REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESVERGABEAMT

 

 

 

 

 

Vierter Tätigkeitsbericht des

Bundesvergabeamtes

 

 

 

 

 

 

 

Praterstraße 31

1020 Wien

Internet-Adresse: www.bva.gv.at


 

 

EINLEITUNG

 

Gemäß § 146 BVergG 2002 hat das Bundesvergabeamt (BVA) jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit und die dabei gesammelten Erfahrungen zu verfassen. Dieser Bericht, der von der unabhängigen und weisungsfreien Vollversammlung beschlossen wird, ist dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu übermitteln und von diesem der Bundesregierung und dem Nationalrat vorzulegen.

 

Der vorliegende Bericht über die Tätigkeiten im Jahr 2005 biete einen Überblick über die vom BVA ausgeübte Kerntätigkeit sowie über sonstige besondere Ereignisse im genannten Berichtszeitraum.

 

Die bisherigen Berichte wurden von der Bundesregierung und dem Nationalrat zur Kenntnis genommen. Sie sind auf der Homepage des BVA unter www.bva.gv.at abrufbar.

 

Die im Bericht verwendeten Personenbezeichnungen stehen sowohl für die weibliche als auch für die männliche Form.

 

Vollversammlungen

Im Berichtszeitraum fanden zwei Vollversammlungen des BVA, nämlich am 2. Juni 2005 und am 12. Oktober 2005 statt.

 

Bei der Vollversammlung am 2. Juni 2005 wurde der 3. Tätigkeitsbericht über das Jahr 2004 beschlossen.

 

Im Rahmen der Vollversammlung am 12. Oktober 2005 waren zwei Tagesordnungspunkte von Relevanz:

Zum einen wurde der Entwurf einer neuen Geschäftsverteilung zur Diskussion gestellt. In Anbetracht des Umstandes, dass durch die bisherige gesetzliche Lage Fachsenate (Bau- bzw. Liefer- und Dienstleistungssenate) zu bilden sind, kam es zu einem Ungleichgewicht in der Auslastung einzelner Senate. Um diesen Umstand zu begegnen wurde ein Entwurf einer neuen Geschäftsverteilung ausgearbeitet, der die Zuteilung nach einem Rotationssystem vorsah. Allerdings bedarf es dazu einer gesetzlichen Änderung und sollte ein derartiges System erst mit In-Kraft-Treten des neuen BVergG 2006 am 1. Februar 2006 ermöglicht werden, sodass der diesbezügliche Entwurf nicht zur Beschlussfassung gelangte und die Entscheidung auf die nächste Vollversammlung vertagt wurde.

 

Der zweite wesentliche Tagesordnungspunkt betraf das Ansuchen der Senatsvorsitzenden auf unbefristete Ernennung. Da nach dreijähriger Tätigkeit Senatsvorsitzende den Antrag auf unbefristete Ernennung stellen können, langten im September 15 diesbezügliche Anträge ein. Nach den Bestimmungen des BVergG 2002 hat die Vollversammlung diesen Anträgen zuzustimmen und erfolgte diese Zustimmung mehrheitlich am 12. Oktober 2005. Am 13. Oktober 2005 wurden die Anträge an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zur weiteren Behandlung übermittelt.

 

Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung

In der Vollversammlung am 9. November 2004 wurde die Geschäftsverteilung 2005/1 beschlossen, die am 1. Jänner 2005 in Kraft getreten ist.

 

Im Berichtszeitraum kam es zu keinen Änderungen der Geschäftsordnung bzw. der Geschäftsverteilung, weil das neue BVergG 2006 erst im Dezember 2005 beschlossen wurde. Durch Änderungen im BVergG 2006 (zB Entfall der „verstärkten Senate“, Ermöglichung des Rotationsprinzips bei der Fallzuteilung, Einführung der  Bedienstetenversammlung, „Dreier-Senate“ im Unterschwellenbereich, etc), sind jedenfalls Adaptierungen der Geschäftsordnung und der Geschäftsverteilung erforderlich und zweckmäßig. Diese Änderungen sollen im Rahmen einer Vollversammlung am 1. Februar 2006 beschlossen werden.

 

Verfahren - Statistik

1. Überblick

Am 1. September 2002 trat das BVergG 2002 in Kraft. Damit verbunden waren die Erweiterung des vergabespezifischen Rechtsschutzes auf den Unterschwellenbereich sowie eine Neuorganisation der weisungsfreien und unabhängigen Rechtsschutzbehörde BVA auf Bundesebene.

 

 

„Altfälle“

ab 1.9.2002

2003

2004

2005

 

 

 

 

 

 

einst. Verfügung

0

31

122

118

116

Nachprüfungen

164

31

147

134

134

Feststellungen

83

9

16

14

7

Summe

247

71

285

266

257

 

Von den insgesamt 1126 Anträgen, die das BVA zu behandeln hatte, wurden 1092  bis 31.12.2005 erledigt, davon 723 mittels Bescheid.

 

Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der Verfahren, der ergangenen Bescheide und die Anzahl der Verfahren vor dem VfGH, dem VwGH und dem EuGH.

 

 

„Altfälle“

ab 1.9.2002

2003

2004

2005

Verfahren

247

71

285

266

257

Bescheide

80

57

208

195

183

VfGH

76

8

19

7

18

VwGH

0

1

22

19

30

EuGH

12

0

2

1

0

 

Somit wurde gegen die 723 Bescheide des BVA 52 Beschwerden beim VfGH und 72 Beschwerden beim VwGH erhoben. Insgesamt hat der VfGH 38 Fälle, der VwGH 30 Fälle bisher entschieden und es wurden insgesamt lediglich neun Bescheide des BVA nicht vollinhaltlich bestätigt.

