IV-1 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Dienstag, 18. März 2003

 

 

 

 

 

 

 

 


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Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XXII. Gesetzgebungsperiode                 Dienstag, 18. März 2003

Tagesordnung

(nach Ergänzung und Neureihung)

1. Bericht der Bundesregierung betreffend den Halbjahresbericht des Kuratoriums des Österrei­chischen Versöhnungsfonds (4/HA)

2. Europäischer Rat von Brüssel

6469/03 POLGEN 8

Europäischer Rat (21. März 2003); Erläuterter Tagesordnungsentwurf

(4444/EU XXII. GP)

3. Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Heinz Fischer, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Michael Spindelegger und Dr. Josef Cap auf Einsetzung einer En­quetekommission gemäß § 98 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Grund­lagen eines modernen Österreichischen Bundestierschutzgesetzes“ (12/HA)

4. Reassümierung des Beschlusses des Hauptausschusses vom 23. Jänner 2003 auf Abhal­tung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 98 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Eckpunkte eines Österreichischen Tierschutzgesetzes – auf Basis eines europäi­schen Rechtsvergleichs und eines Vergleichs der landesgesetzlichen Bestimmungen“

5. Unterrichtung über die Nominierung eines stellvertretenden Mitgliedes im Ausschuss der Regionen (6/HA)

6. Unterrichtung über die Nominierung eines Mitgliedes im Ausschuss der Regionen (7/HA)

7. Antrag der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf Zustimmung zum Beschluss der Bundesregierung betreffend Entsendung eines österreichischen Kontingentes zur EU-Mili­täroperation in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (10/HA)

8. Antrag der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf Zustimmung zum Beschluss der Bundesregierung betreffend allfälligen Einsatz von Kräften des österreichischen Kontingen­tes zur Eskortierung von VN-Personal im Falle von Evakuierungen im Rahmen der United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) (14/HA)

9. Wahl eines vom Hauptausschuss zu bestellenden Mitgliedes des Kuratoriums des National­fonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus sowie des Allgemeinen Ent­schädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und über Restitutionsmaßnahmen (8/HA)

10. Wahl eines vom Hauptausschuss zu bestellenden Mitgliedes des Kuratoriums des National­fonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus sowie des Allgemeinen Ent­schädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und über Restitutionsmaßnahmen (9/HA)

11. Wahl von zwei Mitgliedern und eines Ersatzmitgliedes des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses


Beginn der Sitzung: 15.03 Uhr

(Nach Ergänzung und Neureihung der Tagesordnung sowie der Erledigung des Tagesord­nungspunktes 1 beginnen die Beratungen zu Angelegenheiten der EU – nunmehr dem Tages­ordnungspunkt 2 – um 15.10 Uhr.)

2. Punkt

2. Europäischer Rat von Brüssel

6469/03 POLGEN 8

Europäischer Rat (21. März 2003); Erläuterter Tagesordnungsentwurf

(4444/EU XXII. GP)

Obmannstellvertreter Dr. Heinz Fischer verkündet, dass für die Mitglieder des Hauptaus­schusses eine Redezeit von 120 Minuten im Verhältnis ÖVP und SPÖ je 35 Minuten, Freiheit­liche 24 und Grüne 26 Minuten festgesetzt worden sei. – Gegen diese Vorgangsweise werden keine Einwendungen erhoben.

Er stellt fest, dass Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner wegen eines Auslandsaufenthaltes entschuldigt sei, und bittet Bundeskanzler Dr. Schüssel um ein einleitendes Statement.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel betont einleitend, dass die Tagesordnung für den Europäischen Rat in Brüssel auf Grund der Irak-Krise umgestellt worden sei, die ursprünglich geplante Diskussion zum Thema EU-Konvent sei gestrichen worden.

Es sei nun ein Drittel der Frist, die sich die Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Lissabon-Agenda gesetzt hätten, verstrichen. Eine Zwischenbilanz ergebe, dass es trotz allem Fort­schritte gegeben habe, gerade in jüngster Zeit etwa die überfällige Einigung auf ein Gemein­schaftspatent.

Auch Österreich habe sich zwar seit dem Jahr 2000 – etwa in puncto Wettbewerbsfähigkeit – deutlich verbessert und entspreche mit den geplanten und bereits laufenden Reformen in den Bereichen E-Government, Forschung und Entwicklung sowie im Sozial- und Pensionsbereich vollinhaltlich den Vorgaben der Lissabon-Agenda, müsse jedoch eine stärkere Dynamik ent­wickeln, um die gesetzten Ziele im Jahr 2010 auch wirklich erreichen zu können. Als zentrale österreichische Anliegen bei der Lissabon-Strategie bezeichnet der Bundeskanzler vor allem die Erhöhung der Beschäftigtenzahl, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Forschung und Entwicklung, die Vereinfachung und Beschleunigung des Regelungsumfeldes sowie die nach­haltige Entwicklung.

