbehandlung gegenüber dem anderen Geschlecht
mit den Mitteln des Gleichbehandlungsgesetzes zur Wehr setzen wollen, in den
Zahlen nicht zum Ausdruck kam.
Die statistische Darstellung von „Beratungen“ stellt
nun den Verlauf der Beratungstätigkeit der Anwaltschaft in den
Vordergrund.
Ausgangspunkt ist das Thema einer Beratung. Gezählt
werden persönliche Gespräche, Telefonate, schriftliche Korrespondenz,
Interventionen im Betrieb, Verhandlungen und Vermittlungsgespräche im
Betrieb, Kontakte mit Anwälten und Anwältinnen, gemeinsame Gespräche mit
Expertinnen und Experten in den Interessenvertretungen usw. bis hin zur begleitenden
Beratung während eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission
und nötigenfalls auch danach.
Aus Gründen der Vergleichbarkeit mit den älteren
Jahresberichten werden darüber hinaus neue Beratungsfälle im jeweiligen
Berichtsjahr weiterhin gesondert gezählt.
1.2. Beratungen 2002
o Gleichbehandlungsgesetz 10248
o Arbeitsrecht 224
o Sozialversicherungsrecht 38
o Sonstige
Gleichbehandlungsfragen 914
1.2.1 Beratungen
2002 zum Gleichbehandlungsgesetz nach
Tatbeständen
Information zum
Gleichbehandlungsgesetz (Tatbestände,
Rechtsfolgen,
Unterstützungsmöglichkeiten) 1811
Diskriminierung bei der
Begründung des Arbeitsverhältnisses
798
Diskriminierung bei der
Festsetzung des Entgelts 1598
Diskriminierung bei
Maßnahmen der Aus- u. Weiterbildung 55
Diskriminierung beim
beruflichen Aufstieg, insbesondere
bei der Beförderung 743
Diskriminierung bei den
sonstigen Arbeitsbedingungen
1083
Diskriminierung bei der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses 612
Gebot der
geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§ 2 c) 149
Diskriminierung durch
sprachliche Ungleichbehandlung 40
Diskriminierung durch
sexuelle Belästigung 3353
o Gleichbehandlungsgesetz 1616
o Arbeitsrecht 96
o Sozialversicherungsrecht 17
o Sonstige Gleichbehandlungsfragen
389
Gesamt
2118
1.3.1 Neue Beratungsfälle 2002 zum Gleichbe-handlungsgesetz nach
Tatbeständen
Information zum
Gleichbehandlungsgesetz (Tatbestände,
Rechtsfolgen,
Unterstützungsmöglichkeiten) 570
Diskriminierung bei der
Begründung des Arbeitsverhältnisses
139
Diskriminierung bei der
Festsetzung des Entgelts 127
Diskriminierung bei
Maßnahmen der Aus- u. Weiterbildung 29
Diskriminierung beim
beruflichen Aufstieg, insbesondere
bei der Beförderung
101
Diskriminierung bei den
sonstigen Arbeitsbedingungen 231
Diskriminierung bei der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses 49
Gebot der
geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§ 2 c) 34
Diskriminierung durch
sprachliche Ungleichbehandlung 19
Diskriminierung durch
sexuelle Belästigung
313
1.3.2. Neue Beratungsfälle 2002 nach Bundesländern
o Tirol 278
o Vorarlberg 53
o Kärnten
110
o Burgenland 3
o Ausland 14
o Bundesland nicht angegeben 37
1.3.3. Neue Beratungsfälle 2002 von Frauen und
Männern
Kontaktaufnahme durch Personen,
die sich im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes diskriminiert fühlen telefonisch/ schriftlich/
persönlich |
Erstgespräch (persönlich) Sachverhaltsaufnahme Bedürfnis- u. Zielanalyse |
Erstellung eines individuellen
Beratungs- u.Betreuungsplanes |
Entscheidung über die weitere Vorgangsweise entsprechend
den Wünschen der Person, die beraten wird |
Intervention erwünscht |
|
Intervention nicht erwünscht |
Abschluss des Beratungsprozesses |
Kontaktaufnahme im
Betrieb Intervention bei der Arbeitgeberin / dem Arbeitgeber |
Unterstützung bei selbständigen Initiativen zur Konfliktlösung/ Problemlösung |
Befassung der Gleichbehandlungskommission (GBK) |
Abschluss des Beratungsprozesses |
Zunächst sei darauf hingewiesen, dass alle Angaben
über Entgelt der in den Originaldokumenten der Beratungsfälle genannten und zum
Zeitpunkt der Beratung geltenden Währungseinheit entsprechen.
Folgende Schwerpunkte und neue Entwicklungen wurden
in den Beratungen des Jahres 2002 deutlich:
-
Mehrfach
wurde die Gleichbehandlungsanwaltschaft von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern
um die Durchführung einer Mediation oder Supervision in verfahrenen
betrieblichen Situationen ersucht. Ausgangspunkt war fast immer die Beschwerde
einer sexuell belästigten Frau. In diesen Fällen gilt es, sehr genau
abzuklären, ob die Mediation tatsächlich von allen Beteiligten als zielführend
und sinnvoll erachtet wird oder eher dazu führen könnte, die rechtliche
Verantwortung des Arbeitgebers / der Arbeitgeberin zur Schaffung angemessener
und wirksamer Abhilfe in den Hintergrund treten zu lassen.
-
Verstärkt
wurden Kundinnen von Geschäften und Kaufhäusern aktiv, die bei ihren
Einkäufen Diskriminierungen (etwa die sexuelle Belästigung eines
weiblichen Lehrlings durch einen Kollegen im Verkaufsraum, eine im Schaufenster
angebrachte nicht geschlechtsneutrale Stellenausschreibung oder die Tatsache,
dass die Verkäuferinnen einer Bäckereikette sexistische Namensschilder tragen
müssen) beobachtet haben und dagegen etwas unternehmen wollten.
-
Frauen,
die sich beim Wiedereinstieg nach der Karenz mit der drohenden
Beendigung des Arbeitsverhältnisses konfrontiert sehen, weil ihnen Flexibiltät,
Pünktlichkeit und beruflicher Einsatz nicht mehr zugetraut werden, wandten sich
bereits in den vergangenen Jahren an die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen. Neu ist eine steigende Anzahl von Beschwerden männlicher
Arbeitnehmer im Zusammenhang mit Elternkarenz. Sowohl die Inanspruchnahme
von Karenzurlaub durch Väter als auch die Rückkehr in den Betrieb werden häufig
von der Mitteilung der Unternehmensleitung begleitet, dass man sich eine
weitere Zusammenarbeit nicht mehr vorstellen könne. Mehrere Beratungsfälle des
Jahres 2002 betrafen den Versuch,
Väter während der Karenzphase zu einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zu
bewegen.
-
Nach
wie vor ungelöst sind die gleichbehandlungsrechtlichen Probleme im Zusammenhang
mit Ausgliederungen. Erstmals wandten sich Vertreterinnen und Vertreter
politischer Parteien an die Gleichbehandlungsanwaltschaft und ersuchten um
Information darüber, worauf zu achten sei, um den Standard von Landesgleichbehandlungsgesetzen
auch nach der Ausgliederung von Landeseinrichtungen zu halten.
-
Im Zuge der geplanten Neustrukturierung
der Universitäten wandten sich sehr viele junge Universitätsangehörige an
die Gleichbehandlungsanwaltschaft und wollten Auskunft über die Auswirkungen
der dienstrechtlichen Veränderungen auf ihre Verträge und Karriereaussichten im
wissenschaftlichen Bereich sowie generell Informationen über bevorstehende
Änderungen. Insbesondere Vertragsassistentinnen fürchten eine Entwicklung, die
aufgrund des hohen Druckes auf die Beschäftigten in Zukunft die Vereinbarkeit
von Familienarbeit mit einer universitären Laufbahn erschweren könnte. Die
Gleichbehandlungsanwaltschaft musste die Anruferinnen und Anrufer mangels
gesetzlicher Zuständigkeit zwar an andere Stellen weiterverweisen, aufgrund der
hohen Zahl der Anfragen aus dem Universitätsbereich soll die deutlich zum
Ausdruck gekommene Verunsicherung der im Mittelbau Beschäftigten hier aber
nicht unerwähnt bleiben.
-
Gestiegen
ist die Sensibilität gegenüber sprachlicher Ungleichbehandlung in
Formularen, betrieblichen Aussendungen und amtlichen Schreiben. Aus dem Bereich
des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen wurden etwa die
Antragsformulare für Schülerfreifahrten sowie der Folder über die
Familienhospizkarenz von Leserinnen kritisiert.
-
Eine
erfreuliche Neuerung im Jahre 2002 war, dass Frauen über Erfolge oder beispielhafte
Maßnahmen berichteten, denen sie im Arbeitsleben begegneten oder von denen
sie selbst profitieren konnten. Eine Frau in hoher Position bei der Polizei,
eine junge Leiterin eines Call-Centers, die sich entgegen der Befürchtung ihres
Vorgesetzten bestens bewährte, ein Lehrmädchen, das zur vollsten Zufriedenheit
des Chefs im technischen Bereich arbeitet – diese Situationen beispielsweise bewegten Frauen zu Anrufen in der
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, mit denen sie auch anderen Frauen Mut
machen wollten, ihre Vorstellungen im Berufsleben zu verwirklichen.
-
Immer
wieder gab es auch Anfragen zur gleichbehandlungsrechtlichen Entwicklung auf
EU-Ebene und zur EU-Konformität des Gleichbehandlungsgesetzes. Diese
Informationen wurden nicht nur von rechtlich im Detail Informierten gewünscht,
nach Medienberichten über geplante Novellierungen bekundeten auch ansonsten nicht mit Rechtsmaterien
befasste Menschen, denen aber offensichtlich an einer Verbesserung der
beruflichen Situation von Frauen gelegen ist, ihr Interesse.
3. Das
wichtigste aus den Tätigkeitsbereichen
Kooperation,
Information, Bewusstseins-bildung und Öffentlichkeitsarbeit
3.1. Information,
Bewusstseinsbildung, Öffentlich-keitsarbeit
Informationsveranstaltungen
und Schulungen und ein großes Projekt zum Thema Kollektivverträge
bildeten einen Schwerpunkt im Berichtsjahr.
Die Interessenvertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gleichzeitig wichtigste Kooperationspartnerinnen der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, beziehen in ihre Bemühungen, die Sensibilisierung betreffend Diskriminierungen von Frauen im Berufsleben voranzutreiben, zunehmend die eigenen rechtlichen Grundlagen, die Kollektivverträge, mit ein.
Die Risken indirekter
Diskriminierungen durch scheinbar geschlechtsneutrale Regelungen und das
Problem sehr grober, scheinbar geschlechtsneutraler und gleichzeitig auf
männliche und weibliche Beschäftigte unterschiedlich angewendeter
Arbeitsbewertungskriterien in Kollektivverträgen waren auch Schwerpunkte des
Projekts „Gendern von Kollektivverträgen“, bei dem drei Expertinnen der
Anwaltschaft die Gewerkschaft Metall-Textil unterstützt haben. (Siehe Seite
24 )
Ein zweiter
Themenschwerpunkt im Hinblick auf Kollektivverträge war die Herstellung einer
Verbindung zu den immer zahlreicher werdenden Beschäftigten mit Verträgen, die
dem „klassischen“ Arbeitsrecht nicht unterworfen sind.
Die Frage, ob Frauen (und
Männer), die mit freien Dienstverträgen und Werkverträgen beschäftigt
sind, in den Schutzbereich des Gleichbehandlungsgesetzes fallen, wurde zwar in
den letzten Jahren von immer mehr juristischen Expertinnen und Experten bejaht,
zu einer rechtsverbindlichen Entscheidung im Einzelfall ist es aber nie
gekommen.
Mittlerweile ist die Frage
des Geltungsbereichs auf EU-rechtlicher Ebene durch die Änderungsrichtlinie zur
Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2002/73/EG) klargestellt worden, sodass (nach
der entsprechenden Anpassung des Gleichbehandlungs-gesetzes) keine Frau sich mehr dem Risiko der
individuellen Klärung aussetzen muss.
Ständiger inhaltlicher
Schwerpunkt der Information und Schulung durch die Expertinnen der Anwaltschaft
sind das Gleichbehandlungsgesetz selbst und seine Anwendungsmöglichkeiten
sowie Präzedenzentscheidungen der Gleichbehandlungskommission.
Geschult wurden
beispielsweise Referentinnen und Referenten von Rechtsschutzabteilungen in Arbeiterkammern,
Rechtsreferentinnen und Rechtsreferenten in Bezirksstellen und
Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter von Länderkammern sowie Studentinnen und Studenten an der
Sozialakademie der Bundesarbeitskammer.
Im Bereich des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes wurden im Berichtsjahr Mitglieder von Frauenausschüssen
von Landesexekutiven des ÖGB, Abendschülerinnen und Abendschüler an Gewerkschaftsschulen,
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an arbeitsrechtlichen Tagesseminaren sowie Sekretäre
und Sekretärinnen informiert.
Ein spezielles
Schulungsangebot gibt es für Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen der Lehrerinnen-
und Lehrerfortbildung der Bundesarbeitskammer, ebenso wie für Schülerinnen und
Schüler einer berufsbildenden Schule im Tourismusbereich.
Zudem ist es im
Berichtsjahr zu interessanten Kooperationen bei Schulungen gekommen: So fand
ein Informationsseminar der Betriebsseelsorge und der ÖGB-Frauen Oberösterreich
für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemeinsam statt, ein zweites
grenzübergreifend für oberösterreichische und bayrische Betriebsräte und
Betriebsrätinnen im Rahmen eines von der Europäischen Union initiierten
Intereg-Projekts.
Im Rahmen von TAIEX hat
die Anwaltschaft ihre Erfahrungen mit dem Aufbau und der Wirkungsweise
von Gleichbehandlungseinrichtungen für Beitrittskandidatenländer zur
Verfügung gestellt.
Die Vorbildwirkung
des österreichischen Gleichbehandlungsgesetzes für die eigene Weiterentwicklung
der gesetzlichen Bestimmungen zu nützen, war die Intention einer Einladung des
Frauenreferats des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
Das deutsche Recht kennt
zwar eine Reihe von Bestimmungen zur Sicherstellung von Gleichbehandlung in
verschiedenen Gesetzen - die Bestimmungen etwa zum Schutz vor sexueller
Belästigung sind um einiges weitreichender als die österreichischen -, ein
eigenes Gleichbehandlungsgesetz, in dem Institutionen wie die Anwaltschaft oder
die Gleichbehandlungskommission verankert wären, gibt es aber bisher nicht.
Einen Erfahrungsaustausch
zum Thema „Gleichstellungsbestimmungen in Gleichbehandlungsgesetzen“ hat
die Anwaltschaft zwischen österreichischen und schwedischen Expertinnen und Experten
initiiert.
Schweden ist das bisher
einzige EU-Mitgliedsland mit einem expliziten Gleichstellungsteil in seinem
Gleichbehandlungsgesetz, der öffentlichrechtlichen Charakter hat. Betriebe mit
mehr als zehn Beschäftigten werden darin verpflichtet, geschlechtsspezifische
Einkommensstatistiken zu führen, aufgrund dieser Gleichstellungspläne zu
entwickeln und diese jährlich zu evaluieren. Die schwedische
Schwesterorganisation der Anwaltschaft (Jämställdhetsombudsmannen, JämO) hat
die gesetzliche Kompetenz, diese Gleichstellungspläne zu beurteilen und den
Fall des Nichtvorlegens mit Geldbußen zu sanktionieren.
Auch mit den Frauenbildungseinrichtungen
und Frauentreffpunkten generell und insbesondere solchen, die im Auftrag
des Arbeitsmarktservice spezielle Bildungsangebote für Frauen und Mädchen machen,
besteht eine enge Kooperation. Die Informationseinheiten über das
Gleichbehandlungsgesetz im Rahmen von Wiedereingliederungsmaßnahmen für
Wiedereinsteigerinnen werden als äußerst positiver Anstoß gesehen, sich als
Frau die eigenen Rechte und Ansprüche im Erwerbsleben besser bewusst zu machen.
Auch der jährlich von der Mädchenberatungseinrichtung
„Sprungbrett“ vergebene Preis „Amazone“ an einen Betrieb, der sich in der
Lehrausbildung von Mädchen in handwerklich oder technisch orientierten Branchen
besonders vorbildhaft zeigt, trägt zur langfristigen Sensibilisierung von Arbeitgeberinnen
und Arbeitgebern gegenüber Berufswünschen von Mädchen und damit verbundenen geschlechtsspezifischen
Vorurteilen bei.
Eine Expertin der
Anwaltschaft nimmt regelmäßig an der Jury zur Auswahl der Preisträgerinnen und
Preisträger teil.
Universitäten (z.B. regelmäßig der
jährliche Absolventinnentag / Absolvententag der Universität Linz und Lehrende
an der juridischen Fakultät der Universität Wien) greifen bei einschlägigen Themenstellungen
gerne auf die Expertise der Anwaltschaft zurück.
Workshops zum Problem Diskriminierung
durch sexuelle Belästigung haben zunehmend auch präventiven Charakter. Es
setzen sich also Personalverantwortliche sowie Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertretungen
mit der Frage auseinander, wie ein betriebliches Klima erzeugt und verstärkt
werden kann, in dem Übergriffe seltener werden.
Im Berichtsjahr waren es
in erster Linie im Sozialbereich tätige Organisationen und Initiativen, die
sich im Rahmen von Workshops mit den Möglichkeiten, mit dem Problem sexueller
Belästigung sensibel und im Sinne der Betroffenen umzugehen, auseinandergesetzt
haben. Auch im Rahmen einer Informationstagung eines Projekts zur Entwicklung
und Verbreitung von Selbstverteidigungstechniken für Mädchen und Frauen hat die
Anwaltschaft ihre Erfahrungen zur Verfügung gestellt.
Insgesamt wurden bei 120
Veranstaltungen 2830 Personen geschult.
Einige Beispiele von Veranstaltungen
„Welchen Sinn hat der
Kollektivvertrag in der heutigen Zeit?“, Podiumsdiskussion gemeinsam mit Claus
Raidl, Manfred Engelmann, Franz Traxler und Reinhart Gaugg, Wien;
„Chancen = gleichheit, vom
kleinen Unterschied und seinen großen Auswirkungen“, Frauentagung des ÖGB-OÖ
für Arbeitnehmerinnen, Linz;
„Frauen im Visier:
Chancenlos im Jahr der Chancengleichheit?“, Podiumsdiskussion gemeinsam mit
Angela Orthner, Gerald Mitterlehner, Eckhard Oberklammer und Gabriella Hauch
beim 8. Absolventinnentag / Absolvententag der Universität Linz;
„Die Gleichbehandlungskommision
und die Gleichbehandlungsanwaltschaft in Österreich“, Hintergrundgespräch des
DGB für Journalistinnen und Journalisten, gemeinsam mit Karin Tondorf, Detlef
Hensche und Ursula Engelen-Kefer, Berlin;
„Feminismus out – Gender
In?“, Expertinnengespräch / Expertengespräch zum Thema Frauenförderung unter
dem Aspekt der unterschiedlichen Ansätze gemeinsam mit Dagmar Andree, Gabriella
Hauch, Cäcilia Innreiter-Moser und Brigitte Lohnecker, Linz;
„Gender-Quartett“
beim Symposium “Gleicher geht’s (n)immer - Gender Mainstreaming, Strategien in
Kultur und Alltag“; Diskussion mit Erich Lehner, Barbara Kraus, Susanne
Schunter-Kleemann, Salzburg;
Konferenz:
„Women, Work and Health“, Präsentation der “Checklist for Gendering Collective
Agreements”, gemeinsam mit Monika Kemperle, Gewerkschaft Metall - Textil,
Stockholm;
Konferenz:
“Equal Pay is Value adding”, Panel discussion and workshops on Austrian project
results in the framework of PEP, Kopenhagen;
"Frauengerechte
Sozialversicherungssysteme - Netze, die keine durchfallen lassen"
Vortrag bei der
feministischen Utopie-Tagung, Düsseldorf;
“Harassment at the Workplace”, Kurzreferat und
Workshop beim 3. Kongress der EWLA (European Women Lawyers Association), Paris;
„Frau sein in Europa –
Traum oder Alptraum“, Podiumsdiskussion mit Roswitha Roth, Erich Gürentz, Caroline List, Barbara Jauk,
Europazentrum Graz.
Aus einer Diskussionsrunde
in einer Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist das Vorhaben
entstanden, die Klientel des AMS durch Informationsplakate, die in den
Räumlichkeiten der Geschäftsstellen affichiert werden sollen, über das
Beratungs- und Unterstützungsangebot der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen zu informieren und anzuregen, bei konkreten Problemen
Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Ein Entwurf wurde von AMS-Mitarbeiterinnen und der Anwaltschaft gemeinsam erarbeitet.
Bei den Diskussionen zu
Fragen der Einkommensdiskriminierung stehen weiterhin die sich nicht schließende Einkommensschere zwischen Frauen
und Männern und die Diskussion über Diskriminierung durch unterschiedliche
Bewertung der Tätigkeiten von Frauen und von Männern im Vordergrund.
Der Frage, welche tatsächlich
praktikablen, inner- und überbetrieblichen Möglichkeiten es gibt, die Einkommensschere
schließen zu helfen, war das Projekt „PEP – Project Equal Pay“ des schwedischen JämO im Rahmen des 5.
Chancengleichheitsprogramms der Europäischen Union gewidmet, bei dem die
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen neben Dänemark und Norwegen als
Partnerin mitgewirkt hat. (Siehe Seite 26)
Bei Anfragen von Medien ist
immer wieder festzustellen, wie sehr der jährliche Tätigkeitsbericht als
Informationsquelle geschätzt wird. Vor allem die statistischen Angaben über
Beratungen zu Diskriminierungstatbeständen und die geschilderten Situationen
aus dem alltäglichen Berufsleben von Frauen sind bei Journalistinnen / Journalisten wie auch bei Studentinnen
/ Studenten und Wissenschaftlerinnen / Wissenschaftlern sehr gefragt.
Manchmal haben die Anfragen betont
regionalen Inhalt (z.B. welche Tatbestände den ausgewiesenen Beratungen aus
einem bestimmten Bundesland zugrundelägen), wobei der regionale Bezug vor allem
dann stark ist, wenn in einem Bundesland ein Regionalbüro eröffnet wird oder
ein Jubiläum feiert, wie es im Berichtsjahr in Oberösterreich und der
Steiermark der Fall war.
Direkten Kontakt zwischen
Journalistinnen / Journalisten und Personen, die sich diskriminiert fühlen,
stellt die Anwaltschaft grundsätzlich nur nach einer schriftlichen Information
der Betroffenen und einer entsprechenden Überlegungs- und Vorbereitungszeit für
diese her. Dies ist für die meisten Medienmitarbeiterinnen / Medienmitarbeiter
zu langsam. Darüber hinaus wollen aber die meisten Frauen, die die Beratung und
Unterstützung der Anwaltschaft in Anspruch nehmen, grundsätzlich keine
Medienpräsenz.
Auch wenn immer noch Anfragen an
die Anwaltschaft gerichtet werden, Kontakt zu diskriminierten Frauen
herzustellen, mit denen Journalistinnen und Journalisten sprechen könnten, hat
sich die Situation durch die bereits sehr zahlreich vorliegenden
Präzedenzentscheidungen, über die anonym berichtet werden kann, merklich
entspannt.
Das von einer Fachgruppe der
Wiener Wirtschaftskammer und der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen im
Rahmen der Initiative zur Förderung von Väterkarenz erarbeitete
Informationsmaterial ist fertiggestellt und wurde von der Wirtschaftskammer
Wien unter dem Titel „Väterkarenz-Consulting“ in Form eines Folders und einer
Website (www.vaeterkarenz.at) veröffentlicht.
Ziel ist, vor allem
Unternehmensberaterinnen und Unternehmensberater durch das Informationsmaterial
dabei zu unterstützen, im Zusammenhang mit der innerbetrieblichen Beratung
konkret auf Möglichkeiten von Väterkarenz hinzuweisen und bei Konflikten
Unterstützung anbieten zu können.
