Tätigkeitsbericht
der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen
2003
Inhaltsverzeichnis
1. Beratung 5
1.1 Einleitung
5
1.2. Neue
Beratungsfälle 2003
6
1.2.1. Neue
Beratungsfälle 2003 zum Gleichbehandlungsgesetz 7
nach
Tatbeständen
1.2.2. Neue
Beratungsfälle 2003 nach Bundesländern
8
1.2.3. Neue
Beratungsfälle 2003 von Frauen und Männern
9
1.3. Beratungen
2003 (Kontakte insgesamt) 10
1.3.1. Beratungen
2003 (Kontakte insgesamt) zum Gleichbehandlungs- 11
gesetz nach
Tatbeständen
1.4. Beratungsprozess
12
2. Themenschwerpunkte
in der Beratung 2003
13
3. Das
wichtigste aus den Tätigkeitsbereichen Kooperation, 18
Information,
Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit
3.1. Information,
Bewusstseinsbildung, Öffentlichkeitsarbeit 18
3.2. Gender
Mainstreaming in Kollektivverträgen 24
3.3. PEP (Project Equal Pay) 26
3.4. Towards the Uniform and Dynamic
Implementation of EU-Anti- 29
Discrimination
Legislation – The Role of Specialised Bodies
3.5. Projekt
„betriebliche Gleichstellungsberatung“ 31
3.6. Docman/Dokumentenverwaltung
der Anwaltschaft für 32
Gleichbehandlungsfragen
4. Die
Situation der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen 33
4.1. Ressourcen
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen 33
4.2. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen 36
für
Vorarlberg, Tirol und Salzburg
4.3. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen 40
für
die Steiermark
4.4. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen 46
für
Kärnten
4.5. Bericht
der Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen 50
für Oberösterreich
5. Die
Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen 56
5.1. Die
Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes 56
5.2. Anliegen
aus dem Tätigkeitsbericht der Anwaltschaft für Gleichbe- 61
handlungsfragen
für das Jahr 2002, die bereits verwirklicht sind
5.3. Die
Weiterentwicklung in anderen gleichbehandlungs- und gleichstellungs- 62
relevanten Rechtsbereichen
5.3.1. Betriebsvereinbarungen 62
5.3.2. Wiedereinstieg
nach der Karenz 64
6.1.
Begründung des
Arbeitsverhältnisses 66
6.2. Festsetzung des
Entgelts 71
6.3. Gewährung freiwilliger
Sozialleistungen 78
6.4. Maßnahmen der Aus- und
Weiterbildung 79
6.5. Beruflicher Aufstieg,
insbesondere Beförderungen 79
6.6. Sonstige
Arbeitsbedingungen und Mobbing 82
6.7. Geschlechtsneutrale
Stellenausschreibung 82
6.8. Sprachliche
Gleichbehandlung 83
6.9. Sexuelle Belästigung am
Arbeitsplatz 84
6.10. Diskriminierung im Zusammenhang mit
der Inanspruchnahme 90
eines
Karenzurlaubs
6.11 Frauenförderung/Gleichstellung 93
6.12. Sonstige Gleichbehandlungsfragen 95
7. Besondere
Wahrnehmungen der Anwältin für 96
Gleichbehandlungsfragen
in Verfahren vor der
Gleichbehandlungskommission
7.1. Aufstiegsdiskriminierung durch Nichtbesetzung der ausge- 96
schriebenen Position
7.2. Sexuelle Belästigung und Bekleidung 99
1.1. Einleitung
Die jährliche Beratungsstatistik
enthält unter dem Titel „Neue Beratungsfälle“ die Information, wie viele
Personen im Berichtsjahr erstmals mit der Anwaltschaft Kontakt
aufgenommen haben.
Die statistische Darstellung von „Beratungen“ (Kontakte
insgesamt) stellt den Verlauf
der Beratungstätigkeit in der Anwaltschaft in den Vordergrund.
Ausgangspunkt ist das Thema einer Beratung. Gezählt
werden persönliche Gespräche, Telefonate, schriftliche Korrespondenz,
Interventionen im Betrieb, Verhandlungen und Vermittlungsgespräche im
Betrieb, Kontakte mit Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen, gemeinsame
Gespräche mit Expertinnen und Experten in den Interessenvertretungen usw.
bis hin zur begleitenden Beratung während eines Verfahrens vor
der Gleichbehandlungskommission und nötigenfalls auch danach.
Statistisch gezählt, aber nicht mehr im Bericht der
Anwältin dargestellt werden jene Beratungsverläufe, die in einem Verfahren
vor der Gleichbehandlungskommission gemündet haben.
Die Beschreibung dieser Beratungsfälle erfolgt nun
im Bericht der Gleichbehandlungskommission.
o Gleichbehandlungsgesetz 2556
o Arbeitsrecht
172
o Sozialversicherungsrecht
102
o Sonstige Gleichbehandlungsfragen
568
Gesamt
3398
1.2.1 Neue Beratungsfälle 2003 zum Gleichbehandlungsgesetz nach
Tatbeständen
Information zum
Gleichbehandlungsgesetz (Tatbestände,
Rechtsfolgen,
Unterstützungsmöglichkeiten, Frauenförderung,
Gender Mainstreaming) 1277
Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses 175
Diskriminierung bei der
Festsetzung des Entgelts 234
Diskriminierung bei
Maßnahmen der Aus- u. Weiterbildung 18
Diskriminierung beim
beruflichen Aufstieg, insbesondere
bei der Beförderung 81
Diskriminierung bei den
sonstigen Arbeitsbedingungen 199
Diskriminierung bei der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses 73
Gebot der
geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§ 2 c) 35
Diskriminierung durch
sprachliche Ungleichbehandlung 67
Diskriminierung durch
sexuelle Belästigung
394
1.2.2. Neue Beratungsfälle 2003 nach Bundesländern
o Tirol 188
o Vorarlberg 87
o Kärnten
119
o Burgenland 25
o Ausland 52
o Bundesland nicht angegeben 301
1.2.3. Neue Beratungsfälle 2003 von Frauen und
Männern
1.3. Beratungen 2003 (Kontakte
insgesamt)
o Gleichbehandlungsgesetz 19721
o Arbeitsrecht
474
o Sozialversicherungsrecht 279
o Sonstige
Gleichbehandlungsfragen
1765
1.3.1. Beratungen
2003 (Kontakte insgesamt) zum Gleichbehandlungsgesetz nach Tatbeständen
Information zum
Gleichbehandlungsgesetz (Tatbestände,
Rechtsfolgen,
Unterstützungsmöglichkeiten, Frauenförderung,
Gender Mainstreaming) 6521
Diskriminierung bei der
Begründung des Arbeitsverhältnisses 1732
Diskriminierung bei der
Festsetzung des Entgelts 2754
Diskriminierung bei
Maßnahmen der Aus- u. Weiterbildung 107
Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg, insbesondere
bei der Beförderung
1539
Diskriminierung bei den
sonstigen Arbeitsbedingungen
1538
Diskriminierung bei der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
1032
Gebot der
geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§ 2 c) 165
Diskriminierung durch
sprachliche Ungleichbehandlung 233
Diskriminierung durch sexuelle Belästigung 4085
Kontaktaufnahme
durch Personen, die sich
im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes diskriminiert
fühlen telefonisch/
schriftlich/ persönlich |
Erstgespräch
(persönlich) Sachverhaltsaufnahme Bedürfnis-
u. Zielanalyse |
Erstellung
eines individuellen Beratungs- u.Betreuungsplanes |
Entscheidung über die
weitere Vorgangsweise entsprechend den Wünschen der Person, die beraten wird |
Intervention erwünscht |
|
Intervention nicht erwünscht |
Abschluss des Beratungsprozesses |
Kontaktaufnahme im
Betrieb Intervention bei der Arbeitgeberin / dem Arbeitgeber |
Unterstützung bei selbständigen Initiativen zur Konfliktlösung/ Problemlösung |
Befassung der Gleichbehandlungskommission (GBK) |
Abschluss des Beratungsprozesses |
·
Die
Zahl von Anfragen, zur Abgrenzung des Inhalts des bisherigen
Gleichbehandlungsgesetzes von anderen – nicht auf das Geschlecht bezogenen -
Diskriminierungstatbeständen, ist im Berichtsjahr sehr stark angestiegen. Dies
hatte seine Ursache in regelmäßigen Medienberichten über die anstehende
Notwendigkeit der Umsetzung der beiden Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen
Union. Institutionen wie z.B. Frauenbüros von Landesregierungen,
Frauenberatungsstellen, Bezirksstellen von Arbeitsmarktservice und
Arbeiterkammer und Einzelpersonen erkundigten sich im Detail, auf welche
Sachverhalte das Gesetz anwendbar sei bzw. in Zukunft sein werde. Deutlich
spürbar war die Erleichterung sehr vieler Anrufer und Anruferinnen, in Zukunft
für ihr Rechtsproblem eine gesetzliche Handhabe zur Verfügung zu haben.
·
Ein
Sonderthema in diesem Zusammenhang bildeten Fragen zu kopftuchtragenden
Arbeitnehmerinnen.
Auch
hier war aus Anlass von Medienberichten eine Verunsicherung zu bemerken, welche
Haltung zum Kopftuch denn nun die „richtige“, vom Gesetz gebilligte, sei. Von
Seiten der Institutionen, die sich zu diesem Thema äußerten und mit der
Anwältin für Gleichbehandlungsfragen darüber in Diskussion treten wollten, war
bereits vertiefte theoretische und juristische Vorarbeit im Ringen um die
eigene Position zu dieser auch geschlechterpolitisch wichtigen Frage erkennbar.
· Vervielfacht haben sich Beschwerden von Frauen darüber, dass viel seltener Anstellungen ausgeschrieben oder angeboten werden, sondern oft nur noch freie Dienstverträge zu bekommen sind. Besonders häufig war dies bei Wiedereinsteigerinnen der Fall. Den Frauen ist meist sehr deutlich bewusst, dass sie damit in eine scheinbare Selbständigkeit gedrängt werden, die ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht entspricht. Die wenigsten wissen jedoch wirklich über das geringe Maß der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Absicherung solcher “freien“ Dienstverträge Bescheid und reagieren verzweifelt bis empört, dass ihnen derartige Bedingungen zugemutet werden. Sie fühlen sich ausgenützt und unter Druck gesetzt.
·
Massiv
gehäuft haben sich sexuelle Belästigungen durch E-mails am Arbeitsplatz.
Beschwerden darüber, dass es offenbar in manchen Firmen zum Arbeitsalltag
gehört, von Kollegen pornographische Bilder via E-mail zu erhalten, sind keine
Seltenheit. Ganz besonders betroffen sind auch Sekretärinnen, die bei der
Bearbeitung des allgemeinen Postkorbs mit Massensendungen von Viagra-Anbietern,
Swingerclub-Veranstaltungen etc. konfrontiert sind und diese wohl oder übel
sichten müssen, bevor sie sie löschen können. Manche Frauen berichten, dass sie
täglich bis zu fünfzig mehr oder weniger obszöne E-mails pro Arbeitstag
notgedrungen öffnen müssen. Die Hemmschwelle, den Arbeitgeber um Bereitstellung
eines selektiveren Filtersystems zu ersuchen, ist sehr groß; die Frauen
fürchten, mit ihrem Anliegen bestenfalls nicht ernst genommen, schlimmstenfalls
als überempfindlich angesehen zu werden.
·
Deutlich mehr Frauen und vereinzelt auch
Männer haben gegen Rollenklischees in der Betreuung und Erziehung von Kindern
in Kindergärten und im Schulwesen protestiert. Das Themenfeld reichte von der Verwendung nicht
geschlechtergerechten Sprachgebrauchs bis hin zur Tatsache, dass es keine
männlichen Kindergärtner gibt. Eltern haben offenbar vermehrt erkannt, mit
Gleichstellung nicht erst im Berufsleben, sondern ab einem sehr frühen
Lebensalter zu beginnen.
·
Einige Wiener Landeslehrerinnen standen
seit Jahren mit der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen in Kontakt und
erhofften sich Informationen darüber, wann und wie die nach dem Wiener
Landes-Gleichbehandlungsgesetz für sie vorgesehenen Organe eingerichtet würden,
um ihre Beschwerdefälle an eine für sie zuständige Instanz bringen zu können.
Mit der 6. Novelle zum Wiener Landes-Gleichbehandlungsgesetz, beschlossen am
26.6.2003, wurde diese Rechtsschutzlücke geschlossen; für Landeslehrer/innen
sind seitdem entsprechende Gleichbehandlungsorgane vorgesehen.
· Im Zuge der Strafrechtsreform wurde die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen häufig um ihre fachliche Meinungsäußerung hinsichtlich des mit 1.5.2004 neu in Kraft getretenen § 218 Strafgesetzbuch (Sexuelle Belästigung) gebeten. Die Erfahrung der Anwaltschaft, wie bisher die Bestimmungen über sexuelle Belästigung nach Gleichbehandlungsgesetz im Verhältnis zu möglichen einschlägigen strafrechtlichen Bestimmungen gehandhabt wurden und in welcher Beziehung der neue strafrechtliche Tatbestand zur sexuellen Belästigung nach dem Gleichbehandlungsgesetz zu sehen sei, weiters welche Auswirkungen die Einführung des neuen Tatbestandes auf die Beratungsarbeit und besonders für die Frauen vermutlich haben könnte, die sich in Hinkunft auch mit einer Anzeige zur Wehr setzen, wurde mit Privatpersonen und diversen Institutionen ausführlich diskutiert. Auch Rechtswissenschaftler/innen waren an der Einschätzung und an möglichen Bedenken der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen sehr interessiert.
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft
wird nach einem Beobachtungszeitraum von einem Jahr ab Inkrafttreten des § 218
Strafgesetzbuch analysieren, wie oft bei einer Beschwerde nach dem
Gleichbehandlungsgesetz auch der Tatbestand des § 218 Strafgesetzbuch
erfüllt war, wie oft in einem solchen Fall Anzeige erstattet wurde und welche
Gegenmaßnahmen eine Frau, die diese Anzeige wagte, vom Belästiger und/oder
Arbeitgeber zu gewärtigen hatte.
·
Mehrfach
haben Frauen bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft Unterstützung gesucht, die nach einer Karenz wieder auf den
Arbeitsplatz zurückkehrten, dann neuerlich schwanger wurden und vom Arbeitgeber
nach Meldung der zweiten Schwangerschaft so unter Druck gesetzt wurden, dass
sie ihren Aufgaben nur noch unter größter Belastung nachkommen konnten und
schließlich das Kind verloren. Alle Betroffenen schilderten einhellig bewusst
und gezielt beleidigende Äußerungen des Arbeitgebers nach der zweiten
Schwangerschaftsmeldung.
Die einschneidenden und schmerzlichen Erfahrungen dieser Frauen haben in fast allen Fällen zu einem sehr entschlossenen Schritt geführt, indem sie entweder selbst gekündigt oder - entweder über die Gleichbehandlungsanwaltschaft oder eine rechtliche Vertretung - rechtliche Schritte gesetzt haben.
· Die Gleichbehandlungsanwaltschaft diente auch als Anlauf- und Beschwerdestelle im Zusammenhang mit Pensionsfragen. Viele Menschen, überwiegend Frauen, die sich durch die rechtlichen Änderungen benachteiligt fühlten, versuchten zu Informationen zu kommen, mussten aber mangels Zuständigkeit weiterverwiesen werden, außer es handelte sich um Systeme der betrieblichen Altersvorsorge, die als Entgelt anzusehen sind.
Förderung des unterrepräsentierten
Geschlechts
Auch Männer haben Probleme, traditionell
ungewöhnliche Berufe auszuüben. Ausreden hierfür reichen vom Nichtvorhandensein
von Toiletteanlagen bis zu dem Wunsch, ein Sekretariat von einer „hübschen
jungen Frau“ besetzt zu wissen.
Der Art 141 Abs. 4 EG-Vertrag sieht vor, dass im
Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern
und Frauen im Arbeitsleben Maßnahmen zur Erleichterung der Berufstätigkeit des
unterrepräsentierten Geschlechts dem Gleichbehandlungsgebot nicht
widersprechen. Ein Ansatzpunkt hierfür wäre die Bevorzugung des
unterrepräsentierten Geschlechts bei gleicher oder gleichwertiger Qualifikation
bei der Einstellung seitens des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, da ein explizites
Fördergebot im Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft nicht
vorgesehen ist.
In der Beratungstätigkeit der
Gleichbehandlungsanwaltschaft wird folgende Tendenz sichtbar:
Während es in männerdominierten Bereichen (zum Beispiel
in technischen Berufen) bei Ausschreibungen kaum zu derartigen frauenfördernden
Maßnahmen seitens der Arbeitgeber/innen kommt, wird dies bei Ausschreibungen im
sozialberuflichen, frauendominierten Bereich von männlichen Bewerbern zunehmend
gefordert.
Dabei fällt in Ausschreibungen des öfteren auf,
dass nicht auf die gleiche oder gleichwertige Qualifikation abgestellt wird
und die nach Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes bei Frauenquoten
geforderte Öffnungsklausel für Männer im umgekehrten Fall für das weibliche
Geschlecht unbeachtet bleibt.
Eine strukturelle Unterrepräsentanz von Männern in
frauendominierten Berufen muss nach den gleichen Kriterien aufgelöst werden wie
jene von Frauen in männerdominierten Bereichen.
Nur dann, wenn ein Mann mit besserer
Qualifikation wegen rollenstereotyper Zuschreibung gegenüber einer Frau
benachteiligt wird - zu denken wäre hier zum Beispiel an den Ausspruch: „Frauen
sind für Sozialarbeit auf Grund ihrer Natur besser geeignet“ - ist eine
Diskriminierung gegeben.
Die Frage einer allgemeinen Förderung von Buben und
von Männern in nichttraditionellen Berufen (so zum Beispiel im Pflege- und
Kinderbetreuungsbereich), auch um stereotype Bilder abzubauen, ist eine Frage
der Schul- und Ausbildungspolitik und kann nicht alleine über das
Gleichbehandlungsgesetz gelöst werden.
3.1. Information,
Bewusstseinsbildung, Öffentlich-keitsarbeit
Die Interessenvertretungen der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer sind zentrale Zielgruppe der Informations- und
Bewusstseinsbildungsarbeit und gleichzeitig wichtigste Kooperationspartnerinnen
und Kooperationspartner der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen.
Die Interessenvertretungen der Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber beanspruchen das Angebot der Anwaltschaft demgegenüber nach wie vor
wenig.
Die Arbeitnehmer/innenvertretungen beziehen in ihre
Bemühungen, die Sensibilisierung betreffend Diskriminierungen von Frauen in der
Arbeitswelt voranzutreiben, zunehmend die eigenen rechtlichen Grundlagen, die
Kollektivverträge, mit ein.
Die Risken mittelbarer
Diskriminierungen durch scheinbar geschlechtsneutrale Regelungen und das
Problem sehr grober, scheinbar geschlechtsneutraler und gleichzeitig auf
männliche und weibliche Beschäftigte unterschiedlich angewendeter
Arbeitsbewertungskriterien in Kollektivverträgen waren Schwerpunkte des
Projekts „Gendern von Kollektivverträgen“, bei dem drei Expertinnen der
Anwaltschaft die Gewerkschaft Metall-Textil unterstützt haben und das im
Februar 2003 mit der Präsentation und der Herausgabe des Handbuchs zum
Gendern von Kollektivverträgen („Mit gutem Beispiel voran“) abgeschlossen
wurde (siehe Seite 25).
Im Herbst des Berichtsjahres fand das erste Seminar
für Lohnverhandlerinnen zu diesem Thema im Bereich der Gewerkschaft der
Privatangestellten statt, also für jene Zielgruppe, die die Ergebnisse des
Projekts direkt in der Praxis umsetzen kann.
In der Frage der Herstellung einer Verbindung zu
den immer zahlreicher werdenden Beschäftigten mit Verträgen, die dem
„klassischen“ Arbeitsrecht nicht unterworfen sind, ist es Mitte des Jahres gelungen,
eine juristische Mitarbeiterin mit Erfahrung in der Beratung zu atypischen Arbeitsverträgen
für die Anwaltschaft zu gewinnen.
Die Frage, ob Frauen (und Männer), die mit freien
Dienstverträgen und Werkverträgen beschäftigt sind, in den Schutzbereich
des Gleichbehandlungsgesetzes fallen, wurde zwar in den letzten Jahren von
immer mehr juristischen Expertinnen und Experten bejaht, zu einer
rechtsverbindlichen Entscheidung im Einzelfall ist es aber nie gekommen.
Mittlerweile ist die Frage des Geltungsbereichs auf
EU-rechtlicher Ebene durch die Änderungsrichtlinie zur Gleichbehandlungsrichtlinie
(RL 2002/73/EG) klargestellt worden, sodass (nach Inkrafttreten der 6.Novelle
des Gleichbehandlungsgesetzes mit 1.7.2004) keine Frau sich mehr dem Risiko
einer individuellen Klärung aussetzen muss.
Ständiger inhaltlicher Schwerpunkt der Information
und Schulung durch die Expertinnen der Anwaltschaft sind das Gleichbehandlungsgesetz
selbst und seine Anwendungsmöglichkeiten sowie Präzedenzentscheidungen
der Gleichbehandlungskommission.
Geschult wurden beispielsweise Referentinnen und
Referenten von Rechtsschutzabteilungen in Arbeiterkammern, Rechtsreferentinnen
und Rechtsreferenten in Bezirksstellen und Abteilungsleiterinnen und
Abteilungsleiter von Länderkammern sowie Studentinnen und Studenten an der
Sozialakademie der Bundesarbeitskammer.
Im Bereich des Österreichischen Gewerkschaftsbundes wurden im Berichtsjahr Mitglieder von Frauenausschüssen, von Landesexekutiven des ÖGB, Abendschülerinnen und Abendschüler an Gewerkschaftsschulen, Teilnehmerinnen und Teilnehmer an arbeitsrechtlichen Tagesseminaren sowie Sekretäre und Sekretärinnen informiert.
Ein spezielles Schulungsangebot gibt es für
Schülerinnen und Schüler berufsbildender Schulen im Tourismusbereich und der
Lehranstalt für heilpädagogische Berufe. Geschult wurden Sozialarbeiter/innen
aus Jugendämtern ebenso wie Mitarbeiter/innen der Katholischen Jungschar. Immer
wieder nehmen auch Studenten und Studentinnen der juridischen Fakultät im
Rahmen von ganztägigen Workshops das Expertinnenwissen aus der Praxis in
Anspruch. Im Sommer 2003 haben auch Studentinnen eines Post-graduate Lehrgangs
für Gleichstellung in Palermo an einem Workshop teilgenommen.
Schwerpunkt der Kooperationen auf nationaler
(beispielsweise mit dem Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte, der
Universität Wien und der Studierendenanwaltschaft) und internationaler Ebene
war die Information über die inhaltlichen Erfordernisse für die 6. Novelle
des Gleichbehandlungsgesetzes auf Basis der Richtlinien der Europäischen
Kommission zu Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsfragen aus den Jahren 2000
bis 2002, beispielsweise bei der internationalen Tagung der Akademie der
Wissenschaften unter dem Titel „Diskriminierung, ein Kavaliersdelikt?“.
Die Vorbildwirkung des österreichischen
Gleichbehandlungsgesetzes für die Weiterentwicklung der eigenen
gesetzlichen Bestimmungen zu nützen, war die Intention einer Einladung des
Frauenreferats des Deutschen Gewerkschaftsbundes, den Frauenausschuss des
Deutschen Gewerkschaftsbundes über „Strategien zur Chancengleichheit in der
Wirtschaft“ in Österreich zu informieren.
Das deutsche Recht kennt nach wie vor nur eine Reihe von Bestimmungen zur Sicherstellung von Gleichbehandlung in verschiedenen Gesetzen - die Bestimmungen etwa zum Schutz vor sexueller Belästigung sind um einiges weitreichender als die österreichischen -, ein eigenes Gleichbehandlungsgesetz, in dem Institutionen wie die Anwaltschaft oder die Gleichbehandlungskommission verankert wären, gibt es nicht.
Im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinien wird eine
solche Gesetzgebung auch in Deutschland erfolgen. Eine
Vertreterin des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat daher auch an dem von der
Gleichbehandlungsanwaltschaft organisierten Expert-meeting „Protection
against Discrimination and Gender Equality: How to meet both Requirements“ in
Wien teilgenommen (siehe Seite 30).
Die Erfahrungen der
österreichischen Institution hat auch das „Office of the Government of the
Republic of Slovenia for Equal Opportunities“ genützt.
Die Konferenz stand
unter dem Titel „New Approach of Addressing Unequal Treatment of Women and Men:
Advocate for Equal Opportunities for Women and Men“ und bestand aus einem
öffentlichen Vortrag und einem vergleichenden halbtätigen Workshop, in dem die
norwegischen gesetzlichen Regelungen und Institutionen und die österreichischen
präsentiert und diskutiert und konkrete Diskriminierungsfälle durchgesprochen
wurden.
Im Rahmen
eines vom Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte durchgeführten Twinning-Projekts
zum Aufbau von gesetzlichen Grundlagen und Institutionen der Gleichbehandlung
in Polen hat eine Expertin der Anwaltschaft als Shortterm-expert bei
einem dreitägigen Training vor Ort mitgewirkt.