Eine Bewertung der Fortschritte in der Lissabon-Strategie könne man jedoch nur vor dem Hin­tergrund der makroökonomischen Rahmenbedingungen vornehmen. Hinsichtlich der Sanierung der Staatsfinanzen gebe es zwar durchaus Erfolge, aber bei Wachstum und Beschäftigung habe die Union die wünschenswerten Ziele bisher nicht erreicht. Die Finanzpolitik der EZB unterstütze diese Gesamtziele manchmal nur sehr zögernd. Beim kommenden Frühjahrsgipfel sollte nun herausgearbeitet werden, welche konkreten Vorhaben man dafür in nächster Zeit angehen sollte.

Ein zentraler Ansatz für eine Wachstumspolitik sei in erster Linie, die Strukturen der öffent­lichen Haushalte zu verändern. Es gebe in allen europäischen Ländern sowohl für Arbeit­nehmer als auch für Unternehmer eine enorme Abgabenbelastung. Auch müsse es zu einer Umschichtung der Ausgaben von den bürokratischen, den konsumtiven Bereichen hin zu den mehr zukunftsorientierten, investiven bildungs-, forschungs- und infrastrukturrelevanten Berei­chen kommen. Es sei beispielsweise notwendig, das Pensions- und das Gesundheitssystem zu reformieren, um diese dauerhaft abzusichern.

Man setze in dieser Frage auf „Better Regulation“, auf Erleichterungen im Marktzutritt und einen von der Kommission geplanten Abbau überflüssiger Gesetze und Direktiven innerhalb der Union in den nächsten Jahren. Eine beschleunigte Umsetzung der Charta für Kleinunterneh­men, ein rascher Abschluss des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen und der Arbeiten an der Binnenmarktstrategie für Dienstleistungen seien dabei wesentliche Vorhaben. Der euro­päische Forschungsraum sowie weitere Förderungen der Informationsgesellschaft hätten besondere Priorität im Rahmen der Lissabon-Strategie; neu seien Themen wie Biotechnologie und eine Stärkung des Bildungsbereiches insgesamt.

Zum Thema Beschäftigungspolitik und die Modernisierung des europäischen Sozial­modells führt Bundeskanzler Dr. Schüssel aus, dass Österreich die in der Lissabon-Strategie verankerten Ziele in puncto Beschäftigungsquote mit einer Ausnahme schon jetzt beinahe erreicht habe. Diese Ausnahme betreffe die Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen, die in Österreich zurzeit erst bei unter 30 Prozent liege. Auch im Bereich der Einkommensunter­schiede zwischen Männern und Frauen habe Österreich großen Nachholbedarf.

Bei der anstehenden Revision der europäischen Beschäftigungsstrategie unterstütze Österreich die von der Kommission vorgeschlagenen Ziele betreffend Vollbeschäftigung, Arbeitsplatz­qualität, Arbeitsproduktivität und integrativen Arbeitsmarkt. Die Einrichtung einer „European employment task force“, einer kleinen Gruppe von Experten, die kurzfristig Maßnahmen zur besseren Umsetzung der Beschäftigungsstrategie vorschlagen sollen, solle besprochen werden.

Im Kontext der Reform der Arbeitsmärkte werde die Kommission eine Mitteilung zum Themen­komplex Immigration und Integration von Migranten in Gesellschaft und Beschäftigung vor­legen. Um den sozialen Dialog auf europäischer Ebene zu stärken, werde es zu einer „Formali­sierung des Treffens der Staats- und Regierungschefs mit den europäischen Sozialpartnern und der Kommission“ kommen. Dies sollte nach Ansicht Schüssels noch verbreitert werden. Zum Sozialschutz und ähnlichen Themen werde der Vizekanzler im Anschluss Stellung nehmen.

In puncto Nachhaltigkeit liege Österreich an der Spitze aller 15 Mitgliedstaaten. Man werde sich daher beim Europäischen Rat nach einer Überprüfung der bisherigen Erfolge für die nächsten zwölf Monate konkrete Ziele setzen, um vor allem ein verbessertes Gleichgewicht zwi­schen den Dimensionen Wirtschaft und Beschäftigung auf der einen Seite und Umweltnach­haltigkeit auf der anderen Seite herzustellen.

Es werde beim Europäischen Rat insbesondere zu Handlungsaufforderungen für die nächsten zwölf Monate in den Bereichen Klimaschutz, Energie, Verkehr und Schutz der natürlichen Ressourcen kommen, denn die EU als treibende Kraft bei der Formulierung von internationalen Klimaschutzzielen, etwa bei der Konferenz von Johannesburg, müsse ihre Forderungen natürlich auch intern in konkreten nationalen Programmen umsetzen. Eine effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen sei auch im Hinblick auf die absolute Reduktion des Ressourcen­verbrauchs wichtig. Die Entkoppelung des Ressourcenverbrauchs vom Wirtschaftswachstum stehe zwar als Ziel europaweit außer Streit, in der Praxis jedoch nicht immer.

Die von der Kommission vorgeschlagene weitere Forcierung der Umwelttechnologien habe die volle Unterstützung Österreichs, auch deshalb, weil Österreich in diesem Bereich sehr gut gerüstet sei und sich angesichts der in den nächsten zehn Jahren in den Beitrittsländern an­stehenden etwa 120 Milliarden € an Umweltinvestitionen interessante wirtschaftliche Chancen erwarte. Um diese auch nützen zu können, werde man gemeinsam mit Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung einen eigenen Umweltcluster entwickeln.