Der Leitfaden umfasst Anleitungen
für eine geschlechtergerechte bzw. geschlechtsneutrale Sprache bei
Stellenausschreibungen, Personalfragebögen und Bewerbungsgesprächen,
Dienstverträgen und Dienstzeugnissen und bei der Anrede von Mitarbeiterinnen /
Mitarbeitern und Funktionsträgerinnen / Funktionsträgern und unterstützt bei
der Vermeidung von sexistischen Äußerungen im Betriebsalltag.
Ein Argument vieler Gegnerinnen
und Gegner der Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache ist neben dem
Hinweis auf Tradition (ohne Berücksichtigung dessen, dass Sprache kulturelle
Vereinbarung und daher veränderbar ist), die Unlesbarkeit und Verlängerung von
Sätzen. Es zeigt sich aber, dass sich mit einiger Übung sowohl in der schriftlichen als auch in
der mündlichen Kommunikation Formulierungen finden lassen, die die Hör- und Lesbarkeit
in keiner Weise negativ beeinflussen, sondern im Gegenteil einen erweiterten
gedanklichen Einbezug von Frauen bewirken.
Das Bundesministerium für soziale
Sicherheit und Generationen hat 2002 mit Unterstützung des Instituts für
betriebliche Gesundheitsförderung eine Vereinbarung für eine würdevolle
Zusammenarbeit und Entwicklung einer Mobbingpräventionsstrategie
erarbeitet.
Die Anwaltschaft wurde eingeladen,
ihre Expertise insbesondere im Zusammenhang mit dem Problem sexueller
Belästigung und fließenden Übergängen, aber auch der notwendigen Abgrenzung der
Problemstellungen beizutragen.
Bei einem eintägigen
Visionsworkshop im Mai 2002 wurden die Grundzüge der Betriebsvereinbarung
erarbeitet, die unter dem Titel „Fair Play-Vereinbarung für eine würdevolle
Zusammenarbeit“ Ende 2002 fertiggestellt wurde.
3.2. Gender Mainstreaming in
Kollektivverträgen
Offene, direkte
Entgeltdiskriminierung in Kollektivverträgen ist in Österreich bereits im
ersten Jahrzehnt der Geltung des Gleichbehandlungsgesetzes, also in den
Achtzigerjahren, behoben worden.
Probleme
mittelbarer Diskriminierung hingegen sind auch in der Zeit seit Einrichtung der
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen Gegenstand von Beratungen, von
Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission (siehe z.B. Gutachten der
Gleichbehandlungskommission GBK 92/1997 gemäß § 5
Gleichbehandlungsgesetz vom 3.11.1998 betreffend die mittelbare Diskriminierung
von Teilzeitbeschäftigten in Sparkassen und Banken), und des direkten Antrags einer Gewerkschaft beim Obersten
Gerichtshof gemäss § 54/2 ASGG gewesen (9 ObA 801/94).
Kollektivverträge
sind die Basis für innerbetriebliche Entgeltfestsetzung. Die Gestaltung der Entlohnungsschemata,
aber auch die Bestimmungen des sogenannten allgemeinen Teils von Kollektivverträgen
haben daher maßgeblichen Einfluss auf die Spielräume für Diskriminierungen in
der betrieblichen Anwendung.
Von daher sind
die kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmerinnen- und
Arbeitnehmerseite immer stärker bemüht, die kollektivvertragliche Basis so zu
gestalten, dass Schlupflöcher für Diskriminierungen zumindest kleiner und auf
Sicht geschlossen werden.
Aufgrund ihrer
spezialisierten Expertise in Gleichstellungsfragen und genauen Kenntnis der
Muster mittelbarer Diskriminierung wurden Expertinnen der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen bei einem umfassenden Reformprojekt der Gewerkschaft
Metall-Textil beigezogen, im Rahmen dessen bis Ende 2002 insgesamt 39
Kollektivverträge im Hinblick auf Genderfragen analysiert wurden.
Die Ergebnisse der
Analyse wurden in einem Handbuch zusammengefasst, das unter dem Titel „Mit
gutem Beispiel voran – Gender Mainstreaming in Kollektivverträgen am Beispiel
der Kollektivverträge der Gewerkschaft Metall-Textil“ im Jänner 2003
erschienen und kostenlos in der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen oder
im Frauenreferat der Gewerkschaft Metall-Textil zu beziehen ist.
Das Handbuch ist als
Handlungsanleitung für die Analyse von Kollektivverträgen auch in anderen Vertretungsbereichen,
aber auch als Beispiel dafür gedacht, wie jede Art von Rechtsgrundlage
oder verbindlicher Regelung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis,
die ohne Berücksichtigung des Gender-Gedankens erstellt wurde, aus der Perspektive
der aktiven Gleichstellung der Geschlechter neu analysiert werden kann und
sollte.
Im Handbuch ist
ausführlich dargestellt, dass und wie bei scheinbar neutralen Regelungen erst
durch die Gender-Mainstreaming-Technik sichtbar wird, dass und wie Nachteile
für Frauen entstehen.
Die Kollektivverträge
der Gewerkschaft Metall-Textil waren dabei ein besonders faszinierendes Analyseobjekt,
weil durch die im Jahr 2000 erfolgte Fusion der Gewerkschaft
Metall-Bergbau-Energie und der Gewerkschaft Textil-Bekleidung-Leder eine
Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertretung mit zwei sehr unterschiedlichen
Sektoren – einem sehr stark männlich konnotierten und einem ebenso stark
„typisch weiblichen“ - entstanden
war.
Bei der Analyse hat sich
zum Beispiel herausgestellt, dass in der zentralen Frage der Einstufung in
beiden Bereichen tendenziell die männlichen Beschäftigten begünstigt werden.
Nur ein Beispiel:
Die strikte Trennung in
Facharbeit und angelernte Arbeit im Metallbereich führt dazu, dass Frauen, -
auch wenn sie Facharbeit leisten – schlecht bezahlt bleiben, weil ihnen der
formelle Lehrabschluss fehlt.
Demgegenüber werden die
textilen Lehrberufe ganz überwiegend von Frauen absolviert, aber das nützt
ihnen nichts: Ob ein Lehrberuf absolviert wurde, zählt in der Logik der
Textil-Kollektivverträge kaum oder gar nicht. Es kommt nur auf die konkret
verrichtete Tätigkeit an.
(Ausführlich dazu siehe
Handbuch, S.40 ff).
Das Handbuch wird auf
Anfrage gerne an alle um Gleichstellung bemühten und an Gleichstellung interessierten
Institutionen, Unternehmen und Personen versendet.
Ähnliche Bemühungen, die
Struktur und die Lohnschemata von Kollektivverträgen so zu gestalten, dass sie
Diskriminierung in ihrer betrieblichen Anwendung von vornherein erschweren,
gibt es auch in anderen Ländern der Europäischen Union, beispielsweise in
Deutschland oder Schweden.
Die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen hat bereits 2001 begonnen, Angebote der dort tätigen
Expertinnen und Experten zu engerer internationaler Zusammenarbeit trotz großer
Arbeitsbelastung anzunehmen, um die in anderen Ländern gewonnenen Erkenntnisse
für die Weiterentwicklung der Gleichstellung der Geschlechter in Österreich
nutzbar zu machen.
3.3. PEP (Project Equal Pay)
Im Rahmen des 5.Chancengleichheitsprogramms (EU-Aktionsprogramm
für die Strategie der Gemeinschaft zur Chancengleichheit von Frauen und Männern
[2001 – 2005]) war der erste Einreichungszeitraum dem Thema „Gleiche
Entlohnung“ gewidmet.
Über
das Projekt PEP (Projekt Equal Pay) sollte der Transfer von Know-how in Fragen
der Gleichstellung von Frauen und Männern beim Einkommen nach Österreich, aber
auch von Österreich in die anderen Mitgliedsstaaten der EU erfolgen.
Die schwedische Schwestereinrichtung der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen, „JämO“, hat für diesen Zeitraum unter dem Titel
“The European Project on Equal Pay” einen Erfahrungsaustausch über aktive
Gleichlohnstrategien aufgenommen. Im Rahmen des Projekts wurden auf der Ebene
von Aktionsforschung Werkzeuge für mehr Lohngleichheit entwickelt.
Dabei ging es sowohl um innerbetriebliche, diskriminierungsfreiere
Arbeitsbewertungssysteme und um die Kriterien für die Auswahl eines
solchen Systems, als auch um ein Instrument zur Analyse von Lohnsystemen
und Lohnstrukturen, um Verhandlungsstrategien für individuelle
Lohnverhandlungen, um Geschlechtergleichstellung in Managementsystemen,
bis hin zu einer praktischen Anleitung für einen Gleichstellungsplan.
Die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen hat sich mit dem gemeinsam
mit der Gewerkschaft Metall-Textil erarbeiteten Handbuch zu Genderfragen in
Kollektivverträgen am Projekt beteiligt und im Gegenzug die Instrumente,
die in den letzten Jahren in Schweden, Dänemark und Norwegen entwickelt
wurden, um die Lohnschere zwischen Frauen und Männern zu schließen, für die praktische
Anwendung in Österreich zur Verfügung gestellt bekommen.
Alle Instrumente wurden in die deutsche Sprache übersetzt und sind bis
mindestens Ende 2003 auf der Website „equalpay.nu“ verfügbar. Kopien
einzelner Werkzeuge können auch in der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen
angefordert werden. Darüber hinaus werden die Instrumente in der immer
breiteren Raum einnehmenden innerbetrieblichen Gleichstellungsberatung der Anwaltschaft
eingesetzt.
Insgesamt umfasste die Mitarbeit
am Projekt „PEP“ im Berichtsjahr drei eintägige Projektmeetings, bei
denen Konferenzen vorbereitet, Berichte verfasst und die Tools diskutiert
wurden, sowie die Teilnahme einer österreichischen Delegation (bestehend aus
Mitarbeiterinnen der Anwaltschaft und der Gewerkschaft Metall-Textil, einer auf
Einkommensfragen spezialisierten Mitarbeiterin des Frauenreferats des ÖGB und
einer Spezialistin der Universität Linz, sowie in Kopenhagen dem
Geschäftsführer und der Betriebsrätin eines Betriebes, der in beispielhafter
Weise ein nichtdiskriminierendes Arbeitsbewertungsverfahren angewendet hat) bei
einem Expert-meeting in Stockholm im Mai und bei einer Großkonferenz in
Kopenhagen im November.
Mitarbeiterinnen der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen haben
dabei Arbeitskreise geleitet und an einer Podiumsdiskussion über die
Projektresultate teilgenommen.
Darüber hinaus wurde die Arbeit am Handbuch „Gender Mainstreaming in
Kollektivverträgen“ bei der im Mai zum gleichen Zeitpunkt wie das
Expert-meeting in Stockholm stattfindenden internationalen Konferenz „Women,
Work and Health“ von der Frauenreferentin der Gewerkschaft Metall-Textil und
der Leiterin der Anwaltschaft gemeinsam präsentiert und zur Diskussion
gestellt.
Gemeinsam mit Expertinnen aus Deutschland und der Frauenreferentin des
DGB wurde Informationsmaterial zur Bewerbung der Website
„equalpay.nu“ übersetzt, das gleichzeitig eine Art kleiner „Selbsttest“
darüber ist, wie das eigene Unternehmen mit der Gleichlohnfrage umgeht.
Das Informationsmaterial wird 2003 in der Anwaltschaft verfügbar
sein.
3.4. Towards the Uniform and Dynamic
Implementation of EU-Anti-Discrimination Legislation – The Role of Specialised
Bodies
Im Rahmen des EU-Aktionsprogramms zur Bekämpfung von Diskriminierung
(2001 – 2006) wurde die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen eingeladen,
sich am Aufbau eines Netzwerks von spezialisierten Einrichtungen zur
Beratung und Unterstützung diskriminierter Personen in sieben europäischen
Staaten zu beteiligen, das unter der Federführung der „Commissie gelijke behandling“,
der Gleichbehandlungskommission der Niederlande, im September 2002 begonnen
hat.
Im Rahmen eines (vorläufig) zweijährigen Projekts werden – beginnend mit
Jänner 2003 - zur Vernetzung und zum Informationsaustausch insgesamt sieben Expert-Meetings
stattfinden.
Das Expert-Meeting in Österreich steht unter dem Titel: “Protection
against Discrimination and Gender Equality – how to meet both Requirements“.
Zweite Projektaufgabe ist der Aufbau einer technischen Infrastruktur
zum Austausch von Rechtsmaterialien zwischen den Ombudseinrichtungen, beginnend
voraussichtlich mit Herbst 2003.
Als Vorarbeit für das Projekt wurde seitens der EU ein detaillierter
Bericht über die Ombudseinrichtungen der sieben Länder (neben Österreich
sind dies Belgien, Großbritannien, Irland, Niederlande,
Nordirland und Schweden) hinsichtlich Wirkungsbereich,
Kompetenzen, institutioneller Anbindung bzw. Unabhängigkeit erstellt sowie zu
den Diskriminierungstatbeständen, die in den verschiedenen Ländern gesetzlich
festgelegt sind und aufgrund derer die Einrichtungen daher beratend und
unterstützend tätig werden können.
Dieser Bericht wurde im Frühjahr 2002 von der Europäischen Kommission
veröffentlicht.
3.5. Projekt
„betriebliche Gleichstellungsberatung“
Ausgangspunkt für das Projekt
„betriebliche Beratung zu gleichstellungsorientiertem Personalmanagement“ waren gehäufte Anfragen an die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen zum Thema betriebliche Gleichstellungsmaßnahmen,
Implementierung von Frauenförderplänen und betriebliche Lohnpolitik
beziehungsweise Beratung zum Thema sexuelle Belästigung im Betrieb.
Schon gemäß den
Materialien zur Gesetzwerdung des Gleichbehandlungsgesetzes soll die
Institution Anwältin für Gleichbehandlungsfragen auch dazu beitragen,
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur freiwilligen Einhaltung des
Gleichbehandlungsgebotes zu bewegen.
Dementsprechend verstand
sich die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen von Beginn an nicht nur als
Instanz mit Kontrollfunktion, sondern stets auch als unterstützende und
konfliktvermeidende bzw. konfliktlösende Einrichtung auf dem Weg zu einer
geschlechtergerechten Arbeitswelt.
Die langjährige praktische Erfahrung der Anwaltschaft und das große theoretische Hintergrundwissen werden den Unternehmen zur Verfügung gestellt, um aufzuzeigen, welche wirtschaftlichen und personalpolitischen Vorteile mit betrieblicher Frauenförderung verbunden sind. Damit ist die Chance vorhanden, den Schwerpunkt auf aktive Gleichstellungsmaßnahmen zu verlagern und präventiv mit Betrieben zusammenzuarbeiten, damit es zu geschlechtsspezifischen Benachteiligungen gar nicht erst kommt. Das ist vor allem angesichts der massiven innerbetrieblichen Probleme diskriminierter Frauen eine wichtige neue Beratungsoption.
In etwa zwei Jahren, während deren
in unregelmäßigen Abständen kurze, intensive Arbeitstreffen stattfanden, wurden
von Expertinnen in der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen Unterlagen
erarbeitet, die für die Beratungstätigkeit zur Verfügung stehen.
In dieser Zeit haben auch andere
Organisationen wie die GPA, das AMS und das Frauenbüro der Stadt Wien zu diesem
Themenbereich Unterlagen erstellt.
Auch die geschlechtersensible
Unternehmensberatung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, und es gibt
mittlerweile einige Unternehmensberatungen in Österreich, die zur betrieblichen
Gleichstellung professionell beraten.
Von der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen wurden zu den einzelnen Tatbeständen des
Gleichbehandlungsgesetzes Leitfäden für Arbeitgeberinnen / Arbeitgeber,
Betriebsrätinnen / Betriebsräte
und Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer erarbeitet, Informationsbroschüren
verfasst und Workshop-Designs erstellt. Im folgenden werden einige Unterlagen
auszugsweise vorgestellt:
Zum Beispiel:
Der Grundsatz des gleichen
Entgelts für Frauen und Männer war von Anfang an ein Bestandteil des
europäischen Rechts und ist in allen Mitgliedstaaten in nationales Recht
umgesetzt worden. Dennoch klaffen die Löhne für Frauen und Männer in Europa
weiterhin weit auseinander.
Es bedarf daher eines Prozesses
des Umdenkens und Sensibilisierens und Überprüfens alter Rollenzuschreibungen
bei der Einstellung und Beförderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
einerseits und einer neuen diskriminierungsfreien Bewertung von Arbeit
andererseits.
Zwei Maßnahmen können
wesentlich zu Verringerung der Einkommensschere betragen:
·
Eine
Analyse des Entlohnungssystems
·
Das
Ausarbeiten und Umsetzen eines Maßnahmenplanes zur Beseitigung
geschlechtsbedingter
Diskriminierungen
Die Rechtsprechung des EuGH hat
folgende Kriterien für ein diskriminierungsfreies Entlohnungssystem entwickelt:
·
Lohnsysteme
müssen durchschaubar sein, dh sie müssen objektive Kriterien enthalten, damit
die vorgenommene Differenzierung überhaupt nachvollziehbar und überprüfbar ist.
·
Für
die Bewertung von frauendominierten Tätigkeiten müssen die gleichen Kriterien
verwendet werden wie für die Bewertung von männerdominierten Tätigkeiten
·
Die
einzelnen Differenzierungskriterien müssen diskriminierungsfrei ausgelegt
werden.
·
Die
Differenzierungskriterien müssen in ihrer Gesamtheit der Art der zu
verrichtenden Arbeit Rechnung tragen.
Die Anwältinnen für Gleichbehandlungsfragen können aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung Betriebe und Unternehmen dahingehend beraten, welche diskriminierungsfreien Arbeitsbewertungssysteme es gibt, wo die Fallen für ungleiche Entlohnung liegen und wie versteckte Diskriminierungen vermieden werden können.
Zum
Beispiel:
Dieser
Leitfaden enthält Informationen folgender Art für Sie:
Ø
Mögliche
Präventivmaßnahmen im Vorfeld, an denen Sie ein wichtiges
Mitwirkungsrecht
haben
Ø
Maßnahmen, die Sie in Ihrer Funktion als Betriebsrätin / Betriebsrat präventiv
anregen oder selbst in die Hand nehmen können
Ø
Strategien
und konkrete Handlungsanleitungen bei Vorliegen einer Beschwerde von
sexueller Belästigung
Ø
Gesetzliche
Grundlagen im Gleichbehandlungsgesetz
Präventivmassnahmen
Die nachfolgend
beschriebenen Maßnahmen unterstützen eine Arbeitsatmosphäre, in der dem Phänomen
der sexuellen Belästigung der Nährboden entzogen werden kann. Im Rahmen Ihrer
Funktion obliegt es Ihnen, deren Einführung und Einhaltung zu fordern und zu
fördern.
Ø
Leitbild, Betriebsvereinbarung
Der diesbezüglich erwünschte Verhaltenskodex wird im Leitbild und in einer
Betriebsvereinbarung festgehalten
Ø
Vorbildwirkung
Führungskräfte entfalten Vorbildwirkung durch korrektes Verhalten hinsichtlich
der Achtung der geschlechtlichen Integrität von Kolleginnen / Kollegen und
Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern
Ø
Beschwerdeverfahren
Ein formelles Beschwerdeverfahren mit zuständigen Personen im Betrieb wird
implementiert und eine Kontaktperson für betroffene Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter geschaffen
Ø
Information
Information aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Broschüre, schwarzes Brett, Informationsveranstaltungen)
über die Grundsätze, rechtlichen Grundlagen und Anlaufstellen bei Beschwerden
Ø
Weiterbildung
Verpflichtende Teilnahme von Führungskräften an Weiterbildungsangeboten zum
Thema sexuelle Belästigung
Ø
Einstellungsgespräch
Schon bei Einstellungsgesprächen mit potentiellen, neuen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern wird eindeutig klargestellt, dass einschlägiges, diskriminierendes
Verhalten im Unternehmen unerwünscht ist und Konsequenzen mit sich bringt
Ø
Vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre
Da
Themen, die in die sexuelle Sphäre fallen, in unserer Gesellschaft noch immer
tabu sind, erleichtert eine vertrauensvolle Atmosphäre der betroffenen Person,
über das Geschehene zu berichten. Die Tatsache, dass sie persönlich gehört
wird, die Situation ernst genommen und ihrem Bericht Glauben geschenkt wird,
erleichtert eine Aufklärung und auch konstruktive Lösung der Situation. Oft ist
eine kritische Überprüfung des eigenen Standpunktes und möglicher Vorurteile,
Haltungen und Tabus bei der Unterstützung betroffener Personen sehr hilfreich.
Ø
Vertraulichkeit
Vertraulicher
Umgang mit den erhaltenen Informationen hat höchste Priorität. Daraus ist klar
ableitbar, dass die weitere Vorgangsweise mit der betroffenen Person vorab geklärt
wird, Gedächtnisprotokolle der betroffenen Person nicht aus der Hand gegeben
werden und keinesfalls ein Vermerk im Personalakt der sexuell belästigten
Person erfolgen soll.
Ø
Objektivität
Es liegt
in der Verantwortung der Dienstgeberin / des Dienstgebers, den Sachverhalt
genau zu prüfen und darauf basierend angemessene Entscheidungen zu treffen.
Einzelgespräche sowohl mit der betroffenen Person als auch dem potentiellen Belästiger / der potentiellen
Belästigerin wahren einerseits das Prinzip der Vertraulichkeit, andererseits
gewährleisten sie in größtmöglichem Ausmaß die Wahrheitsfindung.
Ø
Ordnungsgemäße Tatsachenermittlung
Die Situation ist
nicht geklärt, wenn „Aussage gegen Aussage“ steht. Es sollten solange weitere
Informationen gesammelt werden, bis eine gut fundierte Entscheidungsgrundlage
vorliegt.
Ø
Opfer nicht zu Täterinnen / Tätern werden lassen
Durch das
Ansprechen von Vorfällen sexueller Belästigung kann sich eine Dynamik in der
nachfolgend geschilderten Weise entwickeln. Oft ist zu beobachten, dass die
eigentlichen Opfer in den Augen der Umwelt zu Täterinnen / Tätern mutieren. Es
ist verstärkt Augenmerk darauf zu richten, dass sich das Blatt nicht wendet und
letztendlich die betroffene Person die Nachteile aus der Thematisierung zu
tragen hat. Es darf keine Personalentscheidung getroffen werden, die für die
betroffene Person benachteiligend ist.
Ø
Interne und externe Unterstützung suchen und den Betroffenen auch
anbieten
Es ist in vielen
Fällen sehr hilfreich, bei der
Bearbeitung und Lösung von Fällen sexueller Belästigung Unterstützung
beizuziehen. Diese kann einerseits in einer rechtlichen Information und Beratung
liegen, andererseits auch in Form eines Coaching, einer Supervision oder
Mediation in Anspruch genommen werden. Die Mitarbeiterinnen der
Gleichbehandlungsanwaltschaft in Wien und die Regionalanwaltschaften in den
einzelnen Bundesländern sind Spezialistinnen im Bereich der Gleichbehandlung
aufgrund des Geschlechts und stehen Ihnen mit Beratungs-, Unterstützungs- und
Begleitungsfunktion zur Verfügung.
Ø
Abhilfemaßnahmen
Sobald
ein Überblick über das Geschehene besteht, sind Maßnahmen zu treffen, um
Belästigungen in Zukunft zu vermeiden. Jedenfalls ist der Belästiger / die
Belästigerin darauf hinzuweisen, dass sein / ihr Verhalten gesetzeswidrig und
im Unternehmen unerwünscht ist und weitere disziplinarrechtliche und
arbeitsrechtliche Konsequenzen zur
Folge haben kann.
Ø
Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Maßnahme
Angemessen ist eine Abhilfemaßnahme dann, wenn sie geeignet ist, die belästigte
Person vor weiteren Belästigungen zu schützen. Nachfolgend aufgezählte
Möglichkeiten bieten sich an, wobei jedoch auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
zu entsprechen ist. Die Maßnahme muss in einer Relation zu Schwere, Intensität,
Dauer und Häufigkeit des Übergriffs stehen.