Für 2004
sind eine Informationsveranstaltung in der Anwaltschaft in Wien für eine
polnische Delegation und ein Beitrag bei der Abschlusskonferenz in Warschau
vorgesehen.
Auch mit den Frauenbildungseinrichtungen
und Frauentreffpunkten generell und insbesondere solchen, die im Auftrag
des Arbeitsmarktservice spezielle Bildungsangebote für Frauen und Mädchen
machen, besteht eine enge Kooperation. Die Informationseinheiten über das
Gleichbehandlungsgesetz im Rahmen von Wiedereingliederungsmaßnahmen für
Wiedereinsteigerinnen werden als äußerst positiver Anstoß gesehen, sich als
Frau die eigenen Rechte und Ansprüche im Erwerbsleben besser bewusst zu machen.
Eine der frühen Pionierinnen betrieblicher
Gleichstellungsbemühungen, Käthe Leichter, und die Aktualität ihrer
Forderungen waren Anlass für eine Diskussion unter dem Titel „Man ist ja
schon zufrieden, wenn man arbeiten kann“, veranstaltet durch die
Österreichische Beamtenversicherung aus Anlass der Herausgabe eines Buches über
Käthe Leichter, zu dem die Gleichbehandlungsanwaltschaft einen Beitrag
beigesteuert hat.
Arbeitsprobleme von Frauen in der dritten Welt
waren Thema einer Podiumsdiskussion der Zukunftswerkstätte, an der auch eine
Vertreterin der „Clean Clothes“ Kampagne teilnahm.
Anlässlich des Internationalen Frauentags
hat die Anwältin bei einer Großveranstaltung in Linz über das Projekt Equal-Pay
(siehe Seite 27) und seine praktischen Ergebnisse informiert.
Insgesamt wurden bei 132 Veranstaltungen 4124 Personen geschult.
Der jährlich von der Mädchenberatungseinrichtung
„Sprungbrett“ vergebene Preis „Amazone“ an einen Betrieb, der sich in der
Lehrausbildung von Mädchen in handwerklich oder technisch orientierten Branchen
besonders vorbildhaft zeigt, trägt zur langfristigen Sensibilisierung von
Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern gegenüber Berufswünschen von Mädchen und
damit verbundenen geschlechtsspezifischen Vorurteilen bei.
Eine Expertin der Anwaltschaft nimmt
regelmäßig an der Jury zur Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger
teil.
Die Katholische Frauenbewegung Österreichs
hat die Anwältin eingeladen, an der Evaluation ihrer „Leitlinien“ nach
zehnjähriger Gültigkeit mitzuwirken, bei deren Erstellung bereits die „Außensicht“
in Gleichbehandlungsfragen erbeten war.
Workshops zum Problem Diskriminierung durch
sexuelle Belästigung haben zunehmend auch präventiven Charakter. Es setzen
sich Personalverantwortliche und Arbeitnehmerinnenvertretungen und
Arbeitnehmervertretungen mit der Frage auseinander, wie ein betriebliches Klima
erzeugt und verstärkt werden kann, in dem
Übergriffe seltener werden.
Zunehmend in den Vordergrund rückt das Thema der Vereinbarkeit
von Beruf und Familie aus der Sicht berufstätiger Männer:
„Working Father – Männer zwischen Beruf und
Familie“
war der Titel einer zweitägigen Veranstaltung an der Universität Wien, bei der
die Anwaltschaft im Rahmen einer Podiumsdiskussion ihr Expertinnenwissen
eingebracht hat.
Auch im Rahmen betrieblicher Gleichstellungsprojekte, die die Beratung und Unterstützung der Anwaltschaft in Anspruch nehmen, ist die Vereinbarkeitsthematik nicht selten Ausgangspunkt und gleichzeitig Ansatzpunkt für weitergehende Gleichstellungsmaßnahmen.
Das Thema sprachliche Gleichbehandlung im
Sinne geschlechtergerechter Formulierungen hat im Berichtsjahr vor allem im
Zusammenhang mit den Programmen privater Anbieter/Anbieterinnen im Bereich der Erwachsenenbildung
eine Rolle gespielt. Die Anwaltschaft weist Einrichtungen, die beispielsweise
Führungskräftelehrgänge, gar nicht so selten aber sogar spezielle
Fortbildungsangebote für Frauen in rein männlicher Sprachform anbieten, auf die
Auswirkungen nicht geschlechtergerechter Sprache hin. Meist geschieht dies in
schriftlicher Form. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich und reichen von
schlichter Verweigerung sprachlicher Gleichbehandlung bis zu einer Einladung zu
einem persönlichen Gespräch mit ausführlicher Diskussion und Lösungsfindung.
Ein Argument vieler Gegnerinnen und Gegner der
Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache ist neben dem Hinweis auf
Tradition (ohne Berücksichtigung dessen, dass Sprache kulturelle Vereinbarung und
daher veränderbar ist) die Unlesbarkeit und Verlängerung von Sätzen. Es zeigt
sich aber, dass sich mit einiger Übung sowohl in der schriftlichen als auch in
der mündlichen Kommunikation Formulierungen finden lassen, die die Hör- und
Lesbarkeit in keiner Weise negativ beeinflussen, aber einen erweiterten
gedanklichen Einbezug von Frauen bewirken.
Bei den Diskussionen zu Fragen der Einkommensdiskriminierung
stehen weiterhin die sich nicht schließende Einkommensschere zwischen
Frauen und Männern und die Diskussion über Diskriminierung durch
unterschiedliche Bewertung der Tätigkeiten von Frauen und von Männern im Vordergrund.
Der Frage, welche tatsächlich praktikablen, inner-
und überbetrieblichen Möglichkeiten es gibt, die Einkommensschere schließen
zu helfen, war das Projekt „PEP – Project Equal Pay“ des schwedischen JämO im Rahmen des 5.
Chancengleichheitsprogramms der Europäischen Union gewidmet, bei dem die
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen neben Dänemark und Norwegen als Partnerin
mitgewirkt hat und das im Februar 2003 mit einer internationalen Konferenz
in Wien abgeschlossen wurde (siehe Seite 27).
Bei Anfragen von Medien standen im
Berichtsjahr die rechtlichen Entwicklungen auf EU-Ebene und die sich
daraus für die österreichische Rechtsentwicklung ergebenden Konsequenzen
im Mittelpunkt.
Daneben spielten aber nahezu alle mit dem
Gleichbehandlungsgesetz verbundenen Spezialfragen eine bedeutende Rolle, so etwa das Recht
von Bewerberinnen, eine Schwangerschaft zu verschweigen, ohne die Entlassung
wegen Vertrauensunwürdigkeit befürchten zu müssen, Unterstützungsmöglichkeiten
der Anwaltschaft in konkreten gerichtlichen Verfahren und besonders häufig das
Problem sexueller Belästigungen am Arbeitsplatz.
Aufgrund der Änderungen im Strafrecht war auch sexuelle
Belästigung außerhalb der Arbeitswelt Gegenstand von Anfragen von
Journalistinnen und Journalisten.
Der Vorschlag der für Frauenangelegenheiten
zuständigen EU-Kommissarin, den Geltungsbereich des Gleichbehandlungs- und
Gleichstellungsgebots generell über den Arbeitsweltbereich hinaus auszudehnen,
wurde ebenso diskutiert wie Bemühungen der Europäischen Union um mehr
Entgeltgleichheit.
Einen weiteren Schwerpunkt bildeten Gespräche über
die Einkommensschere in Österreich. Darauf bezogen sich auch zwei
Anfragen von Medien aus dem Ausland.
Nicht selten haben aber auch Journalistinnen selbst
Gleichbehandlungsprobleme an ihrem Arbeitsplatz und nützen die Gelegenheit
eines Gesprächs mit einer Expertin, um sich Rat und Unterstützung zu holen.
Die in der Vergangenheit so häufigen Anfragen nach direktem Kontakt mit „betroffenen Frauen“, insbesondere solchen, die eine Beschwerde wegen sexueller Belästigung erhoben haben, sind sehr selten geworden.
Dies liegt durchaus im Interesse der Anwaltschaft,
die direkte Kontakte zwischen Journalistinnen/Journalisten und Personen, die
sich diskriminiert fühlen, grundsätzlich nur nach einer schriftlichen
Information der Betroffenen und einer entsprechenden Überlegungs- und
Vorbereitungszeit für diese herstellt. Dies ist für die meisten
Medienmitarbeiterinnen/Medienmitarbeiter zu langsam. Darüber hinaus wollen aber
die meisten Frauen, die die Beratung und Unterstützung der Anwaltschaft in Anspruch
nehmen, grundsätzlich keine Medienpräsenz.
Durch die bereits sehr zahlreich vorliegenden
Präzedenzentscheidungen der Gleichbehandlungskommission besteht überdies die
Möglichkeit, über wahre Geschichten anonym zu berichten.
3.2. Gender Mainstreaming in Kollektivverträgen
Offene, direkte Entgeltdiskriminierung in Kollektivverträgen ist in Österreich bereits im ersten Jahrzehnt der Geltung des Gleichbehandlungsgesetzes, also in den Achtzigerjahren, behoben worden.
Probleme mittelbarer Diskriminierung hingegen
sind auch in der Zeit seit Einrichtung der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen Gegenstand von Beratungen, von Verfahren vor der
Gleichbehandlungskommission (siehe z.B. Gutachten der
Gleichbehandlungskommission, GBK 92/1997, vom 3.11.1998 gemäß § 5
Gleichbehandlungsgesetz betreffend die mittelbare Diskriminierung von
Teilzeitbeschäftigten in Sparkassen und Banken) und eines direkten Antrags
einer Gewerkschaft beim Obersten Gerichtshof gemäss § 54/2 ASGG gewesen (9 ObA
801/94).
Kollektivverträge sind die Basis für innerbetriebliche Entgeltfestsetzung. Die Gestaltung der Entlohnungsschemata, aber auch die Bestimmungen des sogenannten allgemeinen Teils von Kollektivverträgen haben daher maßgeblichen Einfluss auf die Spielräume für Diskriminierungen in der betrieblichen Anwendung.
Von daher sind die kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerseite immer stärker bemüht, die kollektivvertragliche Basis so zu gestalten, dass Schlupflöcher für Diskriminierungen zumindest kleiner und auf Sicht geschlossen werden.
Aufgrund ihrer spezialisierten Expertise in Gleichstellungsfragen und genauen Kenntnis der Muster mittelbarer Diskriminierung wurden Expertinnen der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen bei einem umfassenden Reformprojekt der Gewerkschaft Metall-Textil beigezogen, im Rahmen dessen bis Ende 2002 insgesamt 39 Kollektivverträge im Hinblick auf Genderfragen analysiert wurden.
Die Ergebnisse der Analyse wurden in einem Handbuch zusammengefasst, das bei einer vom Frauenreferat der Gewerkschaft Metall-Textil und der Anwaltschaft gemeinsam vorbereiteten und durchgeführten Veranstaltung im Februar 2003 präsentiert wurde.
Die Veranstaltung wurde so angesetzt, dass die Vertreterinnen der drei Partnerländer, mit denen die Anwaltschaft im Rahmen des „Project Equal Pay“ zusammengearbeitet hatte, die Möglichkeit bekamen, an der Präsentation teilzunehmen, die dank der finanziellen Unterstützung der Gewerkschaft simultan in die englische Sprache übersetzt wurde.
Unter dem Titel „Mit gutem Beispiel voran – Gender Mainstreaming in Kollektivverträgen am Beispiel der Kollektivverträge der Gewerkschaft Metall-Textil“ ist das bei der Veranstaltung präsentierte Handbuch erschienen und kostenlos in der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen oder im Frauenreferat der Gewerkschaft Metall-Textil zu beziehen.
Das Handbuch ist als Handlungsanleitung für die Analyse von Kollektivverträgen auch in anderen Vertretungsbereichen, aber auch als Beispiel dafür gedacht, wie jede Art von Rechtsgrundlage oder verbindlicher Regelung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, die ohne Berücksichtigung des Gender-Gedankens erstellt wurde, aus der Perspektive der aktiven Gleichstellung der Geschlechter neu analysiert werden kann und sollte.
Im Handbuch ist ausführlich dargestellt, wie bei scheinbar neutralen Regelungen erst durch die Gender-Mainstreaming-Technik sichtbar wird, dass und wie Nachteile für Frauen entstehen.
Das Handbuch wird auf Anfrage gerne an alle um Gleichstellung bemühten und an Gleichstellung interessierten Institutionen, Unternehmen und Personen versendet.
Ähnliche Bemühungen, die Struktur und die Lohnschemata von Kollektivverträgen so zu gestalten, dass sie Diskriminierung in ihrer betrieblichen Anwendung von vornherein erschweren, gibt es auch in anderen Ländern der Europäischen Union, beispielsweise in Deutschland oder Schweden.
Die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen ist daher
bemüht, Angebote der dort tätigen Expertinnen und Experten zu engerer
internationaler Zusammenarbeit trotz großer Arbeitsbelastung anzunehmen, um die
in anderen Ländern gewonnenen Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Gleichstellung
der Geschlechter in Österreich nutzbar zu machen.
3.3. PEP (Project Equal Pay) :
Jänner 2002 bis März 2003
Im Rahmen des 5.Chancengleichheitsprogramms (EU-Aktionsprogramm für die Strategie der Gemeinschaft
zur Chancengleichheit von Frauen und Männern [2001 – 2005]) war der erste Einreichungszeitraum
dem Thema „Gleiche Entlohnung“ gewidmet.
Über das Projekt PEP (Project Equal Pay) sollte der Transfer von Know-how in Fragen der Gleichstellung von Frauen und Männern beim Einkommen nach Österreich, aber auch von Österreich in die anderen Mitgliedsstaaten der EU erfolgen.
Die
schwedische Schwestereinrichtung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen,
„JämO“, hat für diesen Zeitraum unter dem Titel “The European Project on
Equal Pay” einen Erfahrungsaustausch über aktive Gleichlohnstrategien
aufgenommen. Im Rahmen des Projekts wurden auf der Ebene von Aktionsforschung Werkzeuge
für mehr Lohngleichheit entwickelt.
Die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen hat sich mit dem gemeinsam mit der Gewerkschaft
Metall-Textil erarbeiteten Handbuch zum Gendern von Kollektivverträgen
am Projekt beteiligt und im Gegenzug die Instrumente, die in den letzten Jahren
in Schweden, Dänemark und Norwegen entwickelt wurden, um die Lohnschere
zwischen Frauen und Männern zu schließen, für die praktische Anwendung in
Österreich zur Verfügung gestellt bekommen.
Alle Instrumente
wurden in die deutsche Sprache übersetzt und sind bis mindestens Ende 2003 (und
auch noch zum Zeitpunkt der Berichtslegung Juli 2004) auf der Website
„equalpay.nu“ verfügbar. Kopien einzelner Werkzeuge können auch in der
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen angefordert werden. Darüber hinaus
werden die Instrumente in der immer breiteren Raum einnehmenden innerbetrieblichen
Gleichstellungsberatung der Anwaltschaft eingesetzt.
Das Projekt wurde im
Frühjahr 2003 mit dem Endbericht und der internationalen Konferenz „Tools to
close the Gender Pay Gap“ in Wien erfolgreich abgeschlossen.
Bei der von der
Anwaltschaft inhaltlich gestalteten und mit Unterstützung einer
Konferenzorganisation vorbereiteten und durchgeführten Veranstaltung wurden die
im Projekt erarbeiteten Instrumente zum Schließen der Einkommensschere einem
breiten österreichischen Publikum vorgestellt.
Als Hauptrednerin für
die Konferenz konnte die ehemalige EU-Kommissarin Anita Gradin gewonnen
werden, die unter dem Titel „Equal Pay – A Fundamental Right“ die
europarechtliche Situation, innerhalb derer die Instrumente zur Anwendung
gelangen können, darlegte.
Der Rest des Tages war
der Präsentation und praktischen Kleingruppendiskussion über die „Toolbox“
gewidmet, die nun folgende Instrumente zum Schließen der Einkommensschere
enthält:
1.
Checklist
for collective agreements/ Checkliste zum Gendern von
Kollektivverträgen;
2.
Gender
equality in management systems/Gleichstellung in Führungssystemen;
3.
Choosing
a job evaluation system/Auswahl eines Arbeitsbewertungssystems;
4.
Method
for simple work evaluation/Werkzeug für einfache Arbeitsbewertung;
5.
Surveying
and analysing pay/Erhebung und Analyse von Lohnstrukturen;
6.
Checklist
for wage negotiation/Checkliste für Lohnverhandlungen;
7.
Action
plan for equal
pay/innerbetrieblicher Gleichstellungsplan für gleiches Entgelt.
Der Grossteil der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz, die den Evaluierungsbogen abgaben,
kannte bereits die Anwaltschaft und ihre Angebote, fühlte sich aber durch die
Veranstaltung zusätzlich motiviert, sich für gleiches Entgelt in der jeweils
eigenen Organisation einzusetzen, konnte sein Wissen erweitern und neue
Kontakte knüpfen.
Einen Monat nach der
erfolgreichen Konferenz wurde das Projekt mit einem Bericht an die Europäische
Kommission abgeschlossen.
Da die Gestaltung und
Durchführung eigener Veranstaltungen der Anwaltschaft aufgrund der hohen
Arbeitsdichte im zentralen gesetzlichen Aufgabenbereich nur sehr selten möglich
ist, ist eine Projektpartnerschaft im Chancengleichheitsprogramm der
Europäischen Kommission erst wieder für Ende 2004/Anfang 2005 im Rahmen des
dritten Einreichungszeitraums zum Thema „Geschlechterstereotypen“ geplant.
3.4. Towards the
Uniform and Dynamic Implementation of EU-Anti-Discrimination Legislation – The
Role of Specialised Bodies:
September 2002 bis
August 2004 (Fortsetzung geplant)
Im Rahmen des
EU-Aktionsprogramms zur Bekämpfung von Diskriminierung (2001 – 2006) wurde die
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen eingeladen, sich am Aufbau eines
Netzwerks von spezialisierten Einrichtungen zur Beratung und Unterstützung
diskriminierter Personen in sieben europäischen Staaten zu beteiligen, das
unter der Federführung der „Commissie gelijke behandling“, der
Gleichbehandlungskommission der Niederlande, im September 2002 begonnen hat.
Im Rahmen eines
(vorläufig) zweijährigen Projekts haben im Berichtsjahr vier themenspezifische Expert-Meetings zur Vernetzung und zum
Informationsaustausch stattgefunden.
Das erste Meeting fand
unter dem Titel „Proving Discrimination“ im Februar in Brüssel statt.
Das zweite Expert-Meeting
unter dem Titel: “Protection against Discrimination and Gender Equality
– how to meet both Requirements“ fand in Wien statt und wurde von der Anwaltschaft
inhaltlich gestaltet und organisatorisch vorbereitet.
Vor dem Hintergrund
der Notwendigkeit der Umsetzung der EU-Richtlinien zu Anti-Diskriminierung und
Geschlechtergleichstellung bot sich damit für österreichische Spezialistinnen
und Spezialisten die Gelegenheit, mit Fachleuten aus den sechs Partnerländern
und Teilnehmer/innen auch aus anderen Mitgliedsländern in eine intensive
Debatte einzutreten.
Als Fachreferentinnen
konnten Elisabeth Holzleithner von der juridischen Fakultät der
Universität Wien („How discrimination based on sex differs from the other
grounds“), Christa Tobler, die an den Universitäten Basel und Leiden
unterrichtet („How to use experience with sex discrimination for the other
grounds“) und Anna Sporrer, tätig im Verfassungsdienst und in der
European Commission’s Legal Expert Group („How to implement EU-Law on
protection against discrimination and gender equality into National Law“) gewonnen werden.
Besonderen
Gewinn zogen die Expertinnen und Experten eigenen Aussagen nach auch aus den
Workshops zu verschiedenen Konzepten des Diskriminierungsschutzes und der
Gleichstellung und deren Nutzen für spezifische Zielgruppen: Positive
action/promotion; Integration; Protection against multiple
dis-crimination/convergence of grounds und Gender mainstreaming/proactive
legislation.
Im Juni fand
unter dem Titel „Equal pay and employment conditions” ein Expert-meeting
in Utrecht und im Oktober unter dem Titel “Discrimination in working
life: Remedies and enforcement” ein weiteres in Stockholm statt.
Mit drei weiteren
Meetings in den Partnerländern wird die Serie, die neben der inhaltlichen
Information und Diskussion auch dem Aufbau eines stabilen Netzwerks der zur
Durchsetzung der Gleichbehandlung berufenen Ombudseinrichtungen dient, 2004
abgeschlossen.
Die Arbeitsbasis des
Netzwerks bilden dabei die Vertreterinnen und Vertreter der Partnerorganisationen,
die sich bei jedem Expert-meeting zusätzlich in Form eines Partner-meetings im
kleinen Kreis über Projektnotwendigkeiten austauschen.
Zweite Hauptaufgabe
des Projekts neben Vernetzung und inhaltlicher Diskussion ist der Aufbau einer
technischen Infrastruktur zum Austausch von Rechtsmaterialien zwischen
den Ombudseinrichtungen in Form eines Intranets.
Der Start der
praktischen Arbeit daran erfolgte anlässlich des Wiener Expert-meetings und
unter tatkräftiger Unterstützung auch der IT-Abteilung des BMGF.
Praktisch wirksam und
nützbar werden soll das Intranet ab Anfang 2005.
3.5. Projekt
„betriebliche Gleichstellungsberatung“
Schon gemäß den Materialien zur Gesetzwerdung des Gleichbehandlungsgesetzes soll die Institution Anwältin für Gleichbehandlungsfragen auch dazu beitragen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur freiwilligen Einhaltung des Gleichbehandlungsgebotes zu bewegen.
Dementsprechend verstand sich die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen von Beginn an nicht nur als Instanz mit
Kontrollfunktion, sondern stets auch als unterstützende und konfliktvermeidende
bzw. konfliktlösende Einrichtung auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Arbeitswelt.
Die langjährige praktische Erfahrung der Anwaltschaft und das große theoretische Hintergrundwissen werden den Unternehmen zur Verfügung gestellt, um aufzuzeigen, welche wirtschaftlichen und personalpolitischen Vorteile mit betrieblicher Frauenförderung verbunden sind. Damit ist die Chance vorhanden, den Schwerpunkt auf aktive Gleichstellungsmaßnahmen zu verlagern und präventiv mit Betrieben zusammenzuarbeiten, damit es zu geschlechtsspezifischen Benachteiligungen gar nicht erst kommt. Das ist vor allem angesichts der massiven innerbetrieblichen Probleme diskriminierter Frauen eine wichtige neue Beratungsoption.
Von der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen wurden
2000 – 2002 zu den einzelnen Tatbeständen des Gleichbehandlungsgesetzes
Leitfäden für Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber, Betriebsräte und Betriebsrätinnen
und Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer erarbeitet, Informationsbroschüren verfasst
und Workshop-Designs erstellt.
Diese werden Unternehmen, die von sich aus an die Anwaltschaft herantreten, zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus kann die Anwaltschaft bei der Initiierung und den ersten Schritten eines betrieblichen Gleichstellungsprojektes beratend zur Seite stehen und auch später immer wieder mit ihrer Expertise unterstützend wirken. Für die Durchführung konkreter Schritte, wie beispielsweise von Lohnanalysen oder Gender-Trainings, kann die Anwaltschaft Organisationen mit entsprechendem Gender Know-how nennen.
Die angebotene Form der Unterstützung wurde im Berichtsjahr bereits von 20
Unternehmen in Anspruch genommen.
3.6. Docman / Dokumentenverwaltung der
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen
Da die Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen noch nicht in das EDV-System des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen eingebunden werden konnten, wurde durch die EDV-Abteilung eine interne Dokumentenverwaltung eingerichtet. Durch Docman können Unterlagen und Informationen elektronisch und in einer sicheren Art und Weise für den Lesezugriff zur Verfügung gestellt werden. Der Zugriff auf die Dokumente erfolgt über eine verschlüsselte Verbindung.
Damit ist der Informationsabgleich zwischen Zentrale und Regionalbüros wesentlich erleichtert worden.
4.1. Ressourcen der Anwaltschaft für
Gleich-behandlungsfragen
Im November 2002 ist das Regionalbüro
Oberösterreich in Linz eröffnet worden, die Personalsuche im Bereich des
Bundessozialamts und die Ausschreibung der Leitungsfunktion erfolgten im Dezember.
Am 13.1.2003 wurde Maga. Wilma
Gaderer zur Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen für den
Wirkungsbereich des Landes Oberösterreich bestellt.
Maga. Gaderer ist Juristin, mit 25
Stunden teilzeitbeschäftigt und wird seit 17.2.2003 von einer vollzeitbeschäftigten
Juristin, Frau Drin. Ingeborg Obermüller, als gesetzliche
Stellvertreterin und bereits seit Anfang Februar von einer ebenfalls
vollzeitbeschäftigten Assistentin, Frau Birgit Brandstätter,
unterstützt.
Die beiden Mitarbeiterinnen des Regionalbüros
wurden unter insgesamt acht Interessentinnen und Interessenten im Bereich des
Bundessozialamts Linz ausgewählt.
Mit der seit Anfang 2003 auch personell erfolgten
Einrichtung des Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen im
Bundesland Oberösterreich auf Grundlage der Verordnung BGBl Nr. 442/2002 verfügt
die Anwaltschaft über vier Regionalbüros und ist weitgehend in der Lage,
Frauen und Männern, die sich diskriminiert fühlen, Beratung und
Unterstützung in zumutbarer Entfernung anzubieten.