Eines der Schlüsselthemen in der Nachhaltigkeitsstrategie der EU sei natürlich die Verkehrs­politik. Auch in diesem Bereich gebe es das Ziel, das Verkehrswachstum vom Wachstum des BIP zu entkoppeln. Man sei sich in Österreich parteiübergreifend einig, dass eine Neuorientie­rung der Wegekostenrichtlinie dringend notwendig sei, damit der Straßengüterverkehr über Errichtungs- und Erhaltungskosten hinaus auch mit seinen so genannten externen Kosten zu einer Querfinanzierung von alternativen Verkehrsträgern, vor allem in sensiblen Gebieten, bei­tragen könne. Das diesbezügliche „Methodologiepapier“ der Kommission sei erst in Ausarbei­tung begriffen. Bisher bekannt sei nur eine sehr allgemeine Rahmenfestlegung, die zudem noch nicht konkret genug sei, um wirklich abschätzen zu können, was das für die Mautgestaltung, für die Querfinanzierung et cetera wirklich bedeute. Bis zur offiziellen Beschlussfassung durch die Kommission und deren Veröffentlichung seien natürlich noch wesentliche Veränderungen mög­lich, daher könne man zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine konkrete Stellungnahme abgeben.

Selbstverständlich werde das internationale Thema Irak-Krise sehr stark im Vordergrund stehen. Österreich trete nach wie vor für eine friedliche Lösung ein und teile die Ansicht des UNO-Generalsekretärs Kofi Annan, dass es für derartige Fälle die UNO-Charta gebe, in der genau festgelegt sei, unter welchen Bedingungen wer was tun könne und solle sowie dass die Durchsetzung wichtiger politischer Ziele mit Gewalt nur unter der Autorität des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erfolgen dürfe. Diese Autorität der Vereinten Nationen gelte es hoch zu halten, und sie werde durch Alleingänge natürlich keinesfalls gestärkt. Aber auch für die Zeit nach einem Irak-Krieg sei die aktive Mitarbeit der Vereinten Nationen sowohl an politischen Lösungen als auch an guten Lösungen der humanitären und wirtschaftlichen Probleme unabdingbar.

Ihm, Schüssel, sei wichtig, dass Europa mit einer Stimme spreche, und zwar basierend auf den sowohl in der Bevölkerung als auch in den Institutionen der EU mehrheitsfähigen Grund­sätzen friedliche Lösung, UNO, Entwaffnung des Irak und Autorität des Sicherheitsrates. Andernfalls stehe die gesamte Handlungsfähigkeit der Europäischen Union auf dem Spiel. Österreich werde daher beim gerade stattfindenden Rat wie auch beim Gipfel selbst darauf dringen, dass die griechische EU-Präsidentschaft in ihren Bemühungen um eine gemeinsame Linie nachhaltig unterstützt werde. Er sei jedoch skeptisch, ob es gelingen werde.

Vizekanzler Mag. Herbert Haupt berichtet, dass der Europäische Rat von Brüssel nunmehr bereits der vierte Gipfel sei, der sich mit der Koordinierung der Wirtschafts-, Beschäfti­gungs-, Sozial- und Umweltpolitik befasse und die Fortschritte der Gemeinschaft in diesen Bereichen überprüfe. Im erläuterten Tagesordnungsentwurf seien unter der Überschrift „Weitere Umsetzung der Lissabonner Strategie“ die dafür notwendigen Entscheidungen und Aktivitäten der nächsten zwölf Monate angeführt.

Es gehe dabei insbesondere um die Koordinierung der Politiken und wirtschaftlichen Reformen, um das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln – zum Beispiel durch Forschung und Entwick­lung sowie durch Investitionen in die Infrastruktur –, um Maßnahmen zur Förderung der Unter­nehmen und des Unternehmensgeistes, um die Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft mit besonderer Berücksichtigung der Informationsgesellschaft sowie um die Modernisierung des europäischen Sozialmodells und die Förderung der nachhaltigen Entwick­lung.

Kernstück des europäischen Sozialmodells sei die Beschäftigungspolitik. Auch die österrei­chische Bundesregierung sei der Ansicht, dass ein sicherer und gerecht entlohnter Arbeitsplatz der beste Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung sei. Zudem stellten hohe Beschäfti­gungsquoten die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme sicher. Die Gemeinschaft sei einem hohen Maß an Sozialschutz verpflichtet, der auf den Grundsätzen der Solidarität und des sozialen Zusammenhalts beruhe, vor allem in Hinsicht auf die Pensions- und Gesundheits­systeme.

Österreich habe die Vorgaben von Lissabon hinsichtlich der Beschäftigungsquoten von Frauen und Männern bereits erreicht und teilweise sogar überschritten, die Arbeitslosenquote sei im Vergleich zum EU-Durchschnitt gering. Hingegen seien für die Anhebung der Beschäftigungs­quote der 55- bis 64-Jährigen auf 50 Prozent bis zum Jahr 2010 verstärkte Anstrengungen not­wendig.