Ø
Mögliche
Abhilfemaßnahmen durch die Arbeitgeberin / den Arbeitgeber
Ermahnung / Verwarnung
Räumliche Trennung von betroffener Person und Belästiger / Belästigerin
(Versetzung des Belästigers / der Belästigerin, es sei denn, die betroffene
Person äußert den ausdrücklichen Wunsch, versetzt zu werden)
Kündigung
Entlassung
des Belästigers / der Belästigerin bei schwerwiegenden Fällen
Ø
Betroffene
Person will keine offenen Schritte setzen
Wenn
die betroffene Person noch keine offenen Schritte setzen möchte, besteht die
Möglichkeit, das Thema in einer Dienstbesprechung prinzipiell anzusprechen, und
zwar in Form einer Information über die Unternehmenslinie, verbunden mit der
generellen Aufforderung, sich dementsprechend zu verhalten und Vorfälle sofort
zu behandeln.
Ø
Unabhängigkeit
von Klagseinbringung
Auch
wenn von der betroffenen Person aufgrund der sexuellen Belästigung eine
Klage beim Arbeits- u. Sozialgericht eingebracht wird, bleibt die Arbeitgeberin
/ der Arbeitgeber dazu verpflichtet, in der konkreten Situation Abhilfe zu
schaffen, um die betroffene Person vor Wiederholung zu schützen. Zudem führt eine Klage so gut wie nie zur
Klärung der Situation.
Ist
die Arbeitgeberin / der Arbeitgeber der rechtlichen Verpflichtung, Abhilfe zu
schaffen, nachgekommen, beseitigt das nicht die gesetzte sexuelle Belästigung
durch die dritte Person (den Belästiger / die Belästigerin) und deren
Verantwortung dafür. Der betroffenen Person stehen gegen diese Person weiterhin
rechtliche Maßnahmen wie die Antragstellung bei der Gleichbehandlungskommission
bzw. die Einbringung einer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht zu.
Wir erklären, welche Vereinbarkeitsmaßnahmen Betriebe setzen können, welche externen Beraterinnen / Berater und spezialisierte Unternehmensberatungen dafür zur Verfügung stehen, wir beraten und informieren über Preise, die zu gewinnen sind und was unter Audit Beruf und Familie verstanden wird.
Wir informieren und
beraten
·
bei
Einführung von Vereinbarkeitsmaßnahmen
·
über
die Vorteile von Vereinbarkeitsmaßnahmen
·
welche
Preise zu gewinnen sind
Wir informieren über
·
wesentliche
Inhalte
·
rechtliche
Grundlagen
Wir unterstützen
·
bei
der Sensibilisierung der Arbeitgeberinnen / Arbeitgeber
·
bei
der Information der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer
·
Personalverantwortliche
und Organisationsentwicklerinnen / Organisationsent-
wickler
·
Training,
Schulung und Information der Beteiligten
Es
gibt in Österreich Betriebe / Unternehmen, die Vereinbarkeitsmaßnahmen gesetzt
haben und durchwegs positive Erfahrungen damit machen. Die bessere
Vereinbarkeit von Privat- / Familienleben und Beruf wirkt sich auch auf das
Betriebsklima, die Unternehmenskultur und die wirtschaftlichen Daten überaus
positiv aus.
·
Reduktion
familienbedingter Fehlzeiten: durch verbessertes Betriebsklima, welches durch
den offenen Umgang mit den familiären Bedürfnissen gefördert wird
·
Steigende
Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit, welche entsteht, wenn Kundinnen /
Kunden durch wiederum zufriedene Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter freundlich und
zuvorkommend behandelt werden
·
Sinkende
Fluktuationsrate: folglich werden (betriebliche) Kosten gesenkt
·
Produktivität-
und Qualitätssteigerung der geleisteten Arbeit: wird das Betreuungsproblem
gelöst, steigt die Konzentration auf die Arbeit
·
Interne
und externe Steigerung des Unternehmensimages, was u.a. den Betrieb auch als
potentiellen Arbeitgeber für qualifizierte Nachwuchskräfte interessant macht
·
Synergieeffekte:
bestehen auch darin, in der Familie erworbene Kompetenzen in das Unternehmen
einzubringen
3.6. Informationssystem der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen
Mit 1.1.2002 konnte die
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen eine EDV-unterstützte Klientinnen- und
Klientenverwaltung in Betrieb nehmen. Dieses Konzept wurde von der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen mit
Unterstützung einer Hospitantin, die im Rahmen des EU-Projekts „Preparing Women
to Lead“ tätig war, erarbeitet und
von EDV-Expertinnen und EDV-Experten des Bundesministeriums für soziale
Sicherheit und Generationen weiterentwickelt und umgesetzt.
Im Jahr 2002 wurde auch ein
EDV-unterstütztes Statistikprogramm erarbeitet und installiert, sodass nunmehr
eine rasche und arbeitssparende statistische Auswertung der Beratungstätigkeit
möglich ist.
4. Die Situation der
Anwaltschaft für Gleichbe-
handlungsfragen
4.1. Ressourcen der Anwaltschaft für
Gleich-behandlungsfragen
Seit Ende März 2002 ist Frau
Melitta Dujak in der Regionalanwaltschaft Kärnten als Assistentin beschäftigt,
ab Dezember 2002 mit 40 Wochenstunden.
Mit 1.6.2002 hat Frau Maga.
Claudia Lugger ihre Tätigkeit als gesetzliche Stellvertreterin der Regionalanwältin
mit einer Wochendienstzeit von 20 Stunden aufgenommen (Ersatz für Frau Maga.
Michaela Kohlweiß).
Mitte August 2002 hat Frau Maga.
Patrizia Fessler ihre Tätigkeit als gesetzliche Stellvertreterin der
Regionalanwältin für Tirol, Vorarlberg und Salzburg in einem Ausmaß von 20 Wochenstunden aufgenommen. Die
38jährige Juristin ist aus dem Hearing als bestqualifizierte Bewerberin
hervorgegangen. Sie verfügt über mehrjährige Berufserfahrung als Assistentin an
der Universität Innsbruck sowie im Verwaltungsdienst des Landes Tirol. Während
ihrer Tätigkeit beim Land Tirol konnte sie Erfahrung in der Beratung sammeln,
an der Universität Innsbruck lag ihr Forschungsschwerpunkt im Fremdenrecht,
insbesondere gesetzliche Bestimmungen gegen die Diskriminierung aufgrund der
Herkunft.
Die praktischen Erfahrungen mit
der Teilung der Stelle der Büroassistenz in Innsbruck sind durchwegs positiv
und können sehr gut in die Beratungstätigkeit integriert werden.
Im November 2002 ist das
Regionalbüro Oberösterreich der Anwaltschaft in Linz eröffnet worden, die
Personalsuche im Bereich des Bundessozialamts und die Ausschreibung der
Leitungsfunktion erfolgten im Dezember.
Insgesamt gingen 23 Bewerbungen
ein, die Auswahl der Regionalanwältin erfolgte im Rahmen eines Hearings, zu dem
acht Bewerberinnen geladen waren.
Da mehr als 75 % der Ratsuchenden in der
Anwaltschaft Frauen sind und viele Frauen das Beratungsangebot wegen einer
sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz
durch männliche Kollegen oder Vorgesetzte in Anspruch nehmen, war die
Ausschreibung auf weibliche Kandidatinnen beschränkt worden.
Die wesentlichsten
Kompetenzen für eine Arbeit im Bereich der Rechtsdurchsetzung im Gleichbehandlungsrecht
sind Sensibilität für Geschlechter- und Diskriminierungsfragen, Bereitschaft
zur Auseinandersetzung damit und geschlechtssensible Beratungserfahrung.
Fehlen
diese Bereitschaft, Sensibilität und Kompetenz, so ist eine adäquate Unterstützung
von Frauen (und Männern) in der sehr belastenden Situation eines
Gleichbehandlungsverfahrens auch bei umfassender juristischer Kompetenz nicht
möglich.
Am 13.1.2003 wurde Frau
Maga. Wilma Gaderer zur Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen
für den Wirkungsbereich des Landes Oberösterreich bestellt.
Frau Maga.
Gaderer ist Juristin, mit 25 Stunden teilzeitbeschäftigt und wird von einer
vollzeitbeschäftigten Juristin, Frau Drin. Ingeborg Obermüller als
gesetzliche Stellvertreterin, und von einer ebenfalls vollzeitbeschäftigten
Assistentin, Frau Birgit Brandstätter,
unterstützt.
Die beiden
Mitarbeiterinnen des Regionalbüros wurden unter insgesamt acht Interessentinnen
und Interessenten im Bereich des Bundessozialamts Linz ausgewählt.
Mit der im Berichtsjahr
erfolgten Einrichtung des
Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen im Bundesland Oberösterreich auf Grundlage
der Verordnung BGBl Nr. 442/2002
verfügt die Anwaltschaft über vier Regionalbüros und ist weitgehend in der
Lage, Frauen und Männern, die sich diskriminiert fühlen, Beratung und
Unterstützung in zumutbarer Entfernung anzubieten.
Da in den Jahren 2001 und
2002 insgesamt drei neue Regionalbüros ihre Arbeit aufgenommen haben,
hatte der im Jahr 2000 begonnene professionell
begleitete Teambildungs- und Organisationsentwicklungsprozess auch im
Berichtsjahr zentrale Bedeutung.
Nach einer Intensivphase
in den Jahren 2000 bis 2002 werden in Hinkunft jeweils zwei Team- und
Koordinationstagungen jährlich stattfinden, wobei die Begleitung durch eine
Trainerin nur mehr für jeweils einen Arbeitstag und eine Abendeinheit notwendig
sein wird.
Die Team- und
Koordinationstagungen stellen für die nunmehr insgesamt 17 Mitarbeiterinnen der
Anwaltschaft (davon sechs teilzeitbeschäftigt) die einzige Möglichkeit des
persönlichen Kontakts und Erfahrungsaustausches dar, an dem alle
Mitarbeiterinnen gemeinsam teilnehmen können.
Darüber hinaus sind gerade Mitarbeiterinnen in neu eingerichteten Regionalbüros im Hinblick auf die komplexen Gleichbehandlungsprobleme und sensiblen und schwierigen Situationen, mit denen sie oft recht schnell konfrontiert werden, auf die Expertise ihrer erfahrenen Kolleginnen angewiesen.
Auch beim Aufbau ihres Büros und
bei der zentralen Frage, wie das Beratungs- und Unterstützungsangebot der neuen
Einrichtung möglichst rasch und wirksam bekannt gemacht werden kann, ist ein
gut organisiertes Informationsmanagement im überregionalen Bereich – zur
Zentrale in Wien, aber auch zu den anderen Regionalbüros – unerlässlich.
Da aufgrund der großen räumlichen
Entfernungen und der vielfältigen Belastungen in der Arbeit mit
Gleichbehandlungsproblemen Fragen der Zusammenarbeit im Team ungleich
schwieriger sind als in anderen Bereichen, für die Mitarbeiterinnen der Anwaltschaft
auf Grund ihres speziellen Zuständigkeitsbereichs aber die enge, überregionale
Zusammenarbeit entscheidende Arbeitsvoraussetzung ist, wird Fragen der Team-
und Organisationsentwicklung auch weiterhin große Aufmerksamkeit gewidmet.
Dabei wird zunehmend zum Problem,
dass die Zentrale in Wien neben ihrem gesetzlichen Wirkungsbereich als
zuständige Anwaltschaft für Wien, Niederösterreich und Burgenland –
Bundesländern, aus denen mehr als die Hälfte der Beratungsanfragen kommen
- immer mehr Aufgaben im Bereich
der organisatorischen Koordinierung und der juristischen Supervision für die
neuen Regionalbüros zu übernehmen
hatte.
In der Regierungsvorlage zur
Novelle BGBl Nr.44/1998, mit der die Regionalisierung der Anwaltschaft
beschlossen wurde, waren in der Zentrale in Wien für diese Funktionen zwei
Koordinatorinnen vorgesehen.
Die Regionalbüros sind zwar nach
und nach eingerichtet worden, von den Koordinationsstellen ist aber bis heute
nur eine geschaffen worden.
Diese Situation wird durch die
Erweiterung des Kompetenzbereiches auf freie und atypische Dienstverhältnisse
und die Koordinationsaufgaben, die die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen
in Bezug auf Mehrfachdiskriminierungen in Zusammenarbeit mit den im Zuge der
Umsetzung der beiden Richtlinien
nach Art.13 EGV neu zu schaffenden Ombudsstelle übernehmen wird, noch
verschärft werden.
4.2. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbe-handlungsfragen für Vorarlberg, Tirol und
Salzburg
Die Regionalanwaltschaft mit Sitz
in Innsbruck hat ihren hohen Bekanntheitsgrad noch weiter ausgebaut und ist
sowohl als Beratungsstelle für sich diskriminiert fühlende Frauen und Männer
als auch als Informationsstelle zu rechtlichen Gleichbehandlungsfragen eine
fixe Größe in Westösterreich geworden. Gegenüber dem Jahr 2001 haben sich die
Erstberatungen um knapp 60% erhöht. Insgesamt wurden in der
Regionalanwaltschaft im Berichtszeitraum 1327 Kontakte notiert.
Die meisten Anfragen betrafen das
Thema Entgeltdiskriminierung, gefolgt von Diskriminierung durch sexuelle
Belästigung und Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.
Die absolute Zahl der Anfragen zur sexuellen Belästigung hat gegenüber dem
Vorjahr allerdings deutlich zugenommen.
Ungefähr ein Viertel der Anfragen
kam von Männern. Die meisten informierten sich über das Gleichbehandlungsgesetz,
gefolgt von Anfragen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer. Besonders
im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme eines Karenzurlaubes haben Männer mit
Diskriminierungen am Arbeitsplatz zu kämpfen.
Für Frauen blieb die
Diskriminierung beim Entgelt an erster Stelle der Anfragen, gefolgt von Beratungen
bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.
Die Regionalanwältin hat
bei 41 Veranstaltungen mit insgesamt 700 Teilneh-merinnen und Teilnehmern als
Referentin oder Workshop-Leiterin teilgenommen. Das am öftesten behandelte
Thema waren allgemeine Information über das Gleichbehandlungsgesetz und die
Aufgaben der Anwaltschaft.
Bei einer
arbeitsrechtlichen Fachtagung des Institutes für Arbeits- und Sozialrecht der
Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit dem Präsidium des OLG Innsbruck
referierte die Regionalanwältin zur aktuellen Entwicklung des
Gleichbehandlungsrechts in Österreich und Europa. Bei der Konferenz der EWLA
(European Women Lawyers Association; http://www.ewla.org/)
in Paris leitete die Regionalanwältin den Arbeitskreis zum Thema „Harassment at
the workplace“.
Das Expertinnenwissen der
Anwältinnen in Fragen des Gleichbehandlungsrechts, insbesondere sexuelle
Belästigung und Entgeltdiskriminierung, wird von immer mehr Einrichtungen und
Projektleiterinnen / Projektleitern genutzt. Die Regionalanwältin begleitete
die Regionalgruppe Tirol des Gender Mainstreaming Projektes „Observatoria“ (http://www.netzwerk-frauenberatung.at/observatoria/),
das im Rahmen eines EQUAL Projektes durchgeführt wurde.
Die Frauenkommission der Diözese
Innsbruck konzipierte und führte eine Veranstaltungsreihe „Frauen im Tourismus“
durch. Die Regionalanwältin arbeitete bei der Erstellung des Konzeptes mit und
referierte bei den einzelnen Veranstaltungen.
Die Beratung zur Implementierung
bei Gleichstellungsplänen wird von immer mehr Betrieben gerne in Anspruch
genommen. Die Referate zum Thema Gleichbehandlung von Frauen und Männern sind
ein fixer Bestandteil der Politiklehrgänge für Frauen in Tirol, eines IT
Projektes für Frauen in Vorarlberg sowie der Veranstaltungen rund um den 8.
März.
Die Nachfrage nach
Informationsveranstaltungen an Tiroler Schulen und in Wiedereinsteigerinnenkursen
in allen drei Bundesländern sowie nach Schulung von Personalverantwortlichen
ist weiter im Steigen.
Die Beratung zu
Gleichstellungsinitiativen in Betrieben gliedert sich in die Aufgabenbereiche
begleitende Beratung bei der Erstellung von Frauenförderplänen, Schulung der
Personalverantwortlichen zu speziellen Themen wie Gender Equality und sexuelle
Belästigung. Die Beratungen zu diesem Thema werden immer öfter angefragt.
Ein häufig angefragtes Thema ist
die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Die Regionalanwältin
nahm an mehreren Podiumsdiskussionen teil und leitete Workshops zu diesem
Thema.
Nach wie vor werden Frauen und
auch einige Männer aufgrund der Inanspruchnahme eines Karenzurlaubes zur
Betreuung eines Kleinkindes am Arbeitsplatz mit Benachteiligungen konfrontiert.
Frauen wurden nach dem Wiedereinstieg zurückgestuft, verloren ihre
Leitungsfunktion oder den Anspruch auf Zusatzleistungen. Die Inanspruchnahme
von Teilzeitarbeit wurde oft aus betrieblichen Gründen nicht gewährt.
Der Vernetzungsarbeit
mit den verschiedensten Einrichtungen in allen drei Bundesländern wurde auch im
Berichtszeitraum ein großer Stellenwert eingeräumt.
Die mittlerweile schon
institutionalisierte „arge gleichbehandlung tirol“ (eine informelle Plattform
aller Gleichbehandlungsbeauftragten Tirols) hat in sechs Sitzungen die Themen:
Arbeit und Ziele der Gleichbehandlungsbeauftragten, unser Selbstverständnis als
Gleichbehandlungsbeauftragte, Gender Mainstreaming, Wiedereinsteigerinnen /
Wiedereinsteiger und Teilzeitarbeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie,
betriebliche Frauenförderung bearbeitet.
In den Bundesländern
Salzburg und Vorarlberg gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den Frauenreferaten
der Bundesländer und den Interessenvertretungen.
Zunehmender Bekanntheitsgrad
Die intensive Arbeit der letzten
eineinhalb Jahre seit Eröffnung des Regionalbüros, um dieses in der Steiermark
bekannt zu machen, trägt sichtbare Früchte. Immer mehr auf die eine oder andere
Art mit dem Thema befasste Institutionen in der Steiermark kennen das
Regionalbüro mit seinem Angebot und verweisen Personen, die sich aufgrund des
Geschlechts diskriminiert fühlen, an dieses. Zunehmend etabliert sich das Büro
als eine Informationsstelle für rechtliche Gleichbehandlungsfragen sowie
Gleichstellung der Geschlechter im allgemeinen. Die Zusammenarbeit mit dem
Frauenreferat der Arbeiterkammer Steiermark und der Gewerkschaft der
Privatangestellten gestaltet sich in Bezug auf eine bestmögliche Unterstützung
der betroffenen Personen als sehr konstruktiv. Auch die Medien wenden sich
zunehmend mit konkreten Fragestellungen zu den Themenbereichen Gleichbehandlung
und sexuelle Belästigung an die Regionalanwaltschaft.
Der Schwerpunkt hat sich von der
Informationstätigkeit über das Angebot der Regionalanwaltschaft zu
aufwendigeren und zeitintensiveren Beratungsfällen verlagert. Dies ist aus dem
Anstieg der Kontakte zu ersehen. Zahlenmäßig betreffen die meisten
Beratungsfälle den Tatbestand der sexuellen Belästigung, gefolgt von
Informationen zum Gleichbehandlungsgesetz allgemein. An dritter Stelle stehen
die Beratungen zu den sonstigen Arbeitsbedingungen, dann folgen Beratungen
zum Tatbestand der Begründung des
Arbeitsverhältnisses, der Beförderung, der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung
und der Festsetzung des Entgelts in genannter Reihenfolge. Im Zusammenhang mit
der qualitativen Veränderung der Beratungen hat sich auch das
Geschlechterverhältnis im Vergleich zum Vorjahr verändert (2002: 77% Frauen,
2001: 60% Frauen).
Auch in diesem Berichtsjahr zu
bemerken ist die auffällige Diskrepanz zwischen im Regionalbüro getätigten
Äußerungen von Frauen über die in ihrem Berufsalltag erlebten Diskriminierungen
und den gegenüber Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern tatsächlich ausgesprochenen
konkreten Beschwerden. Die Erfahrung zeigt, dass vielfach Befürchtungen vor Repressalien im
Betrieb für dieses Phänomen ausschlaggebend sind.
Erhöht hat sich die Zahl der
Anfragen zu geschlechtergerechtem Sprachgebrauch. Möglicherweise ist an dieser
Tatsache auch ein gesteigertes öffentliches Interesse zu erkennen. Die
Gleichbehandlungsanwaltschaft wird diesem erkennbaren Bedürfnis zusätzlich zum persönlichen
Beratungsangebot zukünftig auch mit einem eigenen Folder Rechnung tragen.
Auch Anfragen zu sexistischer
Werbung gab es diesem Jahr verstärkt.
Die Maßnahmen, den
Bekanntheitsgrad des Regionalbüros in der Steiermark zu erhöhen und damit
möglichst vielen Frauen und Männern, die unsere Unterstützung benötigen, zur
Verfügung stehen zu können, sind vielfältig.
Im März erging eine Einladung des
Europazentrums – Europahaus Graz an das Regionalbüro, bei einer im April in
Graz stattfindenden internationalen Konferenz zu dem Thema „Frau sein in Europa
– Traum oder Alptraum“ neben anderen renommierten Spezialistinnen und Spezialisten
über Frauenrechte in der Europäischen Union zu sprechen.
Die wiederholt durchgeführten
Workshops und Vorträge für Frauen, die sich in Qualifizierungsprojekten des AMS
befinden, bieten den Rahmen für die Informationsweitergabe über das Beratungsangebot
des Regionalbüros und die Vermittlung von für die Frauen notwendigem Wissen in
Bezug auf ihre Rechte und Möglichkeiten bei Diskriminierungen aufgrund des
Geschlechts im Rahmen zukünftiger Arbeitsverhältnisse. Der Diskussionsprozess
über Gleichbehandlung und Gleichstellung erlaubt auch, Haltungen und
Einstellungen zu diesem Thema auf einer breiten Basis wahrnehmen zu können.
Durch Veranstaltungen in diversen
Sozialeinrichtungen, in Bezirksorganisationen der Gewerkschaften bzw.
Landesfrauenausschüssen oder im Rahmen von Tagungen eines Beschäftigungspaktes
konnten die themenzentrierten Informationen an viele Interessierte
weitergegeben werden.
Die Möglichkeit, im Haus der
Frauen, einer in der Steiermark sehr bekannten und anerkannten Erwachsenenbildungseinrichtung,
in vierteljährlich wiederkehrenden Intervallen über die Institution zu
informieren und deren Angebot darzustellen, bildet einen wichtigen Bestandteil
der regionalen Öffentlichkeitsarbeit.
Die Regionalanwaltschaft
wurde eingeladen, an EU-Projekten wie Just Gem, Observatoria oder dem Projekt Menschenrechtsstadt Graz, das
2002 abgeschlossen wurde, mitzuwirken. Dies bewirkt einen höheren
Bekanntheitsgrad bei Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Just Gem ist eines
der größten
Equal-Projekte in der
Steiermark mit dem Ziel, Gender Mainstreaming in arbeitsmarktpolitisch relevanten
Organisationen und Unternehmen zu verankern, um Gleichstellungsaktivitäten in
allen beschäftigungspolitischen Bereichen zum Durchbruch zu verhelfen.
Observatoria hat vor allem die Erweiterung der eigenen Handlungskompetenz der
Beteiligten in Bezug auf Gleichstellung zum Ziel. Im Projekt
Menschenrechtsstadt Graz wurde vor allem auf eine gendersensible Wahrnehmung
der Problemdarstellungen im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen und die
entsprechenden Lösungsansätze hingewirkt.
Die Regionalanwaltschaft war
Mitglied in der österreichischen Referenzgruppe des EU-Projekts „Towards a
closing of the gender pay gap“, das durch das Rahmenprogramm zur
Chancengleichheit (2001-2005) der Europäischen Kommission und durch nationale
Stellen finanziert wurde. Dieses Forum bot die Möglichkeit für einen äußerst
interessanten Austausch von mit dem Thema Entlohnung von Frauen und Männern
befassten Personen aus dem Schul-, Studien-, Gewerkschafts- wie auch
wissenschaftlichen Bereich.
Die Übernahme der Funktion „Gender
Mainstreaming-Beauftragte“ im Equalprojekt Styria Integra bietet die
Möglichkeit, einerseits auf oberster Ebene strategisch an den
Gleichstellungszielen der einzelnen Module mitzuwirken, andererseits in den
Entwicklungspartnerschaften dieses Thema bewusst werden zu lassen bzw. zu
halten.