 

2. Nachprüfungsverfahren

Im Berichtszeitraum wurden beim BVA 134 Nachprüfungsanträge eingebracht. Davon gehörten 89 Verfahren dem Oberschwellenbereich und 45 Verfahren dem Unterschwellenbereich an. Von diesen 134 Nachprüfungsverfahren wurde in 11 Fällen der Antrag abgewiesen, in 25 Fällen dem Antrag stattgegeben und in 47 Fällen der Antrag zurückgewiesen. In 25 Fällen wurde der Antrag zurückgezogen, in 5 Fällen das Verfahren gemäß § 6 AVG abgetreten sowie in 5 Fällen das Verfahren eingestellt. In 16 Fällen konnte im Berichtszeitraum keine Entscheidung getroffen werden, da die Bestellung eines Sachverständigen nötig geworden ist bzw. der Eingang der Anträge erst kurz vor Ablauf des Berichtszeitraumes erfolgte.

 

3. Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen

Im Berichtszeitraum wurden beim BVA 116 Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt. Davon gehörten 76 Anträge dem Oberschwellenbereich, 40 Anträge dem Unterschwellenbereich an. Hierbei wurde 82 Anträgen stattgegeben, 6 Anträge wurden abgewiesen und 11 Anträge zurückgewiesen. Weitere 4 Anträge wurden gemäß § 6 AVG abgetreten und 12 Anträge zurückgezogen. In einem Fall konnte im Berichtszeitraum keine Entscheidung getroffen werden, da der Eingang des Antrages erst kurz vor Ablauf des Berichtszeitraumes erfolgte.

 

 

4. Feststellungsverfahren

Im Berichtszeitraum wurden beim BVA 7 Feststellungsanträge eingebracht, die allesamt dem Oberschwellenbereich angehörten. Von diesen 7 Feststellungsverfahren wurde in 4 Verfahren der Antrag abgewiesen, 1 Antrag wurde zurückgezogen. In den weiteren 2 Verfahren konnte im Berichtszeitraum keine Entscheidung getroffen werden.

 

Anzumerken ist bereits an dieser Stelle, dass in Anbetracht der im BVergG 2006 vorgesehenen (rechtsschutzfreundlichen, aber gegenüber der bisherigen Rechtslage erheblich erweiterten) gesetzlichen Feststellungskompetenzen (siehe dazu den § 312 Absätze 3 bis 5 BVergG 2006) die Zahl der Feststellungsverfahren künftig gleichfalls entsprechend ansteigen dürfte, zumal § 341 Abs 2 BVergG 2006 diese Feststellungen des Bundesvergabeamts regelmäßig als Schadenersatz - Prozessvoraussetzung normiert.

 

5. Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof

Im Jahr 2005 wurden beim VfGH 18 Beschwerden anhängig gemacht.

 

Im Berichtszeitraum hat der VfGH - soweit es sich um Beschwerden gegen Bescheide handelte, die im Jahre 2005 erlassen wurden, einen Bescheid teilweise aufgehoben, zwei Bescheidbeschwerden abgewiesen (wobei eine Beschwerde an den VwGH abgetreten wurde), in einem Verfahren dem dort seitens der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 85 Abs 2 VfGG keine Folge gegeben wurde - an sonsten wurden im Berichtszeitraum keine derartigen Anträge an den VfGH gestellt. Weiters wurden vom VfGH zwei Normprüfungsbeschlüsse gemäß Art 139 bzw 140 B-VG betreffend die aktuellen Rechtsgrundlagen über die Gebührenhöhe der in § 177 BVergG 2002 vorgesehenen Pauschalgebühren gefasst - siehe dazu näher ab Seite 16 dieses Berichts.

 

Soweit es sich um Beschwerden gegen Bescheide handelte, die im Jahre 2004 erlassen wurden, wurde in zwei Beschwerdefällen die Behandlung abgelehnt und die Beschwerden an den VwGH abgetreten. Ein Verfahren wurde eingestellt.

 

Hinsichtlich der Beschwerden gegen Bescheide, die im Jahre 2003 erlassen wurden, wurde in einem Beschwerdefall die Behandlung abgelehnt und die Beschwerde an den VwGH abgetreten. Eine weitere Beschwerde wurde abgewiesen.

 

Insofern es sich um Beschwerden gegen Bescheide handelte, die im Jahre 2002 erlassen wurden, wurde in zwei Beschwerdefällen die Behandlung abgelehnt und wurden diese Beschwerden an den VwGH abgetreten. Ein Bescheid wurde teilweise aufgehoben.

 

6. Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof

Im Jahr 2005 wurden beim VwGH 30 Beschwerden anhängig gemacht.

 

Im Berichtszeitraum hat der VwGH - soweit es sich um Beschwerden gegen Bescheide handelte, die im Jahre 2005 erlassen wurden, in jeweils einem Verfahren den Bescheid aufgehoben bzw. den Beschluss gefasst, der Beschwerde nicht stattzugeben bzw. dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand keine Folge zu geben und die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

 

Soweit es sich um Beschwerden gegen Bescheide handelte, die im Jahr 2004 erlassen wurden, hat der VwGH in drei Verfahren die Bescheide in einem Spruchpunkt aufgehoben, sowie in einem Verfahren den Beschluss gefasst, die Behandlung abzulehnen.

 

Hinsichtlich der Beschwerden gegen Bescheide, die im Jahre 2003 erlassen wurden, hat der VwGH im Berichtszeitraum in einem Verfahren die Beschwerde abgewiesen, sowie in je einem Verfahren den Beschluss gefasst, die Beschwerde zurückzuweisen bzw. die Behandlung der Beschwerde abzulehnen.

 

In zwei weiteren Verfahren gegen Bescheide aus dem Jahre 2002 hat der VwGH den Beschluss gefasst, die Beschwerde zurückzuweisen bzw. das Verfahren einzustellen.

 

7. Europäischer Gerichtshof

Im Jahr 2005 hat das BVA kein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet. 
 