Weiters werde der Europäische Rat die Notwendigkeit von Gender Mainstreaming betonen und die Vorlage eines jährlichen Berichtes über dieses Thema an den Europäischen Rat an­regen, da Gender Mainstreaming nur dann durchgesetzt werden könne, wenn es höchste politische Unterstützung erfahre. Österreich habe diesen Top-down-Ansatz in der Europäischen Union immer unterstützt und verfolge ihn seit dem Jahr 2000 auch auf nationaler Ebene mit der Einrichtung der interministeriellen Arbeitsgruppe Gender Mainstreaming konsequent.

Den vom Bundeskanzler angeführten österreichischen Prioritäten für die Lissabon-Strategie wolle er, Haupt, einen weiteren Punkt hinzufügen, nämlich die Modernisierung und Förderung des Sozialschutzes und des sozialen Zusammenhalts vor dem Hintergrund der auf Seite 2 des österreichischen Positionspapiers formulierten „Gerechtigkeit der Finanzierungslast der Ge­nerationen“. Der Schwerpunkt liege nicht nur auf der Finanzierungslast, sondern auch auf so­zialen Aspekten wie die Angemessenheit der Sozialleistungen und die Anpassung der Sozial­systeme an die gesellschaftlichen Änderungen. Dabei stünden folgende drei Themen im Vor­dergrund: die Förderung der sozialen Eingliederung und die Bekämpfung der Armut, die Reform der Pensionssysteme vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung sowie die Siche­rung des Zugangs, der Qualität und der Finanzierung der Gesundheitssysteme und der Alten­pflege. All diese Politikfelder seien für die Bundesregierung sowohl auf europäischer Ebene als auch für die innerösterreichischen Reformen zentrale Anliegen.

Zur Unterstützung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei diesen wichtigen Themen sei die Methode der offenen Koordinierung eingeführt worden. Grundsatz dieser Methode sei, dass die Subsidiarität der Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt werden dürfe. Wichtige Bestand­teile dieser Methode seien Leitlinien für alle Mitgliedstaaten, nationale Aktionspläne bezie­hungsweise Strategiepläne der Mitgliedstaaten, deren Aussagen in einem Gemeinsamen Be­richt des Rates und der Kommission zusammengefasst würden, sowie eine laufende Beob­achtung der Fortschritte und jährliche Berichte an den Europäischen Rat. Diese Methode werde von Österreich unterstützt, da sie vor allem dem Informationsaustausch und der Identifizierung von Best-Practice-Beispielen diene. Die mit dieser Methode bearbeiteten Themen befänden sich zurzeit in unterschiedlichen Behandlungsstadien, daher rege der Rat Überlegungen zur Entwicklung eines kohärenten Rahmens zur besseren Abstimmung und zur Vereinfachung der Arbeitsabläufe an, was von Österreich ausdrücklich begrüßt werde.

Österreich habe schon im Jahr 2001 einen Nationalen Aktionsplan für die soziale Eingliede­rung und zur Bekämpfung der Armut vorgelegt, der im Gemeinsamen Bericht von Rat und Kommission gut bewertet worden sei. Auch die Strukturindikatoren, für die jedoch bis dato nur Werte aus dem Jahre 1999 vorlägen, wiesen laut Haupt darauf hin, dass Österreich über dem EU-Durchschnitt liege. So seien etwa zwölf Prozent der EinkommensbezieherInnen nach dem Einrechnen aller Sozialtransfers von Armut bedroht – EU-Durchschnitt: 15 Prozent –, dies sei die sechstniedrigste Armutsrate innerhalb der EU. Die Frauenarmutsrate liege mit 14 Prozent zwar ebenfalls unter dem EU-Durchschnitt von 16 Prozent, bedeute aber nur mehr die acht­niedrigste Rate. Um das zu verbessern, werde bei den im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen wie die Überführung der Notstandshilfe in eine „Sozialhilfe neu“, der Ausbau des Bonus-Malus-Systems, die Sicherung der Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung, der Mindestlohn, die Mindestpension et cetera verstärkt Gender Mainstreaming zur Anwendung kommen.

Die in der annotierten Tagesordnung erwähnten und auch von Österreich gebilligten gemein­samen Ziele zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung beinhalteten insbesondere die Berück­sichtigung der Armutsbekämpfung nicht nur in der Sozialpolitik, sondern auch in allen anderen relevanten Politikbereichen, vor allem in der Budgetpolitik. Die Mitgliedstaaten sollten sich dafür geeignete nationale Ziele setzen. Vizekanzler Mag. Haupt weist darauf hin, dass der zweite Nationale Aktionsplan zur sozialen Eingliederung im Sozialressort in Vorbereitung sei und Ende Juli an die Kommission übermittelt werde.

Dem Europäischen Rat werde auch der Gemeinsame Bericht von Rat und Kommission über angemessene und nachhaltige Renten vorliegen. Im Rahmen der Methode der offenen Koordinierung hätten die Mitgliedstaaten im September 2002 nationale Strategieberichte zum Thema Überalterung der Bevölkerung und deren Auswirkungen auf die soziale Angemessenheit und Finanzierbarkeit der Pensionssysteme an die Kommission übermittelt.