Ein großer Erfolg war die
zahlreich besuchte Feier zum einjährigen Bestand des Regionalbüros. Politikerinnen
und Politiker aller im steirischen Landtag vertretenen Parteien bekundeten
durch ihre Teilnahme am Fest ihr Interesse an Gleichstellungsfragen. Herr
Bundesminister Mag. Herbert Haupt, Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic und
Frau Nationalratsabgeordnete Ridi Steibl betonten in ihren Festreden die
Wichtigkeit des Regionalbüros der Anwaltschaft für die Steiermark.
Schwerpunkte
Neben Beratung, Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit
konnten im Berichtsjahr 2002 innovative Projekte in Kooperation mit dem Land
Kärnten und dem AMS umgesetzt werden.
Die initiierten Projekte wurden
seitens des Regionalbüros nach unterschiedlichen Zielgruppen definiert, um über
den gesetzlichen Auftrag hinaus für die Gleichstellung im Arbeitsleben Sorge zu
tragen.
Unter diesem Gesichtspunkt richtet
sich die „Aktion Vorbild – Mädchen nutzen Chancen“ an weibliche Lehrlinge und
unterstützt und fördert neben einer Öffentlichkeits- und Imagekampagne schwerpunktmäßig
Mädchen, in männerdominierten Arbeitsfeldern Fuß zu fassen.
Das Pilotprojekt „Crossmentoring“
unterstützt Frauen beim Zugang zu Führungspositionen. Durch Schulungen und
Coaching werden die Frauen von einem männlichen Mentor eines externen Unternehmens
bei der Zielerreichung begleitet und gefördert.
Ein innovatives Modell
für Wiedereinsteigerinnen konnte im Rahmen des Projektes Callcenter „HelpDesk“ erprobt und
erfolgreich umgesetzt werden. Das Modell orientiert sich am Prinzip „learning
by doing“ und beinhaltet neben einer Beschäftigung kontinuierliche
Qualifizierung, die auf den konkreten Arbeitsplatz abgestimmt ist. Das Projekt
„Callcenter“ ist im Microelektronikcluster verankert und somit direkt in der
Wirtschaft angesiedelt. Dies erhöht die Chance für Wiedereinsteigerinnen, in zukunftsorienten
Firmen der Informations- und Kommunikationstechnologie eine Beschäftigung zu finden.
Die über 90%-ige Vermittlungsquote beweist den erfolgreichen Ansatz des
Projekts.
Die Tätigkeit in unterschiedlichen
Gremien und Juries (Territorialer Beschäftigungspakt TEP; Frau in der
Wirtschaft; frauen- und familienfreundlichster Betrieb; EVA – Wahl zur
Kärntnerin des Jahres) erhöht den Einfluss und die Bedeutung der
Regionalanwaltschaft.
Die Regionalanwaltschaft Kärnten
sieht insbesondere in der Kooperation mit den unterschiedlichen Partnern eine
hohe Effizienz im Rahmen der Beratungstätigkeit sowie erfolgreiche
Synergieeffekte in der Projektarbeit.
Seit der Eröffnung der
Regionalanwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen Kärnten im Oktober 2001 konnte
durch intensive Öffentlichkeitsarbeit (Medienberichte, Teilnahme an Messen,
Sprechtage in den Regionen) ein starker Anstieg der Beratungen festgestellt
werden. Im Berichtsjahr 2002 setzt sich diese Tendenz fort, wobei verstärkter
Beratungsbedarf nach Medienberichten zu verzeichnen ist.
In diesem Zusammenhang
ist auffallend, dass insbesondere Klientinnen und Klienten, die sich aufgrund
von Berichten in Medien an die Regionalanwaltschaft wenden, mit unterschiedlichsten
Problemstellungen zur Beratung kommen. Nach dem Erstgespräch kann einerseits
direkte Unterstützung in Form von juristischer Beratung und Coaching angeboten
werden, andererseits erfolgt nach Bedarf eine Weitervermittlung an andere
professionelle Beratungseinrichtungen.
Die Erfahrung hat
gezeigt, dass eine ähnliche Tendenz auch bei den Sprechtagen in den Regionen
festzustellen ist. Hier wurden diese Kontakte seitens der Regionalanwaltschaft
für eine verstärkte Vernetzungsarbeit auf regionaler Ebene genutzt.
Veranstaltungen des
Regionalbüros Kärnten
14.03.02 Pressekonferenz der Regionalanwältin im Bundessozialamt zum
Thema
„Erste Bilanz der Arbeit für Chancengleichheit“
13.04.02 Freizeit-Messe: Stand der Regionalanwältin – Aktion Vorbild „Mädchen nutzen Chancen“
14.04.02 Freizeit-Messe: Stand der Regionalanwältin – Aktion Vorbild „Mädchen nutzen Chancen“
22.05.02 Vernissage junger Kärntner Künstlerinnen in Kooperation mit dem
Kärntner
Künstlerinnenverband
25.05.02 Start
des Pilotprojektes „Cross-Mentoring“ – „Matching der
Mentoren
und Mentees“ im business-frauen-center Kärnten (Besuch von BM Mag. Herbert
Haupt)
28.06.02 Pressekonferenz gemeinsam mit BM Mag. Herbert Haupt, LH Dr. Jörg Haider und HR Günter Kathol (Leiter des Bundessozialamtes Kärnten) zum Thema „Frauen- und Sozialprojekte in Kärnten“ und Auszeichnung von Mädchen im Rahmen der „Aktion Vorbild – Mädchen nutzen Chancen“.
Anschließend
Vernissage von Anita Kirchbaumer und Claudia Rosenwirth in Kooperation mit dem
Bundessozialamt
15.11.02 BEST
– Messe für Beruf, Studium und Weiterbildung - Stand der Regionalanwältin
08.10.02 Interreg-Gruppe (Regionalanwältin als Gender-Expertin in der
Lenkungsgruppe
zur Projektbewertung): 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
09.11.02 Referat „Von Frau zu
Frau“ in Spittal / Drau:
50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
15.11.02 Podiumsdiskussion mit Barbara Bierach, Wirtschaftsjournalistin
und Autorin, an der
Universität Klagenfurt, Information über das
Gleichbehandlungsgesetz:
300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
16.11.02 Frauen-Enquete „Frau in der Arbeitswelt“ im Rahmen des Bildungssymposiums des Landes Kärnten:
Vortrag
und Podiumsdiskussion zum Thema „Gleicher Lohn für gleiche
Arbeit“: 100
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
29.11.02 Präsentation des Frauenbildungsprojektes „Contact-us“ und Information über die Anwaltschaft: 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
05.12.02 Referat über das
Gleichbehandlungsgesetz im Frauenforum Hermagor
25
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
14.05.02 Business-Frauen-Center Kärnten: Projektpräsentation „Cross-Mentoring“ in den Räumlichkeiten der Industriellenvereinigung Kärnten
17.09.02 Plattformsitzung „Territorialer Beschäftigungspakt“ – Teilnahme der
Regionalanwältin als
Gender-Expertin
18.10.02 Forum „Leitende Frauen aus Kultur und Soziales“ (Konzept EVArt)
20.11.02 Jury-Sitzung „EVA 2002“
04.12.02 „EVA-Gala“: Auszeichnung der Kärntnerin des Jahres
11.12.02 Business-Frauen-Center Kärnten: Veranstaltung zum Thema
„Regionalisierung
des Gleichbehandlungsangebotes“
5. Die Weiterentwicklung der
gesetzlichen
Rahmenbedingungen
5.1. Weiterentwicklung des
Gleichbehandlungsgesetzes
Im Berichtsjahr fanden auf
Einladung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit insgesamt vier
Gesprächsrunden unter Beteiligung von Expertinnen / Experten und der
Sozialpartner statt, bei denen jene offenen Wünsche und EU-rechtlichen Vorgaben
diskutiert wurden, die unabhängig von der gleichzeitig erforderlichen Umsetzung
der Richtlinien nach Art.13 EGV zu sehen sind und die sich unter anderem aus
der Beratungspraxis der Anwaltschaft ergeben haben.
Dabei handelte es sich um folgende Anliegen:
Ø Aufhebung der
Schadenersatzobergrenzen bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebots bei der
Begründung des Arbeitsverhältnisses (§ 2a Abs.1) und beim beruflichen Aufstieg
(§ 2a Abs. 5), die aufgrund EU-rechtlicher Verpflichtung notwendig ist
Ø Anpassung der
Beweislastregelung (§ 2a Abs. 9) an die Beweislast-Richtlinie (97/80/EG)
Ø Verfahrensänderungen
betreffend die Position der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen als
Institution zur Durchsetzung von Ansprüchen aufgrund des
Gleichbehandlungsgesetzes, und zwar
·
Parteistellung in Verfahren gemäß § 10 d GleichbG vor der
Bezirksverwaltungsbehörde.
Dadurch
würde unter anderem sichergestellt, dass der in einem Gutachten der Gleichbehandlungskommission
vom 28.4.2000 erreichte Standard in Fragen geschlechtsneutraler Stellenausschreibung
auch von den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden und Unabhängigen
Verwaltungssenaten berücksichtigt wird. Auch Stellenwerberinnen und
Stellenwerber, die selbst einen Antrag auf Sanktionierung einer Verletzung des
Gebots der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung stellen, könnten durch die
Parteistellung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen im Verfahren
Unterstützung finden. Nicht zuletzt könnte dann, wenn die Unabhängigen
Verwaltungssenate in den Ländern divergierende Entscheidungen treffen, eine
Klärung beim Verwaltungsgerichtshof herbeigeführt werden.
·
Feststellungsanträge der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen beim Obersten
Gerichtshof durch Erweiterung der in § 54 Abs. 2 ASGG genannten
Normadressaten.
Damit wird die
verbindliche Klärung einer Rechtsfrage, die für eine Vielzahl von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern Bedeutung hat, angestrebt. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang,
dass die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen in ihrem Kompetenzbereich gerade
jenen Expertinnenstatus hat, den die zur Antragstellung Befugten aufweisen
sollen.
Ø Verfahrensänderungen die Position
der Regionalanwältinnen für Gleichbehandlungsfragen betreffend
·
Eine Stärkung
der Stellung der Regionalanwältinnen bezüglich ihrer rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten
vor der Kommission ist erforderlich. Die Regionalanwältinnen sollten eigenständig
ein Verlangen auf Überprüfung einer vermuteten Diskriminierung an die Gleichbehandlungskommission
stellen können. Bisher kann ein entsprechendes Verlangen nur von der Anwältin
für Gleichbehandlungsfragen bzw. ihren Stellvertreterinnen erhoben werden. Dies
schwächt die Verhandlungsposition der Regionalanwältinnen gegenüber
Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern.
Ebenso sollten
Regionalanwältinnen als Expertinnen ein prinzipielles Anwesenheits- und Fragerecht
bei den Sitzungen der Gleichbehandlungskommission haben, dies auch bei
Verfahren, die nicht ihren örtlichen Wirkungsbereich betreffen.
·
Ausdrückliche
Festlegung einer Begründungspflicht für das Arbeits- und Sozialgericht,
damit sich dieses mit einem Gutachten oder Vorschlag der Gleichbehandlungskommission
auseinandersetzt, durch Einführung einer entsprechenden verfahrensrechtlichen Bestimmung
im Gleichbehandlungsgesetz.
Wenn
eine Partei ein Gutachten als Beweismittel vorlegt und der Richter / die
Richterin dies ignoriert, liegt auch jetzt schon ganz generell ein
Verfahrensmangel vor.
Mit
einer ausdrücklichen Regelung würden aber sowohl die Rechtsunterworfenen in
ihrem Bemühen, Gutachten der Gleichbehandlungskommission als Unterstützung bei
Gericht zu verwenden, gestärkt als auch den Prüfungsergebnissen der
Gleichbehandlungskommission im Gerichtsverfahren wesentlich mehr Gewicht
verliehen.
Die
Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgesetzes sollte jedenfalls für freie
Dienstnehmerinnen / Dienstnehmer, arbeitnehmerinnenähnlich /
arbeitnehmerähnlich Beschäftigte und „neue Selbständige“
ausdrücklich festgehalten werden.
Für
diese ausdrückliche Feststellung der Anwendbarkeit hat sich der
Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts bereits in einer Stellungnahme vom
23.7.1998 ausgesprochen.
Namhafte
Arbeitsrechtsexpertinnen und Arbeitsrechtsexperten bejahen darüber hinaus ebenso
wie die Expertinnen in der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen die
Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgesetzes auf die genannten Vertragstypen
(vgl. Bernhard W. Gruber, Freier Dienstvertrag und Arbeitsrecht, in: ASoK 2000,
306 ff; René Schindler, Arbeitnehmerbegriff – Abgrenzung und Schutzzweck, in: Resch (Hg),
Scheinselbständigkeit, Wien 2000, 28).
Durch
die Umsetzung der Richtlinie 2002/73/EG (Änderungsrichtlinie zur
Gleichbehandlungsrichtlinie) mit dem Geltungsbereich „Arbeitswelt“ wird
unabhängig davon die Ausdehnung des Geltungsbereichs des
Gleichbehandlungsgesetzes erfolgen, da hier nicht auf einzelne Vertragstypen
abgestellt wird.
Ø Neuerlassung des Gleichbehandlungsgesetzes unter
sprachlich geschlechtergerechter Gestaltung
Insbesondere im Hinblick
auf den Ministerratsbeschluss vom 2.5.2001, wonach dem geschlechtergerechten
Sprachgebrauch in allen Ressorts besonderes Augenmerk geschenkt werden
soll, erscheint es nicht
verständlich, dass ausgerechnet das Gleichbehandlungsgesetz in der männlichen
Sprachform, die lediglich durch eine sogenannte Generalklausel relativiert
wird, formuliert ist.
Vorgeschlagen wird daher, geschlechtergerechte Formulierungen nach dem
Vorbild des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes in die 6. Novelle aufzunehmen und
das Gesetz im Anschluss daran wiederzuverlautbaren.
Ø Einbeziehung von nicht
geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen durch Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber (§ 2 c) in die Verwaltungsstrafbestimmung des
Gleichbehandlungsgesetzes (§ 10 d)
Das
in § 2 c verankerte Verbot, Arbeitsplätze nur für Männer oder nur für Frauen
auszuschreiben (wobei nach den Ergebnissen der schon 1994 veröffentlichten
Erhebung der Gleichbehandlungsanwaltschaft ca. 80% der geschlechtsspezifischen
Stelleninserate nur an Männer gerichtet sind), hat Arbeitgeberinnen /
Arbeitgeber ebenso wie private Arbeitsvermittlerinnen /Arbeitsvermittler und
das Arbeitsmarktservice als Adressaten.
Die mit dem Verbot verbundene
Sanktion (Verwaltungsstrafe von maximal öS 5000.—bzw. 360,-- Euro, verankert in
§ 10 d) gilt aber nach wie vor nur für das Arbeitsmarktservice und die privaten
Arbeitsvermittlerinnen / Arbeitsvermittler, nicht für Arbeitgeberinnen /
Arbeitgeber, die selbst Stellen ausschreiben.
Ø Angleichung
der Fristen zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen
(§ 10b Abs. 1)
Derzeit bestehen je nach
behauptetem Diskriminierungstatbestand drei unterschiedliche Verjährungsfristen.
Dies führt zu einer
Verunsicherung vor allem dann, wenn sich eine diskriminierte Person auf mehrere
Tatbestände des Gleichbehandlungsgesetzes stützt.
Zudem ist die dreijährige
Geltendmachungsfrist für Schadenersatzansprüche im Falle einer
Entgeltdiskriminierung durch Kollektivverträge abdingbar.
Als
vordringlich sieht es die Gleichbehandlungsanwaltschaft an, die kurze Verjährungsfrist
von sechs Monaten bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu verlängern, da
es in vielen massiven Fällen den betroffenen Frauen und Mädchen nicht zugemutet
werden kann, in Situationen, in denen sie sowohl psychisch als auch emotional
am Arbeitsplatz sehr unter Druck geraten, gegen den Arbeitgeber / die
Arbeitgeberin bzw. den Belästiger
/ die Belästigerin (oder beide in einer Person) rechtliche Schritte zu
unternehmen. Zudem ist wissenschaftlich unumstritten, dass nach
Traumatisierungen infolge von Erfahrungen sexueller Gewalt und Verletzungen der
persönlichen Integrität oft ein Zeitraum von über einem Jahr verstreicht, bis Betroffene
in der Lage sind, das Vorgefallene zu benennen und aufzuarbeiten. Die
gesetzliche Anerkennung dieses Faktums würde die Situation der Betroffenen und
die Arbeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft erleichtern.
5.2. Weiterentwicklungen
in anderen gleichbe-handlungs- und gleichstellungsrelevanten
Rechtsbereichen
5.2.1. Kündigungsschutz
bei Diskriminierungen im Probemonat
Eine vor allem bei Vorträgen,
Schulungen von Betriebsrätinnen / Betriebsräten und Workshops in Schulen
gestellte Frage betrifft das Problem einer Schwangerschaft im Probemonat.
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft
weist seit Jahren auf die in diesem Zusammenhang eindeutige und auch für
Österreich verbindliche Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (EuGH
8.11.1990, Rs 177/88, Dekker; EuGH 3.2.2000, Rs 207/98, Mahlburg; EuGH
4.10.2001, Rs C-109/00, Tele Danmark: EuGH 4.10.2001, Rs C-438/99,
Jimenez-Melgar) hin: Schwangere sind vom ersten Tag der Schwangerschaft an
kündigungs- und entlassungsgeschützt, auch im Probemonat. Sie unterliegen also
auch im Probemonat den Schutzbestimmungen des Mutterschutzgesetzes. Daran
ändert auch die Textierung von § 19 Abs 2 AngG, wonach ein Dienstverhältnis auf
Probe während eines Monats von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden kann,
nichts: der Eintritt einer
Schwangerschaft während dieser Zeit beschränkt das Recht des Arbeitgebers / der
Arbeitgeberin auf jederzeitige Auflösbarkeit. Eine trotz Schwangerschaft
erfolgende Beendigung im Probemonat kann gemäß § 2 a Abs 8 GleichbG angefochten
werden.
Erfreulicherweise kann die
Gleichbehandlungsanwaltschaft seit kurzem auch auf die Rechtsmeinung eines der
anerkanntesten Arbeitsrechtlerinnen und Arbeitsrechtler Österreichs verweisen: Univ.Prof.DDr.
Günther Löschnigg bejaht ebenfalls den Kündigungsschutz Schwangerer im Probemonat
und plädiert für eine Anpassung bzw. Klarstellung in den arbeitsrechtlichen
Vorschriften im oben beschriebenen Sinn (vgl. Löschnigg, Schwangerschaft und
Beendigung im Probemonat im Lichte der RL 92/85/EWG und 76/207/EWG, in: Das
Recht der Arbeit 5/2002, 365 ff).
Die
Gleichbehandlungskommission gelangte am 26.6.2002 in einem Fall, in dem seitens
der Arbeitgeberin eine geschlechtsspezifische Begründung zur Beendigung des
Dienstverhältnisses im Probemonat vorgebracht wurde, zur Auffassung, dass die
Antragstellerin aufgrund des Geschlechts diskriminiert worden ist. Diese
Entscheidung, die nach Ansicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft in vorbildlicher
Weise dem EU-rechtlichen Standard im Diskriminierungsschutz gerecht wird,
zeigte sehr deutlich die Grenze auf, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern bei
der Auflösung auch eines Probearbeitsverhältnisses gesetzt ist: die Schranke
ist die jedenfalls durchschlagende verpönte Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts (vgl. auch Smutny / Mayr, Gleichbehandlungsgesetz. Gesetze und
Kommentare, Wien 2001, 300 f).
5.2.2.
Judikatur zur Sozialwidrigkeit bei
Kündigungen im Widerspruch zur Gleichbehandlungsrichtlinie?
Folgendes Problem ist nach
dem Wissensstand der Gleichbehandlungs-anwaltschaft noch wenig diskutiert, hat
aber in einem Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission bereits eine Rolle
gespielt. Es handelte sich um den Fall einer jungen Architektin, die bereits
während ihres Studiums als freie Dienstnehmerin für ihren späteren Arbeitgeber
tätig war. Kurz nach ihrer Anstellung heiratete sie und wurde bald danach
gekündigt. Sie hatte jedoch erfahren, dass zwei Kolleginnen kurz zuvor unmittelbar
nach der mutterschutzrechtlichen Behaltefrist nach einem Karenzurlaub gekündigt
worden waren und eine weitere nach einer Schwangerschaft nur als freie
Dienstnehmerin beschäftigt wurde, obwohl ihr zuvor eine fixe Anstellung
zugesagt worden war und zeitgleich zwei neu hinzugekommene Männer sofort
angestellt wurden, und der Personalchef einer vierten Kollegin, die ihm ihre
Schwangerschaft mitgeteilt hatte, brüllend ankündigte: „Ich werf alle Frauen
hinaus“! Die junge Angestellte suchte daher nach ihrer Kündigung das Gespräch
mit ihrem Arbeitgeber und fragte ihn, ob die Beendigung des Dienstverhältnisses
mit ihrer Heirat zu tun habe, woraufhin sie zur Antwort erhielt: „Frauen, die
in Karenz gehen, kosten viel Geld!“ Aufgrund dieser Äußerung und der Gesamtumstände
im Architekturbüro erachtete sich die junge Frau als bei der Beendigung des
Dienstverhältnisses mittelbar diskriminiert, weil offenbar die familiäre
Situation und die damit verbundenen behaupteten wirtschaftlichen Gründe für den
Arbeitgeber Anlass gewesen waren, die Dienstverhältnisse mehrerer weiblicher
Mitarbeiterinnen zu beenden bzw. gar nicht erst zu begründen. Jegliche
unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung unter Bezugnahme auf den Ehe- oder
Familienstand ist aber nach Art 2 Abs 1 RL 76/207/EWG (Richtlinie vom 9.2.1976
zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen
hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum
beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen) verboten; gemäß
Art 5 der RL muss die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung
insbesondere auch bei der Beendigung gewährleisten, dass Männern und Frauen
dieselben Bedingungen ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gewährt
werden.
Auch nach Ansicht der
Gleichbehandlungsanwaltschaft lag daher eine Diskriminierung bei der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses vor, und nach entsprechender Beratung brachte die
junge Frau einen Antrag auf Überprüfung des Sachverhalts bei der
Gleichbehandlungskommission ein.
Der Arbeitgeber rechtfertigte sich
unter anderem mit dem Argument, dass ihn eine soziale Gestaltungspflicht auch
bei Kündigungen treffe. Tatsächlich ist es ständige Judikatur des OGH, dass die
Prüfung einer eventuell vorliegenden Sozialwidrigkeit bei Kündigungen sehr
viele Kriterien zu umfassen hat, darunter Sorgepflichten der zu kündigenden
Person, das Einkommen des Ehepartners / der Ehepartnerin oder anderer
erwerbstätiger Familienmitglieder sowie Unterhaltsverpflichtungen. Dies
bedeutet, dass in umfassender Weise die konkrete persönliche Lebens- und
familiäre Situation herangezogen wird und den Ausschlag darüber gibt, welcher
oder welchem Beschäftigten gegenüber die Kündigung ausgesprochen wird. Gerade
diese derzeit geforderte Bezugnahme auf den jeweiligen Ehe- und Familienstand
mit allen daraus erfließenden Konsequenzen wie Unterhalts- und Sorgepflichten
steht aber nach Ansicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft im Widerspruch zur
genannten RL. Da EU-rechtliche Vorgaben jedenfalls Vorrang vor
innerösterreichischem Recht genießen bzw. gesetzliche Bestimmungen EU-konform
interpretiert werden müssen, wird eine Auseinandersetzung mit der beschriebenen
Thematik unumgänglich sein.
Im Anlassfall kam es zu keiner
rechtlichen Äußerung der Gleichbehandlungskommission, weil der Antrag
zurückgezogen wurde, nachdem sich die junge Architektin in einem gleichzeitig
anhängig gemachten Kündigungsanfechtungsverfahren vor dem Arbeitsgericht mit
ihrem Arbeitgeber verglichen hatte.
5.2.3.