Seitens des EuGH sind im Jahr 2005 folgende vom BVA angeregte Auslegungsurteile ergangen:

Rs C-15/04 (Koppensteiner)
Rs C-462/03 (Strabag AG)
Rs C-463/03 (Kostmann GmbH)

1.    Rs C-15/04 (Koppensteiner)

Dieses Vorabentscheidungsverfahren betraf das Rechtsproblem der Überprüfbarkeit des Widerrufs eines Vergabeverfahrens. Im Einzelnen stellte sich die Frage, ob die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, auch für den Widerruf oder zumindest für die Entscheidung des Auftraggebers, einen solchen vorzunehmen, die Möglichkeit der Nichtigerklärung vorzusehen.

 
In den Schlussanträgen vom 16.12.2004 sah Generalanwältin Stix-Hackl die Aufhebbarkeit des Widerrufs der Ausschreibung zusammen mit einer Widerrufsentscheidung als geboten an. Weiters sprach sie sich für die unmittelbare Anwendbarkeit von Art 2 Abs 1 lit b RMRL im Falle eines Widerrufs der Ausschreibung nach Angebotsöffnung aus. 
 
In seinem Urteil vom 2.6.2005 entschied der EuGH - unter Bezugnahme auf die Entscheidung in der Rs C-92/00 (HI Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik PlanungsgesmbH), dass die Nichtüberprüfbarkeit und Nichtaufhebung der Widerrufsentscheidung gemeinschaftsrechtswidrig ist.

 

Der Gesetzgeber verstößt daher gegen Gemeinschaftsrecht, wenn die Bieter die Widerrufsentscheidung nicht anfechten können. Das für die Nachprüfung von Entscheidungen iSd § 20 Z 13 BVergG zuständige BVA ist verpflichtet, § 20 Z 13 BVergG unangewendet zu lassen und über Anfechtungen von Widerrufsentscheidungen im Nachprüfungsverfahren zu entscheiden und die Widerrufsentscheidung gegebenenfalls für nichtig zu erklären.

 

Auf die Frage, ob - wie die Generalanwältin in ihren Schlussanträgen vorschlug - zwischen dem Widerruf und der Widerrufsentscheidung zu unterscheiden ist und eine Stillhaltefrist einzuhalten ist - ging der Gerichtshof jedoch nicht ein.

 

Im neuen BVergG 2006 wurde der Rechtsprechung des EuGH Rechnung getragen und die Widerrufsentscheidung als gesondert anfechtbare Entscheidung normiert.

 

2.       Rs C-462/03 (Strabag AG)

         Rs C-463/03 (Kostmann GmbH)

Mit diesen Vorabentscheidungsersuchen ist das BVA im Jahre 2003 an den EuGH herangetreten. Den gegenständlichen Nachprüfungsverfahren liegen mehrere Vergabeverfahren der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) betreffend bauliche Maßnahmen in der Schieneninfrastruktur und bei Schienenendeinrichtungen zugrunde. Der Auftraggeber hat sämtliche Vergabeverfahren in Form von Verhandlungsverfahren durchgeführt.

 

Zentrale materiellrechtliche Frage der gegenständlichen Vorabentscheidungsersuchen war, ob infrastrukturelle Maßnahmen im Verkehrsbereich (konkret im Schienenverkehrsbereich) unter den Tatbestand des "Betreibens von Netzen zur Versorgung der Öffentlichkeit im Bereich des Verkehrs per Schiene, automatische Systeme, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Kabel" gemäß Art. 2 Abs. 2 lit c der RL 93/38/EWG zu subsumieren sind und damit dem verdünnten Vergaberechtsregime unterliegen. Die genannte Richtlinienbestimmung lässt nämlich die "Bereitstellung von Netzen" unerwähnt. Der nationale Gesetzgeber hat indes - entgegen der Rechtslage gem § 84 Abs. 2 Z 3 BVergG 1997 - mit Neuerlassung des Bundesvergabegesetzes BVergG 2002 auch die "Bereitstellung von Netzen" als Sektorentätigkeit definiert (§ 120 Abs. 2 Z 3 BVergG 2002), ohne hierfür allerdings seine Erwägungsgründe darzulegen.

 

In den oben genannten, verbundenen Rechtssachen entschied der EuGH mit Urteil vom 16.6.2005, dass, wenn ein Auftraggeber, der eine der in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/38 speziell erwähnten Tätigkeiten ausübt, in Ausübung dieser Tätigkeit beabsichtigt, einen Dienstleistungs-, Bau- oder Lieferauftrag zu vergeben oder einen Wettbewerb durchzuführen, für diesen Auftrag oder Wettbewerb die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten.

Danach setzt die Anwendbarkeit der Richtlinie 93/38/EWG voraus, dass der Auftraggeber die betreffenden Tätigkeiten ausübt und in Ausübung einer solchen Tätigkeit die Vergabe eines Auftrags beabsichtigt. Daraus ergibt sich, dass zu prüfen ist, welche Zweckbeziehung zwischen ausgeübter Sektorentätigkeit und beabsichtigter Auftragsvergabe besteht, um zu klären, ob das weniger strenge "Sektorenregime" anzuwenden ist, oder aber die für klassisch-öffentliche Auftraggeber geltenden strengeren Regelungen des BVergG.

 

3.       Weitere Rechtsprechung des EuGH

Abgesehen von den beiden Vorabentscheidungsersuchen des BVA setzte sich der EuGH im Berichtszeitraum – aus vergaberechtlicher Sicht – insbesondere mit der Zulässigkeit von In-House-Vergaben auseinander. Mit dem Urteil vom 11.1.2005, Rs C-26/03, Stadt Halle, führte der Gerichtshof zunächst aus, dass bei einem rechtlich unterschiedlichen Vertragspartner nur dann von einer Ausschreibung abgesehen werden kann, wenn (a) der Auftraggeber über die Einrichtung eine Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausübt und (b) der Vertragspartner im Wesentlichen für den Anteile haltenden Auftraggeber tätig wird (Rückkehr zur "Teckal-Formel").