Im Rentenstrategiebericht der österreichischen Bundesregierung seien folgende Schwerpunkte aufgelistet: die Erhöhung der Erwerbsquote – vor allem jener der Frauen und der älteren Arbeitskräfte –; die Weiterentwicklung des Altersversorgungssystems – die im Regierungspro­gramm vorgesehenen Maßnahmenpakete für ältere ArbeitnehmerInnen sollten dazu beitragen, diese in Beschäftigung zu halten beziehungsweise zu reintegrieren, da Österreich mit 28,6 Pro­zent eine der niedrigsten Beschäftigungsquoten in diesem Arbeitnehmersegment aufweise, der EU-Durchschnitt liege bei 38,8 Prozent – und als dritter Punkt die Erhöhung der budgetären Spielräume zur Sicherung der Finanzierung der Rentensysteme – die Bundesregierung plane den weiteren Ausbau der betrieblichen und individuellen Altersvorsorge sowie Maßnahmen, die sich am späteren Eintritt in das Erwerbsleben und an der gestiegenen Lebenserwartung orien­tierten.

Im Bericht an den Europäischen Rat werden die Anstrengungen Österreichs begrüßt, die Pen­sionssysteme zu reformieren. Es werde jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das österreichische Pensionssystem fast völlig auf der ersten Säule basiere, was sich in den EU-weit höchsten öffentlichen Pensionsausgaben manifestiere. Anzuerkennen sei, dass mit der „Abfertigung neu“ an einer Stärkung der zweiten Säule gearbeitet werde. Dem Problem der weit niedrigeren Pensionsansprüche der Frauen könne durch das neue Modell der Anrechnung von Kindererziehungszeiten begegnet werden.

Zur Durchsetzung der kommenden Reformen der Bundesregierung hinsichtlich Chancengleich­heit auf dem Arbeitsmarkt, eigenständige Alterssicherung und Förderung der Frauengesundheit verweist er auf den Gender Mainstreaming-Ansatz.

Der Rentenbericht für den Europäischen Rat sei, so Haupt, eine gute Zusammenfassung der Herausforderungen und Strategien der 15 Mitgliedstaaten und als Unterlage, durch die die Mit­gliedstaaten aus den bereits vorhandenen Erfahrungen lernen können, gut geeignet. Die Hin­weise auf notwendige weitere Anstrengungen berücksichtigten nicht nur die budgetären Her­ausforderungen, sondern auch die soziale Ausgewogenheit als gleichberechtigtes Ziel. Eine Fortsetzung der Anwendung der offenen Koordinierung im Pensionsbereich sei daher seiner Überzeugung nach äußerst wünschenswert.

Es werde dem Europäischen Rat auch ein Gemeinsamer Bericht von Rat und Kommission zu den Gesundheitssystemen und zur Langzeitpflege vorgelegt, in dem die im Juli des Vor­jahres übermittelten nationalen Ausführungen der Mitgliedstaaten zusammengefasst seien. Der Bericht orientiere sich an jenen drei Zielen, die von den Mitgliedstaaten als wichtig erklärt worden seien, nämlich Zugänglichkeit für alle, hohe Qualität der Gesundheitsversorgung und Altenpflege sowie die finanzielle Nachhaltigkeit und diene dazu, die Mitgliedstaaten unter voller Beachtung des Subsidiaritätsprinzips beim gegenseitigen Informationsaustausch zu unterstüt­zen. Auch die Einführung der Europäischen Krankenversicherungskarte sei für den Europäi­schen Rat von Wichtigkeit. Österreich unterstütze die diesbezüglichen Bemühungen, befürchte aber, dass die angepeilten Fristen auf Grund der administrativen Abläufe nicht eingehalten werden können.

Ein besonderes Anliegen sei ihm, Haupt, die Umweltdimension und die nachhaltige Ent­wicklung, deren Bedeutung vom Europäischen Rat bestätigt werde. Im Entwurf der erläuterten Tagesordnung werde hervorgehoben, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung ohne Umweltschutz und ohne den Schutz der nationalen und natürlichen Ressourcen nicht nachhal­tig sein könne. Seit dem Europäischen Rat von Göteborg, bei dem die Umwelt in die Koordinie­rung der Politiken einbezogen worden sei, habe es aber nur wenige Fortschritte gegeben, daher sei ein neuer Anstoß erforderlich. Den Bürgerinnen und Bürgern müsse eine auf Nachhaltigkeit angelegte Infrastruktur geboten werden.

In diesem Zusammenhang betont Vizekanzler Mag. Haupt, dass materielle und immaterielle In­vestitionen zur Wachstumsdynamik beitrügen und Investitionen in materielle Infrastrukturen nach wie vor ein zentrales Element der öffentlichen Güter seien. Es seien daher auf EU-Ebene Forderungen nach Rahmenbedingungen im Verkehrsbereich berechtigt, die derartige Investitio­nen im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung rechtfertigten und der nachhaltigen Entwicklung Rechnung trügen.