Fakultative Betriebsvereinbarungen
Da Frauen durch die „gläserne Decke“ daran gehindert werden, in die Führungsebene aufzusteigen, hat der Gesetzgeber im ArbVG die Möglichkeit von fakultativen Betriebsvereinbarungen für Frauenförderprogramme in Betrieben geschaffen. Damit könnten Sozialpartner aktiv zur Gleichstellung beitragen. Es hat sich aber gezeigt, dass bisher nur sehr wenige fakultative Betriebsvereinbarungen zustande gekommen sind.
Fakultative Betriebsvereinbarungen
sind im Gesetz immer dann vorgesehen, wenn bei der Arbeitgeberin / beim
Arbeitgeber ein Anreiz zum Abschluss besteht, wie z.B. bei
Disziplinarordnungen, Kontrollmaßnahmen, Leistungsentgelten etc., oder wenn es
sich um Fragen betrieblicher Sozialpolitik handelt.
In der Änderungsrichtlinie zur
Gleichbehandlungsrichtlinie 2002/73/EG werden die Mitgliedstaaten in Art. 1a
erstmals verpflichtet, aktiv das Ziel der Gleichstellung in den „klassischen“
Diskriminierungsbereichen (z.B.: Zugang zur Beschäftigung, Aufstieg etc.) zu
verfolgen und nicht nur zur bloßen Gleichbehandlung angehalten.
Dies könnte auf betrieblicher
Ebene mit Blick auf die oben erwähnte, nicht sehr oft in Anspruch genommene
Möglichkeit der fakultativen Betriebsvereinbarung nun heißen, dass zur
Erreichung des aktiven Gleichstellungszieles mehr Durchsetzungskraft für
Frauenförderpläne gefordert ist.
In Art. 2 Abs. 5 der RL wird den
Mitgliedstaaten aufgetragen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu anzuhalten,
Präventivmaßnahmen, insbesondere in Bezug auf sexuelle Belästigung, umzusetzen
(z.B. durch die Installierung von betriebsinternen Beschwerdeverfahren,
Grundsatzerklärungen etc.). Hierbei könnte es sich um allgemeine
Ordnungsvorschriften handeln, wie sie in § 97 Abs. 1 Z 1 ArbVG erwähnt sind,
und es wäre daher nur systemtreu, auch Frauenförderpläne bei den erzwingbaren
Betriebsvereinbarungen einzureihen. Frauenförderpläne als „sonstige Frage
betrieblicher Sozialpolitik“ und somit fakultativ zu sehen, würde heißen, dass es
sich dabei um ein rein soziales Engagement der Arbeitgeberin / des Arbeitgebers
handelt. Das widerspricht dem Ziel (aktives Bewirken der Gleichstellung) der RL
jedoch in jedem Fall.
Hierzu sollte auch Art. 8 b Abs. 2
der RL beachtet werden, der die Sozialpartner
ersucht, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern und auf
geeigneter Ebene Antidiskriminierungsvereinbarungen zu schließen.
Auch Art. 8 b Abs. 3 der RL geht
davon aus, dass Gleichbehandlung „in geplanter und systematischer Weise zu
fördern“ ist. Zu diesem Zwecke sollen Arbeitge-berinnen und Arbeitgeber ersucht
werden, Statistiken über Frauen- und Männeranteile bereitzustellen. Ohne die
erzwingbare Möglichkeit z.B. von Gleich-stellungsbeauftragen oder einer
Kommission, die diese Art von Statistiken zu führen haben, wird auch diese
Bestimmung betrieblich nur in geringem Ausmaß umzusetzen sein.
5.2.4. Evidenz
gleichbehandlungsrechtlicher Urteile
Ob die Gerichte dem von
der Gleichbehandlungskommission bereits erreichten Standard ebenfalls zur
Durchsetzung verhelfen oder wie sich die Rechtsprechung in Fällen sexueller
Belästigung und bei Schadenersatzklagen wegen diskriminierender
Nichteinstellung oder Nichtbeförderung entwickeln wird, wird in Zukunft
wesentlich leichter und rascher feststellbar sein als bisher. Das
Bundesministerium für Justiz hat im Juli 2002 zugesagt, dass es die
ADV-unterstützte Erfassung von Verfahren der Arbeits- und Sozialgerichte im
Zusammenhang mit dem Gleichbehandlungsgesetz umsetzen wird. Die ersten statistischen
Auswertungen werden voraussichtlich Anfang 2004 (für Urteile des zweiten
Halbjahres 2003) zur Verfügung stehen. Laut Bundesministerium für Justiz wäre
es auch möglich, im Rahmen der bestehenden Teildatenbank „Judikatur Justiz“ des
Rechtsinformationssystems entsprechende Urteile in den Datenbestand
aufzunehmen.
Damit wird eine
langjährige Forderung der Gleichbehandlungsanwaltschaft erfüllt. Durch einen
besseren und vor allem vollständigen Überblick über die Judikatur wird es nicht
nur möglich sein, das Wissen und Bewusstsein in der Gesellschaft um mögliche
Diskriminierungstatbestände generell zu erhöhen, sondern auch noch gezielter zu
beraten. Insbesondere innerbetriebliche Verhandlungen, die einen Gerichtsstreit
vermeiden sollen, könnten durch die leichte Einsehbarkeit des veröffentlichten
rechtlichen Standards, die auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern möglich sein
wird, rascher und für die Betroffenen zufriedenstellender geführt werden, als
es derzeit der Fall ist.
6. Beispiele aus der Beratungstätigkeit
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen:
Die Auswahl der
Beratungsfälle erfolgte unter drei Gesichtspunkten:
Es sollen die Vielfalt
und Unterschiedlichkeit diskriminierender
Verhaltensweisen, neu auftretende Rechtsfragen oder
Beratungssituationen und Präzedenzfälle, die für künftige Vergehen
rechtsweisend sind, dargestellt werden.
6.1. Begründung
des Arbeitsverhältnisses
Ø Ein
derzeit in einem Krankenhaus in Wien beschäftigter Diplomkrankenpfleger sucht
um Versetzung in ein steirisches Krankenhaus an. Diese wird zunächst ohne
weitere Angabe von Gründen abgelehnt. Nachfragen bei der Direktion ergeben,
dass im gewählten Pflegebereich dieses Krankenhauses kein männliches Pflegepersonal
beschäftigt ist und die Einstellung eines männlichen Diplomkrankenpflegers
aufgrund eines Mangels an getrennten Sanitär- und Umkleidekabinen nicht möglich
sei. Die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen weist auf die rechtliche
Situation hin, in einem Gespräch wird insofern eine Lösung gefunden, als auf
anderen Stationen Umkleidemöglichkeiten vorhanden sind und diese genützt werden
könnten.
Der Diplomkrankenpfleger nimmt jedoch eine Stelle in einem anderen Krankenhaus
an.
Ø
Eine
Arbeitssuchende bewirbt sich auf die vom AMS ausgeschriebene Stelle eines
Fahrverkäufers / einer Fahrverkäuferin bei einer Brauerei. Das
Vorstellungsgespräch verläuft zunächst gut, da die Bewerberin alle
Voraussetzungen für diese Arbeit mitbringt. Ihr wird versichert, dass für die
Manipulationen mit schweren Transporteinheiten technische Hilfsmittel
eingesetzt werden, derer sich auch die Männer bedienen müssen. Später erhält
sie eine telefonische Absage mit der Begründung, dass man diese schwere Arbeit
keiner Frau zumuten könne und dass seit 50 Jahren die Stelle im
„Brauereifuhrpark“ noch nie mit einer Frau besetzt worden sei.
Aufgrund der Intervention
durch die Gleichbehandlungsanwältin wird die Möglichkeit des Schnupperns im
Betrieb vereinbart und eine Anstellung der Bewerberin in Aussicht gestellt.
Ø Eine habilitierte
Ärztin bewirbt sich um die Primariatsstelle in einem Bezirkskrankenhaus. Obwohl
sie vom Landessanitätsausschuss und vom Fachgutachter erstgereiht wurde, wird
die Stelle mit einem männlichen Kollegen besetzt. Die Ärztin wendet sich an die
Gleichbehandlungsanwaltschaft um Unterstützung.
Ø Die mit dem Vorsitz einer
Gleichbehandlungskommission für Gemeindebedienstete betraute Person benötigt
für ihre Argumentation bezüglich Feststellung einer Diskriminierung die
Unterstützung der Gleichbehandlungsanwaltschaft.
Dabei geht es um eine
Verletzung des Frauenfördergebotes, das ja auch in den Gemeinden gilt.
Ø Eine
Studentin, die ihre Diplomarbeit binden lässt, sieht im Geschäftslokal des
Buchbinders einen Aushang, wonach er einen männlichen Lehrling sucht. Auf ihre
Frage, ob es in diesem Bereich keine weiblichen Arbeitskräfte gäbe, meint er:
„Frauen taugen mehr fürs Putzen und Kochen, vielleicht auch noch für geistige
Arbeit, aber sonst haben sie zwei linke Hände.“
Ø
Der
Leiter einer Autowerkstätte ruft an und fragt, ob er gesetzlich verpflichtet
sei, weibliche Lehrlinge aufzunehmen („Es waren zwei blöde Weiber da und wollen
Automechanikerin werden. Was ist heute nur mit den Frauen los? Die sollen doch
daheim bleiben und Kinder kriegen!“).
Ø Eine
Akademikerin hat in ihrer Laufbahn in diversen arbeitsmarktpolitischen
Einrichtungen sowie in Interessenvertretungen gearbeitet und ist für ihr
frauenpolitisches Engagement bekannt. Sie bewirbt sich um die ausgeschriebene
Position der Landesgeschäftsführung einer bundesweit tätigen
arbeitsmarktpolitischen Institution. Es gibt zwar mehrere männliche
Mitbewerber, aber nur einen ernsthaften Konkurrenten – dies aber nicht wegen
seiner Qualifikation, sondern weil er in einem Verwandtschaftsverhältnis zu
einem einflussreichen Landespolitiker steht. Obwohl die Institution einen
Frauenförderplan hat, wird die Bewerberin von den zuständigen Gremien nach fünf
Männern an die sechste Stelle im Besetzungsvorschlag gereiht. Mehrere Monate
lang fällt keine Entscheidung. Schließlich zieht der Hauptkonkurrent aus
unbekannten Gründen seine Bewerbung zurück. Die Frau „erfährt“ schließlich,
dass sie das Rennen gemacht hat, indem sie aufgefordert wird, sie möge sich für
eine Pressekonferenz bereithalten. Als sie ihre neue Funktion antritt, stellt
sie mit Freude fest, dass ein Grossteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
ihr aufgeschlossen gegenüber steht und offenbar kein Problem mit einer Frau an
der Spitze der Landeseinrichtung hat.
Ø Ein Verein sucht für
sein Team in der Behindertenbetreuung eine neue Mitarbeiterin / einen neuen
Mitarbeiter. Ob Mann oder Frau, ist ihnen egal, sie wollen aber niemanden mit
Kind, da die- oder derjenige weniger flexibel sei. Die Vereinsleitung fragt an,
ob dies ein zulässiges Auswahlkriterium darstelle.
Ø Ein
Vermessungstechniker im öffentlichen Dienst beschwert sich über den dort
geltenden Frauenförderplan. Er meint, in seinem Beruf sei man mit Rucksack und
schweren Geräten tagelang am Berg unterwegs. Auch wenn Frauen prinzipiell
geeignet wären, wollten sie anscheinend von sich aus nicht in diesem
anstrengenden Tätigkeitsfeld arbeiten, da es keine Bewerbungen von Frauen gebe.
Der Frauenförderplan sei somit reine Augenauswischerei, man solle ihn gleich abschaffen.
Ø Eine Frau bewirbt
sich als Kellnerin in einem bekannten Bierlokal. Ihr wird gesagt, dass keine
Frauen aufgenommen werden, da sie nicht genug Kraft hätten und den Stress nicht
aushielten. Die Bewerberin hat jedoch unmittelbar davor ebenfalls in einem
Bierlokal gearbeitet. Zudem weiß sie von einem Bekannten, dass in dem Lokal, in
dem sie sich jetzt beworben hat, akuter Personalmangel besteht. Ihr ist weiters
bekannt, dass man auf Intervention der Gleichbehandlungsanwaltschaft schon
einmal einer abgewiesenen Frau Schadenersatz gezahlt hat. Sie möchte daher
keinesfalls so schnell aufgeben und ersucht um Kontaktaufnahme mit dem
Personalleiter, um doch noch einen der offenen Posten zu bekommen.
Ø
Die
Mitarbeiterin einer Firma teilt mit, dass es in ihrem Unternehmen für
Praktikantinnen / Praktikanten und Ferialmitarbeiterinnen / Ferialmitarbeiter
einen Fragebogen gebe, in dem auszufüllen sei, welche Hobbies man habe und ob
man in einer fixen Partnerschaft lebe. Tatsache sei, dass viel mehr junge
Frauen als Männer ihre Beziehungen angeben. Damit würden sie aber aus dem
Bewerbungsverfahren ausgeschieden, da die Firma im Grunde nur „workoholics“
suche und diese Eigenschaft offenbar nur von Männern ohne private Bindung
erfüllt werden könne. Sie möchte wissen, wie sie die Haltung ihrer Firma
verändern und damit jungen Frauen bessere Chancen ermöglichen kann.
Ø Eine
Diplomingenieurin mit mehrjähriger Erfahrung im Managementbereich – ihr
damaliger Tätigkeitsbereich umfasste unter anderem die Abwicklung der Gründung
von Tochterfirmen eines ausländischen Industriekonzerns – erfährt bei einem
Vortrag, dass ein wissenschaftliches Institut in Form einer GmbH gegründet
werden soll, das Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer berät und dessen
Träger mehrere Einrichtungen der öffentlichen Hand sein werden. Sie bewirbt
sich aufgrund dieser Information bei einer Ansprechpartnerin in einer der
Trägereinrichtungen um die Geschäftsführung des neu zu schaffenden Instituts.
Mehrfach wird der geplante Vorstellungstermin von dieser Ansprechpartnerin
verschoben, zuletzt mit dem Argument, dass sie noch eine weitere informierte
Person zu dem Termin beiziehen möchte. Letztlich kommt keine Terminvereinbarung
zustande. Die Interessentin hat in der Zwischenzeit feststellen müssen, dass in
mehreren Zeitungen die Ausschreibung für die fragliche
Geschäftsführungsposition erschienen, die Bewerbungsfrist aber bereits
abgelaufen ist. Sie wendet sich erneut an ihre frühere Ansprechpartnerin und
erkundigt sich, ob ihre Bewerbung im Auswahlverfahren berücksichtigt wird. Dies
wird mit der Erklärung verneint, die Bewerbung sei zu wenig konkret gewesen.
Die Diplomingenieurin äußert die Vermutung, dass die Ausschreibung schon auf
eine bestimmte Person abgestimmt gewesen sei. Insbesondere kritisiert sie, dass
Managementerfahrung in einem österreichischen, nicht aber internationalen oder
ausländischen Unternehmen
gefordert gewesen sei. Vom auswählenden Gremium, das sich aus
Vertreterinnen und Vertretern der
öffentlichen Träger und einer Unternehmensberatung zusammensetzt, wird
schließlich ein Dreiervorschlag erstellt, in den nur männliche Kandidaten
aufgenommen sind. Auf Anfrage der Gleichbehandlungsanwaltschaft wird
bekanntgegeben, man habe die Initiativbewerbung der Diplomingenieurin keiner
bestimmten Position zuordnen und sie deshalb nicht weiter berücksichtigen
können.
Ø Eine junge Frau aus
Polen kommt als Studentin nach Österreich und absolviert das Studium der
Betriebswirtschaft. Um das Studium zu finanzieren, arbeitet sie jeden Sommer in
der Exportabteilung einer Brauerei. Nach dem Studienabschluss bewirbt sie sich
dort um die freie Position der Leitung der strategischen Koordination für den
Handel mit Osteuropa. Sie hat drei männliche Mitbewerber, die ebenfalls
Jungakademiker mit ähnlichen Praxiserfahrungen in anderen Handelsfirmen sind,
aber keine Ostsprache sprechen und keine einschlägigen Branchenkenntnisse
besitzen. Einer dieser Konkurrenten wird schließlich angestellt. Die junge Frau
fragt sich, ob nicht ihre firmeninternen Berufserfahrungen und ihre
einschlägigen Sprachkenntnisse zu ihren Gunsten hätten ausschlagen müssen,
zumal sie bei den drei Männern keinerlei Qualifikationsvorsprung erkennen kann.
Ø Eine berufserfahrene
Köchin, die ihre Lehre mit Auszeichnung absolviert hat, bewirbt sich in einem
renommierten Restaurant und erhält einen Vorstellungstermin für den nächsten
Tag, wobei sie erfährt, dass eine freie Stelle dringendst zu besetzen wäre.
Über die Arbeitsbedingungen im Fall der Einstellung kommt man ins Einvernehmen.
Ein Probearbeitstag verläuft zur vollsten Zufriedenheit des Küchenchefs. Die
Frau betont, dass das Restaurant ihr bevorzugter Arbeitsplatz wäre, da sie
gerade an dessen Konzept und Stil Interesse habe. Wenige Tage später kommt es
zu einer telefonischen Absage mit der Begründung, die Küchenmannschaft könne es
sich nicht vorstellen, mit einer Frau zusammenzuarbeiten. Die Restaurantleitung
rechtfertigt sich nach einer Intervention durch die
Gleichbehandlungsanwaltschaft damit, man habe der Bewerberin eine Stelle in
einem anderen Haus angeboten, in dem bereits Frauen tätig sind, sie habe dieses
Angebot jedoch wegen schlechterer Dienstzeiten abgelehnt.
6.2. Festsetzung
des Entgelts
Ø Eine Mitarbeiterin der Sektion für Konsumentenschutz,
die bisher im Bundesministerium für Arbeit und Soziales angesiedelt war und
nunmehr dem Justizministerium zugehört, weist darauf hin, dass im Bereich des
Bundesministeriums für Justiz zwei unterschiedliche Gehaltsschemata für
gleichwertige Tätigkeiten existieren: dasjenige für Angehörige des
Richterstandes und ein niedriger angesetztes für Akademikerinnen und Akademiker
aus dem Bereich Konsumentenschutz. Sie fragt an, ob dies dem Grundsatz
widerspricht, dass ein gemeinsamer Arbeitgeber gleichwertige Tätigkeit auch
gleich hoch entlohnen muss.
Ø Eine Frau ist seit
20 Jahren als Reinigungskraft in einer Interessenvertretung
teilzeitbeschäftigt. Sie erhält zwar keinen Dienstvertrag, allerdings werden
ihr zu Beginn ihrer Tätigkeit „Mitteilungen“ des damaligen Direktors
ausgehändigt. Diese Sammlung von Dienstanweisungen und Regelungen wird mangels
anderslautender Vereinbarungen Inhalt des Dienstvertrages. Sie unterscheidet
sich von der Dienstordnung für die Vollzeit-Bediensteten insbesondere dadurch,
dass sie keinerlei Bestimmungen über die
Zusatzpension enthält. Als die Frau in Pension geht, werden ihr die Leistungszusage
hinsichtlich einer Betriebspension und entsprechende Ruhegenussregelungen sowie
die weitere Finanzierung einer Krankenzusatzversicherung, die alle
Vollzeitbeschäftigten auch nach ihrer Pensionierung weiterhin erhalten,
verwehrt. Die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen weist zunächst auf die
vorliegende mittelbare Diskriminierung hin, wonach die dem bloßen Wortlaut nach
geschlechtsneutrale Regelung der Dienstordnung konkret ausschließlich weibliche
teilzeitbeschäftigte Reinigungskräfte und Küchenhilfen benachteiligt. Es kommt
in der Folge zu einer intensiven Korrespondenz mit dem Arbeitgeber, der sich
nach wiederholten Hinweisen auf die geltende Rechtslage schließlich bereit
erklärt, für die Reinigungskraft wieder Beiträge für die Krankenzusatzversicherung
zu leisten und sie auch rückwirkend in das betriebliche Pensionssystem
aufzunehmen. Da die Frau gegen ihren Willen von der Krankenzusatzversicherung
abgemeldet worden war, besteht die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen
darauf, dass der Arbeitgeber die in der Zwischenzeit angefallenen Beiträge
rückwirkend selbst zu übernehmen hat. Die Verhandlungen darüber sind noch nicht
abgeschlossen. Auch wurde die vom Dienstgeber in der Zwischenzeit durchgeführte
Berechnung der Höhe der Betriebspension für die Reinigungskraft auf Basis einer
mittelbar diskriminierenden Berechnungsmethode erstellt. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft
hat einen gleichbehandlungskonformen
Berechnungsmodus präsentiert, der im Ergebnis eine deutlich höhere
Betriebspension für die Reinigungskraft ergibt. Über diesen Punkt wird zum Ende
des Berichtszeitraumes intensiv verhandelt.
Ø Eine Informatikerin wendet sich, mehrere Wochen nachdem sie ihr Dienstverhältnis einvernehmlich gelöst hat, an die Gleichbehandlungsanwaltschaft, weil es ihr nicht gelingt, ihre Erfahrungen mit den männlichen Vorgesetzten in der EDV-Abteilung, die sie als belästigend und sexistisch empfunden hat, zu verarbeiten. In der Beratung stellt sich heraus, dass das Vorbringen der Frau über die erlittenen Belästigungen zwar glaubhaft und nachvollziehbar ist, die Vorfälle aber entweder für rechtliche Schritte schon zu lang zurückliegen oder nicht ausreichend greifbar sind. Im Zuge der Beratungsgespräche wird der Frau bewusst, dass sie massiv beim Entgelt diskriminiert worden ist. Sie hat sich aufgrund einer Annonce als Programmiererin bei der Firma beworben, die Personalbedarf hatte, weil ein (im Gegensatz zu ihr nicht akademisch qualifizierter) Informatiker ausgeschieden war. Obwohl sie dessen Bereich übernimmt, bezieht sie keineswegs sein Gehalt in der Höhe von öS 35.000.-, sondern lediglich öS 20.000.- inklusive fünf Überstunden. Als sie in die Firma einsteigt, weist sie bereits mehrere Jahre Berufserfahrung als Programmiererin auf und kann daher sofort ohne Einschulung auch für komplizierte Datenbanken und Systeme eingesetzt werden. Ein Kollege, der zwei Jahre nach ihr eingestellt wird, sein Studium noch nicht abgeschlossen hat und mit einer knapp zweijährigen freiberuflichen Tätigkeit für die Firma keineswegs ihre Berufserfahrung besitzt, bezieht öS 33.000.- plus Überstunden. Er hat aber als Programmierer keinen Aufgabenbereich selbständig zu verantworten und betreut eine Datenbank mit 9000 Kundinnen und Kunden, die Frau eine solche mit 15.000. Zudem wird ihr nicht zuletzt wegen ihrer Sprachkenntnisse (sie ist gebürtige Bulgarin) eine Projektleitung mit ukrainischen Partnerfirmen übertragen, der männliche Kollege hat keine Projektleitung inne.
Die Informatikerin erkennt
rückwirkend, dass sie auch gezielt von weiterer beruflicher Qualifikation
ausgeschlossen worden war, dass ihr als einziger kein Telezugang eingerichtet
und von ihr selbstverständlich erwartet worden war, dass sie nachmittags die
Aufgaben der nur am Vormittag beschäftigten Abteilungssekretärin wie Kundinnen-
und Kundenbesuche und
–betreuung
übernimmt. Sie zieht für
sich das Resümee, dass ihre Vorgesetzten einer Generation angehören, für die es
im Grunde noch undenkbar ist, dass eine Frau im EDV-Bereich gleichwertige
Arbeit leistet. Tatsächlich bestreitet das Unternehmen gegenüber der
Gleichbehandlungsanwaltschaft die Gleichwertigkeit der Tätigkeiten. Eine
gütliche Einigung über eine Entgeltnachzahlung kommt nicht zustande, weil die
Firma den Hinweis, dass gewisse Verhaltensweisen und Äußerungen der Vorgesetzten
und Kollegen als Belästigungen verstanden werden konnten, als mit der
Unternehmensehre unvereinbar ansieht und eine gerichtliche Klärung dieser Frage
wünscht. Schließlich klagt die Frau die ihr drei Jahre lang rückwirkend
zustehende Entgeltdifferenz zu ihrem Vorgänger ein. Da sie die Belästigungen
nicht mehr zum Thema macht, kommt es schließlich zu Verhandlungen über einen
gerichtlichen Vergleich, die für sie zufriedenstellend verlaufen.