Zugleich wurde angemerkt, dass bereits eine private Minderbeteiligung am betreffenden Vertragspartner eine Kontrollausübung wie über eine eigene Dienststelle ausschließt.

 

Diese Sichtweise wurde am 13.10.2005 in der Rs C-458/03, Parkring Brixen, fortgeschrieben. Der EuGH verneinte die Möglichkeit einer In-House-Vergabe an eine im ausschließlichen Eigentum des Auftraggebers stehende Einrichtung, wenn diese ua. in eine AG umgewandelt wurde, eine baldige Öffnung für Fremdkapital vorgesehen und der betreffende Verwaltungsrat mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet ist.

 

Zuletzt hatte der EuGH in seinem Urteil vom 10. November 2005, Rs C-29/04, Kommission/Österreich, einen Österreich betreffenden Sachverhalt zu beurteilen. Die Stadt Mödling gründete 1999 eine GmbH und übertrug dieser für ihr Gemeindegebiet das alleinige Recht zur Abfallentsorgung. In weiterer Folge wurden 49% der Gesellschaftsanteile an ein privates Unternehmen übertragen und die operative Tätigkeit aufgenommen. Der Gerichtshof wertete diese einzelnen Schritte als einen vergaberechtlichen Vorgang und gelangte zu dem Schluss, dass zu Unrecht von einer öffentlichen Ausschreibung abgesehen wurde.

 

Im BVergG 2006 wird diesen Ausführungen des EuGH und dem verstärkten Vorgehen der Europäischen Kommission gegen unzulässige Direktvergaben etwa unter dem Titel "In-House-Vergabe" Rechnung getragen. Eine Feststellung des BVA, wonach (a) eine Zuschlagserteilung ohne Verfahrensbeteiligung weiterer Unternehmer direkt erfolgte und (b) dies angesichts der Vorgaben des BVergG 2006 offenkundig unzulässig erfolgte, bewirkt die Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses zum Entscheidungszeitpunkt ("ex-nunc-Wirkung"). Auf Grund dieses neu geschaffenen Rechtsschutzinstrumentariums ist für die Zukunft abzusehen, dass die Vergabekontrolle in gesteigertem Ausmaß derartige komplexe Konstellationen zu beurteilen haben wird.

 

8. Verstärkter Senat

Gemäß § 153 BVergG ist ein Senat des Bundesvergabeamtes nach Maßgabe der Geschäftsverteilung durch zwei weitere in § 136 Abs. 4 genannte Mitglieder zu verstärken, wenn der Senat mit Beschluss ausspricht, dass

  1. die Entscheidung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesvergabeamtes bedeuten würde, oder
  2. die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesvergabeamtes nicht einheitlich beantwortet wurde, oder
  3. die Entscheidung ein Abgehen von einer Entscheidung eines verstärkten Senates des Bundesvergabeamtes bedeuten würde.

 

Im Jahr 2005 hat sich der Senat 4 im Verfahren 04N-17/05 verstärkt. Der Grund für die Bildung eines verstärkten Senates lag darin, dass die Frage der Zuständigkeit zum Abspruch über Anträge gemäß § 177 Abs. 5 BVergG 2002 in der bisherigen ständigen Rechtsprechung vom Bundesvergabeamt einheitlich verneint wurde. Unter Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 177 BVergG 2002 (1087 BlgNR, XXI.GP zu § 177) ging das Bundesvergabeamt davon aus, dass es sich beim Antrag auf Gebührenersatz um einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch handle, der mittels Mahnklage bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden könne.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in seinem Erkenntnis vom 6. April 2005, 2004/04/0091, 0092, ausführt, stehen den Erläuternden Bemerkungen zu § 177 BVergG 2002 folgende Überlegungen gegenüber:

 

Gemäß § 177 Abs. 1 BVergG 2002 hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 163 Abs. 1, 164 Abs. 1, 171 Abs. 1 und 175 Abs. 1 eine Pauschalgebühr zu entrichten, deren Höhe sich gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung, abhängig von der Art des Vergabeverfahrens, aus dem Anhang X ergibt.

 

Gemäß § 177 Abs. 5 BVergG 2002 hat der vor dem Bundesvergabeamt, wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller, Anspruch auf Ersatz seiner gemäß Abs. 1 oder 3 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner.

 

Zur letztgenannten Bestimmung halten die Materialien (1780 [RV] und 1118 [AB BlgNR, XXI. GP) Folgendes fest:

"Der in Abs. 5 vorgesehene Gebührenersatz ist ein zivilrechtlicher Ersatzanspruch und kann mit Mahnklage bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden. Wer Antragsgegner ist, ergibt sich aus dem Antrag bzw. Teilnahmeantrag."

 

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung betreffend die Zuständigkeit zur Entscheidung über den in § 177 Abs. 5 BVergG 2002 normierten Gebührenersatzanspruch gibt es nicht. § 177 leg. cit. findet sich im zweiten Hauptstück ("Das Verfahren vor der Bundes-Vergabekontrollkommission und dem Bundesvergabeamt"), somit in den Verwaltungsvorschriften, und nicht etwa im vierten Hauptstück ("Zivilrechtliche Bestimmungen") des BVergG 2002.

 

Gemäß § 74 Abs. 2 erster Satz AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten - abweichend von der allgemeinen Regelung des Abs. 1, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat - ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Bei § 177 Abs. 5 BVergG 2002 handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 74 Abs. 2 AVG, nach der einem Beteiligten (dem auch nur teilweise obsiegenden Antragsteller in einem Nachprüfungsverfahren) ein Kostenersatzanspruch (Anspruch auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr) gegen einen anderen Beteiligten (der Antragsgegner, das ist regelmäßig der Auftraggeber), zusteht.