Da in den Jahren 2001 und 2002 insgesamt drei neue
Regionalbüros ihre Arbeit aufgenommen haben, hatte der im Jahr 2000 begonnene
professionell begleitete Teambildungs- und Organisationsentwicklungsprozess
auch im Berichtsjahr zentrale Bedeutung.
Nach einer Intensivphase in den Jahren 2000 bis
2002 werden in Hinkunft jeweils ein bis zwei Tagungen jährlich stattfinden, wobei
die Begleitung durch eine Trainerin nur mehr für jeweils einen Arbeitstag und
eine Abendeinheit notwendig sein wird.
2003 fand eine Organisationsentwicklungs- und
Koordinationstagung im April und eine weitere im Oktober statt.
Die Team- und Koordinationstagungen stellen für die
nunmehr insgesamt 17 Mitarbeiterinnen der Anwaltschaft (davon sechs
teilzeitbeschäftigt) die einzige Möglichkeit des persönlichen Kontakts und
Erfahrungsaustausches dar, an dem alle gemeinsam teilnehmen können.
Darüber hinaus sind gerade Mitarbeiterinnen in neu
eingerichteten Regionalbüros im Hinblick auf die komplexen
Gleichbehandlungsprobleme und sensiblen und schwierigen Situationen, mit denen
sie oft recht schnell konfrontiert werden, auf die Expertise ihrer erfahrenen
Kolleginnen angewiesen.
Auch beim Aufbau ihres Büros und
bei der zentralen Frage, wie das Beratungs- und Unterstützungsangebot der neuen
Einrichtung möglichst rasch und wirksam bekannt gemacht werden kann, ist ein
gut organisiertes Informationsmanagement im überregionalen Bereich –
zur Zentrale in Wien, aber auch zu den anderen Regionalbüros – unerlässlich.
Da aufgrund der großen räumlichen Entfernungen und
der vielfältigen Belastungen in der Arbeit mit Gleichbehandlungsproblemen
Fragen der Zusammenarbeit im Team ungleich schwieriger sind als in anderen
Bereichen, für die Mitarbeiterinnen der Anwaltschaft auf Grund ihres speziellen
Zuständigkeitsbereichs aber die enge, überregionale Zusammenarbeit
entscheidende Arbeitsvoraussetzung ist, wird Fragen der Team- und
Organisationsentwicklung auch weiterhin große Aufmerksamkeit gewidmet.
Dabei wird zunehmend zum Problem, dass die Zentrale
in Wien neben ihrem gesetzlichen Wirkungsbereich als zuständige Anwaltschaft
für Wien, Niederösterreich und Burgenland – Bundesländer, aus denen mehr als 40
% der Beratungsanfragen kommen - immer mehr Aufgaben im Bereich der organisatorischen
Koordinierung und der juristischen Supervision für die neuen Regionalbüros zu
übernehmen hatte.
Im ersten Halbjahr 2003 gab es in der Zentrale
durch die Notwendigkeit für eine Mitarbeiterin, mit Anfang März vorzeitigen
Mutterschutz in Anspruch zu nehmen, eine zusätzliche Verschärfung des
personellen Engpasses.
Da zudem ein Ministeriumswechsel anstand und sich
daher die Aufnahme der Ersatzkraft verzögerte, war es nur unter großem
persönlichem Einsatz und Hintanstellung von Erholungsbedürfnissen der
verbleibenden Mitarbeiterinnen möglich, den Beratungsstandard und die
Organisation in der gewohnten Qualität aufrecht zu erhalten.
Mit 1.7.2003 hat Maga. Sandra
Konstatzky als Ersatzkraft für Maga. Ines Grabner ihre Tätigkeit
aufgenommen und sich schnell und erfolgreich eingearbeitet.
Dennoch bleibt die personelle Situation in der Zentrale äußerst angespannt.
In der Regierungsvorlage zur Novelle BGBl
Nr.44/1998, mit der die Regionalisierung der Anwaltschaft beschlossen wurde,
waren für die Zentrale in Wien zwei Koordinatorinnen vorgesehen.
Die Regionalbüros sind zwar nach und nach
eingerichtet worden, von den Koordinationsstellen ist aber bis heute nur eine
geschaffen worden.
Diese Situation wird durch die Koordinationsaufgaben,
die die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen in Bezug auf die beiden neu
einzurichtenden Ombudsstellen nach den Richtlinien 2000/43 EU und 2000/78 EU
und in Bezug auf Mehrfachdiskriminierungen in Zusammenarbeit mit den
beiden neuen Ombudsstellen übernehmen wird, noch verschärft werden.
4.2. Bericht der
Regionalanwältin für Gleichbe-handlungsfragen für Vorarlberg, Tirol und
Salzburg
Die Regionalanwaltschaft mit Sitz in Innsbruck ist
sowohl als Beratungsstelle für diskriminierte Frauen und Männer als auch als
Informationsstelle zu rechtlichen Gleichbehandlungsfragen eine anerkannte und
oft kontaktierte Einrichtung in Westösterreich geworden.
Gegenüber dem Jahr 2002 ist die Zahl der neuen
Beratungsfälle um 5% gestiegen.
44 % der Anfragen kamen aus Tirol, 31 % aus
Salzburg und 25 % aus Vorarlberg. Die Erstberatungen verteilen sich damit
zusehends gleichmäßiger auf die drei Bundesländer. Im Bundesland Tirol gab es
143, in Salzburg 102 und in Vorarlberg 82 neue Beratungsfälle.
Im Bundesland Salzburg wurden in Zusammenarbeit mit
dem Büro für Frauenfragen des Landes und der Arbeiterkammer regelmäßige
Sprechstunden eingerichtet.
Insgesamt wurden im Rahmen der Beratungen in der Regionalanwaltschaft im
Berichtszeitraum 1203 Kontakte notiert.
Die meisten Anfragen betrafen das Thema
Diskriminierung durch sexuelle Belästigung, gefolgt von Entgeltdiskriminierung
und Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen. Unter diesen Tatbestand
fallen Diskriminierungen im Zusammenhang mit Mutterschaft, Kinderbetreuung und
Pflegetätigkeit. Die absolute Zahl der Anfragen zur sexuellen Belästigung hat
gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich zugenommen.
Ungefähr ein Viertel der Anfragen kam von Männern,
die sich meistens über allgemeine Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes
oder zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie informieren wollten.
Auch die Anfragen seitens der Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber steigen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber informieren sich über
Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und über
Gleichstellungsmaßnahmen im Betrieb.
Die Regionalanwältin und ihre Stellvertreterin haben im Jahr 2003 an 40 verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen, Vorträge gehalten oder Workshops geleitet. Die Themen der zum Teil internationalen Veranstaltungen waren Gender Mainstreaming, Entgeltdifferenz von Frauen und Männern sowie sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.
In zwei Betrieben wurden im Berichtszeitraum
Gleichstellungspläne in Form von Betriebsvereinbarungen in Kraft gesetzt. Der
Prozess der Implementierung wurde von der Regionalanwältin begleitet.
Die Anfragen seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu Präventionsmöglichkeiten und Schulung von Personalverantwortlichen im Gleichbehandlungsrecht steigen leicht an.
Ein häufig angefragtes Thema ist weiterhin die
Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Die Regionalanwältin nahm an
mehreren Podiumsdiskussionen teil und leitete Workshops zu diesem Thema.
Die Situation der Kinderbetreuung ist in den
westlichen Bundesländern ein viel diskutiertes Thema. Nach wie vor werden
Frauen und Männer wegen der Inanspruchnahme eines Karenzurlaubes zur Betreuung
eines Kleinkindes am Arbeitsplatz mit Benachteiligungen konfrontiert. Perioden
einer Teilzeitbeschäftigung wirken sich auf den Karriereverlauf meist
hinderlich aus. Bei der Besetzung von Leitungsfunktionen werden
teilzeitbeschäftigte Frauen und Männer häufig nachteilig behandelt.
Mehrere Anfragen von Ärzten und Ärztinnen wie auch von Patientinnen betrafen die Praxis der Gebietskrankenkassen und Ärztekammern bei der Vergabe von Kassenverträgen.
Patientinnen äußerten ihren Unmut darüber, dass es in Tirol und Vorarlberg zu wenig Gynäkologinnen mit Kassenverträgen gibt.
Eine Radiologin fühlt sich gegenüber einem männlichen Kollegen bei der Vergabe eines Kassenvertrages benachteiligt.
Ein Gynäkologe erkundigt sich nach der Rechtskonformität der Ausschreibung einer Kassenvertragsstelle der Ärztekammer mit dem Beisatz:“...allfällige Bewerberinnen werden jedenfalls – unabhängig vom Ergebnis nach den jeweiligen Richtlinien - vor männlichen Bewerbern gereiht“.
Der Vernetzungsarbeit mit den verschiedensten Einrichtungen in allen drei Bundesländern wurde auch im Jahr 2003 ein großer Stellenwert eingeräumt.
Die mittlerweile schon institutionalisierte „arge gleichbehandlung tirol“ (eine
informelle Plattform aller Gleichbehandlungsbeauftragten Tirols) hat in fünf Sitzungen Themen wie „Abhängigkeit der Karrierechancen von der Art der Anstellung“, „Equality Check“, „Problem Überqualifizierung von Frauen“ und „das neue Antidiskriminierungsgesetz“ bearbeitet.
In den Bundesländern Salzburg und Vorarlberg gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den Frauenreferaten des Landes sowie den Interessenvertretungen.
In Vorarlberg gibt es eine gute Zusammenarbeit mit der
Frauenberatungsstelle
„femail“ in Feldkirch und der Frauenberatungsstelle „Frauengetriebe“ in
Bregenz.
Im Rahmen des „European Project on Equal Pay“ (http://www.equalpay.nu) fand im Februar eine
Veranstaltung in Wien statt, an deren Vorbereitung und Durchführung das
Regionalbüro maßgeblich mitgewirkt hat.
Im Mai und im September nahm die Regionalanwältin
an Experten-/Expertinnentreffen im Rahmen eines Twinning-Projektes teil.
Die Regionalanwältin leitet eine Arbeitsgruppe
innerhalb des Projekts „Towards the Uniform and Dynamic Implentation of
EU-Anti-Discrimination Legislation - The Role of Specialised Bodies“, die in einem
Pilotprojekt eine elektronische Möglichkeit zur Vernetzung und zum
Informationsaustausch der „Specialised Bodies“ entwickeln soll (siehe Seite
30).
Mit dem Begriff „Specialised Bodies“ sind jene
Stellen gemeint, die gemäß Art 13 der RL 2000/43/EG zur Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen
Herkunft sowie gemäß Art 8a der RL 2002/73/EG zur Verwirklichung des
Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt von den
Mitgliedstaaten einzurichten sind.
Die Mitglieder der Arbeitsgruppe trafen sich im
Oktober 2003 in Brüssel zu einer ersten Arbeitssitzung.
Der Bekanntheitsgrad der Regionalanwaltschaft hat
sich im Vergleich zum letzten Jahr noch erweitert, was sich daran erkennen
lässt, dass sich vor allem diskriminierte Frauen an uns wenden, die von anderen
Frauen/Männern von der Einrichtung erfahren haben, sich aber auch am Thema
Gleichstellung interessierte Studentinnen melden, um detailliertere
Informationen zu bekommen oder ein Pflichtpraktikum im Rahmen ihres Studiums an
der Universität (Psychologie) oder Fachhochschule (Studiengang Soziale Arbeit
mit Schwerpunkt Sozialmanagement) im Regionalbüro zu absolvieren.
Die Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen
konnte intensiviert werden, was sich nicht nur auf konstruktive Weise im
Zusammenhang mit Beratungsfällen zeigt, sondern auch in Form von Einladungen
der Regionalanwältin als Referentin. So ist die Regionalanwältin als
kooptiertes Mitglied im Landesfrauenausschuss des ÖGB vertreten. Auch wenden
sich die Medien mit konkreten Fragestellungen an die Regionalanwaltschaft.
Der Trend des letzten Jahres hat sich auch in
diesem Jahr in dem Sinn fortgesetzt, dass die an die Regionalanwaltschaft
herangetragenen Anliegen sich zu sehr intensiven Beratungsfällen entwickelten,
was sich sowohl im Bedarf an persönlicher Begleitung als auch in einer
vielfältigen Auseinandersetzung mit den Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen
äußert und nicht zuletzt zu einer weiteren Erhöhung der im Rahmen der
Beratungen notwendigen Kontakte im Vergleich zum letzten Jahr geführt hat
(2002: 1197 Kontakte, 2003: 1302 Kontakte). Zahlenmäßig betreffen die meisten
Beratungen den Tatbestand der sexuellen Belästigung, gefolgt von Informationen
zum Gleichbehandlungsgesetz allgemein. An dritter Stelle in der Häufigkeit der
Beratungen stehen Diskriminierungen bei der Begründung des Dienstverhältnisses,
gefolgt von Diskriminierungen bei den sonstigen Arbeitsbedingungen, häufig als
zusätzliche Diskriminierung zu einem anderen Tatbestand. Beratungen bei
Diskriminierungen im Rahmen des beruflichen Aufstiegs und bei der Festsetzung
des Entgelts sind nicht so oft an das Regionalbüro herangetragen worden.
Gegenüber dem Vorjahr ist die Häufigkeit der
Beratungsfälle im Bereich der sexuellen Belästigung gleichgeblieben, eine
eindeutige Steigerung der Beratungsfälle zeigt sich bei den Tatbeständen Diskriminierung
bei der Begründung des Dienstverhältnisses.
Der Prozentsatz an Frauen von allen Ratsuchenden,
die sich an die Regionalanwaltschaft wenden, hat sich im Vergleich zum Vorjahr
geringfügig erhöht (2002: 76,88%, 2003: 82,32%).
Zu beobachten ist nach wie vor eine auffällige
zahlenmäßige Diskrepanz zwischen Diskriminierungen, von denen Frauen im Rahmen
von durch die Regionalanwaltschaft durchgeführten Veranstaltungen berichten,
und der tatsächlichen Zahl an Beschwerdefällen. Vermutete Gründe sind neben der
Befürchtung vor Repressalien im Betrieb als Folgeerscheinung einer Einforderung
der Einhaltung des Gleichbehandlungsgesetzes auch Ohnmachtsgefühle, doch keine
Veränderung bewirken zu können. Zudem werden vielen Teilnehmerinnen und
Teilnehmern die Existenz eines Gleichbehandlungsgesetzes und die daraus
resultierenden rechtlichen Möglichkeiten häufig erst durch Veranstaltungen bekannt.
Die Anfragen von Männern, die an die
Regionalanwaltschaft herangetragen werden, betreffen weniger
Diskriminierungserfahrungen im Arbeitsleben, sondern sind eher Anfragen zu
allgemein wahrgenommenen Formen von Ungleichbehandlung. Eine Ausnahme davon
bilden die eher indirekt an die Regionalanwaltschaft herangetragenen Informationen,
dass Männer immer öfter gerne Karenzurlaub in Anspruch nehmen würden, sich
diese Option aber finanziell aufgrund des niedrigeren Einkommens der Partnerin
nicht leisten können und Befürchtungen bestehen, dass ihre Karriere im Betrieb
mit der Äußerung dieses Wunsches oder einer allfälligen Inanspruchnahme von
Karenzurlaub Nachteile erleiden bzw. sogar beendet sein könnte. Es bestehen
sogar Befürchtungen, in solchen Fällen den Arbeitsplatz zu verlieren.
Die Regionalanwaltschaft hat sich auch zu einer
Anlaufstelle für Fragen bzw. Beschwerden zur geschlechtergerechten Sprache bzw.
deren Missachtung und für Fragen sexistischer Werbung entwickelt.
Gestiegen ist der Bedarf an Information und
Beratung im Rahmen des Gender Mainstreaming, wobei sich allem NGOs und
Studierende an die Regionalanwaltschaft wenden.
Erstmalig in diesem Jahr sind auch einige
Beschwerden wegen Diskriminierung durch sexuelle Belästigung außerhalb eines
Arbeitsverhältnisses erhoben worden.
Die Anfangsschritte einer längerfristigen
Begleitung mit dem Schwerpunkt Präventivmaßnahmen gegen sexuelle Belästigung
konnten in einem im Sozialbereich agierenden Unternehmen gesetzt werden. Dies
geschah in Form einer Führungskräfteinformation im Rahmen einer turnusmäßigen
Klausur und einer Informationsveranstaltung für einen Teil der
Mitarbeiter/innen. Da das Ziel des Betriebsrates ist, möglichst viele
Mitarbeiter/innen über dieses Thema zu informieren, sind weitere Veranstaltungen
für 2004 geplant.
Die Herausforderung, Gender Mainstreaming nicht nur
als Auftrag der EU zu sehen, sondern auch im Betrieb und den geplanten
Projekten als Selbstverständlichkeit zu implementieren, führte in einer NGO
nicht nur zum Coaching der Führungskraft, sondern auch zu Workshops und
Seminaren mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie den vernetzten
Einrichtungen.
Eine Analyse der Stellenausschreibungen in der Kleinen Zeitung und im Standard im Februar 2003 ergab im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleiche Ergebnisse. Es liegen Daten hinsichtlich der Kategorien männlich, weiblich, neutral bzw. geschlechtergerecht und bezüglich Arbeitgeber/innen und Arbeitsvermittlungen auf. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass Arbeitsvermittlungen in wesentlich höherem Maße in männlicher Form ausschreiben als Arbeitgeber/innen (AV 63,90%, AG 30,39%). Im Standard sind 78,48% der Ausschreibungen als neutral bzw. geschlechtergerecht einzustufen, während in der Kleinen Zeitung dies nur auf 41,67% zutrifft und fast ebenso viele Stellenausschreibungen männlich formuliert sind (41,25%).
Veranstaltungen und Vorträge mit Frauen und
Jugendlichen, die sich in Qualifizierungsprojekten des Arbeitsmarktservice
befinden, sind ein wichtiger Teil der Öffentlichkeitsarbeit, zumal in diesem Rahmen
nicht nur die Angebote des Regionalbüros vorgestellt werden können, sondern
auch Diskussionsprozesse über Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen
und Männern im Arbeitsleben und grundsätzliche Haltungen und Einstellungen dazu
bearbeitet werden können.
Da Migrantinnen und Migranten kaum als Klientinnen
und Klienten die Regionalanwaltschaft in Anspruch nehmen, wurde die Einladung
zu einem Workshop zum Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz für
Migrantinnen gerne angenommen. Die Multikulturalität der 12 teilnehmenden
Frauen, die sich in sieben verschieden Sprachen äußerte, erforderte zwar eine
vielfältigere Informationsweitergabe als durch das gesprochene – deutsche – Wort,
doch wurde die Betroffenheit offensichtlich.
Besonders erfolgreich verlief auch der Kurs der
Arbeiterkammer und der Volkshochschule „Woman Job Guide“, in dem Frauen
Informationen über arbeitsrechtliche Belange sowie Rhetorik erhielten und die
Regionalanwältin den Part zum Gleichbehandlungsgesetz und im speziellen zum
Umgang mit Gehaltseinschätzung und Gehaltsforderungen übernahm.
Eine Möglichkeit, Multiplikatoren und
Multiplikatorinnen zu erreichen, bot einerseits die Teilnahme an
Veranstaltungen z.B. der Arbeiterkammer (Handlungsmöglichkeiten zum Abbau der
Lohnschere zwischen Frauen und Männern) und des ÖGB im Rahmen der
Gewerkschaftsabendschule, andererseits die aktive Teilnahme an einer
Podiumsdiskussion zum Equal Pay Tag.
Die EU-Projekte „Observatoria“ und „Towards a
closing of the Gender Pay Gap“ sind mittlerweile abgeschlossen, doch wirken die
Ergebnisse und Erkenntnisse als Beispiele und Erfahrungen in der täglichen
Praxis nach. Eine vertiefende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Projekt
„Just Gem“ wird sich erst 2004 ergeben.
Die Mitwirkung an EU-Projekten wie „Styria
Integra“, in dem die Regionalanwältin in der Funktion einer Gender
Mainstreaming-Beauftragten agiert, hat sich intensiviert, da es doch große
Anforderungen an die einzelnen Projekte stellt, Gender Mainstreaming zu
implementieren. Wohl einzigartig wurde in diesem Projekt eine schriftliche
Vereinbarung zwischen allen Partnern zu partnerschaftlichem Verhalten zur
Vermeidung von Diskriminierung, sexueller Belästigung und Mobbing getroffen.
In einem neuen Projekt im Rahmen des EU-Projekts
„GO-BEST“, in dem die Partnerschaft für Beschäftigung in der Oststeiermark
ausgebaut und vertieft sowie ein innovatives Modell für regionale Kooperation
entwickelt werden soll, wirkt die Regionalanwältin als Expertin im Arbeitskreis
„Neue Chancen für Frauen“ mit. In diesem geht es vor allem darum,
bedarfsgerechte und effiziente Angebote, die die Gleichstellung der Frauen am
Arbeitsmarkt ermöglichen, zu erarbeiten.
Einen regen Informationsaustausch bietet auch das
Projekt WIB – Work in Balance, das u.a. drei steirische Betriebe bei der
Implementierung von Gleichstellungsmaßnahmen berät und begleitet. In diesem
Projekt ist die Regionalanwältin als Beirätin beteiligt. Das Projekt wird im
September 2004 abgeschlossen.
Wenig in Anspruch genommen wurde trotz regelmäßiger
Veröffentlichung in den örtlichen Medien das Angebot der Regionalanwaltschaft
zur Veranstaltung von Workshops zum Thema sexuelle Belästigung. Oft werden aber
in Workshops mit allgemeinen Inhalten zu Gleichbehandlung und Gleichstellung
Diskriminierungserfahrungen im Bereich sexuelle Belästigung beschrieben, die
die betroffenen Frauen für sich zunächst nicht mit diesem Begriff benennen.
Die offensive Teilnahme an diversen Veranstaltungen
im Arbeitsmarkt- und Bildungsbereich wird als Forum genützt, um die
Regionalanwaltschaft weiterhin bekannt zu machen sowie Gleichbehandlungs- und
Gleichstellungsinhalte in die Diskussion einzubringen.
Kooperation und Vernetzung
Die Regionalanwaltschaft ist Mitglied des Grazer
Frauenrates, ein Gremium, in dem sämtliche Einrichtungen, die mit und für
Frauen auf den verschiedensten Bereichen arbeiten, vertreten sind und das von
der Grazer Frauenbeauftragten geleitet wird. Dieses Forum bietet ebenfalls eine
gute Basis für nachhaltige Kooperationen und Vernetzungsarbeit.
Von der Regionalanwältin wurde bereits 2001 ein
Arbeitskreis mit den Gleichbehandlungsbeauftragten im öffentlichen Dienst
initiiert und im Berichtszeitraum um eine Gender-Beauftragte aus der Privatwirtschaft
erweitert. Dieser Arbeitskreis hat das Ziel der Vernetzung und inhaltlich den
Anspruch, best practice Erfahrungen auszutauschen. Bisher wurden
Schwerpunktthemen bearbeitet, es wurden die Unterschiede in den
Gleichbehandlungsgesetzen diskutiert und die Implementierung von Gleichstellungsmaßnahmen
in den verschiedenen Bereichen, soweit sie im Einflussbereich und in der Verantwortlichkeit
der Gleichbehandlungsbeauftragten und Regionalanwältin liegen, besprochen.
Resümee und Ausblick
In der konkreten Beratungstätigkeit und bei
Veranstaltungen ist eine zunehmende Professionalisierung der Arbeit der
Regionalanwaltschaft feststellen, zumal das Team der Regionalanwaltschaft gut
eingespielt ist. So ist das Ziel, mit Betrieben mehr auf präventiver als auf
reaktiver Basis (aufgrund eines individuellen Diskriminierungsfalles) zu
arbeiten, oder die Sensibilisierung der Arbeitgeber/innen für
Gleichstellungsthemen in einzelnen Fällen bereits erreicht. Doch erscheint es nach
wie vor notwendig, sich in der Öffentlichkeit eindeutig zu positionieren und
aktive Maßnahmen zur Steigerung des Bekanntheitsgrads der Regionalanwaltschaft
und des Bewusstseins über Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen und
Männern im Arbeitsleben zu setzen.
Im
Berichtsjahr konnte in der Regionalanwaltschaft Kärnten die erfolgreiche Arbeit
der vergangenen Jahre fortgesetzt werden und eine Kontinuität im Beratungsangebot
sowie in der Kooperationstätigkeit erreicht werden.
Die
initiierten Frauen-Projekte wie z.B. Aktion Vorbild – „Mädchen nutzen Chancen“,
„Crossmentoring“, „Help-desk“ usw. sind mittlerweile auf Landesebene integriert
und ein fester Bestandteil des Frauennetzwerkes.
Ein
neuer Schwerpunkt, der seitens der Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat
definiert worden war, fand seine Umsetzung im Rahmen eines
Kooperationsprojektes „MIM- Mama im Management“. Das Projekt startete mit dem
Besuch der Frau Bundesministerin in Kärnten und einer Eröffnungsveranstaltung.
Darüber
hinaus hat die Regionalanwältin, neben dem bewährten Beratungsangebot,
verstärkt Kontakte mit Unternehmen aufgebaut, um die gesetzlichen Möglichkeiten
der Frauenförderung zu unterstreichen. Auch die Sprechtage im ländlichen
Bereich (Raum Ober- und Unterkärnten) haben sich bewährt und werden nach Bedarf
und in Abstimmung mit den Beratungseinrichtungen der Bezirke weiterhin
angeboten.