Für Österreich sei eine Politik der nachhaltigen Entwicklung besonders im Verkehrsbereich wichtig. Der Rat der Verkehrsminister habe im Dezember 2002 betont, diesbezügliche Vor­schläge der Kommission ab 2003 nur dann zu prüfen, wenn eine Folgenabschätzung in Bezug auf die wirtschaftlichen, sozialen und umweltrelevanten Aspekte der nachhaltigen Entwicklung vorgenommen würde.

Das Ökopunktesystem im Transitverkehr habe zur nachhaltigen Entwicklung einiges beige­tragen, es sei zu Emissionsreduktionen – jedoch nicht im erwarteten Ausmaß – und zu einer teilweisen Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene gekommen – rund 35 Prozent der Trans­portleistungen würden in Österreich derzeit auf der Schiene und im Kombiverkehr erbracht, ein wenig befriedigender Wert. Dass es auf EU-Ebene verabsäumt worden sei, etwa eine dauer­hafte Reduzierung der Emissionsbelastungen im Straßengüterverkehr zu realisieren, halte er angesichts der Prognosen über massive Verkehrszuwächse infolge der unmittelbar bevorste­henden EU-Erweiterung für besonders bedauerlich. Die geplante neue Wegekostenrichtlinie müsste auch das Konzept der ökosensiblen Zonen wie Gebiete mit Schutzstatus oder groß­städtische Ballungsräume berücksichtigen, andernfalls wäre der erzielte Erfolg im Emissions­bereich, aber auch die erzielte Stabilisierung des Modal Split zu Gunsten umweltfreundlicher Verkehrsträger gefährdet.

Weiters sei eine deutliche Entkoppelung des Verkehrsaufkommens vom BIP-Wachstum eine essentielle Voraussetzung für die Sicherung einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung und daher zu unterstützen. Eine dem Verursacherprinzip gerecht werdende Kostenanlastung im Straßen­güterverkehr sollte alle externen Kosten umfassen und die Möglichkeit der Querfinanzierung für umweltfreundliche Verkehrsträger zumindest in sensiblen Zonen nicht nur vorsehen, sondern endlich auch umsetzen.

Hinsichtlich der vom Europäischen Rat wiederholt erhobenen Forderungen, dass die Gesamt­ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3 Prozent des BIP zu erhöhen seien, erinnert Vizekanzler Mag. Haupt daran, dass die Bundesregierung die Anhebung der nationalen F&E-Quote von 1,96 auf 2,5 Prozent des BIP während der laufenden Legislaturperiode anstrebe. Der Europäische Rat sollte auch darin bestärkt werden, auf die Umsetzung des Gemeinschafts­patents zu drängen, da die Umsetzung von Forschungsergebnissen in kommerzielle Produkte und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung für die nationale und europäische Innova­tion und Wettbewerbsfähigkeit sei.

Abschließend hält er fest, dass er sich vom heurigen Frühjahrsgipfel eine weitere Stärkung der Sozialpolitik auf europäischer Ebene erhoffe.

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) hält zur Irak-Krise fest, dass sich Europa derzeit in einer kritischen Lage befinde, da ein ursprünglich konsensual gefasster europäischer Stand­punkt nicht mehr aufrechterhalten habe werden können, weil einige Mitgliedstaaten plötzlich andere Meinungen vertreten hätten. Umso wichtiger sei es daher, beim Europäischen Rat zu versuchen, alles zu tun, damit Europa erstens wieder zu diesem einheitlichen Standpunkt zurückfinde, zweitens, dass Österreich klarstelle, dass seine Haltung auf der gemeinsamen Be­schlussfassung des Nationalen Sicherheitsrates beruhe und drittens die Basis aller Aktionen die Vereinten Nationen sein müssen. Vor allem die nach einer kriegerischen Auseinandersetzung auftauchenden Probleme würden ohne Vereinte Nationen nicht bewältigbar erscheinen.

Er betont weiters, dass Österreich in dieser Frage mit einer Stimme sprechen müsse, weil das auch im Sinne dessen, was für Europa notwendig sei, für Österreich gut sei.

Was die Lissabon-Strategie betrifft, handle es sich um eine ehrgeizige zukunftsträchtige Ziel­setzung bis zum Jahre 2010. Er wisse auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit, dass die Europäi­sche Union mit der Zielsetzung der nachhaltigen Entwicklung in ihrer ökonomischen, ökologi­schen und sozialen Dimension weltweit federführend sei. Daher habe Europa die Verpflichtung, diese führende Rolle in allen relevanten Fragen auch auf globaler Ebene weiterzuverfolgen.

Aber auch die Mitgliedstaaten der EU selbst müssten auf Basis der Lissabon-Strategie agieren. Das Regierungsübereinkommen beinhalte die Zielsetzungen der Lissabon-Strategie, etwa bei der nachhaltigen Entwicklung oder bei der Konsolidierungspolitik öffentlicher Haushalte, wo Österreich einen positiven und unterstützenswerten Weg gehe, der auch in Europa vorbildlich sei.