 

Gemäß § 74 Abs. 2 zweiter und dritter Satz AVG ist der Kostenersatzanspruch so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Bauschbetrag festgesetzt werden. Nach § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides u.a. "die allfällige Kostenfrage" zu erledigen.

 

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die für die Hauptsache zuständige Behörde - in der Regel in dem die Hauptsache erledigenden Bescheid - auch über den gemäß § 74 Abs. 2 AVG in den Verwaltungsvorschriften normierten Kostenersatzanspruch eines Beteiligten gegen einen anderen zu entscheiden hat, ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Normierung der Kompetenz für die Kostenentscheidung in dem jeweiligen Materiengesetz bedarf.

 

Die in den zitierten Materialien zum BVergG 2002 - ohne nähere Begründung - festgehaltene Meinung, dass für die Entscheidung über den Kostenersatzanspruch gemäß § 177 Abs. 5 BVergG 2002 nicht das Bundesvergabeamt, sondern die Zivilgerichte zuständig seien, hat im Gesetz keinen Niederschlag gefunden und ist somit unbeachtlich (vgl Thienel/Bratrschovsky Gebührenersatz nach § 177 Abs. 5 BVergG - wirklich bei Gericht einzuklagen?, ZVB 2004, 102ff)".

 

Aus diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass das Bundesvergabeamt zum Abspruch über den Kostenersatzanspruch gemäß § 177 Abs. 5 BVergG 2002 zuständig ist.

Das BVergG 2006 trägt dieser Rechtsansicht Rechnung. Im § 319 Abs 3 BVergG 2006 wird eindeutig festgelegt, dass das Bundesvergabeamt auch für die Entscheidung über den Ersatz der Pauschalgebühr zuständig ist.

 

9. Pauschalgebühr

Für Anträge gemäß den §§ 163 Abs. 1, 164 Abs. 1, 171 Abs. 1 und 175 Abs. 1 hat der Antragsteller eine Pauschalgebühr zu entrichten[1]. Die Höhe der Pauschalgebühr richtet sich nach dem vom Auftraggeber durchgeführten Verfahren und ist gemäß den im Anhang X, angepasst mit der Verordnung der Bundesregierung über die Gebühren für die Inanspruchnahme des BVA, BGBl II Nr. 324/2002, ausgewiesenen Sätzen bei Antragstellung zu entrichten.

 

Im Jahr 2005 wurden von den Antragstellern Pauschalgebühren in Höhe von € 619.850,-- sowie von den Teilnahmeantragstellern in Höhe von € 59.200,-- entrichtet. Nach Refundierungen in Höhe von € 11.326,-- wurden somit insgesamt € 667.724,-- an Pauschalgebühren entrichtet.

 

Im Berichtszeitraum hat der VwGH ein Erkenntnis betreffend die Zuständigkeit zum Abspruch über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr erlassen. Aus den Ausführungen zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 2005, 2004/04/0091, 0092, ergibt sich, dass das BVA zum Abspruch über den Kostenersatzanspruch gemäß § 177 Abs. 5 BVergG 2002 zuständig ist (siehe hierzu die Ausführungen unter "Verstärkter Senat").

 

Insbesondere bei der Bekämpfung von Losaufträgen eines Bauauftrages kann die Höhe der Pauschalgebühr in einem krassen Missverhältnis zum begehrten Auftrag stehen. Da sich die Höhe der Pauschalgebühr nicht nach dem verfahrensgegenständlichen Auftragsvolumen richtet, haben ganz allgemein gerade kleinere Unternehmen ein beachtliches Gebührenrisiko zu tragen.

 

Im Verfahren 13N-95/03 betrug der geschätzte Auftragswert des Loses, für das die Antragstellerin angeboten hat, € 108.480,--, die Nettoanbotssumme lag bei € 61.808,50. Der geschätzte Auftragswert des gesamten Vorhabens betrug jedoch € 15.587.910,-- und war somit dem Oberschwellenbereich zuzuordnen. Für den Antrag auf Nachprüfung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung waren somit € 10.000,-- zu bezahlen, was 16 % der tatsächlichen Nettoauftragssumme entspricht.

 

Der VfGH beschloss am 24.6.2005, B-1417/03-12, die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "Bauaufträge ………5 000 €" in der vorletzten Zeile des Anhanges X des Bundesvergabegesetzes, BGBl I Nr. 99/2002, sowie die Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "Bauaufträge ………5 000 €" in der vorletzten Zeile des § 1 der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des BVA, BGBl II Nr. 324/2002, von Amts wegen zu prüfen.

 

Ebenso beschloss der VfGH am 15.12.2005, B-266/04-8, die Verfassungsmäßigkeit des § 177 Abs 1 sowie der Wortfolge "Bauaufträge … 2.500 €" in der fünftletzten Zeile des Anhanges X des Bundesvergabegesetzes, BGBl I Nr. 99/2002, sowie die Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "Bauaufträge … 2.500 €" in der fünftletzten Zeile des § 1 der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des BVA, BGBl II Nr. 324/2002, von Amts wegen zu prüfen.

 

Im neuen § 318 Abs. 2 BVergG 2006 ist den geäußerten grundsätzlichen Bedenken Rechnung getragen und eine differenzierte Regelung für einzelne Lose/Gewerke getroffen worden. 

 

10. Einzelentscheidungen des Bundesvergabeamtes

Bei der Auswahl berichtenswerter Einzelentscheidungen des BVA wird auf die Fälle eingegangen, die ein besonderes mediales Interesse hervorgerufen haben, eine gewisse Größenordnung erlangten und zugleich auch vergaberechtlich relevante Aspekte behandelten.