Der
kontinuierliche Beratungsbedarf steht in Zusammenhang mit regelmäßiger
Öffentlichkeitsarbeit.
Vorträge und Workshops im Rahmen von
Veranstaltungen
09.01.03 Crossmentoring
Besprechung mit Business Frauen Center
20 P.
15.01.03 Interview
Antenne Kärnten zum Thema „Sexuelle Belästigung“
16.01.03 Business Frauen Center
Workshop – Gleichbehandlungsgesetz
8 P.
18.01.03 Regionalkonferenz Spittal/Drau
Bundesminister Mag. Haupt in Spittal/Drau – Schließung Fa.
Gabor- Frauenförderungsprogramm 80 P.
21.01.03 Umsetzung
Frauen-Qualifizierungsoffensive 35 P.
01.02.03 Landesfrauenkonferenz
des ÖGB-Kärnten am Hafnersee; ca. 80 P.
06.02.03 Micro-Electronic-Cluster Villach –
Call Center 20 P.
17.02.03 Karriereplanung
und Vortrag Lavanttaler Frauen-
und
Familienberatungsstelle
16 P.
06.03.03 Pressekonferenz
gemeinsam mit Herrn LH Dr. Jörg Haider,
zum
Thema „Frau sein in Kärnten“
06.03.03
Veranstaltung zum
Internationalen Frauentag mit Ute Gfrerer
Thema: „Ich bereue nichts“ – Frauen im
Rampenlicht – mit Spendenaktion für das Frauenhaus in Kärnten, Kooperation mit
Land Kärnten,
Info-Stand der
Regionalanwaltschaft Kärnten 600 P.
26.05.03 Business Frauen Center
(KooperationspartnerInnen) 60 P.
„Adidas
Outplacement Projekt „Chancen erkennen und Mut machen“
TEP-Gendermainstreaming-Sitzung
04.06.03 Gleichbehandlung in der Arbeitswelt 25 P.
13.06.03 Crossmentoring-Veranstaltung 80 P.
07.07.03 Frauenprojekt;
Micro-electronic-cluster, Villach, Callcenter „Help-desk“
10.07.03 Cooperation mit Arbeitsmarktservices; Gender Beratung im TEP
10.07.03 Besprechung
Cross-Mentoring, Business Frauen Center Kärnten 15 P.
16.07.03 Referat bei Veranstaltung der Gemeinde Seeboden, Thema: „Mein Körper gehört mir“, Sexuelle Belästigung
22.07.03 Vortrag bei „Contact-us“ Villach,
Gleichbehandlungsgesetz 23 P
14.08.03 Vortrag bei
Frauenprojekt „Hanf & Flachs“, Gleichbehandlungsgesetz, Hafnersee 60 P
21.08.03 Frauennetzwerk Klagenfurt, Kärntner
Landesregierung,
Thema: Gleichbehandlung 25 P
28.08.03 Frauenhilfswerk,
Charity-Gala, Referat 25 P.
08.09.03 Lehrlingsoffensive – Kooperationstagung der Anwältin mit Berufsschulen
13.09.03 Klagenfurter Messe Info-Stand gemeinsam mit der Landesregierung
18.09.03 Frauenförderung im Unternehmen - Fa. Elmont
– Vortrag 28 P
07.10.03 Frauenplattform, Netzwerk Region
Mittelkärnten, Vortrag
14.10.03 Berufsschule Klagenfurt Workshop “Sexuelle
Belästigung” 30 P
08.11. – 9.11.03
Hafnersee, Enquete mit Ursula Haubner, Vortrag der Regional-anwältin:
“Frauen in der Arbeitswelt” – Gleichbehandlung 80 P
13.11. – 15.11.03 Tagung Europäisches Frauennetzwerk;
Teilnehmerinnen aus
Spanien,
Deutschland, Schweden und Frankreich 50 P.
21.11.03 Veranstaltung „MIM“
Mama im Management, Universität Klagenfurt,
Podiums- und
Publikumsdiskussion ca. 250 P.
03.12.03 Institut für Arbeitsmarktbetreuung Klagenfurt, Frauenstiftung, Qualifizierung für Frauen im IT-Bereich, Regionalanwältin als Beraterin.
Teilnahme an Veranstaltungen
21.01.03 „Female Career
Coaching“ Veranstaltung im ÖGB
23.01.03 Regionalanwältinnen-Treffen
Innsbruck
24.02.03 Equal Pay – Tools to
close the Gender Pay Gap Wien
25.02.03 Gendern von Kollektivverträgen,
Gewerkschaft Metall – Textil, Wien
07.03.03 „Frauen- und familienfreundlichster Betrieb“
(Mag. Moser als
Jurymitglied,)
50 P.
08.03.03 Internationaler Frauentag in Linz – Design-Center
31.03.03 Sitzung
„Gendermainstreaming“ Business Frauen-Center Kärnten,
Frauennetzwerk 16 P.
10.04.03 – 12.4.03 Freizeit-Messe: Stand des Regionalbüros
– Aktion Vorbild „Mädchen nutzen Chancen“
23.04.03 – 25.04.03 Teamentwicklungstagung der
Gleichbehandlungsanwaltschaft
in Tirol
17.05.03 „Familienpolitscher
Tag“ – Vereinbarkeit von Beruf und Familie 50 P.
24.06.03 Begleitausschuss Graz, Veranstaltung für
alle Gender-Beauftragten;
Beratung
für EU Programme
27.06.03 Auszeichnung
von Mädchen im Rahmen der Aktion Vorbild – „Mäd-
chen nutzen Chancen“ Firma
Flextronics Treibach-Althofen ca. 50 P
01.07.03 Tagung der
Regionalanwältinnen Salzburg
05.09.03 Auszeichnungen
von Mädchen (EDV-Lehrlinge) im Rahmen der Aktion Vorbild „Mädchen nutzen
Chancen“, BFI-Lehrwerkstätte
10.09.03 1. Koordinationssitzung für CEDAW-Bericht Österreichs, Wien
16.09.03 Auszeichnungen im
Rahmen der Aktion Vorbild – „Mädchen nutzen Chancen“ – weibliche Lehrlinge von
15 Unternehmen 65 P.
19.09.03 Veranstaltung der Frauenbeauftragten der Stadt Klagenfurt mit Chris Lohner
09.10.03 Koordinationssitzung
Contact-us
22.10.- 24.10.03 Teamtagung der
Gleichbehandlungsanwaltschaft
30.10.03 „EVA-Jury“ Sitzung
25.11.03 Internationaler Tag
gegen Gewalt an Frauen, Veranstaltung Rathaus
Villach 80 P
25.11.03 Internationaler Tag
gegen Gewalt an Frauen, Veranstaltung des Magistrates der Stadt Klagenfurt im
Kärntner Landesgericht 100 P.
19.12.03 Business Frauen Center
Kärnten, Fragestunde mit
LHStv. Dr. Peter Ambrozy zum Thema
„Zukunft der Frauen in Kärnten“
11.03.03 Sprechtag im Schloss
Manndorf, Kötschach-Mauthen
25.03.03 Sprechtag Hermagor im
Arbeitsmarktservice
08.04.03 Sprechtag Wolfsberg in Lavanttaler Frauen- und Familienberatungsstelle 17.06.03 Sprechtag Spittal/Drau im AMS
13.08.03 Sprechtag
im Schloss Manndorf, Kötschach-Mauthen
30.09.03 Sprechtag Wolfsberg, Lavanttaler Frauen- und Familienberatungsstelle
Öffentlichkeitsarbeit der
Regionalanwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen Oberösterreich
Vorstellung des Regionalbüros für Gleichbehandlungsfragen in
Oberösterreich
·
198
Beratungsstellen, Vereine, Projekte und Institutionen wurden ange-schrieben
und mit Informationsmaterial versorgt.
·
228
Beratungsstellen, Vereine, Projekte und Institutionen wurden
angeschrieben und über die Übersiedlung unseres Büros im September informiert.
Davon wurden
·
99
Institutionen über die Einrichtung, den Aufgabenbereich, usw. in persönlichen
Gesprächen informiert
Teilnahme an
diversen Veranstaltungen
·
16 (veranstaltet
von Land Oberösterreich, Uni Linz, div. Frauenvereine, Kammer für Arbeiter und
Angestellte, Österreichischer Gewerkschaftsbund, ...)
Medienarbeit (Presseaussendungen,
Interviews)
·
Presseaussendung
an 18 Zeitungen über die Einrichtung der Regionalanwaltschaft Oberösterreich
zusätzlich wurden
·
8
Interviews bzw. Artikel der RAW veröffentlicht
Fälle
Ein alleinerziehender Vater fühlt
sich diskriminiert, weil er seine Erziehungsaufgaben nicht mit dem Beruf
vereinbaren kann. Seinem Ersuchen um Halbtagsbeschäftigung wird in keiner Weise
Rechnung getragen.
Es haben sich mehrere Personen
aufgrund von Mobbing gemeldet. In zwei Fällen wurden ältere Frauen von jüngeren
Frauen gemobbt, in anderen Fällen waren Männer Opfer von Mobbinghandlungen von
Männern, es kam aber auch zu Mobbing zwischen den Geschlechtern.
Eine Frau beschwerte sich, dass
eine Broschüre der Lebenshilfe neu herausgegeben wurde und auf
geschlechtergerechte Sprache nicht eingegangen wurde. Sie bekam von uns
Informationen über Möglichkeiten geschlechtergerechter Formulierung.
Ein Arbeitgeber fragt für seinen
Mitarbeiter an, wie er sich richtig verhalten solle: Der Mitarbeiter war der
sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz bezichtigt worden. Nach Recherchen des
Arbeitgebers stellte sich heraus, dass es keine sexuelle Belästigung gegeben
hat. Die betroffene Frau hat mittlerweile gekündigt. Der Mitarbeiter will nun
wissen, ob er rechtliche Schritte gegen die Frau unternehmen kann (soll).
Eine behinderte Frau meldet sich
mit der Beschwerde, dass sie sowohl von ihrem Chef als auch von Kolleginnen gemobbt
wird. Wir leiten den Fall an die zuständige Gewerkschaft weiter.
Eine Frau fragt nach, ob im Sinne
des Gleichbehandlungsgesetzes Frauen, die ein dienstnehmerähnliches
Arbeitsverhältnis haben, gleichermaßen geschützt sind wie angestellte
Dienstnehmerinnen.
In zwei Fällen haben sich Frauen
gemeldet, die sich durch sexistische Werbung belästigt fühlten (carefree-Werbung
und Fiat).
Eine Mitarbeiterin einer
Interessenvertretung befürchtet, bei der Beförderung übergangen zu werden,
obwohl sie besser qualifiziert ist als ihr männlicher Mitbewerber. Sie möchte
Informationen, wie sie am besten vorgehen soll, worauf sie achten muss.
Die Assistentin eines
Verkaufsleiters wurde vom Chefeinkäufer des größten Kunden immer wieder sexuell
belästigt, indem er sie nach ihrer Körbchengröße fragte oder auch sagte, dass
er den Auftrag nur unterschreibe, wenn sie privat mit ihm essen gehe.
Aus einem Industriebetrieb
beschwert sich eine Akkordarbeiterin, die trotz gleicher Tätigkeit schlechter
entlohnt wird als ihre männlichen Kollegen. Nach Recherchen im Unternehmen, die
die Diskriminierung wahrscheinlich erscheinen lassen, wird der Fall von der
Frau einem Anwalt übergeben.
Arbeitsschwerpunkte des ersten Jahres
Aufbau eines Mitarbeiterinnenteams und einer
funktionieren Büroinfrastruktur:
Maga. Wilma Gaderer (25
Wochenstunden) nahm ihre Tätigkeit als Leiterin der Regionalanwaltschaft OÖ am
13. Jänner 2003 in den Räumen des Bundessozialamtes in Linz auf. Ab Anfang
Februar wurde sie dabei von Birgit Brandstätter (40 Wochenstunden) als
Assistentin unterstützt, Mitte Februar kam als Stellvertreterin die Juristin Drin.
Ingeborg Obermüller (40 Wochenstunden) - beide vom Bundessozialamt anfangs
dienstzugeteilt - dazu.
Nach dem Wechsel vom
Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen in das Bundesministerium
für Gesundheit und Frauen mit 1. Mai 2003 wurde nach neuen Räumlichkeiten
Ausschau gehalten, wobei besonders auf die Anonymität für Ratsuchende geachtet
wurde.
Mitte September 2003 konnte das
neue Büro in der Mozartstraße 5/3 bezogen werden, das sich einerseits durch
eine verkehrsgünstige Lage mitten in der Stadt auszeichnet und andererseits
durch die Unterbringung im Bereich eines Einkaufszentrums größtmögliche
Vertraulichkeit sichert.
Der Aufbau der Büroorganisation
(EDV, Möbel, Büromaterial, Infounterlagen, Drucksorten) fiel zeitlich in den
Ressortwechsel, konnte aber dann endgültig mit der Übersiedlung erfolgreich
beendet werden.
Information
der oberösterreichischen Bevölkerung über die neue
Einrichtung
Gerade im ersten Jahr der
Tätigkeit ist die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit ein wichtiger
Schwerpunkt in der Arbeit. Es wurde die neue Einrichtung in vielen persönlichen
Gesprächen vorgestellt und die Vernetzung mit Frauen und Einrichtungen aus
ähnlichen Bereichen forciert. Dabei war die Teilnahme an der Frauenmesse im
Design-Center anlässlich des Internationalen Frauentages eine gute Gelegenheit,
sich einem breiten Publikum vorzustellen.
Wie auch schon bei anderen Regionalanwaltschaften
beobachtet, haben sich in der ersten Zeit zahlreiche Personen mit sehr
verschieden gelagerten Problemen an das Büro gewendet, bei denen oft keine
Zuständigkeit nach dem Gesetz gegeben war. Diese Personen wurden über den
Kompetenzbereich der Anwaltschaft informiert und dann an für sie zuständige
Stellen weitergeleitet. Dass das Büro wahrgenommen wurde, zeigen aber auch
Anfragen von Personen, die mehr über den Aufgabenbereich wissen wollten bzw.
Informationsmaterial bestellten.
Um Absolventen und Absolventinnen
berufsbildender Schulen auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten, wurden Lehrkräfte
der Abschlussklassen von Höheren Bundeslehranstalten für wirtschaftliche Berufe
kontaktiert und ihnen angeboten, eine Unterrichtsstunde zum Thema
„Gleichbehandlung am Arbeitsplatz“ zu gestalten. Das Angebot wurde von mehreren
Schulen gerne angenommen, und so konnte 2003 bereits damit gestartet werden. Es
ist interessant zu beobachten, wie wenig Informationen die Schüler/innen (meist
Mädchen) einerseits zu diesem Thema haben, wie interessiert sie aber andererseits
sind. Es wurde auch von den Lehrkräften unterstützt, wenn Schülerinnen
Gleichbehandlung als Thema ihrer Abschlussarbeit aufgreifen wollen.
Die Vortragsreihe an Schulen wird fortgesetzt und auf andere Schultypen ausgedehnt.
Ein gesetzlicher Aufgabenbereich der Gleichbehandlungsanwaltschaft ist die Verfolgung von nicht für Frauen und Männer ausgeschriebenen Stelleninseraten in den Medien.
Es wurden dabei die Inserate in den Samstag-Ausgaben der vorhandenen Print-Medien durchgearbeitet und nicht gesetzeskonforme Ausschreibungen von professionellen Arbeitsvermittlern vermerkt. Die Mitarbeiterinnen der Anwaltschaft wiesen in einem Schreiben an den Stellenvermittler darauf hin, dass die Formulierung der Ausschreibung nicht den gesetzlichen Normen entspricht. Viele Unternehmen haben sich daraufhin im Büro gemeldet, und es ergaben sich dadurch viele Gespräche mit Arbeitsvermittlern und Arbeitsvermittlerinnen, in denen ihnen die Vorteile einer geschlechtergerechten Stellenausschreibung nähergebracht werden konnten. Damit konnte auch der Bekanntheitsgrad der Regionalanwaltschaft erhöht werden und das Büro als Ansprechpartner in Fragen der geschlechtergerechten Formulierung platziert werden.
Als Erfolg kann gesehen werden, dass die Zahl der nicht gesetzeskonformen Inserate bis zum Ende des Jahres deutlich abgenommen hat.
5.1. Die Weiterentwicklung des
Gleichbehandlungsge-setzes
Die Diskussion während des gesamten Berichtsjahres war davon geprägt, dass mit 19.7.2003 die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29.6.2000 (Antirassismusrichtlinie) und mit 2.12.2003 die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 (Rahmenrichtlinie für die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt) umzusetzen waren.
Wie sich bei den auf Einladung des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit veranstalteten Experten- und
Expertinnengesprächen unter Einbeziehung der Sozialpartner, der Vertreter/innen
von Ministerien und der Gleichbehandlungsanwaltschaft herausstellte, war die
mit den genannten Richtlinien gleichzeitige Umsetzung auch der
Änderungsrichtlinie zur Gleichbehandlungsrichtlinie 2002/73/EG vorgesehen,
obwohl diese Umsetzung in innerstaatliches Recht für die Mitgliedsstaaten gemäß
EU-Vorgaben erst im Oktober 2005 verpflichtend gewesen wäre.
Gespräche im Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit fanden am 16.4.2003, am 8.5.2003, am 22.5.2003 und am
11.6.2003 statt. Relativ rasch stand fest, dass der gesamte Bereich des Diskriminierungsschutzes
aus dem Grund der Behinderung in einem eigenen Behindertengleichstellungsgesetz
gefasst werden sollte. Alle anderen in den Richtlinien genannten
Diskriminierungsmerkmale sollten in einem erweiterten Gleichbehandlungsgesetz
zusammengefasst werden. Am 14.7.2003 wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit der Entwurf eines Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung zur
Begutachtung versendet. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft nahm zu diesem Entwurf
ausführlich und wiederholt Stellung.
Im Sinne der Weiterentwicklung der
rechtlichen Bestimmungen zur Geschlechtergleichbehandlung in Richtung
tatsächlicher Gleichstellung der Geschlechter erschien die zeitgleiche
Umsetzung aller drei genannten Richtlinien aus Sicht der Praktikerinnen sehr
positiv. Allerdings stützen sich die Antirassismusrichtlinie und die
Rahmenrichtlinie auf Artikel 13 EG-Vertrag, der dem Rat erlaubt, Vorkehrungen
zu treffen, um Diskriminierungen zu bekämpfen, die Gleichbehandlungsrichtlinie
beruht hingegen auf Artikel 141 Abs. 3 EG-Vertrag. Dieser ermächtigt den Rat,
Maßnahmen zur Gewährleistung der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen in der Arbeitswelt zu beschließen. Da darauf aufbauend die
Änderungsrichtlinie zur Gleichbehandlungsrichtlinie den Mitgliedsstaaten
vorschreibt, das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter aktiv zu
berücksichtigen, erschien der Gleichbehandlungsanwaltschaft die Aufnahme
ausdrücklicher Bestimmungen zur aktiven Gleichstellung von Frauen und Männern
sinnvoll. Sie schlug vor, im geplanten Gleichbehandlungsgesetz selbst
spezifische Maßnahmen zu verankern, insbesondere die Verpflichtung von
Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen, Gleichstellungspläne zu erlassen
und betriebliche Statistiken über die Einkommenssituation von Frauen und
Männern zu führen.
Dies ist aus der praktischen
Arbeit der Anwaltschaft begründet, in der sich zeigt, dass die persönlichen
Belastungen, die mit den für Frauen (und Männer) derzeit möglichen
individuellen Wegen der Rechtsdurchsetzung verbunden sind, nach wie vor
erheblich – und bei manchen Tatbeständen (z.B. Beförderungsdiskriminierung)
eindeutig zu groß sind, um eine größere Zahl von Menschen diesen Weg
beschreiten zu lassen.
Gleichzeitig nehmen immer mehr
Unternehmen die Beratung der Gleichbehandlungsanwaltschaft bei freiwilligen
betrieblichen Gleichstellungsprojekten in Anspruch.
Diese positive Entwicklung durch
einen verpflichtenden Minimalstandard zu ergänzen, bleibt als Wunsch für die
weitere Rechtsentwicklung bestehen.
Konkret wäre folgende Formulierung
für einen der RL 2002/73/EG gerecht werdenden Gleichstellungsparagraphen
denkbar:
„Der Arbeitgeber/die
Arbeitgeberin hat über das gesetzliche Diskriminierungsverbot hinaus die Gleichstellung
von Frauen und Männern innerhalb des Betriebes (Unternehmens) durch geeignete
Maßnahmen aktiv zu fördern. Ziel ist die de-facto-Gleichstellung von Frauen und
Männern innerhalb eines Betriebes (Unternehmens), insbesondere hinsichtlich der
Erhöhung des Frauenanteils im Betrieb (Unternehmen) bei der Einstellung und in
leitenden Positionen sowie beim Entgelt. Zur Erreichung dieses Zieles hat der
Arbeitgeber/die Arbeitgeberin schrittweise Zielvorgaben festzulegen.“
Es wurde auch angeregt, die
Durchführung von Präventivmaßnahmen zu forcieren, um insbesondere
sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, aber auch allen anderen Formen der
Diskriminierung, vorzubeugen.
Als weitere wesentliche
Punkte wurden in die Stellungnahme die langjährigen Forderungen nach Verlängerung
der Verjährungsfrist in Fällen sexueller Belästigung auf ein Jahr, nach
Klarstellung, dass als arbeitnehmer/innenähnlich Beschäftigte einerseits freie
Dienstnehmer/innen, andererseits auch sonstige in atypischen
Vertragsverhältnissen Erwerbstätige vom Geltungsbereich des künftigen Gesetzes
umfasst sind, und nach korrekter und vollständiger Umsetzung der
Beweislast-Richtlinie (97/80/EG) in den Bestimmungen zur Beweislastverteilung
aufgenommen. Die beiden erstgenannten Punkte wurden umgesetzt, die
Beweislastregel nach Ansicht der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen jedoch
nicht mit der gewünschten Eindeutigkeit. Wie sie in der Praxis angewendet
werden wird, bleibt zu beobachten.
Deutlich wurde auf die
Notwendigkeit einer zweifelsfreien Weisungsfreistellung der künftigen
Ombudseinrichtungen hingewiesen, wie sie auf Grund von Art 20 B-VG erforderlich
wäre. (Dieser lautet: „Unter der Leitung der obersten Organe des Bundes ...
führen ... auf Zeit gewählte oder ernannte berufsmäßige Organe die Verwaltung. Sie
sind, soweit nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt wird, an die
Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden und diesen für ihre
amtliche Tätigkeit verantwortlich“). Auf die vorbildlich klare Regelung in § 28
Abs 1
Wiener Landes-Gleichbehandlungsgesetz, in der ausdrücklich festgehalten ist,
dass die Gleichbehandlungsbeauftragten an keine Weisungen gebunden sind, wurde
verwiesen. Das GBK/GAW-Gesetz enthält entgegen dieser dringenden Forderung
keinerlei verfassungsrechtliche Garantie der Unabhängigkeit und
Weisungsfreiheit für die Ombudseinrichtungen.
Hinsichtlich der
Regionalbüros war es für die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen besonders
wichtig klarzustellen, dass Regionalbüros für den Bereich der Gleichbehandlung
und Gleichstellung auf Grund des Geschlechts eingerichtet wurden und dies auch
weiterhin bleiben müssen, um den Diskriminierungsschutz und die
Weiterentwicklung in Richtung Gleichstellung der Geschlechter nicht zu gefährden.
Eine Zuständigkeit der bestehenden Regionalbüros für andere
Diskriminierungsgründe ist - außer im Fall von Mehrfachdiskriminierungen, bei
denen es auch einen Genderaspekt gibt - nicht möglich. Dem wurde im
GBK/GAW-Gesetz Rechung getragen.
Für andere Diskriminierungsgründe
können (und sollten) aus Sicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft eigene
Regionalbüros eingerichtet werden.
Einem langjährigen Wunsch der
Gleichbehandlungsanwaltschaft entspricht die Neueinführung der Bestimmung, dass
künftig auch Arbeitgeber/innen und nicht nur private Arbeitsvermittler/innen
bei Verletzung des Gebots der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung einer
Verwaltungsstrafe unterliegen.
Schon im bisherigen
Gleichbehandlungsgesetz gibt es keine taxative Aufzählung von diskriminierenden
Verhaltensweisen, der Paragraph über die Rechtsfolgen sieht Sanktionen aber nur
für die ausdrücklich angeführten Tatbestände vor. Somit entstand de facto ein
abgeschlossener Katalog diskriminierender Verhaltensweisen, die
Schadenersatzfolgen nach sich ziehen. Es wird daher angeregt, einen
Auffangtatbestand zu schaffen, der sicherstellt, dass bei sonstigen, nicht
ausdrücklich erfassten Verletzungen des Gleichbehandlungsgebots ebenfalls der
Vermögensschaden sowie die erlittene persönliche Beeinträchtigung ersetzt
werden. Zu denken wäre hier etwa an die bei Bewerbungsgesprächen häufig
gestellten Fragen nach abgeschlossener Familienplanung, vorliegender
Schwangerschaft oder Handhabung der Kinderbetreuung, die Frauen gegenüber
männlichen Mitbewerbern in unsachlicher Weise benachteiligen.