Ø Ein
Parfumeriegeschäft wird von einer internationalen Kette übernommen. Die
Verkäuferinnen hatten bisher eine vertraglich vereinbarte Normalarbeitszeit von
36 Stunden und erhielten ab der 37. Wochenstunde Überstundenzuschlag. Nun soll
dies erst für eine 38,5 Stunden überschreitende Arbeitszeit gelten. Des
weiteren soll die Filiale die einzige in der Kette sein, in der die Verkäuferinnen
nicht am Umsatz beteiligt werden. Die Betriebsübernahme durch den neuen
Arbeitgeber ist völlig unprofessionell und in einer für die Angestellten
herabwürdigenden Weise erfolgt, da man das erfahrene Personal wie Lehrlinge
behandelt hat. Die Inventur und die ersten Einschulungen in neue Produkte
finden auf Anordnung der neuen Firmenleitung am Wochenende statt. Die Verkäuferinnen
sind sicher, dass die ungleiche Behandlung des Verkaufspersonals ihrer Filiale
ihren Grund darin hat, dass nur hier eine Frau als Filialleiterin eingesetzt
ist, alle anderen Filialen aber von Männern geleitet werden. Sie sind
überzeugt, dass an ihnen durch eine Verschlechterung der Arbeits- und
Einkommensbedingungen gespart werden soll, während man dies einem von einem
Mann geleiteten Verkaufsteam nicht zumutet.
Ø Eine
Musikschullehrerin für Violine hat bisher an einer gemeindeeigenen Schule im
ländlichen Raum unterrichtet, die nun ausgegliedert wird. Aus Kostengründen
besteht der Plan, trotz gleichbleibender Schülerinnen- und Schüleranzahl im
laufenden Schuljahr die bezahlten Stunden um zwei pro Musiklehrerin /
Musiklehrer und Woche zu kürzen. Demnach müssten mehrere Schülerinnen und
Schüler trotz unterschiedlichen Könnens gemeinsam unterrichtet werden. Die
Geigenlehrerin weist auf das Problem hin, Schülerinnen und Schüler auf nicht
einheitlichem Niveau gleichzeitig zu unterrichten. Ihr wird geantwortet, wäre
sie eine gute Pädagogin, würde ihr das gelingen. Die neue Regelung bedeutet
aber auch einen Einkommensverlust, insbesondere für weibliche Musiklehrerinnen,
die Streichinstrumente, Klavier und Blockflöte unterrichten. Ihre männlicher
Kollegen sind ausschließlich als Lehrer für Blechblasinstrumente eingesetzt.
Diese werden vom Bürgermeister für die Dorfkapelle benötigt und erhalten
deshalb Sonderkonditionen, die de facto die drohende Einkommenskürzung
aufwiegen. Die Lehrerin resümiert, dass die Netzwerke der Männer auch in diesem
Fall wunderbar funktionieren.
Ø In einem bekannten
Musiktheater sind die Spitzenpositionen (zwei Direktoren, zwei Prokuristen)
ausschließlich männlich besetzt. Auch auf der zweiten Ebene finden sich
ausschließlich Männer, darunter der technische Leiter und der Leiter der Abteilung „Künstlerische
Produktion“. Letzterem ist eine Frau als Assistentin unmittelbar unterstellt.
Sie hat in den 15 Jahren ihrer Tätigkeit sechs Vorgesetzte kommen und gehen
sehen. Diese hohe Fluktuation hat ihren Ruf im Haus gefestigt, da sie während
der Phasen vor oder kurz nach Neubestellung eines Leiters umsichtig und
erfolgreich die Agenden weitergeführt hat, für die Stabilität der Abteilung
gesorgt und insbesondere den gegenwärtigen Vorgesetzten weitestgehend entlastet
und vertreten hat. Dieser hat einen befristeten Vertrag, wobei bereits klar
ist, dass er nicht verlängert wird. Er wird als Studienleiter in seine frühere
Position zurückkehren, dabei aber sein derzeitiges Gehalt von öS 70.000.- weiterhin
beziehen. Auch sein Diensthandy und ein eigenes Zimmer sind ihm zugesichert –
beides bedeutet im Theater ein großes Privileg. Die Frau ist inzwischen der
Ansicht, dass die Bezeichnung „Assistentin“ und eine Entlohnung von öS 50.000.-
ihrem tatsächlichen Aufgabenbereich nicht mehr gerecht werden. Sie schlägt den
Direktoren eine strukturelle Umorganisation vor, die den Leiter auch formell
vom operativen Geschäft entlasten soll. Die Direktion ist bereit, diesen
Vorschlag umzusetzen, allerdings nicht, das Gehalt der Frau, die de facto
ohnehin bisher schon den operativen Bereich übernommen hatte, zu erhöhen. Man
tröstet sie mit dem Hinweis, die Direktion wisse ja, dass sie viel mehr sei als
eine bloße Assistentin. Die Mitarbeiterin fordert nochmals schriftlich eine
Gehaltserhöhung, als zwei männliche Kollegen in ähnlicher Position einen Gehaltssprung
von öS 5.000.- machen, und klärt von sich aus mit dem in der Zwischenzeit neu bestellten
Vorgesetzten die geplante Aufgabenteilung. In einem Gespräch mit der Direktion
setzt er sich für die Frau ein.
Ihr wird schließlich
angeboten, die Bezeichnung „Stellvertretende Leiterin der Abteilung Künstlerische
Produktion“ zu führen und in dieser Position ein Gehalt von öS 60.000.- zu
beziehen. Damit hat sie beide Ziele zu ihrer völligen Zufriedenheit erreicht.
Ø Eine Vertreterin der
Gewerkschaft Metall - Textil berichtet, dass österreichweit keine einzige Frau als Technikerin im
Angestellten-KV der Metallindustrie eingestuft ist, obwohl es etliche Frauen
gibt, die Projekte leiten und
dabei bis zu 60 männliche Mitarbeiter haben.
6.3. Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung
Ø Eine
Turnusärztin berichtet, dass sie in jeder Abteilung, der sie neu zugewiesen
wird, zunächst gefragt wird, ob sie Kinder hat oder später will. Davon wird
offenbar abhängig gemacht, ob sie für ernstzunehmende Aufgaben ausgebildet und
für eine Facharztstelle in Aussicht genommen wird oder nicht. Da eine
Väterkarenz im Hause sowieso undenkbar ist, verbleibt die persönliche
Familienplanung als das anscheinend ausschlaggebende Kriterium in der
fachlichen Weiterbildung.
6.4. Beruflicher
Aufstieg, insbesondere Beförderungen
Ø Eine Frau arbeitet
schon lange in einer Firma, die Hörgeräte vertreibt. Obwohl sie sich selbst die
Ausbildung zur Meisterin finanziert hat, wurde ihr ein Mann, der nur die
Gesellenprüfung hat, vorgesetzt. Jetzt ist sie Bereichsleiterin und wird mit
Arbeit überhäuft und ständig unter Druck gesetzt. Während eines Krankenstandes
wurden sogar Schlüssel und Daten ausgetauscht. Die Frau ist psychisch sehr
belastet und wendet sich an die Arbeiterkammer. Diese setzt sich mit der
Gleichbehandlungsanwältin in Verbindung, die dem Wunsch der Frau nachkommt und
eine einvernehmliche Auflösung unterstützt.
Ø
Eine
hervorragend qualifizierte Frau arbeitet als wissenschaftlich-technische
Assistentin in einem Labor. Sie bewirbt sich firmenintern für die
ausgeschriebene Position einer Laborleiterin (Ausschreibungstext:
„Laborleiter“). Der Firmenchef ist äußerst erstaunt über ihre Bewerbung, er habe
eigentlich nicht damit gerechnet, da sie Familie habe. Plötzlich erhält die
Frau im Vorfeld der Bewerbungsgespräche zahlreiche Besserstellungen wie eine
Gehaltserhöhung und einen eigenen Firmenparkplatz. Ihr Vorgesetzter versucht,
ihr die Bewerbung auszureden, sie lässt sich nicht irritieren, da sie sich
aufgrund ihrer Ausbildung gute Chancen ausrechnet. Laborleiter wird schließlich
ein Mann mit geringerer Fach- und Berufserfahrung, jedoch mit „amerikanischer“
Managementausbildung.
Ø
Eine
Juristin ist in der Rechtsabteilung eines großen Unternehmen beschäftigt, die
jetzt aufgelöst werden soll, da die Fusion mit einem Konzern bevorsteht. Nur
einige der bisher in der Rechtsabteilung tätigen Juristinnen und Juristen
werden in die bereits bestehende des Konzerns übernommen. Da es sich um eine
sehr prestigeträchtige Funktion handelt und die interne Ausschreibung genau
ihren Erfahrungen und Qualifikationen entspricht, bewirbt sich die Frau. Ihr
wird aber bald klar, dass ihr unmittelbarer Vorgesetzter, der fachlich einen
schlechten Ruf hat, den Posten erhalten wird. Die Juristin wendet sich zunächst
an ihren alten Abteilungsleiter, der verspricht, ihr eine positive Referenz zu
schreiben. Später will er von dieser Zusage nichts mehr wissen. Er verfasst im
Gegenteil über den fachlich deutlich weniger kompetenten Kollegen eine so
hervorragende Beurteilung, dass diesem informell eine Stelle in der neuen
Rechtsabteilung vorweg garantiert wird. Der Frau ist bewusst, dass die ausgezeichnete
Beurteilung vor allem das Ziel hatte, den unfähigen Kollegen aus dem
Wirkungsbereich des Abteilungsleiters „wegzuloben“. Die Juristin verweist auf
das Chancengleichheitsprogramm des Konzerns und wird danach zu einem Hearing
geladen, bei dem sie so gut abschneidet, dass für sie eine weitere Position in der neuen Rechtsabteilung
geschaffen wird, wo sie nun auf gleicher Ebene mit ihrem bisherigen
Vorgesetzten zusammenarbeitet.
Ø In einer Firma ist
die Leitung der Abteilung für Controlling und Rechnungswesen ausgeschrieben. Es
bewerben sich ein männlicher Kandidat, der seit kurzem in der Abteilung tätig
ist, und eine Frau, die bereits seit 20 Jahren in der Firma und in einer
anderen Abteilung Ansprechperson für Fragen des Controllings und der
Buchhaltung ist und sich nur deswegen nie in die jetzt vakante Abteilung
versetzen ließ, weil der bisherige Leiter Frauen nur Sekretariatsarbeiten
zugetraut hatte. Die Personalabteilung zieht für das Auswahlverfahren eine Unternehmensberatung
bei, die ein positives Gutachten für die weibliche Bewerberin abgibt. Auch der
Leiter der Personalabteilung spricht sich für sie aus. Dennoch wird der Mann –
zuerst provisorisch – bestellt. Die Frau überlegt eine Antragstellung an die Gleichbehandlungskommission.
Ø Ein Mann ist seit
Jahren Betreuer in einer Wohngemeinschaft für geistig behinderte Menschen und
gleichzeitig Stellvertreter der Bereichsleiterin im Verein. Die
Bereichsleiterin wendet sich anderen Aufgaben zu, ihre Position wird vakant.
Ihr bisheriger Stellvertreter bewirbt sich; bestellt wird jedoch ein jüngerer
Kollege, der im Verein noch keinerlei Führungsfunktionen innehatte, aber als
ehrgeizig gilt. Er lädt seinen
Konkurrenten zu einem Gespräch und fragt ihn, wie dieser sich die
Zusammenarbeit vorstelle. Im gleichen Zuge eröffnet ihm der neue
Bereichsleiter, dass er ohnehin nicht Stellvertreter bleiben werde, sondern von
einer jungen Kollegin abgelöst werde. Diese Mitarbeiterin ist erst seit einem
Jahr im Haus und im Organisationsbereich völlig unerfahren. Der bisherige
Stellvertreter vermutet, dass sie wegen ihrer mangelnden Erfahrung dem neuen
Leiter in allem zustimmen wird, was diesem nur recht sein kann, während er
selbst dem neuen Leiter durchaus eigene Vorstellungen präsentiert hätte. Er ist
der Ansicht, dass seine Erfahrung und seine im Verein bekannte und bisher
geschätzte Fähigkeit zu sachbezogener Kritik nun bewusst abgewertet wird und
die Tatsache, dass er durch eine junge, wenig erfahrene Frau ersetzt werden
soll, eine gezielte Strategie des neuen Leiters ist. Der Mann überlegt sich
eine Antragstellung an die Gleichbehandlungskommission.
Ø Eine Frau ist vor
vier Monaten firmenintern in eine neue Position aufgestiegen. Sie soll
zuständig sein für kundenorientiertes Marketing. Dies bedeutet nach dem ihr
vorgelegten Konzept eine enge Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen, die auch
deren Ressourcen bindet, weil die Abteilungen Kundenmails eigenständig
beantworten sollen. Aufgrund dieses Konzepts kommt es oft zu Unstimmigkeiten im
Haus, die die Position der neu bestellten Marketing-Verantwortlichen schwächen.
Sie berichtet, dass ursprünglich ein männlicher Kollege die fraglichen Agenden
hätte übernehmen sollen. Ihm hatte die Firmenleitung eine ausreichende
Infrastruktur und personelle Kapazitäten (eigene Abteilung mit zwei
Sachbearbeiterinnen / Sachbearbeitern und zwei Sekretärinnen / Sekretären)
zugesagt. Im letzten Moment hatte dieser Kollege das Angebot einer anderen
Firma wahrgenommen. Sie selbst muss nun dieselbe Arbeit ohne personelle
Unterstützung erledigen und ohne selbst formell zur Abteilungsleiterin ernannt
worden zu sein. Die Frau ist der Ansicht, dass sie unter diesen Bedingungen nur
scheitern kann. Sie vereinbart einen Gesprächstermin mit dem Vorstand, um ihre
Bedenken mitzuteilen und dieselbe Ausstattung einzufordern, wie sie dem
männlichen Wunschkandidaten zur Verfügung gestanden wäre.
6.5. Sonstige
Arbeitsbedingungen und Mobbing
Ø Zwei
Sachbearbeiterinnen im Immobilienbereich klagen über abwertende Äußerungen des Geschäftsführers ihnen gegenüber. Es fallen
Beschimpfungen wie falsche Schlangen, Petzen usw. Entwickelt haben dürfte sich
diese Situation aufgrund unterschiedlicher Erwartungen von Seiten des
Geschäftsführers und der beiden Frauen in Bezug auf einen gemeinsamen Besuch
der gesamten Belegschaft der Firma auf einem Fest. Die Aufmerksamkeit der
beiden Frauen richtete sich nicht ausschließlich auf den Geschäftsführer und
die Kolleginnen und Kollegen, sondern auch auf andere bekannte Besucherinnen
und Besucher dieses Festes. Der Firmeninhaber wird von der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen kontaktiert und über die Ausfälle des Geschäftsführers informiert.
Dieser ergreift Partei für seinen Geschäftsführer und wehrt die Vorwürfe ab,
worauf die beiden Frauen ihre Dienstverhältnisse lösen. Mit dem Geschäftsführer
werden auf Wunsch der Frauen die Ereignisse analysiert und Lösungsmöglichkeiten
für einen konstruktiven Umgang mit Mitarbeiterinnen erarbeitet.
Ø In
einem Betrieb werden vor allem Frauen zu Tätigkeiten angehalten, für die sie
nicht bezahlt werden und die nicht Inhalt ihres Arbeitsvertrages sind.
Dies
bezieht sich auf Tätigkeiten wie Kaffeekochen, Geschirr der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter wegräumen, Postbotendienste übernehmen, wenn dieser krank oder
im Urlaub ist, sowie das Erledigen von Bankgeschäften für den Vorgesetzten
außerhalb der Dienstzeit. Überhaupt müssen Frauen wesentlich mehr leisten als
ihre Kollegen der gleichen Gehaltsgruppe. Es gibt weder von Seiten des
Betriebsrates noch von Seiten der Personalleitung Unterstützung. Aufgrund eines
Wechsels in der Personalführung wird die Gelegenheit ergriffen, über die
Gleichbehandlungsanwältin einige Beschwerdepunkte an den neuen Personalchef
heranzutragen und ihm das Gleichbehandlungsgesetz näher zu bringen.
Ø
Eine
Frau arbeitet im Callcenter der Kundendienstabteilung einer Kaufhauskette. Aufgrund
phasenweise starker Depressionen ist sie manchmal nicht arbeitsfähig und daher
des öfteren im Krankenstand. Ihr Vorgesetzter weiß um ihre Erkrankung und hat
Verständnis für seine Mitarbeiterin, da sie bei adäquater medikamentöser
Einstellung durchaus gute Arbeit leistet und auch Überstunden macht. Ihre
Kolleginnen weigern sich nun, ihren Arbeitsbereich während ihrer „Auszeiten“
mitzuübernehmen. Sie erfährt, dass die Kolleginnen beim Abteilungsleiter ihre
Kündigung verlangt haben („für Spinnerte ist da kein Platz“).
Ø Eine Pädagogin teilt
sich mit einer Kollegin einen Arbeitsplatz in einem sozialen Verein. Sie selbst
arbeitet dienstags bis donnerstags, die Kollegin von Donnerstag bis Montag.
Obwohl also beide am Donnerstag anwesend sind und der Verein mit nur 17
Beschäftigten eine überschaubare Kommunikations- und Organisationsstruktur hat,
finden Teamsitzungen, Fortbildungen und wichtige Besprechungen immer an anderen
Tagen statt, sodass jeweils eine von ihnen in der Freizeit im Büro erscheinen
muss. Diese Stunden werden nicht abgegolten. Die beiden Frauen arbeiten im schlechtest ausgestatteten
Zimmer; so sind sie die einzigen, die keinen PC zur Verfügung haben. Ihnen wird
ständig unterstellt, nicht effizient genug zu arbeiten. Die Pädagogin versucht
wegen der jahrelangen Missstände mit der Arbeitszeit eine Aufstockung auf 30
Stunden zu erreichen. Zweimal wird ihr dies vom Geschäftsführer fix zugesagt
und jedes Mal am Tag vor ihrem Urlaubsantritt das Angebot gemacht, sie könne
stattdessen Überstunden schreiben. Zugleich bemerkt sie, dass der
Geschäftsführer ihr körperlich näherzukommen versucht. Als eine neu
aufgenommene Kollegin in der ersten Teamsitzung von ihm bloßgestellt wird, indem
er sie fragt, was mit ihr los sei, dass ihr Lebensgefährte ihr noch keinen
Heiratsantrag gemacht habe,
entschließt sich die Pädagogin zur Kündigung.
Ø Eine Dolmetscherin,
die in der Kundenbetreuung tätig ist, durfte bisher im Gegensatz zu ihren
männlichen Kollegen mit dem gleichen Aufgabenbereich nie Dienstreisen
absolvieren. Mit den Dienstreisen waren unter anderem innerbetriebliches
Prestige und die Gewährung längerer Urlaube verbunden. Wegen dieser Vorteile
hat die Dolmetscherin immer wieder ersucht, selbst auch Reisen zu ihren
Kundinnen und Kunden absolvieren zu dürfen. Nachdem sie ihre Schwangerschaft
gemeldet hat, wird sie plötzlich zu Dienstreisen aufgefordert. Die Frau ist in
Sorge, dass die Flüge die Gesundheit des Kindes gefährden könnten. Außerdem
kennt sie die Praxis der Firma, dass aus Sparsamkeitsgründen nie im Ausland
übernachtet wird, sondern immer mit der letzten Maschine – auch spätnachts –
der Rückflug angetreten werden muss, was de facto Arbeitszeiten weit über das
zulässige Ausmaß bedeutet. Sie weist darauf hin, dass ihr solche Arbeitsbedingungen
während der Schwangerschaft nicht zugemutet werden dürfen. Ihr Vorgesetzter
teilt ihr mit, wenn sie jetzt zickig werde, solle sie doch gleich in
vorzeitigen Mutterschutz gehen.
Ø Eine Juristin ist
seit 1999 als Karenzvertretung in einem Unternehmen beschäftigt. Noch vor Ablauf
des befristeten Vertrags wechselt sie in eine andere Abteilung, deren
Aufgabenbereich ihr sehr zusagt, während bisher niemand so recht diese Arbeit
übernehmen wollte. Trotzdem wird ihr Vertrag nicht unbefristet verlängert,
sondern sie wird neuerlich für eine Kollegin als Karenzvertretung befristet
angestellt. Die Juristin weiß zwar, dass dies rechtlich fragwürdig ist, fordert
aber keine Korrektur ein, weil sie das gute Arbeitsklima nicht gefährden
möchte. Nach kurzer Zeit wird ein neuer Abteilungsleiter bestellt, der bei der
Bewerbung um eine noch höhere firmeninterne Position nicht zum Zuge gekommen
ist. Nun versucht er sich durch besonders autoritäres Gehabe Anerkennung zu
verschaffen. Er ordnet oft sinnlose Tätigkeiten an, setzt für Erledigungen viel
zu kurze Fristen und legt einen unangemessenen Ton an den Tag. Mehrere Kollegen
der Juristin suchen um firmeninterne Versetzung an. Auch sie deponiert ein
entsprechendes Ansuchen in der Personalabteilung. Dort wird ihr jedoch
beschieden, sie solle froh sein, ihren Posten überhaupt noch zu haben, da die
Tochter eines anderen Abteilungsleiters soeben ihr Jusstudium beendet habe und
dafür vorgesehen sei. Zuletzt verbleibt sie als einzige Mitarbeiterin in der
vorher fünf Angestellte umfassenden Abteilung. Kurz bevor ihr Vertrag ausläuft, ist sie in derart
schlechter psychischer Verfassung, dass sie in der Firma einen
Nervenzusammenbruch erleidet. Um ihre Erfahrungen besser aufarbeiten zu können,
beschließt sie, in ein anderes Bundesland zu übersiedeln.
Ø Eine Frau ist in
einer Firma tätig, die die Buchhaltung und Lohnverrechnung für eine große Zahl
von Unternehmen übernommen hat.
Bisher bestand das Team nur aus Frauen. Es war üblich, dass jede
Kollegin aus einem Fach die jeweils oben aufliegenden Unterlagen entnahm und
die Lohnverrechnung durchführte. Seit einigen Monaten ist ein männlicher
Kollege beschäftigt, der in der Früh den Stapel durchsucht und sich die am
schnellsten und leichtesten zu erledigenden Berechnungen heraussucht. Dadurch
ist er nie zu Überstunden gezwungen.
Die Unzufriedenheit der Frauen über diesen Umstand ist groß, das
Arbeitsklima hat sich rapide verschlechtert. Der Vorgesetzte reagiert auf die
Beschwerde mit den Worten, was die Frauen denn dagegen hätten, wenn jemand
imstande sei, ein Problem intelligent zu lösen.
Ø Einer Schulwartin
wird eine Änderung der Dienstzeit vorgeschrieben, die sie als deutlich benachteiligend
empfindet. Ihr männlicher Kollege darf seine Dienstzeit beibehalten. Da sich am
organisatorischen Ablauf des Unterrichts und der sonstigen Aufgaben nichts
geändert hat, sieht die Schulwartin keinen sachlichen Grund für die Änderung.
In einem Gespräch mit der Direktion erfährt sie, der Schulwart habe darum
ersucht, keine parallelen Dienstzeiten mit der Kollegin mehr leisten zu müssen,
da sie ihm durch ihren „Putzfimmel“ die Latte für die Herstellung eines hygienischen
Zustandes absichtlich so hoch lege, dass er sie als Mann kaum erreichen
könne.
Ø Ein leitender
Angestellter einer Bank erhält völlig überraschend ein Schreiben, dass er sich
binnen einer Woche zu entscheiden habe, ob er mit einer Versetzung nach
Frankfurt / Main einverstanden sei, ansonsten werde er gekündigt. Er erfährt,
dass seine gesamte Abteilung mit 12 hochrangigen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern aufgelöst werden soll. Für drei Frauen, die alle Kinder haben, hat
die Bank einen Ersatzarbeitsplatz im Hause angeboten. Unter den neun
verbleibenden Betroffenen, die Versetzungsangebote nach Frankfurt bzw. nach
London erhalten, sind drei alleinstehende weibliche Kolleginnen und sechs
Männer, die allesamt Familienväter sind. Der Angestellte hegt die Vermutung,
dass die Arbeitgeberin zwar Frauen mit Familienpflichten akzeptable
Ersatzangebote gemacht hat, nicht aber Männern mit Familie. Er beschließt, den
Betriebsrat zu kontaktieren und zu eruieren, wie diese personellen
Entscheidungen bankintern begründet worden sind.