Im Bereich der Reform und der Deregulierung werde mit der heute beschlossenen Regelung bezüglich der Ladenöffnungszeiten dem auch in Österreich gegebenen Veränderungsbedarf Rechnung getragen. Dasselbe gelte auch für eine künftige Diskussion über die Arbeitszeitflexi­bilisierung. In der Frage Innovation halte er den Ansatz, einerseits die Strukturen neu zu organi­sieren, andererseits in dieser Legislaturperiode 600 Millionen € zur Verfügung zu stellen, für richtig.

Was den Arbeitsmarkt und das Thema Beschäftigung angeht, gebe es positive neue Impulse wie das Recht auf Teilzeitarbeit, die Aktion „56/58 plus“ für ältere Arbeitnehmer sowie das Recht auf Qualifikation der jüngeren Arbeitnehmer unter 25 beziehungsweise der älteren Arbeitneh­mer über 50 Jahren.

Neue Impulse gebe es außerdem bei den notwendigen Innovationen respektive Investitionen in den Klimaschutz.

Die Modernisierung des Sozialmodells sei seiner Meinung nach ohne Alternative, daher halte er es für richtig, die langfristige Perspektive des Pensionsrechts außer Streit zu stellen und gleichzeitig den Mut aufzubringen, die notwendigen kurzfristigen Maßnahmen zur Pensions­sicherung zu treffen. Österreich leiste mit diesem Arbeitsübereinkommen einen absolut innovati­ven und positiven Beitrag im Konzert der Mitgliedstaaten der Lissabon-Strategie.

Aus seiner Sicht seien drei Dinge besonders interessant: Erstens scheine es mit diesem Sozial­gipfel zu einer stärkeren Institutionalisierung bei der Kooperation der europäischen Institutionen mit den Sozialpartnern zu kommen. Das sei eine interessante Perspektive, weil Österreich mit seinem Modell der Sozialpartnerschaft sehr positive Erfahrungen gemacht habe.

Zweitens sei die Lissabon-Strategie im Zusammenhang mit der Erweiterung von besonderer Bedeutung, da man damit den Beitrittskandidaten eine inhaltliche Perspektive bis 2010 gebe und diese nicht nur den Acquis als Grundlage hätten. Er persönlich halte es für wichtig, dass Österreich besonders innovativ und initiativ sei, weil man nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile daraus lukrieren könne.

Drittens habe Österreich Interesse daran, dass sich die Kommission selbst der Lissabon-Strate­gie verpflichtet fühle. Die bisher bekannten Details der Vorschläge betreffend Wegekostenricht­linie seien nämlich noch nicht dazu angetan, die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie auch in den Kommmissionsentwürfen selbst zu verwirklichen. Österreich werde daher sehr genau darauf Bedacht nehmen, dass die neue Wegekostenrichtlinie den österreichischen Anliegen und Interessen entspreche.

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) dankt für die umfangreichen Berichte des Bundes­kanzlers und des Vizekanzlers, regt aber gleichzeitig an, dass den Mitgliedern des Ausschusses die Unterlagen in schriftlicher Kopie zur Verfügung gestellt werden.

Er ist der Meinung, dass betreffend Irak-Krise die österreichische Position auch im Hauptaus­schuss klarer diskutiert werden sollte. In der UN-Resolution 1441 sei festgehalten, dass der Sicherheitsrat den Irak wiederholt gewarnt habe, dass er als Ergebnis der fortgesetzten Verlet­zungen seiner Verpflichtungen mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen habe. Das sei seiner, Caps, Ansicht nach aber keine rechtliche Grundlage, die das legitimiere, was sich nun ab­zeichne. Der Bundeskanzler habe zu Recht gesagt, diese Vorgangsweise werde die UNO und den Sicherheitsrat nicht stärken, offensichtlich hätten sich jedoch die USA, Großbritannien und eventuell auch Spanien auf Grund der mangelnden Mehrheitsfähigkeit im Sicherheitsrat dazu entschlossen, keine zweite Resolution im Sicherheitsrat einzubringen.

Der Völkerrechtler Professor Rotter habe am Vortag im Fernsehen gesagt, die erste Resolution sei nicht einmal eine Rechtsmeinung. Jedenfalls sei sie keine Grundlage, ein Ultimatum zu stellen und die Vorgangsweise zu legitimieren, Saddam Hussein, der allgemein nicht geschätzt werde, zum Exil zu bewegen oder einen Krieg anzufangen. Er, Cap, frage sich schon, warum sich die USA nicht schon bei den Giftgasangriffen des Irak gegen die Kurden in der Intensität wie jetzt zu Wort gemeldet haben.

In der Formulierung „mit ernsthaften Konsequenzen“ sei ein Krieg noch nicht enthalten. Es gehe um Menschenleben und um den Umstand, dass sich ein Land in Kooperation mit anderen Ländern in einer Weise verhalte, die es wiederum schwer mache, von einer EU-einheitlichen Stimme zu sprechen. Bedauerlicherweise sei auch Großbritannien mit dabei; die Rücktritte in der britischen Regierung, wie etwa des Fraktionsvorsitzenden der Labour Party, Robin Cook, seien ein deutliches Signal dafür, dass dieser Schritt nicht unumstritten sei. Bedauerlicherweise sei auch Polen, das Mitglied der Europäischen Union werden wolle, für einen Krieg. Er habe eher den Eindruck, dass Polen Mitglied der „Amerikanischen Union“ werden wolle.