Nach wie vor niedrig aus Sicht der
Praxis ist der vorgesehene Mindestschadenersatz von lediglich einem
Monatsentgelt für Fälle einer Einstellungs- und drei Entgeltdifferenzen bei
Beförderungsdiskriminierung und von maximal 500,-- Euro für jene Fälle, bei der
die betroffene Person auch bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle nicht
erhalten hätte oder nicht aufgestiegen wäre. Dies ist auch im Hinblick auf die
Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, wonach ein Schadenersatz wirksam,
verhältnismäßig und abschreckend sein muss, bedenklich.
Die Rechtsfolge einer
Diskriminierung bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses besteht nach wie
vor in der bloßen Anfechtbarkeit der Beendigungserklärung. Es gibt keinen
Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens bzw. eine Entschädigung für die
erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Bei der neu gestalteten
Gleichbehandlungskommission ist die Frage offen, ob eine bloße Koordinationstätigkeit
des/der Vorsitzenden des Senates I die reibungslose Zusammenarbeit der drei
Senate gewährleisten kann. Die Senate bestehen gleichberechtigt nebeneinander.
Denkbare negative oder positive Kompetenzkonflikte in der Bearbeitung einer
Beschwerde wurden nicht geregelt.
Was die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen betrifft, so erleichtern kurze und prägnante Bezeichnungen
die Identifizierbarkeit der vorgesehenen Organe und die schriftliche und
mündliche Kommunikation mit diesen wesentlich. In der Vergangenheit haben sich
solche Bezeichnungen aus der Praxis entwickelt (z.B. die Bezeichnung
„Anwaltschaft“ für die Institution, obwohl der Gesetzestext bis dato die
Bezeichnung „Anwältin“ vorsieht, die auf eine Person hindeutet).
Dies ist in Zukunft auch für die
nun vorgesehenen drei Ombudseinrichtungen zu erwarten.
Hinsichtlich der neu geschaffenen
Koordinationstätigkeit der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und
Männern in der Arbeitswelt werden ebenfalls die praktischen Erfahrungen zeigen,
ob diese für eine reibungslose Kooperation der in der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen zusammengefassten Organe ausreichend ist. Im Sinne
einer jedenfalls zu gewährleistenden Unterstützung und Beratung einer sich als
diskriminiert erachtenden Person könnte eine Art „Kompetenzkompetenz“ für die
Zuteilungen von Beschwerden notwendig werden. Darauf, dass aufgrund der
Erweiterung des Kompetenz- und Aufgabenbereiches bereits die in den
Erläuternden Bemerkungen getroffene Feststellung, wonach der Personalstand der
Einrichtung unangetastet bleiben soll, eine de facto-Verschlechterung des
Beratungs- und Begleitungsangebots bedeutet, wurde hingewiesen.
Um die neu hinzukommenden Agenden
auch tatsächlich wahrnehmen zu können, braucht es eine Aufstockung personeller
und materieller Ressourcen.
Die Regionalanwältinnen bzw.
Regionalvertreter/innen wurden, einem ebenfalls langjährigen Wunsch der
Gleichbehandlungsanwaltschaft entsprechend, in den Kreis der ausdrücklich genannten
Organe, Personen bzw. Institutionen aufgenommen, die Verlangen zu Gutachten und
Einzelfallprüfungen an die Gleichbehandlungskommission richten können.
5.2.
Anliegen aus dem Tätigkeitsbericht
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen für das Jahr 2002, die bereits verwirklicht
sind:
Von den im Tätigkeitsbericht der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen für das Jahr 2002 enthaltenen Anliegen und Forderungen wurden folgende in das neue Gleichbehandlungsgesetz bzw. GBK/GAW-Gesetz aufgenommen:
Ø
Umwandlung
der Schadenersatzobergrenzen bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebots bei der
Begründung des Arbeitsverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg in
Mindestgrenzen und Differenzierung des Schadenersatzes danach, ob der/die
Stellenwerber/in bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte
(jetzt Schadenersatzuntergrenze von einem Monatsentgelt) oder auch bei
diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle nicht erhalten hätte (Schadenersatz bis € 500,--).
Ø Weitgehende
Anpassung der Beweislastregelung an die Beweislastrichtlinie (97/80/EG).
Ø
Die Parteistellung der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen im Verfahren vor der Bezirksverwaltungsbehörde wegen
nicht geschlechtsneutraler Stellenausschreibung.
Ø
Eine teilweise Stärkung der Stellung der Regionalanwältinnen
bezüglich ihrer rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten vor der
Gleichbehandlungskommission (offen geblieben ist eine ausdrückliche Regelung,
dass die Regionalanwältinnen ein Teilnahme- und Fragerecht auch in Fällen haben
sollen, die nicht ihren örtlichen Wirkungskreis betreffen, da sie jedenfalls
als Expertinnen für Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsrecht gegenüber der
Kommission gelten).
Ø
Die Festlegung einer Begründungspflicht für
das Arbeits- und Sozialgericht, dem ein Prüfungsergebnis oder Gutachten der
Gleichbehandlungskommission vorgelegt wird, wenn es ein von diesem abweichendes
Urteil fällt.
Ø
Die Ausdehnung des Geltungsbereichs des
Gleichbehandlungsgesetzes dahingehend, dass freie Dienstnehmer/innen und neue
Selbständige als arbeitnehmer/innenähnlich Beschäftigte vom Schutz des Gesetzes
umfasst werden.
Ø
Die
durchgängig sprachlich geschlechtergerechte Gestaltung.
Ø
Die
Einbeziehung von nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen von
Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen in die Verwaltungsstrafbestimmung.
Noch nicht umgesetzt sind lediglich die
Forderung zur Angleichung der Fristen zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen
(als für die Rechtssuchenden problematisch erweisen sich dabei immer wieder die
durch Kollektivvertrag normierten und im Vergleich zum Gesetz kürzeren Verjährungsbestimmungen
bei der Entgeltdiskriminierung) sowie die Einbeziehung der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen in den Kreis der in § 54 Abs. 2 ASGG genannten
Normadressaten zur Einbringung von Feststellungsanträgen beim Obersten
Gerichtshof.
5.3. Die
Weiterentwicklung in anderen gleichbehandlungs- und gleichstellungsrelevanten Rechtsbereichen
5.3.1. Betriebsvereinbarungen
Im Jahresbericht 2002 wurde bereits auf die Problematik hingewiesen, dass das österreichische Arbeitsverfassungsgesetz derzeit nur die Möglichkeit bietet, fakultative Betriebsvereinbarungen mit dem Ziel der Gleichstellung und Frauenförderung abzuschließen.
Fakultative Betriebsvereinbarungen sind im Gesetz immer dann vorgesehen, wenn bei der Arbeitgeberin/beim Arbeitgeber ein Anreiz zum Abschluss besteht, wie z.B. bei Disziplinarordnungen, Kontrollmaßnahmen, Leistungsentgelten etc., oder wenn es sich um Fragen betrieblicher Sozialpolitik handelt.
Hinsichtlich der Verwirklichung der Ziele der Frauenförderung und Gleichstellung erscheinen aus der Sicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft erzwingbare Betriebsvereinbarungen das geeignetere Instrumentarium.
Ø
Eine
Bestimmung in einer Betriebsvereinbarung lautet, dass der/die Gleichbehandlungsbeauftragte
den Betriebsrat bei einer Beschwerde informieren soll. Nach langjähriger
Erfahrung der Anwaltschaft wird hiervon abgeraten. Die Vertraulichkeit ist
eines der obersten Prinzipien für eine erfolgreiche Beratung bei
Diskriminierungen. Nur unter dieser Voraussetzung werden innerbetriebliche
Beschwerdestellen in Anspruch genommen.
Ø Laut einer
Betriebsvereinbarung soll es eine interne Kommission zur Überprüfung von
Diskriminierungen geben. Hier würde das unternehmensinterne Disziplinarrecht
Anwendung finden, das der betroffenen Person keine Parteistellung gibt. Nach
Einschätzung der Anwaltschaft wäre die Hemmschwelle, eine solche Kommission in
Anspruch zu nehmen, sicher zu hoch und die Regelung daher kontraproduktiv.
Darüber hinaus müsste den Betroffenen garantiert werden, dass die durch
Betriebsvereinbarung ins Leben gerufenen Gremien nicht einer weiteren
oder erstmaligen Befassung der im Gleichbehandlungsgesetz vorgesehenen Stellen,
nämlich der Anwaltschaft für Gleichbehandlung und der Gleichbehandlungskommission,
entgegenstehen.
Ø Die betriebsinterne
Kommission soll geschlechtsspezifische Statistiken über die Einkommenssituation
führen. Diese Aufgabe ist eine effiziente Möglichkeit, Gleichstellung bei der
Einkommenssituation von Frauen und Männern herzustellen und wird von der
Anwaltschaft begrüßt. Eine Verpflichtung von Unternehmen zur Führung derartiger
Statistiken existiert schon in Schweden und dient dort als Basis für
schrittweise Verbesserungen in Richtung Gleichstellung.
Ø In Betriebsvereinbarungen sollte jedenfalls festgelegt werden, wie viel Zeit dem/der Gleichbehandlungsbeauftragten für die Tätigkeit zur Verfügung steht, um effizient arbeiten zu können. Betriebsvereinbarungen ohne Gewährleistung entsprechender Möglichkeiten für die innerbetriebliche Gleichstellungseinrichtungen bergen die Gefahr, dass sich wenige Personen an die vorgesehenen Stellen wenden und diese ihre Existenzberechtigung dann nicht nachweisen können.
Das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern, das nun in § 2 Gleichbehandlungsgesetz festgelegt ist, kann aus der Sicht der Anwaltschaft nur in die Praxis umgesetzt werden, wenn auf längere Sicht gesehen erzwingbare Betriebsvereinbarungen zur Frauenförderung und Gleichstellung möglich sind.
5.3.2. Wiedereinstieg
nach der Karenz
Im Zusammenhang mit dem
Fernbleiben vom Arbeitsplatz auf Grund der Geburt eines Kindes bestimmt Art 1 Abs 7 der RL 2002/73/EG,
dass Frauen nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubes Anspruch darauf haben, an
ihren früheren Arbeitsplatz oder zumindest an einen gleichwertigen Arbeitplatz
unter Bedingungen, die nicht weniger günstig sind, zurückzukehren. Eine
ungünstigere Behandlung im Zusammenhang mit Schwangerschaft und
Mutterschaftsurlaub gilt als Diskriminierung.
Art 11 Abs 2 lit b CEDAW,
BGBl Nr 443/1982, normiert, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen setzen
müssen, um Mutterschaftsurlaub ohne Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes
zu gewährleisten.
Eine unmittelbare
Diskriminierung nach Inanspruchnahme einer Karenz ist jedenfalls zu sehen, wenn
schon im Mutterschaftsurlaub Maßnahmen getroffen werden, die den bisherigen
Arbeitsplatz gefährden oder die Gleichwertigkeit nicht mehr gewährleisten, zum
Beispiel wenn sofort eine unbefristete Nachfolge eingestellt und keine befristete
Vertretung aufgenommen wird.
Eine mittelbare
Diskriminierung auf Grund des Geschlechts ist bei verschlechternden Bedingungen
auch nach Inanspruchnahme der Karenz zu sehen, weil allgemeine Regelungen,
Kriterien oder Verfahren (zum Beispiel Versetzungen) Frauen hier eher treffen
als Männer.
Sachliche Rechtfertigungen
wären zum Beispiel Qualifikationseinbußen, die jedoch nach objektiven Kriterien
festgestellt werden müssten. Durch Familienarbeit erworbene Qualifikationen
müssten hierbei mitbedacht werden.
In das seit 1.7.2004 in
Kraft befindliche Gleichbehandlungsgesetz, das im Lichte der oben genannten
Bestimmungen auszulegen ist, wurde in § 3 (Gleichbehandlungsgebot) der Passus
„...auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- und
Familienstand..“ aufgenommen, wodurch der österreichische Gesetzgeber eine
Klarstellung dahingehend vorgenommen hat, dass auch Männer, die nach
Fernbleiben vom Arbeitsplatz wegen Inanspruchnahme eines Karenzurlaubes
Benachteiligungen erleiden, als diskriminiert im Sinne des Gesetzes anzusehen
sind.
Die
Auswahl der Beratungsfälle erfolgte unter drei Gesichtspunkten:
Es
sollen die Vielfalt und Unterschiedlichkeit diskriminierender Verhaltensweisen,
neu auftretende Rechtsfragen oder Beratungssituationen und Präzedenzfälle,
die für künftiges Vorgehen richtungsweisend sind, dargestellt werden.
6.1. Begründung
des Arbeitsverhältnisses
Ø Die allein für die Buchhaltung und Lohnverrechnung zuständige Angestellte einer in den letzten Jahren immer größer gewordenen Firma hat wiederholt eine zusätzliche Kraft zu ihrer Entlastung gefordert und kann nun endlich ihre Chefin von der Notwendigkeit der Besetzung eines weiteren Dienstpostens überzeugen. Die Stelle wird ausgeschrieben, eine 24jährige Frau erweist sich im Auswahlverfahren als bestqualifiziert. Aber anstatt die neue Kollegin einzustellen, teilt die Chefin ihrer langjährigen Buchhalterin mit, es zahle sich nicht aus, die Frau aufzunehmen, da sie in zwei Jahren wegen einer Schwangerschaft sowieso wieder weg sei. Die Buchhalterin ersucht um Unterstützung für ihre innerbetriebliche Argumentation, um zu erreichen, dass die junge Bewerberin doch aufgenommen werden muss.
Ø Eine erfahrene Fachärztin, die seit langem an einem Spital tätig ist, bewirbt sich in einem anderen Krankenhaus um die ausgeschriebene fachärztliche Position ihres Spezialgebietes. Der Landessanitätsrat hat bereits eine Reihung vorgenommen: Demnach gelten alle Bewerber/innen, die in der ersten Gruppe gereiht sind, als gleichwertig; diese Gruppe besteht aus vier männlichen und zwei weiblichen Kandidaten und Kandidatinnen. Die Fachärztin weiß jedoch, dass sie nur einen einzigen ernsthaften Konkurrenten hat. Sie fürchtet nun, aufgrund einer neuen Schwerpunktsetzung, die das Krankenhaus für die fragliche Abteilung vornimmt, ausgebootet zu werden. Von drei möglichen zusätzlichen Fachausbildungen, die in Zukunft für die Abteilung aufgrund der neuen Konzeption gefragt sein könnten, deckt sie zwei ab, der Mann nur eine. Er verfügt auch über weniger einschlägige Dienstjahre als sie. Sie erachtet sich daher als besser qualifiziert. Die Fachärztin nimmt bereits vor der endgültigen Bestellung Kontakt zum potentiellen künftigen Dienstgeber auf und weist ihn darauf hin, dass hier eine gleichbehandlungsrechtlich relevante Frage im Raum stehe. Ihr wird Unterstützung wegen ihrer unbestrittenen Fachkompetenz signalisiert, aber zugleich deutlich gemacht, dass die Entscheidung allein dem ärztlichen Leiter des Hauses überlassen werde, der bekanntermaßen ein Problem mit Frauen habe. Tatsächlich wird der männliche Kollege bestellt. Die Ärztin, die sich nicht alle Kooperationsmöglichkeiten mit dem Krankenhaus verbauen will, verzichtet auf weitere Schritte.
Ø Ein Absolvent der
Musikhochschule hat bereits seit mehreren Jahren als Orchestermusiker gearbeitet.
Nun möchte er in eine Unterrichtstätigkeit einsteigen und bewirbt sich an drei
Musikschulen als Karenzvertretung für das Fach Querflöte. In allen drei Schulen
wird ihm mitgeteilt, man wolle anstelle der in Karenz gegangenen Kollegin
wieder eine Frau einstellen, damit die Umstellung für die Kinder nicht so groß
sei. Der Musiker bringt vor, dass die Kinder normalerweise erst im Alter von
neun Jahren mit dem Querflötenunterricht beginnen und ihnen ein solcher Wechsel
daher wohl zuzumuten sei. Daraufhin wird ihm in zwei Fällen erwidert, er sei
ohnehin fachlich zu gut, man wolle lieber eine mittelmäßige Frau, damit es
nicht zu Eifersucht unter den Kollegen und Kolleginnen komme.
Ø Ein großes Medienunternehmen ist
von Umstrukturierungsmaßnahmen wegen der Inkraftsetzung eines neuen
Kollektivvertrages betroffen, hierbei kommt es bei allen Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen zu neuen Verträgen. Der Grundsatz ist, dass die neuen Verträge
nicht mehr kosten dürfen als im Vorjahr. Im Zuge dieser Umstrukturierung melden
sich zunächst zwei Frauen, die sich bei der Entscheidung des Unternehmens, ob
ein freier Dienstvertrag oder ein Anstellungsvertrag gebührt, diskriminiert
fühlen. Einer weiteren Frau wird als Grundlage für die Bezahlung beim Abschluss
eines Arbeitsvertrages das Lohnniveau des Vorjahres angeboten. Dies würde
verglichen mit den Vorjahren jedoch zu 30 % Lohneinbuße führen, da die Frau
zuletzt karenzbedingt Teilzeit gearbeitet hatte. Darauf soll nun keine
Rücksicht genommen werden. Die Frau entscheidet sich für eine einvernehmliche
Auflösung, da sie sich einem Verfahren nicht gewachsen fühlt.
Ø Eine Kindergärtnerin, die einen
gendersensiblen Kindergarten leitet, fragt bezüglich eines Kollegen an. Dieser
wurde nach ihren Angaben von einem anderen Kindergarten mit der Begründung abgelehnt,
es gäbe keine getrennten Toiletten. Da erst bei einer Anzahl von fünf
Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen des anderen Geschlechts eine getrennte
Sanitäranlage nach ArbeitnehmerInnenschutzgesetz notwendig ist, ist von einem
Fehlen der sachlichen Rechtfertigung auszugehen. Es zeigt sich aber hier auch
die mangelnde Bereitschaft, in einem traditionell dem weiblichen Geschlecht
zugeordneten Arbeitsbereich einen Platz für das männliche Geschlecht zu
schaffen.
Ø Ein arbeitssuchender Buchhalter
meldet sich und merkt an, dass es für ihn als Mann sehr schwierig sei, in einem
frauendominierten Beruf wie Buchhaltung eine Arbeit zu finden. Er hat des öfteren
Probleme, weil Betriebe hierfür nur Frauen nehmen wollen.
Ø Ein Unternehmensberater fragt
an, ob es eine sachliche Rechtfertigung darstellt, Männer in Sozialarbeiter/innenteams
bevorzugt einzustellen, damit Teams paritätisch besetzt sind. Es geht bei
dieser Anfrage nicht so sehr um eine etwaige Bevorzugung des
unterrepräsentierten Geschlechts bei Gleichwertigkeit der Qualifikationen,
sondern vielmehr darum, ob das männliche Geschlecht eine unverzichtbare
Voraussetzung bei der Einstellung in ein weiblich dominiertes Sozialarbeiterinnenteam
darstellen könne, also nur aus den männlichen Bewerbern auszusuchen wäre. Zu
dieser Frage gibt es eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin
(14.1.1998 – 8 Sa 118/97), nach der die Position einer „Bundesfrauenreferentin“
deshalb nur mit einer Frau zu besetzen sei, da die Position beinhalte, mit
Frauengruppen zusammenzuarbeiten, die auf Grund von Erfahrungen mit sexuellen
Übergriffen nicht mit Männern kommunizieren würden. Daher sei das weibliche
Geschlecht bei der Besetzung dieser Position eine sogenannte „notwendige
Fähigkeit“. Die Anwaltschaft sieht, von dieser Argumentation ausgehend, das
männliche Geschlecht für die Besetzung von Sozialarbeiter/innenteams nicht als
gleichermaßen notwendige Voraussetzung. Eine Bevorzugung des
unterrepräsentierten Geschlechts (hier der Männer) bei gleicher/gleichwertiger
Qualifikation und eine „Öffnungsklausel“ für Mitbewerberinnen ist allerdings
nach Art 141 Abs 4 EG-Vertrag möglich.
Ø Eine Frau, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern im Alter von 7 und 10
Jahren,
sucht seit 3 Monaten eine neue Beschäftigung in dem von ihr erlernten Beruf.
Sie ist Zahnarzthelferin und war die letzten Jahre durchgängig in anderen
Beschäftigungsverhältnissen. Sie hat die größten Probleme, zu einem
Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden, und es wird ihr immer wieder schon im
Vorfeld eines möglichen Beschäftigungsverhältnisses mitgeteilt, dass sie keinen
Pflegeurlaub nehmen darf. Dieser Hinweis sowie die Frage, wie sie die Betreuung
ihrer Kinder im Krankheitsfall regeln würde, wird ihr sowohl von Frauen als
auch Männern mitgeteilt und gestellt. Die Frau möchte, anders als in den
vergangenen Jahren, in denen sie versucht hat, ohne das Konsumieren von
Pflegeurlaub auszukommen, künftig auf dieses ihr zustehende Recht nicht mehr
verzichten. Gemeinsam mit der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen werden
Strategien für Verhaltensweisen in potentiellen zukünftigen
Bewerbungsgesprächen erarbeitet und die Frau darüber informiert, dass
diesbezügliche Fragen die Privatsphäre betreffen und aus diesem Grund bei einem
Bewerbungsgespräch nicht gestellt werden dürfen. Aus einer solcherart gelagerten
Frage entstünde keine Verpflichtung zur Beantwortung. Die Frau teilt einige
Wochen später mit, dass ihr bei den letzten Bewerbungsgesprächen die Frage nach
ihren Betreuungspflichten nicht mehr gestellt wurde und sie nun zwischen zwei
Stellenangeboten wählen könne.
Ø Eine arbeitssuchende Architektin, wohnhaft in Graz, bewirbt sich auf Empfehlung des Arbeitsmarktservice für eine vakante Stelle bei einer Wiener Baufirma. Das erste Bewerbungsgespräch mit dem Geschäftsführer des Unternehmens, für das die Frau extra nach Wien fährt, verläuft freundlich und sehr konstruktiv. Es wird ihr mitgeteilt, dass es noch weitere Kandidaten und Kandidatinnen gäbe, sie aber mit hoher Wahrscheinlichkeit den Posten erhalten werde. Das zweite Bewerbungsgespräch, ebenfalls in Wien und mit demselben Geschäftsführer, wird auf Wunsch des Geschäftsführers als gemeinsames Mittagessen gestaltet. Inhalt dieses Gespräches ist jedoch nicht mehr die Besetzung der zukünftigen Stelle, sondern sind die privaten Ambitionen des Geschäftsführers im Hinblick auf die Bewerberin. Er erklärt ihr, dass sie für ihn die Richtige sei und alles verkörpere, was er sich von einer Frau wünsche. Er wolle sie nicht nur für ein oder zwei Jahre, sondern für immer als Partnerin. Trotz mehrfacher Klarstellung der Bewerberin, ausschließlich Interesse an der zu besetzenden Stelle zu haben, verhält sich der Geschäftsführer weiterhin sehr aufdringlich und wirbt in hartnäckiger Weise um die Bewerberin. Nach Beendigung dieses sehr unangenehmen, entwürdigenden und auch enttäuschenden Gespräches verspricht der Geschäftsführer, die Bewerberin nicht mehr weiter zu belästigen – ein Dienstverhältnis kommt aufgrund der geschilderten Vorfälle nicht zustande. In weiterer Folge versucht der Geschäftsführer jedoch, die Bewerberin telefonisch zu erreichen, diese leidet in den nachfolgenden Wochen unter wiederkehrenden Angstzuständen. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft verfasst ein Schreiben an den Geschäftsführer, in welchem sie ihn auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes hinweist und zu einer Schadenersatzleistung auffordert. Dieses Schreiben bleibt unbeantwortet, die Bewerberin kann die Vorkommnisse jedoch, nachdem sie durch dieses Schreiben ihren Unwillen nochmals bekunden konnte, für sich abschließen.
Ø
Ein
Fall der Anwaltschaft erregte mediales Aufsehen: eine Diskothek hatte auf ihrer
Homepage einen Bewerbungsfragebogen, auf dem von weiblichen Bewerberinnen
verlangt wurde, die Oberweite anzugeben. Eine Mitarbeiterin des ORF trug diesen
Fall an die Regionalanwaltschaft Oberösterreich heran und brachte einen Bericht
dazu in den Regionalnachrichten, auch Printmedien griffen den Fall auf und
berichteten darüber. In der
folgenden Zeit war ein spürbarer Anstieg der Kontaktaufnahmen und
zahlreiche (unterschiedliche) Reaktionen festzustellen.
Ø Immer wieder gibt es Anfragen an die Gleichbehandlungsanwaltschaft, warum weder die Tiroler Gebietskrankenkasse noch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter Kassenplanstellen an Gynäkologinnen vergeben.
Die Frauen äußern ihren Unmut darüber, dass sie bei einem dieser Sozialversicherungsträger versichert seien, sich eine Wahlärztin nicht leisten könnten und deshalb einen männlichen Gynäkologen aufsuchen müssten. Es ergeht ein Schreiben an den Präsidenten der Ärztekammer und an die Direktion der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter mit der Bitte um gleichberechtigte Vergabe von Kassenstellen an Ärztinnen und Ärzte sowie der Gewährleistung der Wahlfreiheit der Patientinnen, die in einem so sensiblen Bereich wie der Gynäkologie lieber eine Ärztin aufsuchen wollen.