Ø Eine
Krankenschwester ist mit 35 Wochenstunden beschäftigt. Der Chefarzt hat sie
bereits wiederholt aufgefordert, mehr zu arbeiten, was sie wegen
Kinderbetreuungspflichten abgelehnt hat. Nun befürchtet sie Nachteile in
Richtung sexuelle Erpressung. Der Arzt ist bekannt für seine frauenfeindlichen
Sprüche und dass er mit dem weiblichen Personal „anzubandeln“ versucht. Die
Krankenschwester überlegt, ihn gemeinsam mit anderen Kolleginnen zur Rede zu
stellen.
Ø Eine angestellte
Taxifahrerin arbeitet von 6.00 bis 18.00 Uhr. Sie teilt sich das Auto mit dem
Nachtfahrer. Es gibt im Unternehmen einen weiteren Wagen, der von einem
männlichen Fahrerpaar geteilt
wird, und einen dritten, den der Chef selbst fährt. Obwohl der Umsatz stimmt,
die Frau seit jeher unfallfrei fährt und es keinerlei Beschwerden über sie
gibt, gilt eine klare Hierarchie im Unternehmen: Die vom Chef ausgemusterten
Wagen gehen zunächst an das männliche Fahrerpaar; wenn diese Wägen dann bereits
veraltet oder reparaturanfällig sind, werden sie an die Kollegin und ihren
Nachtfahrer abgetreten. Die Frau ist überzeugt, dass man dies einem männlichen
Kollegen mit der längsten Betriebszugehörigkeit nicht zumuten würde. Sie hat
außerdem jahrelang gefordert, der Chef möge mit der Firma einem Autofahrerklub
beitreten, damit bei den häufig auftretenden Schäden in ihren ausgedienten
Wägen rascher ein Pannendienst zur Stelle wäre. Dies wurde mit dem Argument,
sie möge ihre technischen Kenntnisse verbessern, dann könne sie streikende
Autos selbst reparieren, abgelehnt. Als ein neuer Fahrer aufgenommen wird, der
seinen Dienst nur unter der Bedingung antritt, dass es zu einer Mitgliedschaft
in einem der großen Autofahrerklubs kommt, wird die Anmeldung sofort nachgeholt.
Ø Eine Biologin ist in
einem naturwissenschaftlichen Institut beschäftigt und zusätzlich zu ihren
Fachagenden beauftragt, die Homepage des Instituts zu erstellen. Ein Kollege
aus der EDV-Abteilung kann nicht verkraften, dass diese prestigeträchtige
Aufgabe nicht ihm übertragen worden ist. Er reißt die Kompetenzen an sich, gibt
die Vorschläge und Ergebnisse der Biologin als seine aus und macht so lange
Stimmung gegen sie, bis die Belegschaft untereinander völlig zerstritten ist.
Die Biologin wird sich darüber klar, dass sie nur mit einer klaren Kompetenzabgrenzung ihrem Auftrag
nachkommen kann, und führt ein entsprechendes Gespräch mit dem Institutsleiter,
der ihr Unterstützung zusagt.
Ø Eine Assistentin der
Geschäftsleitung einer EDV-Firma bekommt seit Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft
keine Aufgaben mehr zugewiesen mit dem Argument, sie könne diese bis zum
Antritt des Mutterschutzes ohnehin nicht mehr abschließen. Diese Behauptung
entspricht nicht den Tatsachen. Zudem arbeitet ihre Karenzvertretung bereits
parallel und könnte gut von der Assistentin in die Weiterbetreuung der Projekte
eingeschult werden. Stattdessen wird getan, als ob sie Luft wäre. Dies führt so
weit, dass es schon Stimmen von männlichen Kollegen gibt, die sich beschweren,
dass man neuerdings als Frau ein Gehalt bezieht, ohne dafür eine Gegenleistung
erbringen zu müssen.
Ø Eine Frau teilt mit,
dass es in ihrer Firma üblich ist, dass zu Weihnachten nur Angestellte mit Kindern
Urlaub nehmen dürfen, die anderen bekommen nicht frei. Die Anruferin findet
dies ungerecht, da man gerade in diesem Jahr aufgrund der Lage der Feiertage
mit nur wenigen Urlaubstagen auf insgesamt 14 freie Tage kommen kann, und
erkundigt sich, ob das Gleichbehandlungsgesetz ihr in diesem Fall Hilfestellung
bietet.
Ø Eine Stammkundin
beobachtet in einem Lebensmittelgeschäft, dass neben einem Lehrmädchen im 2.
Lehrjahr erstmals auch ein männlicher Lehrling neu aufgenommen wurde. Ihr fällt
auf, dass aber nur das Mädchen zu Tätigkeiten wie Bodenwaschen, Kehren und
Putzen herangezogen wird, der Bursch hingegen nur angenehmere Tätigkeiten zu
verrichten hat. Sie möchte mit dem Filialleiter ein Gespräch führen und
erkundigt sich, ob ihr dies rechtlich schaden könnte.
Ø Eine EDV-Expertin
gibt ihrer Vorgesetzten ihre Schwangerschaft bekannt. Diese meint sofort, das
komme jetzt ungelegen, da die Frau ja gerade in ein großes Projekt einbezogen
sei. Die Angestellte wird noch am gleichen Tag in eine Back-office-Tätigkeit
abgezogen. Sie ist fassungslos darüber, dass eine Frau als Chefin sie dermaßen
degradiert. Mit Unterstützung des Betriebsrates sucht sie ein Gespräch, um
ihren Verbleib im Projekt zu erreichen.
6.6. Beendigung des Dienstverhältnisses
Ø
Eine
Frau mit zwei kleinen Kindern arbeitet im Ausmaß von 25 Wochenstunden befristet
auf ein Jahr als Grafikerin in einer Werbeagentur. Zwei Wochen vor Ende ihres
Arbeitsverhältnisses teilt ihr der Chef mit, dass der Vertrag nur verlängert
werden könne, wenn sie der Firma künftig ganztägig zur Verfügung stehe. Die
junge Frau kann wegen der schwierigen Betreuungssituation ihrer Kinder
keinesfalls 40 Stunden in der Woche arbeiten. Eine Kompromisslösung ist nicht
möglich, ein junger Mitarbeiter wird eingestellt, den sie noch einschulen muss.
Ihr Vertrag endet durch Zeitablauf.
Ø Eine hochrangige
Bildungseinrichtung hat ein rein männliches Führungsgremium, das mittlere Management
auf Abteilungsebene ist mit sechs Männern und einer Frau besetzt. Die weibliche
Kollegin hat zunächst einen befristeten Vertrag. Sie erarbeitet und gestaltet
äußerst erfolgreiche Kursprogramme für die bereits akademisch qualifizierten
Studienteilnehmerinnen / Studienteilnehmer und schreibt selbst an ihrer
Habilitation. Bereits nach kurzer Zeit beginnt ihr Vorgesetzter, ihre
Anwesenheiten streng zu kontrollieren – eine dienstrechtliche Maßnahme, die in
der Einrichtung auf Managementebene völlig unüblich ist. Schließlich teilt er
ihr mit, er könne aus emotionalen Gründen nicht weiter mit ihr arbeiten. Die
Frau vermutet, dass er ihre wissenschaftliche Annerkennung in der Fachwelt
nicht verkraftet. Mehrfach weist sie ihn und den Präsidenten der Einrichtung
auf ihre fachlichen Erfolge hin, was mit den Worten kommentiert wird: „Sechs
Männer sind da anderer Meinung.“ Nach Einschaltung des Betriebsrates wird zwar
ihr Vertrag unbefristet verlängert, nach wenigen Wochen aber teilt ihr der
Vorgesetzte unmissverständlich mit, wenn sie nicht in eine einvernehmliche
Auflösung einwillige, werde sie gekündigt und nie mehr einen Job finden. Die
Frau hat inzwischen in Erfahrung gebracht, dass innerhalb des Jahres seit
Funktionsantritt des neuen Präsidenten mehrere hochqualifizierte Frauen durch
Männer ersetzt wurden oder weniger qualifizierte Tätigkeiten zugeteilt bekamen.
Aufgrund des frauenfeindlichen Klimas sieht sie für ihre wissenschaftliche
Karriere keine Zukunft mehr und willigt notgedrungen in eine einvernehmliche
Auflösung des Dienstverhältnisses ein. Dass die Einrichtung aber die Fachkompetenz
der Frau weiter nutzen will, zeigt sich daran, dass in der Folge drei Werkverträge
mit ihr geschlossen werden. Allerdings wird Monate später behauptet, diese
Verträge seien auf Seiten der Bildungseinrichtung von unzuständigen Organen
abgeschlossen worden und daher unwirksam. Der Frau wird für die schon
geleistete Arbeit kein Honorar überwiesen. Erst nach einem Interventionsschreiben
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen werden kommentarlos die ausständigen
Honorarnoten beglichen.
Ø Eine Frau islamischen Bekenntnisses wird von einer Autohandelsfirma als Buchhalterin eingestellt. In dieser Funktion hat sie keinerlei Kundinnen- und Kundenkontakt und sieht auch kaum ihre Kolleginnen und Kollegen, da sie ein eigenes Arbeitszimmer hat. Nach zwei Wochen entschließt sie sich dazu, ein Kopftuch zu tragen. Dies wird sofort der Chefin gemeldet, die augenblicklich im Büro erscheint und die Frau auffordert, das Kopftuch abzulegen, sonst werde man das Dienstverhältnis auflösen. Die Buchhalterin entscheidet sich für das Kopftuch. Da sie sich noch in der Probezeit befindet, wird ihr Arbeitsverhältnis sofort für beendet erklärt. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft teilt der Autohändlerin mit, dass auch eine Beendigung im Probemonat nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Gleichbehandlungsgesetzes verstoßen darf. Eine Verletzung des Gesetzes ist darin zu erblicken, dass ein männlicher muslimischer Beschäftigter nicht vor die Konsequenz der Beendigung des Dienstverhältnisses gestellt worden wäre, da bei Männern das Tragen der religiösen Attribute als weniger auffällig stillschweigend toleriert wird. Zudem ist beim Einstellungsgespräch von Seiten der Autohändlerin das Thema Bekleidungsvorschriften nicht aufgegriffen worden, obwohl aufgrund des Namens der Bewerberin klar gewesen sein muss, dass sie aus dem islamischen Kulturkreis stammt.
Ø Eine Redakteurin ist
offiziell als freie Dienstnehmerin in einem Verlag beschäftigt, wo sie für die
Gestaltung einer bestimmten Zeitschrift zuständig ist. Tatsächlich ist sie nach
ihrem Dienstvertrag und der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen als Angestellte
zu betrachten. Ihr Vertrag wird – für sie völlig unvermittelt – gekündigt. Als
Begründung wird die schlechte wirtschaftliche Situation des Verlags angeführt;
die Tätigkeit der Frau könne wesentlich preisgünstiger durch einen männlichen
Kollegen weitergeführt werden. Die Redakteurin verweist nach einem Beratungsgespräch
mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft darauf, dass man offenbar mit ihrer
Leistung hochzufrieden gewesen sei, man habe ihr kurz davor sogar angeboten,
ein weiteres Journal mitzuübernehmen. Sie wäre auch bereit gewesen, in einen
anderen Fachbereich zu wechseln, eventuell auch einer Reduzierung des
„Honorars“ zuzustimmen. Insbesondere sei ihr Nachfolger, der erst nach ihr als
freier Mitarbeiter begonnen habe, auch formell angestellt worden. Zudem
empfehle der Kollektivvertrag für die bei österreichischen Monatszeitungen und
–zeitschriften angestellten Redakteurinnen und Redakteure die Einhaltung der im
Tarifvertrag vereinbarten Honorare für Bildbeiträge auch für freie
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Verlag ist schließlich bereit, das
geforderte Bildhonorar zu bezahlen. Mit dieser relativ hohen Summe kann die
Redakteurin eine Zeit überbrücken, bis sie bei einem anderen Verlag angestellt
wird.
Ø Eine Theologin ist
für zwei Jahre befristet in einer Bildungseinrichtung in leitender Funktion beschäftigt.
Sie organisiert kurz vor dem Auslaufen des Vertrages eine Fachtagung zum Thema
Gentechnologie. Als einer der Referenten ist ein Experte angekündigt, der
zugleich Ehrenobmann ihrer Arbeitgeberin ist. Die Frau stellt fest, dass der
Referent sich eine spezielle Betreuung durch sie erwartet. Sie soll ihm vor dem geplanten Termin
mehrfach abends für „Vorbesprechungen“ zur Verfügung stehen und auch
unmittelbar vor der Veranstaltung mit ihm in eine Cocktailbar gehen. Als sie
dies ablehnt, kündigt er an, er werde sich dafür einsetzen, dass ihr Vertrag
nicht verlängert wird. Tatsächlich läuft der Vertrag aus, obwohl es bisher nie
Kritik an ihrer Arbeitsleistung gegeben hat, sondern Vertreterinnen und
Vertreter der Arbeitgeberin immer wieder ihre hohe Zufriedenheit ausgesprochen
haben. Die Frau beschließt, in einem Schreiben an die Bildungseinrichtung ihre
Wahrnehmungen mitzuteilen.
6. 7. Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung
Ø Ein Kraftfahrzeugbetrieb schaltet ein nicht
geschlechtsneutral formuliertes Stelleninserat. Gesucht wird als KFZ-Lehrling
ein junger Mann, der einsatzfreudig und engagiert ist. Von der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen auf diesen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz
hingewiesen, rechtfertigt die Ansprechperson des Betriebes die Vorgehensweise
mit dem Fehlen von getrennten Sanitäreinrichtungen. In einem weiteren von der
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen mit dem Betriebsinhaber geführten
Telefonat erklärt dieser, er sei auch dafür, dass Männer die Menstruation
bekommen, keine getrennten Schirennen mehr durchgeführt werden und nicht nur
Mädchen in der Puppenküche stünden.
6.8. Sprachliche Gleichbehandlung
Ø Ein Richter
erkundigt sich, ob er für Urteile jeweils die männliche und die weibliche
Sprachform verwenden muss (der / die Beklagte XY, die Zeugin / der Zeuge XY).
Ø Eine
Forschungsstelle im Bereich Gender Mainstreaming möchte im Internet Anleitungen
zum geschlechtergerechten Formulieren im Bereich der Arbeitsmarktpolitik
veröffentlichen. Die Gleichbehandlungsanwältinnen werden um Unterstützung des
Projekts als Expertinnen gebeten.
6.9. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Ø
Der
Geschäftsführer einer Sozialeinrichtung sucht bei der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen Rat. Zwei seiner Mitarbeiterinnen haben unabhängig
voneinander über körperliche Übergriffe durch einen ihrer Kollegen berichtet.
Beide hätten ihn zurechtgewiesen, danach habe es keine Vorfälle in der
genannten Art mehr gegeben. Nun sei eine Führungsposition im Unternehmen zu
besetzen, der betreffende Kollege sei dafür vorgesehen gewesen, komme aus den
genannten Gründen jedoch nicht mehr in Frage. Die betroffenen Frauen haben um
Anonymität ersucht, aus diesem Grund gestaltet sich auch die Planung eines für
die nächsten Tage vorgesehenen Gespräches des Geschäftsführers mit dem
Belästiger schwierig. Nach einem Coachinggespräch durch die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen, in dem überlegt wird, welche weitere Verhaltensweise
angemessen und auch im Sinne des Schutzes der beiden Mitarbeiterinnen ist,
verläuft das Gespräch mit dem Belästiger konstruktiv.
Ø Eine Frau ist in einem Callcenter als Telefonverkäuferin
beschäftigt. Aufgrund
eines
massiven körperlichen Übergriffes durch einen Kollegen auf dem Weg zur Arbeit
sucht sie Rat und Unterstützung bei der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen. Sie schildert, dass dieser Kollege nach einer kurzen
Beziehung der beiden ihr klares „Nein“ nicht akzeptiere und diesem Übergriff
eine Reihe von verbalen sexuellen Belästigungen vorangegangen sei. Die Frau
erleidet durch diesen letzten Übergriff körperliche und psychische Verletzungen
und ist gezwungen, einen wochenlangen Krankenstand zu konsumieren. Die
Mitteilung des Vorfalles an die Geschäftsführerin des Betriebes bewirkt eine
rapide Verschlechterung des Arbeitsklimas für die betroffene Frau. Die meisten
Kolleginnen und Kollegen stellen sich gegen sie und bilden sich die Meinung,
sie habe diesen Vorfall durch Kleidung und Verhalten dem Belästiger gegenüber
selbst verschuldet. Auch die Geschäftsführung verteidigt den Belästiger und
zeigt auch nach einigen Gesprächen mit der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen
wenig Bereitschaft, eine Atmosphäre zu schaffen, in der es der betroffene Frau
wieder möglich ist, ihrer Beschäftigung nachzugehen, ohne dem Belästiger zu
begegnen. Die betroffene Frau erstattet unmittelbar nach dem Vorfall
Strafanzeige gegen den Belästiger und hat große Angst, dass es zu weiteren
Übergriffen und Racheakten kommt. Durch die Reaktionen in ihrem Betrieb ist sie
zutiefst verunsichert, inwieweit und in welchem Ausmaß sie selbst Schuld an dem
Vorfall hat. Dies verlängert ihre Rehabilitationsphase. Nach dem Krankenstand
der Frau kommt es zu einer einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses; in
weiterer Folge zu einer strafgerichtlichen Verurteilung des Belästigers wegen geschlechtlicher
Nötigung.
Ø Eine
junge Frau wird im Filialbetrieb eines Baumarktes von zwei Kollegen immer
wieder sexuell belästigt. Als ihr im Betrieb kein Glaube geschenkt wird, wendet
sie sich an die Arbeiterkammer. Bald darauf wird sie gekündigt.
Die
Kündigung wird zwar in eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses
umgewandelt, dennoch wendet sich
die junge Frau zur Beratung an die Anwaltschaft, um die Missstände dort
aufzuzeigen.
Ø In
einer Buchbinderei werden drei Frauen wiederholt von ihrem Kollegen sexuell
belästigt. Immer wieder präsentiert er sich mit entblößtem Glied und befriedigt
sich sogar am Arbeitsplatz vor den Augen seiner Mitarbeiterinnen.
Die
Frauen wenden sich an die Regionalanwaltschaft. Das Klima in der Firma wird für
sie unerträglich. Die Unternehmensleitung kümmert sich großteils um den
Belästiger, die Frauen werden von den übrigen Mitarbeitern der Firma gemieden.
In gemeinsamen Gesprächen mit der Regionalanwältin deponieren alle drei Frauen,
dass sie eine psychologische Begleitung wünschen, für deren Kosten die
Firmenleitung aufkommen soll. Der Belästiger muss sich einer Therapie unterziehen
und verpflichtet sich, Schadenersatzzahlung an alle drei Frauen zu leisten.
Ø Eine
Konditorin arbeitet in einer Großbäckerei. Das Arbeitsklima ist geprägt von
überwiegend frauenfeindlicher Haltung. Besonders der Schichtleiter macht immer
wieder frauenfeindliche Witze. Er ist es auch, der die Konditorin ohrfeigt und
dann einem Mitarbeiter gegenüber meint: „Die Weiber sind alle so blöd, und
jetzt habe ich gerade einer eine
runtergehauen.“ Nach Einschalten der Gleichbehandlungsanwaltschaft wird
der Belästiger zu einer Schadenersatzzahlung verpflichtet und muss sich einer
Schulung im Umgang mit Emotionen und seinem Führungsstil
unterziehen.
Ø Eine
Frau, die in leitender Funktion in der Krankenschwesternausbildung tätig ist,
teilt mit, dass die Schwestern und vor allem die jungen Kolleginnen in
Ausbildung vermehrt der sexuellen Belästigung durch Stationsärzte sowie auch
durch Patienten ausgesetzt sind. Gemeinsam mit der Regionalanwaltschaft werden
Präventivmaßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erarbeitet, z.B.
Verhaltensregeln und verbales Grenzensetzen ohne Verletzung der Hierarchieebenen.
Ø Eine
sehr korpulente Frau arbeitet als Reinigungskraft in einem großen Tischlereibetrieb.
Sie wird von den Arbeitern immer verspottet und gefragt, ob „sie gerne endlich
einmal ordentlich gepackt werden möchte“. Außerdem wollen es „dicke Frauen
sowieso immer...“. Sie ist verzweifelt und überlegt zu kündigen.
Ø In
einem Altersheim werden Pflegerinnen wiederholt von Patienten verbal und
körperlich belästigt. Als sich die betroffenen Mitarbeiterinnen
zusammenschließen, um beim Heimleiter in dieser Angelegenheit vorzusprechen und
um Abhilfe zu ersuchen, erklärt er ihnen, dass sie sich in diesem Beruf mit
solchen Vorfällen abzufinden hätten, sonst sei er gezwungen, ausländische
Frauen einzustellen („die wären froh, so einen Job zu haben...“).
Ø Eine Frau wird auf Intervention eines ehemaligen Freundes, mit dem sie auch ein kurzzeitiges Verhältnis hatte, als Außendienstmitarbeiterin in der gleichen Firma eingestellt. Zunächst ist die Zusammenarbeit mit ihm sehr konstruktiv, nach ein paar Monaten sucht er vermehrt auch wieder privaten Kontakt mit ihr und möchte die frühere Beziehung „auffrischen“. Sie möchte jedoch keine Beziehung mehr mit ihm beginnen und teilt ihm dies des öfteren unmissverständlich mit. Daraufhin beginnt er, sie massiv zu schikanieren, droht Details über ihr gemeinsames Verhältnis in der Firma publik zu machen („dann bist du endgültig erledigt...“). Die Frau ist eingeschüchtert und erwägt eine Selbstkündigung.
Ø Ein
weiblicher Lehrling wird vom Ausbildner der Lehrwerkstätte ständig verbal und
durch körperliche Berührungen sexuell belästigt. Belästigungen dieser Art gehen
bereits über Monate. Als der Mann beginnt, dem Mädchen zweideutige SMS zu
schicken und sie privat anzurufen, hält sie es nicht mehr aus. Sie zeigt
eklatanten Leistungsabfall in der Berufsschule und bereits psychosomatische
Symptome, wie Erbrechen und Angstzustände. Nach Intervention der Regionalanwaltschaft
beim Leiter der Lehrwerkstätte wird der Ausbildner verwarnt und in einen
anderen Arbeitsbereich versetzt, wo er keinen Kontakt mit jungen Menschen und
zudem keine Lehrfunktion mehr hat.
Ø Zwei
Frauen beschweren sich darüber, dass Kollegen in ihren Büros Fotos von nackten
Frauen aufgehängt haben. Sie haben die Männer mehrmals gebeten, dies zu
unterlassen, wurden jedoch nur als „prüde Zicken“ ausgelacht. Daraufhin
ersuchen die Frauen den gemeinsamen Vorgesetzten um Beendigung dieser Zustände.
Folge: Die Pin-up-Fotos werden ausgetauscht durch Kunstakte.
Ø Ein
Mann ist in einer Druckerei mit Tätigkeiten an der Schneide- und Falzmaschine
beschäftigt. Seit ca. einem Jahr wird er von einem Kollegen immer wieder
dadurch sexuell belästigt, dass
dieser ihm – gerade dann, wenn er viel zu tragen hat – auf den Po und zwischen
die Beine greift. Als der Firmenchef in einer Zeit hoher beruflicher Belastung
(Vorweihnachtszeit) nicht - wie versprochen
– personelle Hilfestellung gibt, gerät der Mann mit seinem Vorgesetzten in
Streit. Er erzählt ihm von den Belästigungen durch den Kollegen und verlangt
Abhilfe. Der Kollege wird verwarnt. Das Arbeitsklima wird daraufhin immer
schlechter und rauer. Der belästigte Mann wird aus wirtschaftlichen Gründen mit
Berufung auf die schlechte Auftragslage
gekündigt.
Ø Eine Frau wendet
sich in einer scheinbar aussichtslosen Situation in einem Gerichtsverfahren an
die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Sie war jahrelang in einer EDV-Firma tätig,
wo sie belastende und arbeitsrechtlich bedenkliche Arbeitsbedingungen hinnahm,
weil sie zunächst den Eindruck hatte, sie könne ihre Kompetenz unter Beweis
stellen und habe entsprechende Karriereoptionen.