 

Stadion Klagenfurt

Ein bedeutender Fall des Arbeitsjahres 2005 waren die Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren "Stadionneubau Klagenfurt Waidmannsdorf für EURO 2008". Gegenstand war die Errichtung eines Basisstadions, Ausbau des Stadions auf eine Kapazität von 30.000 Sitzplätzen und Rückbau auf 12.000 Sitzplätze nach Ende der Fußball-Europameisterschaft, die gemeinsam von Österreich und der Schweiz veranstaltet wird. Es handelte sich um ein zweistufiges Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich betreffend einen Bauauftrag, der sowohl die Planung als auch die Ausführung umfasste.

 

In der EU-weiten Bekanntmachung im Amtsblatt der EG und in der nationalen Bekanntmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung sowie in den "Teilnahmeunterlagen" war als öffentlicher Auftraggeber jeweils die Republik Österreich, Bund, Österreichisches Institut für Schul- und Sportstättenbau, ÖISS, angegeben. In den Ausschreibungsunterlagen für die zweite Stufe des Verfahrens, die den präqualifizierten Bietern übermittelt wurden, fand sich als Auftraggeber die Landeshauptstadt Klagenfurt gemeinsam mit der in Gründung befindlichen zweckgerichteten Errichtungs- und Betriebsgesellschaft.

 

Gegen die Zuschlagsentscheidung der Stadt Klagenfurt vom 8.3.2005 brachten mehrere nicht zum Zuge gekommene Bietergemeinschaften Nachprüfungs- bzw. Teilnahmeanträge sowohl beim UVS für Kärnten als auch beim Bundesvergabeamt ein. Dies aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht, da zu diesem Zeitpunkt offensichtlich Unklarheit über die tatsächliche Auftraggebereigenschaft herrschte.

 

Sowohl der UVS für Kärnten als auch das BVA haben in der Folge den Anträgen auf Erlassung von einstweiligen Verfügungen - unvorgreiflich der Entscheidung in der Hauptsache - stattgegeben und das Vergabeverfahren damit vorläufig gestoppt. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens erklärte sich der UVS für Kärnten für unzuständig, wies die Nachprüfungs- bzw. Teilnahmeanträge ab und hob die einstweilige Verfügung auf. Am darauf folgenden Tag erteilte die Stadt Klagenfurt den Zuschlag. Das BVA gelangte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Erkenntnis, dass die Zuschlagsentscheidung von der Stadt Klagenfurt im eigenen Namen - und damit von einem Auftraggeber, der dem Vollzugsbereich des Landes Kärnten unterliegt - getroffen wurde, und somit der UVS für Kärnten zur Nachprüfung zuständig sei. Die Nachprüfungsanträge wurden zurückgewiesen, die einstweiligen Verfügungen traten außer Kraft.

 

Eine Bietergemeinschaft hat in der Folge den sie betreffenden Bescheid des BVA beim VfGH angefochten, eine weitere den Bescheid beim VwGH. Vier Bietergemeinschaften haben den Bescheid des UVS für Kärnten beim VfGH angefochten.

 

Aufgrund der Tatsache, dass sich beide Behörden für unzuständig erachteten, wurde von zwei Bietergemeinschaften ein Antrag gemäß Art 138 Abs 1 lit c B-VG zur Entscheidung eines negativen Kompetenzkonflikts beim VfGH eingebracht.

 

Der VfGH hat die Bescheidbeschwerden gegen die Bescheide des UVS für Kärnten und des BVA bzw. die Anträge auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zur Beratung und Entscheidung verbunden und eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Mit Erkenntnis vom 13.10.2005 hat der VfGH ausgesprochen, dass der UVS für Kärnten zur Entscheidung über die Nachprüfungs- bzw. Teilnahmeanträge zuständig ist. Die dem entgegenstehenden Entscheidungen des UVS für Kärnten wurden aufgehoben. Mit einem weiteren Erkenntnis vom selben Tag wurde die Beschwerde einer Bietergemeinschaft gegen den Bescheid des BVA abgewiesen.

 

Der VfGH hat sich in seinen Erkenntnissen der Auffassung des BVA angeschlossen, dass es darauf ankommt, wer zivilrechtlicher Vertragspartner des zukünftigen Auftragnehmers wird oder werden soll. Da die angefochtene Zuschlagsentscheidung unzweifelhaft von der Stadt Klagenfurt (im eigenen Namen und nicht etwa in Stellvertretung des Bundes) abgegeben wurde, war die Entscheidung des UVS Kärnten rechtswidrig und wurde der Bescheid des BVA bestätigt. 

 

Der gegenständliche Fall verdeutlicht, dass zur Vermeidung von (negativen)  Kompetenzkonflikten der vergabespezifische Rechtsschutz österreichweit von einer einzigen Bundesbehörde wahrgenommen werden sollte.

 

KFZ für die Polizei

Anfang 2005 entschied das BVA über den Nachprüfungsantrag betreffend die Ausschreibungsunterlagen zur Beschaffung von ca 12.000 KFZ für die Polizei, mit einem geschätzten Auftragswert von ca. 140 Mio. €. Dem Nachprüfungsbegehren eines Bewerbers wurde vom BVA stattgegeben und Teile der Ausschreibung wegen nicht erklärbarer Spezifikationen (zB geforderte Längen- und Volumenangaben, Mindestgeschwindigkeiten, Verbot von Alternativangeboten) aufgehoben. Der Bescheid des BVA wurde nicht angefochten, die ausschreibende Stelle hat ein neuerliches Ausschreibungsverfahren mit deutlich reduziertem Volumen (ca 900 KFZ) gestartet und zu Ende geführt. In einem nachfolgenden Strafverfahren wegen übler Nachrede, angestrengt von den Geschäftsführern der Bundesbeschaffung GmbH gegen eine Tageszeitung (wegen des Passus einer „kriminell dilettantischen Ausschreibung“ in einem Artikel) wurde auch der zuständige Senatsvorsitzende des BVA als Zeuge einvernommen.