Ø Ein Gynäkologe in Vorarlberg erkundigt sich nach der Gesetzeskonformität der Ausschreibung einer Kassenvertragsstelle der Ärztekammer mit dem Beisatz:“...allfällige Bewerberinnen werden jedenfalls – unabhängig vom Ergebnis nach den jeweiligen Richtlinien - vor männlichen Bewerbern gereiht“.
Im Schreiben der
Regionalanwaltschaft an die Vorarlberger Gebietskrankenkasse und die Ärztekammer für Vorarlberg stützt sich
die Regionalanwältin auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz.
Regelungen, die Frauen unabhängig von ihrer Qualifikation bevorzugen, widersprächen
dem Gleichheitsgrundsatz. Quotenregelungen kommen ja erst dann zum Tragen, wenn
zwei Bewerber/innen unterschiedlichen Geschlechts die gleiche Qualifikation
haben.
Für die Ärztekammer ist
diese Ausschreibung keine Quotenregelung, sondern nur eine positive Maßnahme
zugunsten von Gynäkologinnen, die zur Erweiterung der freien Arztwahl beiträgt.
6.2. Festsetzung des Entgelts
Ø Die Mitarbeiterin einer Partei
meldet sich und klagt, dass sie nicht adäquat eingestuft sei. Sie habe vor zwei
Jahren eine höherwertige Aufgabe übernommen, aber keinerlei Höherstufung oder Gehaltsverbesserung
erhalten. Männliche Kollegen, die im Laufe der Zeit qualifizierte Aufgaben übernahmen,
bekamen dies hingegen mit einer Zulage abgegolten. Die Angestellte möchte sich
schließlich von den vagen Zusagen, dass es in Kürze eine gerechte Gesamtlösung
für alle geben werde, nicht mehr länger vertrösten lassen und beendet das
Dienstverhältnis einvernehmlich.
Ø Eine Frau ist seit 10 Jahren,
teilzeitbeschäftigt wegen ihrer Kinderbetreuungsaufgaben, in einer gut gehenden
Installationsfirma, die ihr Bruder vom Vater übernommen hat, tätig. Sie möchte
jetzt in Vollzeit wiedereinsteigen. Ihr Bruder verweigert ihr dies mit dem
Argument, die Firma könne sich das nicht leisten. Die Frau weiß aber ganz genau
– immerhin führt sie die Buchhaltung -, dass das in keiner Weise stimmt. Sie
hat bisher schon viele unbezahlte Mehrstunden geleistet, auch am Wochenende,
und weiß daher, wie groß der Arbeitsanfall in Wahrheit ist. Diese tatsächlich
erforderliche Arbeitszeit möchte sie in Zukunft abgegolten bekommen. Sie
berichtet der Gleichbehandlungsanwaltschaft, dass sie sich mit ihrer Forderung
ihrem Bruder gegenüber sehr ohnmächtig fühlt.
Einem fremden Arbeitgeber
gegenüber könnte sie ihre Sache weniger emotional und daher sachlicher und
erfolgreicher durchsetzen.
Ø Eine mit 20 Stunden beschäftigte
Konzipientin möchte mit ihrem Ehemann eine Wohnung kaufen und bittet ihren
Arbeitgeber, einen Rechtsanwalt, den Kaufvertrag durchzusehen. Dieser geht zwar
darauf ein, verlangt aber dann das Zweifache des Monatsbezugs der Konzipientin
als Honorar. Die Frau ist schockiert und fragt, ob er ihr das Geld tatsächlich
abziehen oder einbehalten kann. Sie ist überzeugt, dass der Rechtsanwalt einem
männlichen Konzipienten niemals eine solche Honorarforderung gestellt, sondern
dem „Herrn Kollegen“ gern den Gefallen getan hätte. Die Juristin ist
entschlossen zu kündigen, wenn ihr Chef auf der Honorarzahlung tatsächlich
besteht.
Ø Eine Sekretärin in einer
politischen Organisation übernimmt sukzessive die Agenden der ausscheidenden
Buchhalterin, die in die höchste Verwendungsstufe der Betriebsvereinbarung
eingestuft ist und zusätzlich ein Überstundenpauschale bezieht. Sie selbst ist
in die unterste Verwendungsgruppe eingestuft. Im Laufe der Zeit wird ihre
Stundenanzahl aufgestockt. Nach einer Aufforderung durch den Rechnungshof kommt
zu ihren Tätigkeiten neu auch die Bilanzierung samt Jahresabschlussarbeiten
hinzu. Organisatorisch ist sie dem zuständigen Mitglied des Leitungsteams zugeordnet,
wenngleich sie räumlich getrennt vom Büro der Leitung untergebracht ist. In der
Organisation gibt es ein wenig transparentes System von Einstufungen und
Zulagen, das geeignet ist, Frauen zu diskriminieren, weil typischerweise von
Frauen erbrachte Zusatzleistungen oder höherqualifizierte Tätigkeiten davon
nicht erfasst werden. Diese Kritik ist der Organisation seit längerem bekannt.
Die Leitung hat deshalb bereits vor Jahren beschlossen, ein
diskriminierungsfreies Entgeltsystem zu etablieren; nach einigen Anläufen ist
dieses Vorhaben aber als nicht vordringlich nicht mehr weiter verfolgt worden.
Die Buchhalterin ist besonders darüber verärgert, dass trotz der offenkundigen
Problematik der vermuteten Entgeltdiskiminierung weiblicher Mitarbeiterinnen
keine konkreten Schritte zur Verbesserung der Situation gesetzt werden. Als ein
ebenfalls in die unterste Verwendungsgruppe eingereihter Kollege, der mit der
Personalverwaltung und als Schriftführer bei Sitzungen befasst ist, mit der
Begründung eine Zulage erhält, er sei direkt dem Leitungsbüro zugeordnet und
solle daher eine Abgeltung für die höhere Verantwortung, die erforderliche
Selbständigkeit und Eigenverantwortung, den fallweisen flexiblen Einsatz und
die besondere Belastbarkeit erhalten, weist die Buchhalterin darauf hin, dass
diese Kriterien auf ihre Tätigkeit ebenso zutreffen, und fordert daher
ebenfalls eine Zulage in der gleichen Höhe. Die Leitung argumentiert zunächst
damit, dass die Buchhalterin räumlich getrennt untergebracht sei. Dann wird
darauf hingewiesen, dass die Organisation ein umfassendes
Arbeitsbewertungsprojekt plane, vor dessen Abschluss keine Einzelmaßnahmen
gesetzt werden könnten. In mehreren Gesprächen macht die
Gleichbehandlungsanwaltschaft deutlich, dass bereits jetzt eine Diskriminierung
beim Entgelt vorliegt, weil die Buchhalterin trotz mindestens gleichwertiger
Tätigkeit keine Zulage bezieht und die von der Organisation selbst
aufgestellten Kriterien auch von der Buchhalterin erfüllt werden. Schließlich
wird die Zulage für ein halbes Jahr rückwirkend und für die Zukunft so lange
zugestanden, bis das Arbeitsbewertungsprojekt, durch das alle
Arbeitnehmer/innen einer diskriminierungsfreien Einstufung zugeführt werden
sollen, umgesetzt ist.
Ø Die langjährige Mitarbeiterin eines Sozialversicherungsträgers befindet sich seit drei Jahren in Sonderurlaub. Diesen hat sie zunächst auch im Interesse des Dienstgebers angetreten, weil sie an der EDV-Entwicklung eines auch für den Sozialversicherungsträger wichtigen Projekts mitwirkte; zur Abfassung einer Dissertation über das Thema hat die Arbeitnehmerin den Sonderurlaub dann verlängert. Mit 1.10. soll sie in das Dienstverhältnis zurückkehren. Sie wird aber schwanger; der Mutterschutz beginnt mit 15.9. Der anzuwendende Kollektivvertrag enthält eine Bestimmung, wonach einer Dienstnehmerin im Mutterschutz 49% der unmittelbar vor Beginn des Wochengeldbezugs gebührenden Dienstbezüge zustehen, sofern sie kein reguläres Wochengeld bezieht. Da die Dienstnehmerin im Sonderurlaub ohne Bezüge dienstfreigestellt war, hat sie keinen Wochengeldanspruch. Sie fordert daher für die Dauer des Mutterschutzes 49% ihres vor dem Sonderurlaub bezogenen Gehalts ein. Der Arbeitgeber bestreitet zunächst, dass das Dienstverhältnis mit Eintritt des Beginns der Schutzfrist, somit mit 15.9., wiederauflebt, kann aber unter Hinweis auf das OGH-Urteil 9 ObA 132/87 vom 13.4.1988 vom Gegenteil überzeugt werden. Daraufhin wird schriftlich die von der Dienstnehmerin gewünschte Zahlung zugesagt und ein Teilbetrag auch tatsächlich überwiesen. Als die Frau die Restsumme geltend macht, widerruft der Sozialversicherungsträger seine Zusage und behauptet nun, er habe die entsprechende Bestimmung im Kollektivvertrag irrtümlich falsch gelesen; der Dienstnehmerin stünden die 49% des Dienstbezugs nicht zu, da sie zum Zeitpunkt des fiktiven Wochengeldanspruchs wegen des unmittelbar vorangehenden Sonderurlaubs ohne Bezüge gewesen sei. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft vertritt die Ansicht, dass der betroffenen Arbeitnehmerin sogar 100% der vorherigen Bezüge zustehen, weil sie allein aus dem Grund der Schwangerschaft nicht beim Entgelt diskriminiert werden darf und der Arbeitgeber – sofern wie hier kein Wochengeldanspruch besteht – wegen des aufrechten Dienstverhältnisses zur Zahlung des vollen Gehalts verpflichtet ist. Eine dem widersprechende Formulierung der Kollektivvertragsbestimmung entspricht ihrer Meinung nach nicht dem EU-Recht und ist daher nicht anzuwenden. Auf Wunsch der betroffenen Dienstnehmerin bemüht sich die Gleichbehandlungs-anwaltschaft, einen „Vergleich“ in der Höhe der ursprünglich vom Sozialversicherungsträger schon zugesagten Summe zu erreichen. Darüber hinaus wird erwogen, die entsprechende Kollektivvertragsbestimmung durch die Gleichbehandlungskommission auf ihre Gleichbehandlungskonformität überprüfen zu lassen.
Ø Eine Frau ist zunächst als Sachbearbeiterin der Auftragsabwicklung
im Unternehmen beschäftigt. Der Geschäftsführer gibt ihr immer wieder zu
verstehen, dass er ihr nicht zutraue, neben der Betreuung von zwei Kindern eine
vollwertige berufliche Leistung zu erbringen. Sie beendet deshalb nach einiger Zeit
selbst das Dienstverhältnis, weil sie trotz ihres Engagements keinerlei
Wertschätzung erfährt und sich die herabwürdigenden Bemerkungen ihres
Vorgesetzten nicht mehr gefallen lassen will. Entgegen der Voraussage ihres
bisherigen Chefs findet sie sofort eine neue, herausfordernde Tätigkeit als
Marketing-Assistentin in einem weltweit tätigen Konzern. Nachdem es bei ihrer
alten Firma einen Wechsel in der Geschäftsleitung gegeben hat, tritt der neue
Geschäftsführer an sie heran und fragt sie, ob sie nicht wieder für das
Unternehmen tätig sein will. Tatsächlich kehrt die Frau in die höherwertige
Position einer Account Managerin zurück. Sie reist sehr viel und baut
Kundenkontakte in Osteuropa auf, wobei sie noch während des Krieges in Kroatien
und gleich nach Kriegsende auch in Bosnien tätig wird. Als ein neuer Kollege in
die Abteilung kommt, übernimmt dieser die nationalen
Kunden der Frau in der Slowakei, Tschechien und Serbien. Die Arbeitnehmerin
entwickelt sich zur Key Account Managerin weiter, sie betreut nun mehrere
internationale Großkunden und erhält dafür auch eine Gehaltserhöhung. Trotzdem
verdient, wie sie in Erfahrung bringen kann, der männliche Kollege immer noch
um rund dreißig Prozent mehr als sie selbst, obwohl er keinen einzigen
Großkunden betreut und auch sonst kein Qualifikationsvorsprung ihr gegenüber
erkennbar ist.
Im Zuge einer
Personalreduktion im Verkaufsbüro wird der Kollege schließlich gekündigt. Auch
die beiden in der Abteilung tätig gewesenen Marketingmitarbeiterinnen scheiden
aus. Als Key Account Managerin führt die Frau großteils deren Agenden alleine
weiter, die Positionen werden nicht nachbesetzt. Sie ersucht angesichts des
stark gewachsenen Aufgabenbereiches um Gehaltserhöhung und die Zuteilung und
Einschulung eines oder einer Junior Key Account Managers/ Managerin; beides
wird abgelehnt. Der Vorschlag der Geschäftsführung an die Frau lautet vielmehr,
dass sie in Zukunft ausschließlich für die Marketingagenden der Abteilung
zuständig sein solle. Damit wäre nicht nur der Verlust des Firmenwagens,
sondern auch eine Gehaltsreduktion verbunden gewesen, da die beiden
Marketingassistentinnen deutlich weniger verdient hatten als sie. Hand in Hand
damit wäre ein massiver Reputationsverlust einhergegangen. Da sich die
Mitarbeiterin nebenbei bei Meldung ihrer Schwangerschaft auch noch anhören
muss, ob das in ihrem Alter wirklich noch nötig sei, und später, als sie der
Geschäftsleitung mitteilt, dass sie das Kind verloren hat, mit der Äußerung
konfrontiert wird: „Seien Sie doch froh, da ersparen Sie sich ja einiges!“,
entschließt sie sich zur Kündigung. Auf Drängen des Geschäftsführers stimmt sie
einer einvernehmlichen Auflösung zu und willigt ein, noch etwas länger zu
bleiben. Da sich die Geschäftsleitung als Bedingung für die einvernehmliche Auflösung
aber eine Zusage der Frau vorstellt, wonach sie zeitlich unbeschränkt bereit
sei, ihren Nachfolger – auch auf Dienstreisen – einzuschulen, kündigt sie
neuerlich und endgültig. Im nachhinein erfährt sie, dass dieser Nachfolger, der
deutlich jünger ist, weniger Erfahrung hat und auch keine Großkunden betreut,
um 300 Euro mehr verdient als sie. Die Frau überlegt sich die Einschaltung der
Gleichbehandlungskommission.
Ø Eine Frau ist in einem
Telekommunikationsunternehmen als Channel Managerin tätig, verdient mit 32.000
ÖS aber deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen im selben
Aufgabenbereich. Ein Kollege z.B.
bezieht rund 37.000 ÖS plus Prämie, ein anderer gar 45.000 ÖS plus
Prämie. Die Arbeitnehmerin und die männlichen Kollegen weisen alle kein
abgeschlossenes Studium, aber eine vergleichbare Dauer an Berufsjahren bzw.
Vordienstzeiten auf. Die Frau fordert wiederholt eine Angleichung ihres
Einkommens und eine Prämienzusage. Erst nach mehrfacher Urgenz wird ihr die
Prämie zugestanden, allerdings noch ohne die dafür nach den Richtlinien
eigentlich erforderliche Anpassung des Grundgehalts auf 35.000 ÖS. Bezüglich
dieser Gehaltserhöhung wird sie über Monate hinweg vertröstet. Des weiteren
erhält sie nie einen ADSL-Anschluß, der als Gehaltsbestandteil gilt. Nicht
zuletzt erweitert sich im Laufe des Jahres 2002 ihr Aufgabenbereich, ohne dass
eine Gehaltskorrektur vorgenommen wird. Im Zuge der Umstrukturierung der
Abteilung teilt ihr der Abteilungsleiter mit, für sie sei in der neuen Struktur
kein Arbeitsplatz mehr vorgesehen. Stattdessen werden zwei neue männliche
Mitarbeiter aufgenommen, einer davon erhält eine neu geschaffene Position, die
ihn zum unmittelbaren Vorgesetzten der Frau macht. Für die Arbeitnehmerin ist es
unverständlich, dass ihr nicht die Position des anderen neu eingestellten
Mitarbeiters angeboten wurde. Sie vermutet, dass es ihrem Abteilungsleiter, der
aus seinem Ärger über ihre Gehaltsforderungen kein Hehl machte, eine Genugtuung
bedeutet, sie zu degradieren. Ihr wird letztlich nur eine Tätigkeit als
online-Redakteurin in Aussicht gestellt, was eine klare Diskriminierung beim
beruflichen Aufstieg bedeutet. Um die Situation nicht eskalieren zu lassen,
schlägt die Frau eine Stundenreduktion bei gleichbleibendem Gehalt vor. Dies
wird mit dem Argument abgelehnt, es sei generell keine Teilzeitarbeit möglich.
Der Abteilungsleiter kann sich diese Variante nur im Rahmen einer
„Werkvertragslösung“ vorstellen, was für die Frau wegen des damit verbundenen
Verzichts auf die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorteile eines
Arbeitsvertrages ein unannehmbarer Vorschlag ist. Tatsächlich arbeitet jedoch
ein Mann im Team Teilzeit – dieses Faktum wurde bisher noch nie als Problem
gesehen. Die Arbeitnehmerin wird in der Folge bei der
high-potential-Ausbildung nicht
berücksichtigt, zu der neun Männer und eine Frau zugelassen werden. In welcher
Form und nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgte, kann sie nie in Erfahrung
bringen. Tatsche ist jedoch, dass aus ihrer Abteilung gleich drei männliche
Kollegen ausgewählt wurden, von denen zwei das gleiche Eintrittsdatum wie sie
und die gleiche formelle Vorqualifikation besitzen. Die Arbeitnehmerin gibt auf
und handelt mit Unterstützung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen eine
einvernehmliche Auflösung unter Bedingungen, die für sie akzeptabel sind, aus.
Sie braucht allerdings Monate und sogar therapeutische Hilfe, um die ihr
widerfahrenen Kränkungen aufzuarbeiten.
Ø Zwei weibliche Bankangestellte wenden sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft, weil ihre Teilzeitjahre für das Definitivum zur Erreichung der betrieblichen Altersversorgung nicht angerechnet werden.
Bei
der Betriebspensionsberechnung wurde für beide Frauen ein fiktives
Eintrittsdatum angenommen und die Teilzeitjahre nur aliquot für die
Betriebspension angerechnet. Dadurch wird der Pensionsanspruch erheblich
geschmälert.
Das Personalmanagement der Bank sichert den beiden Frauen nach Intervention der Anwaltschaft schließlich zu, dass die Teilzeitjahre für die Pensionswirksamkeit im Verhältnis 1:1 berücksichtigt werden.
Ø Eine Frau wird in einer
politischen Organisation zunächst als Internetbetreuerin für 10 Stunden angestellt,
vorwiegend für das Layoutieren von HTML-Seiten. Die Einstufung erfolgt ohne
Anrechnung von Vordienstzeiten, Studium oder Alter in der Gehaltsstufe 1. Im
Laufe der Zeit verändert sich ihr Aufgabenfeld zunehmend, da es nun zum Aufbau
eines Intra- und Internets der gesamten Organisation kommt, wofür eigene
Webserver bespielt werden. Sie betreut das gesamte Kommunikationssystem (ca.
130 Homepages), entwickelt es immer wieder nach den Bedürfnissen der
User/innen weiter und leistet auch Support. Um den Informations- und
Kommunikationsfluss zu gewährleisten sowie für das Wissensmanagement der
Organisation zu sorgen, ist Wochenendbereitschaft, Abendarbeit und
Handyerreichbarkeit von Nöten. Sie ist des weiteren auch redaktionell tätig.
Die Stundenanzahl wird im
Laufe der Zeit aufgestockt, da es zu immensen Überstundenansammlungen kommt,
und es wird eine EDV-Zulage gewährt.
Durch die enorme
Veränderung des Aufgabenbereichs strengt die Frau eine Gehaltsverhandlung an.
Sie erhält eine fixe Überstundenpauschale und zusätzlich die Ausbezahlung schon
geleisteter Überstunden, die jedoch nur befristet ausbezahlt werden. Vor Ablauf
dieser Frist wendet sie sich an die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen.
Sie vergleicht sich innerhalb der Organisation mit einem Mann, der ebenfalls zu einem großen Teil im EDV-Bereich tätig ist, und zwar für den EDV-Support, die EDV-Systempflege und Systementwicklung, allerdings nicht in der gesamten Organisation, sondern nur im Hinblick auf einen kleinen Teilbereich. In Zahlen ausgedrückt betreut er ca. 80 User/innen, die Frau ca. 2000. Er erhält Vordienstzeiten angerechnet. Auch er hat durch die Erweiterung der Organisation neue Aufgaben erhalten, die mit „Büroorganisation“ benannt werden. Dafür erhält der Mann, der zum selben Zeitpunkt Lohnverhandlungen führt, die doppelte Gehaltserhöhung wie die Frau. Während die Frau im gängigen Gehaltsschema verbleibt und als einzige Möglichkeit, mehr Geld zu erhalten, bereits geleistete Überstunden befristet ausbezahlt erhält, erlangt der Mann einen Sondervertrag, der eine Erhöhung um fast € 700,-- möglich macht. Die Tätigkeiten sind im Kernbereich vergleichbar und gleichwertig, ein Kriterium für einen Sondervertrag wurde von der Leitung der Organisation selbst aufgestellt – der EDV-Bereich. Obwohl auf die Tätigkeit der Frau im gängigen Einstufungsschema keine Beschreibung passt, ist die Leitung auch nach Verhandlungen mit der Anwaltschaft nicht bereit, der Frau einen Sondervertrag zu geben. Auch die falschen Einstufungen werden nicht bereinigt. Eine Lösung wird dahingehend gefunden, dass eine bis zur Durchführung eines generellen Arbeitsbewertungsprojekts befristete „Zulage“ im selben Ausmaß wie die bisherige Ausbezahlung für die schon geleisteten Überstunden weiterbezahlt wird.
Ø Eine Psychotherapeutin und eine Psychologin sind in einem Rehabilitationszentrum tätig. Beide Frauen haben ein unbefristetes Dienstverhältnis. Im Hinblick auf ihre dienstliche Verwendung wurde ihnen eine Familienwohnung zur Verfügung gestellt. In beiden Fällen sind die Mietverhältnisse auf drei Jahre befristet.
Mit der
Schwangerschaftsmeldung der beiden Frauen werden sie von einer vorzeitigen
Auflösung ihres Mietverhältnisses in Kenntnis gesetzt.
Durch Intervention der
Gleichbehandlungsanwaltschaft wird erreicht, dass der Wohnungsnutzungsvertrag
beider Frauen in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt wird.
6.4. Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung
Ø
Die
Betriebsrätin einer Bank ersucht um Beratung in folgendem Bereich. Im
Unternehmen werden Teilzeit- so wie Vollzeitbeschäftigte an der Weiterbildung
zwar beteiligt, jedoch erhalten Teilzeitbeschäftigte nur einen Teil vergütet.
Der Rest muss in der Freizeit und somit unbezahlt absolviert werden. Sie bittet
um Argumente, um die Unternehmensleitung vom Vorliegen einer mittelbaren
Diskriminierung überzeugen zu können.
6.5. Beruflicher
Aufstieg, insbesondere Beförderungen
Ø Eine Mitarbeiterin eines
Sozialversicherungsträgers ist seit 1982 in verschiedenen Abteilungen tätig.
Sie bewirbt sich schließlich aufgrund der ihr in Aussicht gestellten Option auf
einen künftigen Referenten- bzw. Referentinnenposten als Sachbearbeiterin in
eine neue Abteilung. Dort sind zu diesem Zeitpunkt auch sechs Referenten bzw.
Referentinnen beschäftigt. Es ist üblich, dass Sachbearbeiter/innen bei
entsprechender Eignung auf einen mit E III bewerteten Referenten- bzw. Referentinnenposten
nachrücken. Für die Frau und offenbar auch für ihre Vorgesetzten ist dies ein
logischer nächster Karriereschritt. Tatsächlich aber kommt es – trotz
wiederholter Ausschreibungen und entsprechender Bewerbungen durch die
Mitarbeiterin - nicht dazu. Ausschlaggebend für den plötzlichen Bruch in ihrer
Laufbahn ist eine von der Frau in Anspruch genommene Elternkarenz. Noch während
ihrer Karenzierung kommt es zur Ausschreibung eines Referenten- bzw. Referentinnenpostens.