So wurde ihr wiederholt eine unbefristete Anstellung trotz Zusage verweigert; der schließlich doch abgeschlossene Dienstvertrag berücksichtigte ihre in der Firma zurückgelegten Vordienstzeiten nicht; sie bekam bei gleichbleibendem Gehalt immer mehr und anspuchsvollere Aufgaben übertragen und urgierte vergeblich eine Anpassung an das Einkommen der männlichen Kollegen. Die Situation wurde für sie unerträglich, als ein neuer Kollege mit sexistischen Sticheleien und verbalen belästigenden Übergriffen gegen sie begann und Rückendeckung beim Abteilungsleiter fand. Trotz Involvierung des Betriebsrates und einer Versetzung in eine andere Abteilung konnte die verfahrene betriebliche Situation intern nicht mehr gelöst werden; die Frau reichte die Kündigung ein. Es gelang ihr jedoch nicht, die Vorfälle für sich zufriedenstellend aufzuarbeiten. Sie erhielt den Rat, eine Klage auf Zahlung der Abfertigung beim Arbeitsgericht einzubringen, die ihr deswegen zustünde, weil sie ja nicht freiwillig, sondern wegen fortgesetzten Mobbings und sexueller Belästigung gekündigt habe. Das Gerichtsverfahren nahm einen für die Frau sehr ungünstigen Verlauf. Sie musste sich einem neurologischen Gutachten unterziehen und machte die Erfahrung, dass sämtliche von der Firma genannten Zeugen sie als labile und hysterische Person hinstellten, die Äußerungen ständig überinterpretiere. Zu diesem Zeitpunkt ersucht sie die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen um Unterstützung. Der nochmals kontaktierte Betriebsrat zeigt sich gesprächsbereit und versucht seinerseits, die Firmenleitung davon zu überzeugen, dass man der Frau jahrelang übel mitgespielt habe und sich nicht wundern dürfe, dass bei ihr das Gefühl von Demütigung und erlittenem Unrecht entstanden sei. Ausschlaggebend für eine positive Wendung ist die Tatsache, dass es in der Zwischenzeit einen neuen Personalchef wie auch einen neuen Leiter der Rechtsabteilung gibt, die beide erkennen, dass gegenüber der früheren Arbeitnehmerin durchaus Fürsorgepflichten verletzt worden sind. Sie sind schließlich zur Zahlung eines Betrages bereit, der annähernd der geforderten Abfertigung entspricht. Es wird auch eine Regelung gefunden, durch die der Frau keine Prozesskosten erwachsen. Das Gerichtsverfahren endet schließlich durch einen Vergleich, den beide Seiten zufriedenstellend finden.
Ø Die Gleichbehandlungsanwaltschaft
erhält ein anonymes Schreiben. Die Anonymität wird mit Furcht vor Verfolgung,
Unterdrückung und Erpressung begründet. Ausgesprochen wird der Vorwurf, dass in
einer bestimmten Firma zwei namentlich genannte Chefs fortlaufend sexuelle Übergriffe
gegen Mitarbeiterinnen setzen. Eine vulgäre Ausdrucksweise und das Begrapschen
von Frauen stehen demnach an der Tagesordnung. Auch von
Vergewaltigungsversuchen in vergangenen Jahren werde gesprochen. Das Schreiben
enthält weiters den Vorwurf, dass die Firma mittels gefälschter Honorarnoten
Politiker „schmiere“. Einzelne Personen und Ministerien werden namentlich
genannt. Da das Vorbringen mehrere Straftatbestände umfasst, muss die Staatsanwaltschaft
eingeschaltet werden. Diese berichtet schließlich der
Gleichbehandlungsanwaltschaft, dass keine einzige der in der Firma befragten
Frauen die Anschuldigungen bestätigt hat, sondern diese allgemein als absurd
bezeichnet worden sind und die Anzeige daher zurückgelegt worden sei.
Ø Eine Frau ist seit
kurzem in einer Filiale beschäftigt, in der nur sie und der Filialleiter
arbeiten. Er fragt permanent, ob sie sich nicht vorstellen könne, mit ihm Sex
zu haben, und ob er von ihr erotische Fotos machen dürfe. Die Frau gewinnt den
Eindruck, dass sie ausschließlich zum Vergnügen des Filialleiters angestellt
worden ist, da sie maximal für drei Stunden täglich ausgelastet ist und der
Rest der Zeit mit anzüglichen Gesprächen vergeht. Einige Wochen später meldet
sich die Frau wieder und berichtet, sie sei gekündigt worden, offenbar, weil
der Filialleiter bei ihr sein Ziel nicht erreicht habe. Sie hat vor,
arbeitsrechtliche Beratung in ihrem Heimatbezirk wahrzunehmen.
Ø Eine Frau ruft für
ihre Freundin an. Diese hatte seit einiger Zeit ein verändertes, depressives Verhalten
an den Tag gelegt. Erst nach langem Zögern konnte sie über das ihr Widerfahrene
sprechen. Die Frau berichtet, dass die Freundin von ihrem Kollegen in ihrem
Arbeitszimmer unter Einsatz von Waffengewalt vergewaltigt worden ist. Der
Vorgesetzte, den sie danach aus dem Krankenstand heraus informiert hat, hat den
Kollegen zwar versetzt, fordert aber jetzt von der Betroffenen einen
detaillierten schriftlichen Bericht und insbesondere, dass sie ihr Zimmer
weiterhin benützt. Die Anruferin möchte wissen, ob dies von der Freundin zu
Recht verlangt werden kann und ob der Vorgesetzte nicht Anzeige erstatten
müsste.
Ø Die Kundin eines
Frisiersalons beschreibt die von ihr beobachteten Übergriffe des Lehrherrn an
den weiblichen Lehrlingen mit den Worten: „Da geht`s zu wie im Puff.“ Sie
fragt, was man tun kann, um die Mädchen wirksam zu schützen und dem Chef „das
Handwerk“ zu legen.
Ø Eine
Krankenschwester ist auf der Drogenstation tätig. Bei straffällig gewordenen
Drogenabhängigen ist aufgrund richterlicher Anordnung regelmäßig eine Harnprobe
abzugeben. Wenn nicht genug männliche Pfleger im Dienst sind, hat sie die
Aufgabe, männliche Patienten in die Toilette zu begleiten und zu überwachen.
Sie berichtet von extrem übergriffigen Äußerungen, mit denen sie dann
konfrontiert wird, wie z.B. „Du geile Sau, was schaust du mir zu, hast du noch
nie einen Schwanz gesehen?!“ Sie fragt sich mittlerweile, ob es wirklich zum
Berufsbild einer psychiatrischen Krankenschwester gehört, Beschimpfungen dieser
Art hinzunehmen.
Ø Eine Turnusärztin
absolviert öfters allein Nachtdienst auf der Urologie. Ein Patient erscheint um
drei Uhr nachts, meint, er könne nicht urinieren und benötige einen Katheter.
Die Ärztin teilt ihm mit, sie müsse zur Abklärung ein Röntgenbild machen. Der
Mann verweigert dies und besteht darauf, dass sie ihm einen Katheter setzt. Sie
beobachtet dabei, dass er einen Orgasmus hat. Da sie sich von ihm aufgrund
seines Verhaltens missbraucht fühlt, teilt sie das Ereignis dem ärztlichen
Leiter mit. Es stellt sich heraus, dass der Patient sowohl dem Portier als auch
anderen Ärztinnen bekannt ist: er ruft regelmäßig beim Portier an und fragt,
wer Dienst hat; ist es eine Frau, erscheint er nachts in der Ambulanz. Alle
Ärztinnen schildern den gleichen Ablauf, haben aber bisher nicht gewagt,
Meldung zu erstatten, da sie fürchteten, nicht ernst genommen zu werden.
Ø Eine
Religionslehrerin unterrichtet an einer öffentlichen Schule, ist aber bei einer
Einrichtung ihrer Religionsgesellschaft angestellt. Es ist ihr erstes
Arbeitsjahr nach einer langen Familienpause. Der Direktor der Schule macht kein
Hehl daraus, dass er Religionsunterricht für überflüssig hält. Er spricht die
Frau nur mit „Fräulein“ an, obwohl sie ihn darauf hinweist, dass er wie bei
allen anderen die Bezeichnung „Kollegin“ verwenden möge. Bei einer Besprechung
im Konferenzzimmer kommt er ihr körperlich nahe, indem er mit einem Finger um
ihre Hüften fährt und sie an sich drückt. In einer Sitzung sagt er vor allen,
er wolle nun die neue Kollegin vorstellen, noch lieber wäre ihm das allerdings
mit freiem Oberkörper. Die Lehrerin informiert in der Folge ihren Fachinspektor
und ihre Vorgesetzte in der Einrichtung der Religionsgesellschaft und macht die
Erfahrung, dass jede der beiden Institutionen die Verantwortung zur Abhilfe auf
die jeweils andere abzuschieben sucht. Schließlich wird ihr mitgeteilt, sie
müsse auf jeden Fall das begonnene Schuljahr durchhalten. Die
Gleichbehandlungsanwaltschaft schlägt auf Wunsch der Frau eine Versetzung in
eine Schule vor, in der ein Posten vakant ist. Dies wird zunächst in Aussicht
gestellt, es kommt aber immer wieder zu Verzögerungen in der Dienstzuteilung.
Erst als sich die Frau entschließt, einen Termin beim Landesschulrat zu
vereinbaren, kommt Bewegung in die Sache. Sie wird schließlich an die
gewünschte Schule versetzt.
Ø Ein junger Mann
meldet, dass seine Freundin, ein Malerlehrling, auf der Baustelle von einem
55jährigen Kollegen immer wieder körperlich belästigt wird, wenn dieser
betrunken ist. Sie hat Angst, sich an den Chef zu wenden, weil ihr dasselbe in
einem anderen Lehrbetrieb passiert ist und sie nach entsprechender Beschwerde
hinausgemobbt wurde. Andererseits weiß sie, dass ihr jetziger Chef sie sehr
schätzt und sich schon in anderen Situationen für sie eingesetzt hat. Im Beratungsgespräch wird dem Anrufer
bewusst, dass seine Freundin eigentlich unmittelbare Unterstützung bei einem
Gesellen finden kann, mit dem sie sich gut versteht. Er beschließt, gemeinsam
mit ihr dem Gesellen die Vorfälle zu schildern. Alle drei suchen dann den Chef
auf, der sofort Abhilfe durch eine geänderte Baustelleneinteilung schafft. Der
weibliche Lehrling meint gegenüber der Gleichbehandlungsanwaltschaft, dies sei
die erste positive Erfahrung mit mächtigen Männern gewesen, denn ihr Vater habe
sie als Kind missbraucht, und auch im Heim, in das sie dann gekommen sei, habe
es Übergriffe durch männliche Pflegepersonen gegeben.
Ø Eine Frau ist als
eine von nur drei weiblichen Beschäftigten in einem großen Bestattungsunternehmen
beschäftigt, in dem auch Särge hergestellt werden.
Sie wird zunächst an einer
der körperlich anstrengendsten Maschinen eingesetzt, die wegen ihrer
Gefährlichkeit als „Geisterbahn“ bezeichnet wird. Ihr Eindruck ist, dass man
testen will, ob sie die Arbeit durchhält. Sie hat nach kurzer Zeit den
Verdacht, dass an ihrer Maschine manipuliert wurde, was ihre Akkordarbeit
verzögert und damit den Stundenlohn und die Zulagen verkürzt. Als sie beim
Vorarbeiter um Versetzung an eine andere Maschine ersucht und ein männlicher
Kollege aufgefordert wird, mit ihr zu tauschen, beobachtet sie, dass
tatsächlich die Geschwindigkeit der „Geisterbahn“ neu eingestellt und
beschleunigt wird, sodass der Kollege, der jetzt dort tätig ist, eine viel
höhere Akkordzahl leisten kann. Seit sie diese „Schwäche“ gezeigt hat, ändert
sich rapide der Umgangston ihr gegenüber. Manche Kollegen äußern nur noch Sätze
wie „Ich tät jetzt gern a Fut schlecken“ zu ihr. Die zuvor vorhandenen
Pin-up-Kalender werden durch harte pornographische Bilder ersetzt, auf denen
man sieht, wie Frauen gewaltsam die Schamlippen aufgedehnt werden. Auch die
Figur der Frau wird verspottet, sie muss sich täglich Kommentare über ihren
Hintern und Busen anhören. Auf Anraten der Gleichbehandlungsanwaltschaft wendet
sich die Frau zunächst an den Personalverantwortlichen, schildert ihm ihre
Arbeitsbedingungen und sucht um Versetzung an. Sie sei bereit, als Chauffeurin
von Bestattungswägen, als Sargträgerin oder auch als Bürohilfskraft zu
arbeiten. Der Personalleiter quittiert dies mit den Worten: „Wir suchen keine
Putzfrau für den Friedhof. Entweder Sie gehen wieder arbeiten, oder wir beenden
das Ganze.“ Die Arbeiterin ist nach diesem Gespräch so fertig, dass sie einen
Krankenstand in Anspruch nehmen muss. Über den Betriebsrat versucht sie, ein Gespräch
mit dem Vorarbeiter und den beiden Männern zu erreichen, die die massivsten
Belästigungen begehen. Der Betriebsrat erwirkt die Zusage des Geschäftsführers
für einen Augenschein und ein Gespräch mit den Beteiligten. Zwei Tage vor dem
angesetzten Termin kontaktiert auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft den
Geschäftsführer und weist auf seine rechtlichen Verpflichtungen zur Schaffung
von Abhilfe hin. Insbesondere Versetzungsmöglichkeiten werden erwogen. Als die junge
Frau zum vereinbarten Termin erscheint, stellt sich heraus, dass der
Geschäftsführer schon am Tag zuvor im Betrieb war und dort zwar den Männern
Gelegenheit gegeben hat, die Sache aus ihrer Sicht zu schildern, dies jedoch
der Arbeiterin gegenüber nicht mehr für notwendig erachtet. Ergebnis des
Besuches des Geschäftsführers ist ein Auftrag an den Betriebsrat, er möge die
Sache „ein wenig im Auge behalten.“ Daraufhin muss die junge Frau erkennen,
dass sie ohne Unterstützung von oben im Unternehmen keine Zukunft hat. Auf
ihren Wunsch hin erreicht die Gleichbehandlungsanwaltschaft eine
einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses mit sechswöchiger
Dienstfreistellung. Der Betriebsrat teilt der Gleichbehandlungsanwaltschaft
abschließend mit, dass er enttäuscht sei, dass die junge Frau das Unternehmen
verlassen habe. Er ist der Ansicht, man hätte sie in der Sargfabrik vielleicht
„zwei, drei Monate nicht angeschaut, aber dann wär`s schon wieder gegangen.“
Man habe bisher im Unternehmen noch niemanden abgeschlachtet.
Ø Drei
Arbeiterinnen haben keine eigenen Umkleideräume, sondern müssen sich in einem
Raum umziehen und waschen, in dem auch ein PC steht, der regelmäßig genutzt
wird. So fällt ihnen nicht auf, wie heimlich von einem Vorgesetzten eine
Videokamera installiert wird, die genau auf das Wasch-becken gerichtet ist. Sie
erfahren davon erst, als bei einem Betriebsausflug ein schon angeheiterter
Kollege, der davon weiß, sein Gewissen gegenüber einem Betriebsrat erleichtert.
Der Betriebsrat informiert sofort die drei Frauen und fährt mit ihnen in die
Firma, wo die Kamera entdeckt und aus Beweisgründen sofort fotografiert
wird. Die Frauen sind entsetzt und
ihr Schamgefühl zutiefst verletzt, da sie wissen, dass sie zB auch beim Waschen
des Intimbereichs vor einem Frauenarztbesuch oder beim Wechseln von Tampons
gefilmt worden sind. Sie brauchen
in der Folge psychologische Betreuung, die ihnen aus der Betriebsratskassa
finanziert wird. Der mit dem Vorfall konfrontierte Arbeitgeber ist nur deshalb
bereit, den Mitarbeiter, der die Kamera installiert hat, zu entlassen, weil das
Beweismaterial erdrückend ist. Ganz möchte er auf den bewährten Mann jedoch
nicht verzichten, und so schließt er gleich danach mit ihm einen Werkvertrag
zur Maschinenwartung ab, sodass der Belästiger im Grunde seinen
Tätigkeitsbereich behält. Die Frauen und der Betriebsrat fordern, der
Arbeitgeber müsse zumindest dafür sorgen, dass der Mann zu anderen Zeiten als
die Betroffenen im Betrieb anwesend ist.
Dem Belästiger wird pro forma eine entsprechende Weisung erteilt, er
hält sich aber mehrfach nicht daran. Die Situation wird erst erträglicher, als
der Mann auswärts einen neuen Arbeitsplatz findet und nur noch abends zur
Wartung der Apparate in die Firma kommt.
Mithilfe der Gleichbehandlungsanwaltschaft soll erreicht werden, dass er
den Frauen Schadenersatz zahlt, damit diese sich eine Therapie zur
Wiedererlangung ihres Selbstwertgefühls finanzieren können. Der Mann zeigt sich
aber nicht einsichtig. Den Frauen bleibt nichts übrig, als ihre Ansprüche bei
Gericht einzuklagen.
6.10.
Sexuelle Belästigung außerhalb des
Schutzbe-reichs des Gleichbehandlungsgesetzes
Ø Eine Frau übt seit
Jahren in einem Klub den Handballsport in einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe
aus. Ein neuer Trainer weist sie in einer Übungseinheit an, den Ball mit einer
Hand zu fangen. Männer könnten das, weil sie große Hände, und Frauen, weil sie
große Brüste haben. Nach der Beschwerde der Frau beim Klub wird der Trainer in
Zukunft nur noch Männereinheiten leiten.
Ø Eine Anruferin
berichtet empört von einem Fernsehbeitrag: Auf einer stark belebten Einkaufsstraße
wurden „testhalber“ Frauen belästigt. Man wollte die Reaktion der Passantinnen
und Passanten filmen. Die Anruferin ist der Ansicht, eine derartige Sendung
fordere geradezu zu Übergriffen gegen Frauen auf.
Ø Ein Student ruft für
seine Freundin an. Diese wurde bei einer Prüfung vom Professor mit den Worten
taxiert: „Heast, bist du noch am Markt?“ Nach Einschaltung der Österreichischen
Hochschülerschaft wird eine offizielle Entschuldigung erreicht.
6.11. Diskriminierung im Zusammenhang mit der Inan-
spruchnahme
eines Karenzurlaubs
Ø Eine Mitarbeiterin
in einem Krankenhaus möchte nach ihrer Karenz einer
Teilzeitarbeit
nachgehen da sie alleinerziehende Mutter zweier kleiner Kinder ist. Diesem
Anliegen wird vom Chef des Krankenhauses entgegengehalten, dass laut Auskunft
der Karenzvertretung der konkrete Arbeitsplatz nicht teilbar sei. Gemeinsam mit
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen wird das geplante Gespräch mit dem
Klinikchef vorbereitet, und mit Unterstützung der Personalabteilung des
Krankenhauses kommt schließlich doch eine Teilzeitvereinbarung zustande.
Ø
Eine
Frau kehrt nach der Geburt von zwei Kindern und insgesamt vierjähriger Karenz
als Sekretärin einer Fliesenfirma in den Beruf zurück. Inzwischen gibt es einen
neuen Geschäftsführer, der ihr gleich am ersten Tag mitteilt, sie sei zu teuer.
Nach Inanspruchnahme des zweiten Pflegeurlaubs innerhalb von drei Monaten wird
sie gekündigt. Wenige Tage danach muss die Firma Konkurs anmelden. Die Frau ist
verärgert, dass ihr niemand vom drohenden Konkurs berichtet hat. Sie hätte
sonst während ihrer Karenzzeit schon versucht, eine andere Stelle zu bekommen.
Außerdem erhalten im Gegensatz zu ihr alle Kollegen, die erst durch den Konkurs
ihren Arbeitsplatz verloren haben, eine Vorweg-Auszahlung aus dem
Insolvenzentgelt-Ausfallfonds. Durch die Kosten für zwei Kinderbetreuungsplätze
und den Entfall des Einkommens
steht sie vor einem massiven finanziellen Problem.
Ø Ein Angestellter,
dessen Frau bisher in Karenz war, um den nun zweijährigen Sohn zu betreuen,
möchte seine Frau beim Wiedereinstieg unterstützen und deshalb seine
Arbeitszeit von 40 auf 30 Stunden reduzieren. Dies bedeutet zwar eine
empfindliche Gehaltseinbuße, die für einen vorübergehenden Zeitraum aber gern
in Kauf genommen wird. Er befürchtet allerdings, dass eine spätere Aufstockung
seiner Arbeitszeit auf 40 Stunden vom Arbeitgeber abgelehnt werden wird, wenn
dieser sieht, dass der Angestellte auch mit 30 Stunden seine Leistung
bringt.
Ø Eine große Einrichtung
einer Religionsgesellschaft erarbeitet ein umfassendes Gleichstellungsprojekt
für ihre Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer. Es werden mehrere Leitfäden
erstellt, die in vorbildlicher Weise Rahmenbedingungen und Vorgaben für geschlechtergerechte Karriereplanung,
die ausgewogene Verteilung von Männern und Frauen in sämtlichen Arbeitsbereichen
und Berufsfeldern, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie für
entsprechendes Controlling festschreiben. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist
in die letzte Phase der Ausarbeitung eingebunden und prüft, ob die vorgesehenen
Regelungen dem EU-rechtlichen Standard entsprechen.
6.13. Sonstige
Gleichbehandlungsfragen
Ø Eine geprüfte Wettkampfrichterin für Leichtathletik
berichtet, dass sie bei Veranstaltungen fast nie eingesetzt wird und außerdem
weniger Taggeld vom Verband erhält als ihre männlichen Kollegen.
Ø Eine Unternehmensberaterin möchte sich an einer
Ausschreibung zum Thema „Gender Mainstreaming für Legistinnen und Legisten“
beteiligen und ersucht die Gleichbehandlungsanwaltschaft um Mitteilung, worauf
in diesem Bereich besonders zu achten sei.
Ø Eine Frau absolviert ein Hochbau-Kolleg und berichtet
von permanenten sexistischen Äußerungen der Lehrer gegenüber den wenigen
weiblichen Teilnehmerinnen. Es wird offen in Frage gestellt, ob Frauen das
Kolleg überhaupt schaffen können. Ein Vortragender meint: „Na, habt ihr nichts
Besseres gefunden?“, während den männlichen Studierenden gegenüber die
Zukunftsaussichten der Branche gepriesen werden. Die Anruferin meint, unter
diesen Bedingungen sei es für Frauen fast unmöglich, die vierjährige Kursdauer
durchzuhalten.
Eine Frau übt seit einem Jahr
Aikido aus und hat festgestellt, dass es in diesem Sport nur männliche Trainer
gibt. Sie ersucht die Gleichbehandlungsanwaltschaft, auf dieses Manko
aufmerksam zu machen.
Ø Eine Beamtin verweist darauf, dass es im Bundesministerium für Finanzen eine hervorragende und innovative Gender-Mainstreaming-Arbeitsgruppe gibt. Sie hat es sich zum Ziel gemacht, konkrete Steuersätze auf ihre Auswirkungen auf die beiden Geschlechter hin zu untersuchen und die Geschlechterverträglichkeit von ressortinternen Verordnungen zu prüfen.
Ø Ein Rechtsanwalt trägt folgende Problematik an die
Gleichbehandlungsanwaltschaft heran:
Einer Kindesmutter, die eine
gerichtliche Regelung des väterlichen Besuchsrechtes beantragt hat, wurden vom
Landesgericht die Kosten eines amtswegig eingeholten Gutachtens auferlegt.
Wie der Anwalt versichert, handelt
es sich hier um eine wiederkehrende Benachteiligung der mit der alleinigen
Obsorge betrauten Mütter, ist also vertretene Rechtsansicht in ständiger Rechtssprechung.
Er hofft, dass durch ein entsprechendes Tätigwerden der
Gleichbehandlungsanwältin mit dem nötigen politischen Druck dieses Gesetz
derart ausgestaltet wird, dass die vom Gesetzestext her bestehende
Benachteiligung der Kindesmutter ausgeschlossen wird.