 

Innerstaatliche Neuerungen

Entwurf des Bundesvergabegesetzes 2006

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat einen Entwurf für eine Neuerlassung des Bundesvergabegesetzes (BVergG 2006) ausgearbeitet. Dieser dient der Umsetzung der mit den Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG festgelegten neuen gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen unter Berücksichtigung der Judikatur von EuGH, VfGH und VwGH. Die Umsetzungsfrist läuft am 31.1.2006 ab. Der Entwurf orientiert sich an den systematischen und strukturellen Umgestaltungen des Gesetzes, welche von den Universitätsprofessoren Aicher, Holoubek und Thienel ausgearbeitet wurden. So finden sich die Bestimmungen für den Sektorenbereich nunmehr weitgehend getrennt von jenen des klassischen Bereichs.

 

Beispielsweise werden folgende Punkte als wesentliche Neuerungen hervorgehoben:

-                Änderung der Definitionen

-                Neuregelung der In-House-Vergabe

-                Änderung des Katalogs von Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Vergaberechts

-        Regelung der neuen, von den Richtlinien vorgesehenen Vergabearten, wie Rahmenvereinbarung (Ausdehnung auf den Oberschwellenbereich), dynamisches Beschaffungswesen, wettbewerblicher Dialog
-                Einführung von Nebenangeboten
-                Neue gesondert anfechtbare Entscheidungen (neu ist nunmehr, dass nicht nur das Ausscheiden eines Angebotes, sondern auch die Widerrufsentscheidung anfechtbar ist. Zum Zweck der Widerrufsanfechtbarkeit wird zwischen Widerrufsentscheidung und Widerrufserklärung unterschieden. Der Widerruf darf erst nach Ablauf einer Frist von (grundsätzlich) 14 Tagen nach Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung erklärt werden) 
-                Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften sind als solche parteifähig zur Geltendmachung der ihnen durch dieses Bundesgesetz eingeräumten Rechte 

-                Vereinfachung der Präklusionsfristen

-                Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung kann nunmehr auch dann beantragt werden, wenn noch kein Nachprüfungsantrag gestellt worden ist.

-                Entfall der Gebühren nach dem Gebührengesetz

-                Wegfall der Teilnahmeanträge

-                Entfall der Bundes-Vergabekontrollkommission

Schwellenwerteverordnung

Am 28. Februar 2005 wurde die Verordnung der Bundesregierung betreffend die Anpassung der im Bundesvergabegesetz 2002 festgesetzten Schwellenwerte - Schwellenwerte-Verordnung 2005, in BGBl II 56/2005 kundgemacht. Damit werden die Schwellenwerte des BVergG 2002 an die nunmehr im Gemeinschaftsbereich geltenden (höheren) Schwellenwerte der VO Nr. 1874/2004 angepasst, damit das flexiblere Regime des Unterschwellenbereiches in jenem Maße genutzt werden kann, wie dies gemeinschaftsrechtlich zulässig ist.

 

Die Kommission hat mit ihrer Verordnung (EG) Nr. 2083/2005 vom 19.12.2005, kundgemacht im Amtsblatt der Europäischen Union zu L 333/28 am 20.12.2005 die zuletzt in der Verordnung der Bundesregierung BGBl II 56/2005 kundgemachten Schwellenwerte gesenkt.

 

Da die Neufestsetzung der Schwellenwerte durch die Kommission im Wege einer Verordnung erfolgte, ist die Verordnung der Bundesregierung BGBl II Nr 56/2002 ab 1. Jänner 2006 nicht mehr anzuwenden. Die durch die Verordnung der Kommission festgesetzten Schwellenwerte werden auch durch das In-Kraft-Treten des BVergG 2006 nicht berührt. Das Verfahren zur Erlassung einer Verordnung gem. den §§ 18 und 186 BVergG 2006, mit dem die geänderten Schwellenwerte auch innerstaatlich kundgemacht werden - obwohl sie bereits seit 1. Jänner 2006 unmittelbar gelten (!) - wird laut Rundschreiben des BKA-VD gem. § 346 BVergG 2006 nach der Kundmachung des BVergG 2006 eingeleitet werden.

 

Das BVA verweist in diesem Zusammenhang auf die Probleme, die Änderungen im Schwellenwertbereich für öffentliche Auftraggeber (zB Bund, Länder und Gemeinden) und Sektoren-Auftraggeber mit sich bringen (zB veränderte Verfahrensvorschriften) und diese nur wenige Tage (noch dazu de facto während der Weihnachtsfeiertage) vor In-Kraft-Treten bekannt gegeben werden. Da die Nicht-Beachtung der neuen Schwellenwerte Haftungsansprüche bzw. Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich auslösen können wären aus Sicht der Rechtsschutzbehörde eine höhere Sensibilität und längere Vorbereitungsfristen einzufordern.

 

Informationstätigkeit, Ausbildung, Organisation

Homepage

Um die Homepage des BVA[2] für den interessierten Leser, insbesondere auch jener aus dem Ausland, noch attraktiver zu gestalten, werden seit dem 2. Halbjahr 2005 die Organisation, das Organigramm und die Kontaktadresse des Bundesvergabeamtes auf der Homepage in englischer Sprache zur Verfügung gestellt. Damit wird auch der EU-Präsidentschaft Österreichs im Halbjahr 2006 Rechnung getragen.

 

Im Durchschnitt haben im Jahre 2005 pro Monat rund 2776 Interessierte (2004: 2162), davon ca. 1125 regelmäßig (2004: 593), die Homepage besucht. Der Anteil jener Besucher, die regelmäßig Einschau in die Homepage halten, hat sich somit gegenüber dem Jahr 2004 fast verdoppelt. Die durchschnittliche Besuchsdauer pro Anwender ist mit rund 18 Minuten gegenüber dem Vorjahr zwar gleich geblieben, doch wurden dabei im Durchschnitt rund 106.310 hits (2004: 86.000 hits) verzeichnet.