Obwohl die Angestellte von ihrer Abteilungsleiterin ausdrücklich zur Bewerbung
aufgefordert wird, wird die Stelle mit einem deutlich dienstjüngeren männlichen
Kollegen, der keine Vorerfahrung in der Abteilung aufweisen kann, besetzt. Als
einige Zeit später eine Referenten- bzw. Referentinnenposition frei wird,
rechnet sich die Frau gute Chancen aus, die Stelle zu erhalten. Der Posten wird
jedoch nicht ausgeschrieben, sondern als zweiter
Abteilungsleitungs-Stellvertretungsposten genützt – eine völlig unübliche
Vorgangsweise. Auf Anraten wechselt die Frau daher in die Hauptstelle des
Sozialversicherungsträgers. Dort wird die Stelle eines/einer Angestellten mit
eigenverantwortlicher Bearbeitung von Sachgebieten ausgeschrieben. Noch vor Ablauf
des Bewerbungsverfahrens muss die Angestellte in Erfahrung bringen, dass die
Stelle mit einem männlichen Kollegen besetzt werden soll. Sie vermutet, dass
das Anforderungsprofil bereits auf diesen zugeschnitten ist. Auch bei zwei
nachfolgenden Ausschreibungen kommt sie erneut nicht zum Zuge. Stattdessen
werden zwei männliche Kollegen an ihr vorbeibefördert, die wesentlich kürzer in
der Abteilung beschäftigt sind. Als die Frau das Gespräch mit dem für sie
zuständigen Verwaltungsdirektor sucht, fragt dieser sie, was sie wolle, sie
stehe doch ohnehin „vor der Tür.“ Die Angestellte überlegt zunächst eine
Antragstellung an die Gleichbehandlungskommission. Sie muss jedoch erkennen,
dass der Betriebsrat, der ihr zunächst Unterstützung versprochen hat, sich bei
dieser Ankündigung völlig zurückzieht und für Gespräche nicht mehr erreichbar
ist. Da sie sich weitere Karrierechancen nicht völlig verbauen will und
fürchtet, ein Kommissionsverfahren ohne betriebliche Rückendeckung nicht
durchzustehen, nimmt sie schließlich von einer Antragstellung Abstand.
Ø Eine Juristin, die seit 1988 bei
der Hauptstelle eines Sozialversicherungsträgers als rechtskundige,
eigenverantwortliche Sachbearbeiterin tätig ist, bewirbt sich um die Stelle des
Leiters/der Leiterin einer Landesstelle. Die Frau erfüllt die geforderten
Voraussetzungen bestens, sie hat in diesem Bereich umfassende Kenntnisse und
langjährige Erfahrung. In der Landesstelle wird praktisch ausgeführt, was in
der Abteilung, in der die Frau beschäftigt ist, theoretisch ausgearbeitet wird.
Da es sich um einen „höherwertigen leitenden Dienstposten“ handelt, ist dieses
theoretische Knowhow nach Meinung der Betroffenen eine ausschlaggebende
Qualifikation. Außerdem verfügt sie über internationale Erfahrung und hat zwar
faktisch Führungserfahrung, aber formal nie Führungspositionen innegehabt.
Die
Gleichbehandlungsanwaltschaft verfasst ein Interventionsschreiben. Gegen die
Beschwerdeführerin wird die mangelnde Erfahrung als Sachbearbeiterin – also die
fehlende praktische Qualifikation – ins Treffen geführt. Dies sei für eine
Führungsposition ausschlaggebend.
Der
Arbeitgeber weist auch darauf hin, dass entsprechend der Politik des
Unternehmens ein Studium keine Voraussetzung für eine Führungsposition sei. Die
Beschwerdeführerin ist allerdings die einzige Mitarbeiterin mit einem
rechtswissenschaftlichen Studium, die es im Gegensatz zu ihren männlichen, weit
jüngeren Kollegen noch nicht zu einer Führungsposition gebracht hat.
Ein
Verlangen auf Prüfung des Vorliegens einer Diskriminierung wird an die
Gleichbehandlungskommission gestellt.
Ø Eine Frau arbeitet seit ca. 15
Jahren in einem öffentlichkeitsnahen Betrieb, die letzten Jahre in einer
leitenden Position. Sie bewirbt sich im Zuge eines internen
Besetzungsverfahrens um den Posten einer stellvertretenden Abteilungsleitung in
einer anderen Abteilung. Ein an Lebens– und Dienstalter jüngerer Kollege, der
auch noch keine so lange Leitungserfahrung hat, wird ihr vorgezogen. Von der
Ablehnung ihrer Bewerbung und der Bestellung dieses Kollegen erfährt die Frau
erst im Rahmen der Vorstellungsrunde des Kollegen als neuer stellvertretender
Abteilungsleiter. Die Frau wird von der Gleichbehandlungsanwaltschaft über ihre
rechtlichen Möglichkeiten informiert, sie beschließt jedoch, keine rechtlichen
Schritte einzuleiten, da sie aufgrund der Vorkommnisse im Betrieb für lange
Zeit gesundheitlich beeinträchtigt ist.
6.6. Sonstige Arbeitsbedingungen und Mobbing
Ø Eine Bankangestellte klagt, dass
in ihrem Beruf die Bekleidungsvorschriften für Frauen strenger sind als für
Männer. Während sie immer im Kostüm erscheinen muss, werden bei männlichen Kollegen
zum gleichen Anlass auch Jeans und Sakko toleriert. Sie gewinnt zunehmend den
Eindruck, dass ihre beiden nächsthöheren Vorgesetzten eher an ihrem
Erscheinungsbild als an ihrer Leistung interessiert sind.
Ø Eine Frau ist in ihrem Unternehmen
seit 28 Jahren beschäftigt. In den ersten 20 Jahren hat sie in einer
Zweigstelle in einem kleineren Bezirk die Rechtsabteilung dieses Unternehmens
informell geleitet, eine Schreibkraft war ihr als Unterstützung beigestellt.
Nach der Fusion des Unternehmens übernimmt die Frau eine Stelle in der Grazer
Zentrale, in der sie weiterhin selbstständig arbeitet und auch über ein eigenes
Büro verfügt. Nach einem Führungswechsel in der Abteilung wird ihr Arbeitsplatz
ohne vorherige Absprache mit ihr in ein Großraumbüro verlegt, das sie mit vier
weiteren Kolleginnen teilt. Diese Vorgangsweise empfindet die Frau, abgesehen
davon, dass durch die Lärmbelästigung auch ihre Konzentration bei der Arbeit
leidet, als Degradierung im Gegensatz zu ihrem vorherigen Status. Dies umso
mehr, als ein männlicher Kollege, der eine vergleichbare Tätigkeit in einer
anderen Abteilung ausübt, ein eigenes Büro sowie auch eine ihm zugewiesene
Schreibkraft aufweisen kann. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft informiert die Frau über die
rechtlichen Möglichkeiten, und es werden gemeinsam Strategien für eine
eigenständige Konfliktlösung durch die Frau erarbeitet. Eine weitergehende
Intervention der Gleichbehandlungsanwaltschaft wünscht die Frau aufgrund zu
befürchtender negativer Konsequenzen von Seiten des Unternehmens nicht.
6. 7. Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung
Ø Eine
Frau beschwert sich wegen eines Stellenangebots, das im Auftrag eines
Immobilienunternehmens vom Arbeitsmarktservice geschalten wurde. Dieses Inserat
beinhaltet den Passus: „Bei weiblichen Bewerberinnen sollte die Familienplanung
abgeschlossen sein“. Gegen das Arbeitsmarktservice wird daraufhin ein
Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Das Unternehmen, das von der
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen mit dem (sanktionslosen)
Gesetzesverstoß konfrontiert wird, wobei auch auf Schadenersatzansprüche, die
sich aus einer Diskriminierung bei
der Begründung des Arbeitsverhältnisses ergeben könnten, hingewiesen wird,
teilt hierzu lediglich mit, dass dieser Text nicht anstößig sein könne und dass
durch die derzeitige Wirtschaftslage der Arbeitgeber ganz andere Sorgen hätte
als geschlechtsneutrale Ausschreibungen. Ebenso teilt das Unternehmen mit, dass
es eine erwiesene Tatsache sei, dass Frauen die besseren Immobilienverkäuferinnen
seien und er hiermit dem Gebot der geschlechtsneutralen Ausschreibung durchaus
gerecht werden würde. Auf eine mögliche Diskriminierung, da Frauen nur genommen
würden, wenn sie ihre Familienplanung abgeschlossen hätten, dies jedoch bei
Männern keine Voraussetzung darstellen würde, wird im Antwortschreiben nicht
eingegangen.
6.8. Sprachliche Gleichbehandlung
Ø
Ein
Verein zur Förderung von Mädchen in nichttraditionellen Berufen wendet sich an
die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, da auf der Homepage einer
Interessenvertretung die offenen Stellen einer Lehrstellenbörse nur männlich
ausgeschrieben werden. Dieselbe Interessenvertretung bietet auch Kurse zur
beruflichen Weiterbildung an. Auch dieses Angebot ist rein männlich formuliert.
In einem Brief weist die
Anwaltschaft auf die sprachliche Notwendigkeit und die Vorteile der
Gleichbehandlung von Frauen und Männern hin.
Die frauenfördernden Kurse
der Institution sind zum Teil rollenstereotyp aufbereitet. Es wird beispielsweise
davon gesprochen, dass Frauen sich kontraproduktiv verhalten würden, wenn sie
so führen wollen wie Männer. Frauen wird vermittelt, dass ein solches Verhalten
im Beruf eigentlich ein Defizit darstelle. Gängige Rollen im Berufsleben werden
damit eher verstärkt.
Es kommt zu einem Gespräch
mit dem Leiter der Einrichtung, bei dem bezüglich der Lehrstellenbörse explizit
auf die Gesetzeswidrigkeit hingewiesen wird. Bezüglich der Kurse wird auf die
mögliche Erweiterung des Geltungsbereichs des Gleichbehandlungsgesetzes in
naher Zukunft aufmerksam gemacht. Der Institutsleiter bietet der Anwaltschaft
für Gleichbehandlungsfragen an, ihm bei der Formulierung von künftigen Werbekampagnen für
frauenfördernde Maßnahmen beratend zur Seite zu stehen.
Ø Eine Kellnerin berichtet, dass in ihrem Lokal die Arbeitsbedingungen und auch das Arbeitsklima grundsätzlich in Ordnung sind, was im Gastgewerbe keine Selbstverständlichkeit sei. Es stört sie aber, dass ihr Chef die großteils aus weiblichen Servicekräften bestehende Gruppe immer als „meine Mannschaft“ bezeichnet. Obwohl dies offenbar seine besondere Zufriedenheit mit dem Team ausdrücken soll, möchte ihm die Kellnerin gerne verständlich machen, dass sie und ihre Kolleginnen sich davon nicht angesprochen fühlen.
Ø Die langjährige Mitarbeiterin einer Baufirma macht darauf aufmerksam, dass der Sprachgebrauch am Bau für weibliche Lehrlinge unzumutbar ist, selbst wenn noch gar keine dezidiert sexistischen Äußerungen fallen. Sie zeigt auf, dass heutzutage bereits ordinärste Schimpfwörter fast salonfähig sind, und fragt sich, ob Mädchen sich dem wirklich aussetzen müssen, wenn sie ihren Wunschberuf ergreifen wollen.
6.9. Sexuelle
Belästigung am Arbeitsplatz
Ø Eine OP-Schwester sucht
Unterstützung zum Durchhalten in der für sie extrem belastenden Arbeitssituation
während ihrer Assistenz bei Operationen. Die rein männlichen Chirurgen lassen –
besonders bei schwierigen Eingriffen – Dampf ab, indem sie anwesende und
nichtanwesende Schwestern, aber auch andere Frauen durch sexistische und
ordinäre Sprüche demütigen.
Ø Eine Anruferin weist anonym auf
die extrem frauenfeindliche Atmosphäre in der chirurgischen Abteilung einer
Universitätsklinik hin. Es gebe dort massive, undurchdringliche
Männerseilschaften, tiefste Witze, sexistische Grobschlächtigkeiten. Eine Frau
als Chirurgin könne dort unmöglich bestehen; für die OP-Schwestern sei das
Arbeitsklima unerträglich.
Ø Eine kanadische Staatsbürgerin
ist als Lektorin an einer Fachhochschule mit einem freien Dienstvertrag
beschäftigt. Sie wird vom Studiengangsleiter belästigt, der ihr mitteilt, sie
habe einen geilen Arsch, und sie bei Besprechungen immer wieder eng an sich
drückt. Als sie sich gegen diese Übergriffe zu wehren beginnt, kritisiert er
auch vor anderen wiederholt ihr dienstliches Verhalten. Die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen weist die Frau darauf hin, dass das Gleichbehandlungsgesetz
auf ihren Fall mangels eines Anstellungsverhältnisses nicht sicher anwendbar
ist, bietet aber an, den Arbeitgeber zur Abhilfe aufzufordern. In der Folge
wird die Frau vom Belästiger mit E-mails wüst beschimpft. Er bezeichnet sie
unter anderem als Krebsgeschwür. Obwohl der Geschäftsleitung alle diese E-mails
zur Kenntnis gelangen, beschränkt sie sich auf eine Verwarnung des Belästigers mit dem Argument, er gehe ohnehin in
zwei Jahren in Pension. Der Vertrag der Lektorin ist mit Semesterende befristet
und wird nicht mehr verlängert. Als sie einen Krankenschein benötigt und diesen
bei der GKK anfordert, wird ihr der Schein mit dem Hinweis verweigert, die GKK
streite schon lange mit der Fachhochschule über den Status der Lektoren und
Lektorinnen, die GKK sei der Ansicht, es handle sich um Wahrheit um
Angestellte, sie müsse ihren Krankenschein daher bei der Arbeitgeberin
beziehen. Nach mehrfacher Intervention bei der Leitung der Fachhochschule durch
die Lektorin und die Gleichbehandlungsanwaltschaft wird schließlich erreicht,
dass die GKK einen Krankenschein zur Verfügung stellt.
Ø In einem Ausbildungsbetrieb für
behinderte Jugendliche wird der Lehrberuf „Koch/Köchin“ angeboten. Ein
16jähriges Mädchen berichtet dem Personalleiter, dass der Ausbildner es nach
Dienstschluss in die Küche gerufen, dort an die Wand gedrückt und ihm mit der
Hand unter den Pullover gefahren sei. Der Mann bestreitet den Vorfall. Das
Mädchen wird daraufhin mehrfach von der betriebseigenen Psychologin zu einem
Gespräch vorgeladen. Es erlebt diese Gespräche keinesfalls als unterstützend,
sondern eher als Verhör und Abtestung, ob es sich in Widersprüche verwickeln
werde. Der Ausbildner wird von der Geschäftsleitung aufgefordert, gegen das
Mädchen eine Klage wegen übler Nachrede einzubringen, und erhält eine
Rechtsberatung durch den Firmenanwalt. Nach Einschaltung der
Gleichbehandlungsanwaltschaft gelingt eine Deeskalation der Situation. Das
Mädchen wird in einen anderen Bezirk versetzt, wo ihm eine Lehrstelle im Beruf
Textilreinigung angeboten wird. Es leidet über Monate an psychisch bedingten
Magen- und Darmproblemen. Der Ausbildner bleibt in seiner Position. Da es sich
nicht um den ersten Vorfall sexueller Belästigung in dem Betrieb handelt, weist
die Gleichbehandlungsanwaltschaft die Unternehmensleitung darauf hin, dass dem
Betrieb als Ausbildungsinstitution für behinderte Jugendliche eine besondere
Fürsorgepflicht zukommt, und fordert sie auf, Maßnahmen zur Prävention
sexueller Belästigung zu setzen. Der Personalleiter vereinbart daraufhin mit einer
Frauenberatungsstelle ein dreitägiges Seminar über den Umgang mit Macht und
Hierarchie für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer/innen.
Ø
Zwei Frauen werden im Zusammenhang mit
ihrem Arbeitsverhältnis von einem Kollegen sowohl verbal als auch körperlich
sexuell belästigt. So bedroht der Belästiger eine der beiden Frauen während
eines gemeinsamen Nachtdienstes mit der Aussage, entweder schlafe sie mit ihm
oder er erzähle allen, dass sie ihm nachlaufe. Die zweite Frau hat der
Belästiger ebenfalls während eines gemeinsamen Nachtdienstes von hinten bei den
Brüsten berührt und festgehalten. Diese Vorgangsweise ist von ihm mit den
Worten begleitet worden, dass sie das brauche, da ihr Mann das nicht leisten
könne. Diese Belästigungen liegen ungefähr zwei Jahre zurück, beide Frauen
hatten auch keine Absicht, etwas gegen den Belästiger zu unternehmen oder den
Vorgesetzten um Unterstützung zu bitten, da die Belästigungen nach diesen
Vorkommnissen aufhörten. Nun erfahren die beiden von ihren Arbeitskollegen und
Arbeitskolleginnen, dass der Belästiger Gerüchte mit dem Inhalt verbreitet, die
beiden Frauen würden ihm nachlaufen und das Kind einer der beiden Frauen sei
nicht von deren Mann. Auf Grund dieser Information erbitten die beiden Frauen
bei ihrem Vorgesetzten Unterstützung, um die Unterlassung der Verbreitung
solcher Gerüchte und die Wiederherstellung ihres Rufes durch den
Belästiger innerhalb der Kollegen-
und Kolleginnenschaft zu erreichen. Es erfolgen etliche Vermittlungsversuche
durch die Gleichbehandlungsanwaltschaft, eine zufriedenstellende Lösung für die
beiden Frauen kommt jedoch nicht zustande. Eine der beiden Frauen kündigt nach
dem Verstreichen einiger Monate von sich aus das Arbeitsverhältnis.
Ø Eine
Frau arbeitet seit ungefähr einem Jahr als Tischlerhelferin in einem
Unternehmen. In diesem Unternehmen sind neben dieser Frau noch sieben Männer
als Tischler und eine Frau als Bürokraft beschäftigt. Die Frau wird von einem
erst vor kurzem eingestellten neuen Kollegen sowohl sexuell belästigt als auch
gemobbt. So erklärt er ihr täglich, dass sie nichts könne, meckert den ganzen
Tag an ihrer Arbeit herum und verschleppt ihr Arbeitsmaterial, wodurch sie an
ihrer ordnungsgemäßen Arbeit gehindert wird. Es gibt auch einige sexuelle
Übergriffe, so hat er ihr einmal auf die Brust gegriffen und einen Schlag auf
das Gesäß versetzt und sie so festgehalten, dass daraus am Oberarm ein
Bluterguss entstand. Er bezeichnet sie auch immer wieder als Hure. Die
Drohungen der Frau, das Verhalten des Belästigers dem Dienstgeber zu melden,
halten ihn nicht von weiteren Übergriffen ab. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft
bespricht gemeinsam mit der Frau Strategien, um sich gegen diese Belästigungen
zu wehren, unter anderem, wie sie sich vom Dienstgeber Unterstützung holen
kann. Ein paar Tage später berichtet die Frau, dass das Gespräch mit dem Dienstgeber
zufriedenstellend verlaufen sei, der Belästiger einen Verweis erhalten habe und
es seither zu keinen Belästigungen mehr gekommen ist.
Ø Eine Frau arbeitet als
Küchengehilfin in einem Unternehmen. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten
wird sie von zwei Kollegen sowohl verbal als auch körperlich sexuell belästigt.
So ist sie mit Äußerungen, ob sie unten rasiert sei, welche Farbe sie unten
habe und ob sie leicht komme, ebenso konfrontiert wie mit Anfragen, ob sie den
beiden einen blasen würde oder mit ihnen ficken möchte. Alle diese Vorfälle
finden immer in Gegenwart einer größeren Anzahl von Kollegen statt. Als die
Frau sich nach einem Dienst einmal in dem in der Organisation dafür vorgesehen
Waschraum duschen will, folgen ihr beide Männer und erklären, dass sie gar
nicht so unattraktiv sei, einer der beiden will ihr den Rücken einseifen. Auch
in diesem Zusammenhang ergeht wieder die Aufforderung an die Frau, mit einem
der beiden Kollegen zu schlafen, da sie das ja auch mit anderen Kollegen
praktizieren würde. In einer anderen Situation wird die Frau aufgefordert, sich
nackt auszuziehen und einen Striptease vorzuführen. Die Frau hat die ganze Zeit
über große Angst um ihren Arbeitsplatz und weiß sich, zumal ihre teils auch
vehementen Zurückweisungen der beiden Männer keinen Erfolg zeigen, nicht mehr
zu helfen. Letztendlich wird die Frau, nachdem sie die Vorfälle der
Geschäftsführung meldet, in eine andere Kantine des Unternehmens versetzt und
dort zu Hilfstätigkeiten eingesetzt, in weiterer Folge wird sie gekündigt.
Ø Eine Wohngemeinschafts-Leiterin,
die bei einer Sozialeinrichtung beschäftigt ist, sucht bei der Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen Rat. In einer Zeit, in der ihr unmittelbarer Chef auf
Urlaub war, brach die bakterielle Ruhr in der Wohngemeinschaft aus. Zu dieser
Zeit hat sich ein Kollege öfter erkundigt, ob es ihr gut ginge. Die Frau teilt
mit, dass sie sich sehr über das Bemühen des Kollegen gefreut habe und dieser
sie einige Male telefonisch diesbezüglich kontaktiert hatte.
Später erhält sie einen
Anruf, wobei der Dialekt und die Stimmlage eindeutig auf den Kollegen hinweisen.
Der Anrufer bejaht auch ihre Frage, ob er denn ihr Kollege sei. Im Zuge dieses
Telefonats wird die Frau jedoch in ein Gespräch verwickelt, wobei der Anrufer
von Gruppensexsituationen erzählt und die Frau bezüglich ihres Sexuallebens
auszufragen versucht. Sie berichtet der Anwaltschaft, dass sie sich irgendwie
neben sich befunden habe und alle Fragen beantwortet hat.
Die Frau ist überzeugt,
dass der Anrufer ihr Kollege war. Zu seiner Person sei anzumerken, dass er ein
komischer, aber charmanter Typ sei, der Mitarbeiterinnen gerne auf den Mund
küsst und öfter einmal bei Betriebsfeiern dazu tendiert, sich zu betrinken.
Eine Vorgesetze der betroffenen Frau wurde einmal in ihrem Beisein von dem
Kollegen mit „Hallo Katz“ begrüßt.
Der in dieser
Angelegenheit hinzugezogene Vorgesetzte der Betroffenen glaubt zwar, dass es einen
Anruf gegeben hat, kann sich so etwas von seinem Kollegen jedoch nicht
vorstellen. Der Vorgesetzte gibt der Frau zu verstehen, dass er das ganze
lediglich als Privatperson gehört hätte und dass Tempo und Vorgehensweise in
Zukunft von ihr als Opfer zu bestimmen seien. Die Frau fühlt sich in keiner
Weise unterstützt.
Ø
Eine
junge Frau ist nach einem Technikstudium in einem großen Elektronikbetrieb
beschäftigt. Es gibt schon Bedenken gegen ihre Einstellung, da sie in einen
Männerbetrieb kommen würde. Dennoch baut die Frau ein freundschaftliches
Verhältnis zu ihrem Vorgesetzten auf. Es kommt des weiteren zu einer
Essenseinladung des Vorgesetzten, bei der er erzählt, er hätte sich von seiner
Frau getrennt. Nachdem die Betroffene dezidiert erklärt, sie sei ausschließlich
an ihrem Arbeitsplatz interessiert, kommt es nach ihrem Urlaub dennoch zu einer
Umarmung seitens ihres Vorgesetzten. Der Vorfall findet in einem Großraumbüro
statt, nachdem alle anderen zum Essen gegangen sind. Der Vorgesetzte kommt
unerwartet zurück, sie muss sich am Tisch bei ihm vorbeizwängen. Plötzlich sagt
er, er wisse, er würde etwas Illegales tun, und umarmt sie. Sie teilt darauf in
einem Mail mit, dass sie nie wieder eine noch so harmlose Berührung erleben
möchte.
Schon bevor ihr
Vorgesetzter Annäherungsversuche machte, gab es immer wieder einen tendenziell
frauenfeindlichen Humor in der Gruppe und Äußerungen, in denen manchmal Zweifel
an ihrer Kompetenz ausgedrückt wurden. Es wurde sogar ein
Konfliktmanagementseminar angestrebt, da der betroffenen Frau gesagt wurde, sie
hätte ein Mann-Frau-Problem. Nach der Annäherung ihres Chefs kommt es zu
weiteren Mobbinghandlungen, auch durch das männliche, mit dem Chef befreundete
Team. Nachdem die Stimmung gegen sie nicht besser wird, entschließt sie sich
zur Kündigung.
Die Frau wendet sich an
die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, da nun von ihr ein Teil der
Ausbildungskosten eingefordert wird. Nach einer Beratung bezüglich ihres berechtigten
Austritts und einer ihr zustehenden Schadenersatzforderung gegen den Belästiger
sowie eventuell auch gegen den Arbeitgeber bei mangelnder Abhilfe wird
gemeinsam mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft ein Gespräch in der Firma
geführt. Es kommt zu einer Vereinbarung dahingehend, dass keine
Ausbildungskosten zurückgefordert werden. Da die Personalchefin zuvor vom
Vorgesetzten nicht über die sexuellen Belästigungen informiert worden war,
zeigt sich diese schockiert. Die betroffene Frau möchte keine weiteren
Ansprüche mehr erheben.
Die Personalchefin sieht
Handlungsbedarf in der Firma, einen Workshop zum
Thema sexuelle Belästigung durchzuführen.
Ø Eine Studentin an einer
technischen Fachhochschule fühlt sich von Kollegen sexuell belästigt. An dieser
Fachhochschule sind 34 Männer und nur zwei Frauen eingeschrieben.
Die Atmosphäre während der
Vorlesungen ist geprägt von sexistischen Bemerkungen und frauenfeindlichen
Witzen sowohl seitens der Lehrenden als auch der Studierenden. Die Studentin
wendet sich an die Gleichbehandlungsanwältin um Rat und Unterstützung.
Der Lehrgangsleiter zeigt
sich sehr kooperativ und verspricht, alle notwendigen Maßnahmen bis hin zum
Ausschluss der Belästiger zu ergreifen. Es kommt zu mehreren Gesprächen, und
die Studentin entschließt sich, weiter zu studieren, da das Klima sich nach
mehreren Gesprächen und der deutlichen Haltung des Lehrgangsleiters verbessert.
Ø Der Chef eines
Souvenirgeschäfts, in dem vorwiegend „Landmode“ verkauft wird, belästigt ein
15-jähriges Lehrmädchen während der Schnupperzeit. Er zwingt das Mädchen, die
Modelle selbst vorzuführen, und hilft ihr beim An- und Ausziehen. Dabei berührt
er sie mehrmals am Gesäß, massiert ihre Beine und beendet diese Massage erst im
Schambereich.
Eine Mitarbeiterin einer
Regionalstelle des Arbeitsmarktservice berichtet, dass die von ihnen vermittelte
Lehrstelle sich als „Falle“ für weibliche Lehrlinge herausgestellt hat, da
schon viele von ihnen belästigt wurden.
Das Arbeitsmarktservice
verhängt ein Vermittlungsverbot von Lehrlingen an diesen Arbeitgeber.
Ø Eine Kellnerin wird in der
Probezeit vom Wirt sexuell belästigt. Immer wieder versucht er, sie zu
massieren, greift sie aus oder deutet einen Zungenkuss an. Seine Frau scheint
manchmal von den Übergriffen ihres Mannes etwas mitzubekommen, hält aber zu
ihm.
Die Kellnerin beendet das
Dienstverhältnis.
Ø Der körperlich leicht behinderte
Besitzer eines Cafes lässt keine Gelegenheit aus, seine zwei weiblichen
Angestellten zu belästigen. Er fordert sie wiederholt auf,
über ihr Sexualleben zu sprechen, will von ihnen Aktfotos machen oder gemeinsam
mit ihnen duschen und Swinger-Clubs besuchen. Als Kundenattraktion will er eine
von den Kellnerinnen sogar versteigern. Er meint, der bestbietende Gast könne
dann mit der „ersteigerten“ Frau den Abend verbringen. Sollte es zum
Geschlechtsverkehr kommen, müssten ihm alle Details berichtet werden. Nach
Intervention der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Arbeiterkammer kommt es
zu einer Gerichtsverhandlung. Der Klägerin wird ein Schadenersatz in der Höhe
von € 500 zugesprochen.
6.10. Diskriminierung im Zusammenhang mit der Inan-
spruchnahme
eines Karenzurlaubs
Ø Eine Frau ist bei einem Sozialversicherungsträger als Ärztin beschäftigt. Sie kehrt nach einem Jahr Karenzurlaub zurück und muss feststellen, dass ohne wirkliche Vorankündigung weder ihr früherer Arbeitsplatz noch die Dienstzeiten weiter bestehen. Von ihrer Versetzung aus einem Krankenhaus in ein Ambulatorium erfährt sie eher beiläufig telefonisch eine Woche vor Dienstantritt. Die Versetzung bedeutet für die Frau folgende Nachteile: Das Krankenhaus bietet vielschichtigere Herausforderungen und Anforderungen bei der Behandlung von Patienten/Patientinnen als ein Ambulatorium. Darüber hinaus geht es auch um die Reputation und Qualifikation als Ärztin. Weitere Nachteile entstehen durch einen weitaus längeren Anfahrtsweg, der mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
Die Ärztin urgiert auf
mehreren Ebenen, ist jedoch nur insofern erfolgreich, als sie nun wieder ihre
Dienstzeiten wie vor der Inanspruchnahme der Karenz erhält.
Die Versetzung war
deswegen notwendig geworden, weil schon bei Inanspruchnahme des Mutterschutzes
eine unbefristete Nachfolge und keine befristete Vertretung für die Frau
bestellt wurde.
Es war also von der Arbeitgeberin ein Wiedereinstieg auf denselben Arbeitsplatz der Frau von vornherein nicht vorgesehen. Im Dienstvertrag ist allerdings eine grundsätzliche Versetzungsmöglichkeit vorgesehen.
Die Anwaltschaft verfasst ein Interventionsschreiben, in dem darauf hingewiesen wird, dass es schon während der Inanspruchnahme des Mutterschutzes zu einer Versetzung gekommen ist und diese sich auf den Aufgabenbereich verschlechternd ausgewirkt hat. Die allgemeine, vertraglich festgelegte Versetzungsmöglichkeit und die Ausübung des Direktionsrechts durch die Arbeitgeberin in diesem Fall kann auch eine Ungleichbehandlung auf Grund des Geschlechts bewirken.
Die Arbeitgeberin reagiert
nicht einlenkend. Es wird sofort die Qualifikation der Frau in Zweifel gezogen.
Es wird behauptet, dass
der Nachfolgerin im Gegensatz zur Karenzrückkehrerin eine Versetzung nicht
zumutbar sei und auf rein wirtschaftliche Gründe der Arbeitgeberin hingewiesen.
Die Argumentation der Arbeitgeberin geht auch dahin, dass die betroffene Frau
wieder schwanger und daher eine Versetzung notwendig gewesen sei. Die
Versetzung war allerdings vor Bekanntgabe der zweiten Schwangerschaft
durchgeführt worden. Die Frau strebt ein Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission
an.
Ø Eine seit mehreren Jahren in Teilzeit tätige Referentin geht in Karenz. Ihr bisheriger Abteilungsleiter hat ihr zuvor zugesichert, dass sie jedenfalls auf Teilzeitbasis wiedereinsteigen könne und seine Nachfolge übernehmen solle. Die Frau sieht es als vereinbart an, dass sie im Jahr nach ihrer Rückkehr, das zugleich das letzte Dienstjahr ihres Vorgesetzten vor dessen Pensionierung sein wird, zur Leiterin der Abteilung aufgebaut werden soll. Während ihrer Karenz geht ihr bisheriger Chef unerwartet aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Pension. Die Firma nimmt mit der karenzierten designierten Nachfolgerin aber keinen Kontakt auf, sondern bestellt einen Mann als Abteilungsleiter. Dieser spricht sich nach der Rückkehr der Frau gegen eine Teilzeit-Tätigkeit und insbesondere gegen die Abteilungsleitungsstellvertretung aus, die sie als Kompromissvorschlag angeboten hat. Er legt ihr mehrfach nahe, freiwillig in eine andere Abteilung zu wechseln, wo die Frau nun nach wie vor als Referentin tätig ist.
Ø Ein Betriebswirtschaftler
übernimmt in einem Unternehmen der Gesundheitsverwaltung im Jahre 1996
interimistisch die Leitung der EDV-Abteilung und gleichzeitig diejenige der
Abteilung für Finanzen. Im Frühjahr 2002 wird ihm nach einer für das
Unternehmen nicht einfachen Phase die Prokura verliehen. Im Sommer 2002
informiert er die Geschäftsführung davon, dass er ab Februar 2003 für die Dauer
eines Jahres Elternkarenz beanspruche. Über die Frage, welche organisatorische Lösung für die Dauer der
Karenz für seine Führungsfunktionen getroffen werden soll, wird trotz
mehrfacher Versuche seitens des Arbeitnehmers, diesbezüglich eine Klärung
herbeizuführen, nicht gesprochen. Drei Monate nach Karenzantritt wird der Mann
vor die Tatsache gestellt, dass es für ihn einen Nachfolger im Unternehmen
gibt, der seinen Dienst bereits eine Woche später antreten soll, weshalb man
für den karenzierten Mitarbeiter keine Verwendung mehr habe. Man bietet ihm
eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum Ende des Monats
(rund zehn Tage später) an. Das darin gemachte finanzielle Angebot entspricht
nicht einmal dem, was er bei einer ordnungsgemäßen Kündigung als Abfertigung
hätte bekommen müssen. Von einer aliquoten Prämie ist ebenfalls nicht die Rede.
Der Arbeitnehmer weist schriftlich darauf hin, dass das Angebot für ihn völlig
inakzeptabel ist, erhält aber nur die Antwort, dass das Angebot unverändert
weiter aufrecht bleibt.
Unter Einschaltung der
Anwältin für Gleichbehandlungsfragen macht der karenzierte Mitarbeiter der
Geschäftsleitung mehrere Vorschläge zu einer gütlichen Lösung, die alle seinen
angestrebten Verbleib im Unternehmen sichergestellt hätten. In einem
persönlichen Gespräch bringt der Geschäftsführer vor, er könne sich eine
Zusammenarbeit mit dem Kollegen auf keinen Fall mehr vorstellen, dieser hätte
sich bereits vor der Karenz demotiviert gezeigt. Auf Nachfrage, wie es zum
behaupteten Motivationsverlust gekommen sei, kann keine nachvollziehbare
Begründung vorgebracht werden. Der Geschäftsführer vertritt die Ansicht, der
karenzierte Mitarbeiter hätte sich nach einvernehmlicher Beendigung des
Dienstverhältnisses während seiner Karenz in Ruhe um eine neue Position
umschauen können. Dass der Mann, hätte er dem Angebot des Dienstgebers
zugestimmt, nicht mehr in Karenz, sondern arbeitslos gewesen wäre, ist dem
Geschäftsführer nicht bewusst. Der karenzierte Mitarbeiter erwägt eine
Antragstellung bei der Gleichbehandlungskommission.
Ø Ein Montagearbeiter übernimmt immer wieder schwierige Arbeiten und wird von seinem Vorarbeiter gefördert. Dieser setzt sich auch für eine Lohnerhöhung für seinen Mitarbeiter ein und begründet dies bei der Geschäftsleitung mit besonderer Tüchtigkeit. Sitzungen der Leitung, in denen über Gehaltserhöhungen entschieden wird, finden nur einmal jährlich statt. Der Montagearbeiter gibt am 19.5. der dafür zuständigen Mitarbeiterin aus der Personalabteilung bekannt, dass er ab September für die Dauer des zweiten Lebensjahres seines Kindes in Karenz gehen wolle. Die Sachbearbeiterin teilt ihm zunächst mit, der Antrag sei bereits verspätet. Sie lässt sich erst eines besseren belehren, als die Frau des Arbeiters im Büro anruft und die genauen Meldefristen bekannt gibt. Als der Mann das Personalbüro verlässt, trifft er den Vorarbeiter, der ihm mitteilt, dass heute die Geschäftsleitung über die Lohnerhöhungen entscheide und der Arbeiter auf der positiv befürworteten Liste stehe. Am nächsten Tag sucht ihn der Personalchef auf und weist den Mann darauf hin, dass er „für diesmal“ wieder von der Liste gestrichen worden sei, weil er, der Personalleiter, sich hinsichtlich der Karenzmeldung übergangen gefühlt habe. Bei einem Gespräch mit dem Firmenchef zieht sich dieser auf die Position zurück, wenn der Personalchef etwas entscheide, könne er sich nicht einmischen. Der Mann geht in Karenz und erfährt, dass sämtliche Arbeitsplätze mit neuen Sitzmöbeln ausgestattet worden seien, nur sein Arbeitsplatz als einziger nicht. Er überlegt, die Karenz für eine Umschulung zu nutzen und nicht mehr in den Betrieb zurückzukehren.
Ø Wiederholt wird die Gleichbehandlungsanwaltschaft von Frauen- und Gleichbehandlungsbeauftragten um Rat gefragt, die sich über ihre eigene Position im Unternehmen nicht im klaren sind. Sie wollen Informationen über ihre Rechte und Pflichten, über die gesetzlichen Grundlagen, aufgrund derer sie installiert sind, und oft auch darüber, was denn eigentlich ihre konkrete Aufgabe sei. Die meisten reagieren überrascht, wenn sie erfahren, dass der Arbeitgeber zur Einsetzung von Frauenbeauftragten nicht verpflichtet ist, sondern sich freiwillig zu dieser Gleichstellungsmaßnahme entschlossen hat. Nicht immer sind die Frauenbeauftragten aber in die Leitungsebene integriert. Sie werden teilweise als (kooptiertes) Betriebsratsmitglied mit Gleichstellungsaufgaben betraut, ohne dass ihnen entsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die Frauenbeauftragten der Fachhochschulen Österreichs haben sich mithilfe der Gleichbehandlungsanwaltschaft vernetzt, um diese und ähnliche Fragen auch untereinander besprechen zu können und in der eigenen ungewohnten Rolle mehr Sicherheit zu gewinnen.
Ø
Eine
Frau wird in einem Wissenschaftsbetrieb, der aus privatrechtlich Angestellten
und aus Beamten/Beamtinnen zusammengesetzt ist, zur Gleichstellungsbeauftragten
gewählt. Die Wahl wird von der Geschäftsleitung bestätigt.
Die Frau meldet sich bei
der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, um ihre Rechte und Pflichten als
Gleichbehandlungsbeauftragte in Erfahrung zu bringen. Nach Auskunft des
Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur ist klar, dass die in
der Einrichtung beschäftigten Beamten und Beamtinnen nicht in einer
Dienststelle im Sinne des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes beschäftigt sind.
Die nach Bundes-Gleichbehandlungsgesetz zuständige Gleichbehandlungsbeauftragte
teilt mit, dass sie für Beamte und Beamtinnen nur zuständig sein kann, wenn
diese von einer Dienststelle des Bundes diskriminiert würden. Da somit das
Gleichbehandlungsgesetz der Privatwirtschaft anzuwenden ist, muss der Frau
mitgeteilt werden, dass dieses die Einrichtung einer
Gleichbehandlungsbeauftragten nicht kennt und ihr Aufgabenbereich somit in
einer Betriebsvereinbarung bestimmt werden müsse. Da sie jedoch als
Betriebsrätin gewählt wurde, gibt es zumindest einen Kündigungsschutz. Die Frau
wird in weiterer Folge jedoch aus dem Betriebsrat gedrängt und legt ihre
Funktion als Gleichbehandlungsbeauftragte zurück, nachdem sie keinen klaren
Auftrag von der Geschäftsleitung erhält.
Ø
Eine
Beschäftigte einer Interessenvertretung fragt an, nachdem sie als
Gleichstellungsbeauftragte nominiert wurde, welche Aufgaben damit verbunden
sind, da sie in ihrem Bereich eine interne Kommunikation zum Thema
Gleichbehandlung und Gleichstellung in Gang setzen will. Sie erhält Informationsmaterial
über das Gleichbehandlungsgesetz. Bezüglich ihrer Rechte und Pflichten erhält
sie jedoch von den Personalverantwortlichen ihrer Arbeitsstelle keine klare
Auskunft. Vorerst bleibt ihr Aufgabenbereich also unklar.
6.12. Sonstige
Gleichbehandlungsfragen
Ø Eine Frau beschwert sich über
die Vorteile von Männern, die bei privaten Versicherungen bessere Zinsen
erhalten als Frauen. Da ein gesetzlicher Diskriminierungsschutz außerhalb der
Arbeitswelt derzeit nicht möglich ist, ersucht sie die
Gleichbehandlungsanwaltschaft, auf dieses Manko aufmerksam zu machen.
7. 1. Aufstiegsdiskriminierung
durch Nichtbesetzung der ausgeschriebenen Position
Der hier besprochene Fall wurde im Jahre 2001 bei der Gleichbehandlungskommission eingebracht (siehe Tätigkeitsbericht 2001, Seite 82 f) und hatte die Überprüfung einer Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg zum Thema. Das Besondere am vorliegenden Sachverhalt war, dass der Posten trotz dreimaliger Ausschreibung letztlich nicht besetzt wurde.
Eine langjährige Angestellte eines Sozialversicherungsträgers ist einem
bestimmten Projekt dienstzugeteilt. Da die Leitung ihrer Abteilung seit langem
unbesetzt ist,
übernimmt sie sukzessive diese Agenden. Ihr nächsthöherer Vorgesetzter bemüht
sich um eine Verwendungszulage als stellvertretende Abteilungsleiterin für sie,
sein Antrag wird aber mit dem Argument abgewiesen, ein solcher Dienstposten sei
in der Abteilung nicht vorgesehen. Zusätzlich zu ihrer bisherigen Tätigkeit
wird sie operative Projektleiterin. Als die Funktion der Abteilungsleitung endlich
ausgeschrieben wird, bewirbt sich die Angestellte zunächst nicht, weil seitens
des Sozialversicherungsträgers offensichtlich beabsichtigt ist, diese Position
zu einer Art Geschäftsführung für das auszugliedernde Projekt auszubauen, und
damit Aufgaben und Kompetenzen verbunden wären, die sich die Angestellte nicht
zutraut. In der Folge wird aber
vom führenden Gremium beschlossen, die Ausgliederung doch nicht in der
geplanten Weise durchzuführen; der Posten der Abteilungsleitung wird neuerlich
mit einem reduzierten und den Aufgaben der Abteilung entsprechenden
Aufgabenbereich ausgeschrieben. Die Mitarbeiterin bewirbt sich daraufhin. Sie
weiß von drei männlichen Mitbewerbern, denen sie fachlich aufgrund ihrer
langjährigen einschlägigen Tätigkeit und ihrer de facto-Führungserfahrung klar
überlegen ist. In einem Gespräch mit einer Personalverantwortlichen wird der
Angestellten bereits signalisiert, dass ein Mann zum Zuge kommen soll; man
bietet ihr eine stellvertretende Position in einem anderen Bereich an, was sie
jedoch ablehnt. Nach Intervention durch die Anwaltschaft für
Gleichbehandlungsfragen kommt es zu einer dritten Ausschreibung mit nachfolgendem
Hearing. Informell erfährt die Frau, dass sie dabei am besten abgeschnitten
hat. Sie und der bereits früher favorisierte männliche Mitbewerber erhalten
einige Tage später noch eine Zusatzaufgabe. Auch dabei schlägt sie sich
ausgezeichnet. Dennoch wird wiederum keine Entscheidung getroffen. Erst fünf
Monate später beschließt das zuständige Gremium, dass der ausgeschriebene
Dienstposten der Abteilungsleitung nicht besetzt werden soll. Gleichzeitig wird
beschlossen, dass die Angestellte ihren nächsthöheren Vorgesetzten „weiterhin
unterstützen“ solle, dafür wird ihr eine Verwendungszulage von 10% zuerkannt.
Für (stellvertretende) Abteilungsleiter/innen sind aber zumindest 20% Zulage
vorgesehen. Alle Ausschreibungen enthalten gemäß dem bestehenden Programm zur
Förderung der Chancengleichheit den Zusatz, dass der Sozialversicherungsträger
bestrebt sei, den Frauenanteil im ausgeschriebenen Funktionsbereich zu erhöhen.
Der Arbeitgeber argumentiert im wesentlichen damit, dass nach dem
erfolgten Hearing für die beiden besten Bewerber/innen, darunter die
Angestellte, noch weitere Ausbildung und Coaching erforderlich gewesen wären.
Aufgrund einer vom zuständigen Gremium fünf Monate nach der letzten Ausschreibung
beschlossenen Konzeptänderung sollte dieser Dienstposten nicht mehr besetzt
werden. Kein Dienstnehmer habe Anspruch auf die Betrauung mit einer bestimmten
Position. Anerkannt wird
aber, dass der Aufgabenbereich der Angestellten dem einer
Abteilungsleitungs-Stellvertreterin entspricht.
In diesem Fall stellt sich erstmals die Frage, ob eine Diskriminierung
aufgrund des Geschlechts bei der Beförderung vorliegen kann, obwohl der in
Frage stehende Posten letztlich gar nicht, also auch nicht mit einem männlichen
Mitbewerber, besetzt wurde. Der Vergleich mit einem zum Zuge gekommenen
Konkurrenten des anderen Geschlechts scheidet also aus. Entscheidend ist jedoch
nach Ansicht der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen die Ablehnung der
Beförderung der höchstqualifizierten Bewerberin an sich, wenn diese aus nicht
nachvollziehbaren Gründen erfolgt. Denn unabhängig davon, ob ein Mann bestellt
wird oder nicht, bleibt das Ergebnis für sie dasselbe: Sie wird – mit allen
finanziellen und sonstigen Konsequenzen – nicht befördert und erhält die
ausgeschriebene und von ihr angestrebte Position nicht. Gerade darin liegt die
Diskriminierung. Die Gleichbehandlungskommission hat sich dieser Sicht
angeschlossen und argumentiert,
dass bei Beurteilung der Frage, ob eine Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts vorliege, in einem Gesamtzusammenhang auch jene Umstände zu
berücksichtigen seien, die im Umfeld zur Personalentscheidung bzw. im konkreten
Fall eben gerade zur Nichtbesetzung des Postens geführt hätten. Es sei zwar
kein Arbeitgeber gezwungen, den von ihm ausgeschriebenen Arbeitsplatz
tatsächlich auch zu besetzen, doch könne die Nichtbesetzung in bestimmten
Konstellationen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vermuten lassen.
Die Kommission erachtete es als maßgeblich, dass eine nach einhelliger Aussage
aller befragten Auskunftspersonen fachlich bestens qualifizierte und in ihren
Führungsqualitäten gänzlich unbestrittene Bewerberin sich um eine Position
beworben hatte, die sie de facto
seit langem zur höchsten Zufriedenheit des Dienstgebers ausgefüllt hatte. Die Vertreter/innen des Dienstgebers
konnten auch nicht darlegen, inwiefern der eigentlich gewünschte männliche
Bewerber besser geeignet gewesen wäre als die weibliche Kandidatin. Schließlich
ließen die konkreten Umstände des Hearingverfahrens nach der dritten
Ausschreibung (die beauftragte Firma hatte zuvor noch nie ein Personalauswahlverfahren
durchgeführt, sondern kam aus dem einschlägigen Fachbereich der Abteilung und
hatte langjährige geschäftliche Beziehungen zum männlichen Mitbewerber) die
Kommission vermuten, dass eine objektive und faire Meinungsbildung auf diese
Art im Auswahlverfahren nicht möglich gewesen war. Da außerdem aufgrund des für
den Arbeitgeber verpflichtenden Chancengleichheitsprogramms ein besonders hoher
Maßstab an die Transparenz und Begründung der in Rede stehenden
Personalentscheidung anzulegen war, ist aus Sicht der Anwältin für
Gleichbehandlungsfragen die Entscheidung der Gleichbehandlungskommission, dass
trotz Nichtbesetzung der ursprünglich dreimal ausgeschriebenen Stelle eine
Diskriminierung der weiblichen Bewerberin vorlag, uneingeschränkt zu begrüßen.
In Verfahren vor der
Gleichbehandlungskommission wird immer wieder vorgebracht, Männer würden sich
durch die Kleidung von Frauen am Arbeitsplatz sexuell belästigt fühlen. Es
erscheint daher sinnvoll, den Tatbestand der sexuellen Belästigung einmal auch
aus diesem Blickwinkel zu betrachten.
Kumulativ müssen folgende
Voraussetzungen vorliegen:
Ø Ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten wird gesetzt: „Verhalten“ ist in diesem Zusammenhang weit zu verstehen. Es könnte davon ausgegangen werden, dass das Tragen von bestimmter Kleidung darunter zu subsumieren wäre.
Ø Die Würde der Person wird
beeinträchtigt: Der Begriff der Würde ist stark vor dem Hintergrund des
sexuellen Selbstbestimmungsrechts der Person zu sehen, die sich belästigt
fühlt. Die Bekleidung eines Gegenübers vermag aber nicht die Würde eines
anderen Menschen zu beeinträchtigen. Dies schon deshalb nicht, weil ein die
Würde beeinträchtigendes Verhalten ein gewisses objektives Maß an Intensität
voraussetzt, das durch das bloße Aussehen einer Person nicht gegeben sein kann.
Darüber hinaus müsste das Verhalten einen Bezug zum Gegenüber haben, um so in
seine/ihre Würde und in das sexuelle Selbstbestimmungsrecht eingreifen zu
können.
Ø Dieses Verhalten muss für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein: Da die Würde einer Person allein durch die Bekleidung eines Gegenübers nicht beeinträchtigt sein kann, ist auf Grund des kumulativen Zusammenspiels der letzte Punkt unbeachtlich.
Nach der Intention des Gleichbehandlungsgesetzes
und im Hinblick auf die in ihm enthaltenen Wertungen ist im Begriff
„Belästigung“ immer die Dimension einer Diskriminierung mitzubeachten. Es
handelt sich dabei um eine sexualisierte Erscheinungsform von Gewalt, durch die
sich die nicht geschlechtergerecht verteilte Macht in den Hierarchien der
Arbeitswelt zeigt. Für die betroffene Person wird durch die
Diskriminierung durch sexuelle
Belästigung eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt
geschaffen oder sie muss durch Zurückweisung des diskriminierenden Verhaltens
nachteilige Auswirkungen fürchten. Nur in der Beachtung dieser Wertung ist ein
Verhalten im Sinne des Gesetzes eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts.
Bekleidungsvorschriften in Betrieben im allgemeinen
stehen immer im Spannungsverhältnis zu Persönlichkeitsrechten.
Sie unterliegen daher der Mitwirkungspflicht des
Betriebsrates und sind an erzwingbare Betriebsvereinbarungen gebunden. Gibt es
keine Betriebsvereinbarung, kann es innerhalb der Grenzen des Arbeitsvertrages
zu Weisungen bezüglich der Kleidung durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin kommen.
Bei einer Interessenabwägung muss der Grund für eine Bekleidungsvorschrift stärker wiegen als das Interesse des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin an einer unbeeinträchtigten Privatsphäre. ArbeitnehmerInnenschutz kann ein hinreichender Grund für Bekleidungsvorschriften sein.