 

Ebenso erwähnenswert ist auch der Zuwachs der Abfragen aus dem Ausland im Vergleich zum Jahr 2004: Während die internationalen Abfragen in den letzten drei Monaten des Jahres 2004 gegenüber den Vormonaten rasant zunahmen und durchschnittlich 63,1% betrugen, betrugen diese im Durchschnitt des Berichtszeitraumes sogar 74,12%.

 

Dritte Vergaberechtstagung

Am 2. und 3. Juni 2005 fand die dritte Vergaberechtstagung im BVA statt. Im Mittelpunkt dieser behördeninternen Tagung, zu der Auch die Mitglieder der UVS/VKS der Bundesländer als auch der Bundes-Vergabekontrollkommission eingeladen waren, stand die Entwicklung des BVergG 2006. Die Umsetzung der neuen europäischen Vergabe-Richtlinien bis 1. Februar 2006 hat auch in Österreich eine intensive Vorbereitung und Diskussion ausgelöst. Zahlreiche Arbeitsgruppen haben sich mit der Weiterentwicklung des Vergaberechts befasst, sowohl auf wissenschaftlicher Ebene als auch in der Analyse der täglichen Praxis und der Rechtsprechung. Zahlreiche Fachvorträge beleuchteten insbesondere die verschiedenen Aspekte und Tendenzen, Wünsche, Anregungen und Forderungen zu diesem neuen Gesetz. Das BVA hat das Protokoll der Tagung in einer eigenen Tagungsbroschüre herausgegeben und allen Teilnehmern übermittelt. Diese Broschüre wird jedem Mitglied des Wirtschaftsausschusses zur Verfügung gestellt.

 

Internationale Besuche

Im April 2005 befand sich eine Delegation von Vergaberechtsexperten aus Polen und der Slowakei auf Studienbesuch in Österreich. Im Rahmen dieses Besuches wurden die Organisation des BVA und der gesamte Ablauf des Nachprüfungsverfahrens in Österreich durch Senatsvorsitzende des BVA präsentiert und näher erläutert. Auch die derzeitige Strukturierung des österreichischen Vergaberechts und des Rechtsschutzes war von großer Bedeutung für die Delegationsteilnehmer.

 

Bei der dreistündigen Präsentation wurde besonders auf die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gem § 20 Z 13 BVergG 2002 eingegangen, die ein reges Interesse bei den Vergaberechtsexperten hervorriefen. Weiters wurde im Vortrag auch auf die Möglichkeit einer nachprüfenden Kontrolle der Bescheide des BVA durch VwGH und VfGH eingegangen. Von Interesse war ebenso die Erörterung der Erlangung von Schadenersatz nach Abschluss eines positiven Feststellungsverfahrens.

 

Nach dem Besuch des BVA waren noch Gespräche und Vorträge bei der WKÖ, Wiener Zeitung und im BMWA auf dem Besuchsprogramm.

 

Rechnungshofprüfung

Von Mitte November bis Mitte Dezember 2005 hielt der Rechnungshof Einschau in den Gebarungsbereich des BVA. Von dieser Einschau waren neben dem BVA auch die Bereiche des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, die für das Budget und die Personalangelegenheiten des BVA verantwortlich sind, betroffen. Der Bericht über das Ergebnis dieser Einschau ist für das Jahr 2006 in Aussicht gestellt.

 

Telearbeit

Ab Mai 2005 haben erstmals drei Senatsvorsitzende von der in § 36a BDG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, regelmäßig bestimmte dienstliche Aufgaben in ihrer Wohnung zu verrichten (Telearbeit). Dieses Pilotprojekt ist für ein Jahr befristet. Es wurden dazu Senatsvorsitzende ausgewählt, die einerseits die gesetzlichen Anforderungen dafür erfüllen und andererseits im erforderlichen Fall binnen einer Stunde die Dienststelle erreichen können. Die dafür notwendige informations- und kommunikationstechnische Ausstattung (Laptop, Handy) wurde vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt. Die Telearbeiter haben Montag und Freitag jedenfalls ihre dienstlichen Aufgaben an der Dienststelle zu verrichten und Dienstag bis Donnerstag an ihrem Heimarbeitsplatz (Telearbeitstage). Wenn es dienstlich erforderlich ist, kann der Telearbeiter jedoch auch an den Telearbeitstagen seine dienstlichen Aufgaben an der Dienststelle verrichten.

 

Das Instrument der Telearbeit hat sich als praxistauglich herausgestellt und wird von den betroffenen Senatsvorsitzenden insbesondere wegen der dadurch für sie verbundenen Einsparung an Fahrzeit (zur Dienststelle und retour) von etwa 2 Stunden pro Tag geschätzt. Aus der Sicht des Dienstgebers ist es zu keinen nennenswerten Schwierigkeiten oder Verzögerungen gekommen, jedoch konnte eine gesteigerte Arbeitszufriedenheit und Motivation der Telearbeiter festgestellt werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich das Instrument der Telearbeit bewährt hat und in Zukunft beibehalten und ausgebaut werden sollte.

 

Personalia

Ende November 2005 hat ein Senatsvorsitzender das BVA verlassen und wechselte in eine Anwaltskanzlei. Ende Dezember 2005 hat eine Senatsvorsitzende ihre Karenzzeit beendet und ihre Tätigkeit, auf 50 % der regulären Wochendienstzeit beschränkt, wieder aufgenommen.

 

Ein Verwaltungslehrling hat Mitte 2005 ihre Lehrzeit mit ausgezeichnetem Abschluss beendet und wurde in das BMWA versetzt.



[1] § 177 Abs. 1 BVergG

[2] www.bva.gv.at