Man könne es nun nicht, wie dies der Bundeskanzler getan habe, dabei belassen, zu sagen, dass es gewisse Gruppenbildungen gebe und Österreich quasi über den Gruppen stehe. Eine Gruppe – die USA, Großbritannien, Polen und Australien – sage Krieg, die andere – Frankreich und Deutschland – sage, man solle mit friedlichen Mitteln entwaffnen. Das relativiere nicht nur die Bedeutung der UNO und deren zukünftige Rolle, sondern auch die Weiterentwicklung der Europäischen Union, denn was sei das für eine Union, die sich in einer der wichtigsten Fragen wie Krieg und Frieden so darstelle.

Abgeordneter Dr. Cap möchte daher wissen, was Österreich konkret beim Rat mit wem zu tun gedenke, was als österreichische Position eingebracht werde, ob eine Initiative gesetzt werde, und wenn ja, welche? Das sei dem Bericht des Bundeskanzlers nicht zu entnehmen gewesen. Der Entwurf des Nationalen Sicherheitsrates, dem bis auf einen Punkt von Seiten der SPÖ zugestimmt worden sei, sei bekannt, doch dieser reiche für die nun entstandene Situation nicht mehr aus.

Eine Schlagzeile in der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ laute: EU-Kommission nimmt Wachstumsprognose für Europa zurück. Irak-Krieg beschwört die Gefahr einer Rezession herauf. Appell an die Europäische Zentralbank zur Zinssenkung. – Seiner Ansicht nach sei es nicht klug, jetzt schon die psychologische Vorbereitung vorzunehmen, dass demnächst eine Verzichthaltung bei den Verbrauchern, bei den Investoren vor allem im Binnenverbrauch eintreten werde. Sicher sei jedoch, dass Europa, und damit auch Österreich, in wirtschaftlicher Hinsicht davon betroffen sei.

Weiters stelle sich die Frage bezüglich der weiteren Entwicklung der Europäischen Union und der UNO. Er selbst sei geprägt von den Initiativen, die Österreich in den siebziger und achtziger Jahren gesetzt habe – noch unter anderen geopolitischen Bedingungen mit der Systemkonkurrenz zwischen Warschauer Pakt und NATO –, wobei sich gezeigt habe, dass kleinere und mittelgroße Länder außenpolitische Initiativen setzen und im weltpolitischen Ent­scheidungsfindungsprozess eine Rolle spielen können. Solche Initiativen von Seiten Öster­reichs seien zurzeit nicht ersichtlich.

Der deutsche Bundeskanzler, Schröder, habe gesagt, man müsse bis zur letzten Sekunde alle Mittel ausnützen, damit es eine friedliche Lösung gebe. Ihn, Cap, interessiere, was die derzei­tige Situation für das Verhältnis Österreich – USA bedeute, wie sich zum Beispiel Dr. Schüssel, wenn er dem amerikanischen Präsidenten gegenübersitze, oder Dr. Ferrero-Waldner bei einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Colin Powell positioniere.

Die künftigen Beziehungen Österreichs zu Frankreich und Deutschland betreffend stellt Abge­ordneter Dr. Cap die Frage, ob Österreich diesen beiden Ländern politisch näher gekommen sei.

Es bleibe abzuwarten, wie sich die Situation nach einer Intervention im Irak darstelle, ob dort die USA oder die UNO präsent sein werden, was sich ja auch auf Saudi-Arabien auswirken werde. Diese Intervention, ausgehend von einem mit Europa befreundeten Land, sei kein Akt der Selbst­verteidigung, sei nicht in der UNO-Charta begründet, dafür gebe es keine Resolution des Sicherheitsrates, sondern sie erfolge in der Absicht, den Mittleren Osten neu zu ordnen. Welche Position vertrete Österreich zu diesem Sicherheitsdoktrin-Konzept der USA und zur Neu­ordnung des Mittleren Ostens?

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne) meint, dass aus dem Bericht des Bundeskanzlers zumindest insofern eine leise Kritik an der Politik der US-Regierung erkennbar gewesen sei, als dieser gesagt habe, dass die Autorität der UNO durch Alleingänge eines Landes nicht gestärkt werde. Sie persönlich hätte sich vom Bundeskanzler und von der Außenministerin eine härtere Kritik an der Vorgangsweise der Regierung der Vereinigten Staaten erwartet. Die Außenministe­rin habe mit dem Hinweis auf den Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates verweigert, klar dazu Stellung zu nehmen, ob das Vorgehen der USA, Großbritanniens und Spaniens nach Ansicht der österreichischen Bundesregierung völkerrechtswidrig sei oder nicht.

In Anbetracht dessen, was dieser Krieg nicht nur für die Menschen im Irak, sondern für die gesamte Region bedeuten werde, nämlich eine Destabilisierung, treffe die Vorstellung einer von der US-Regierung angestrebten Demokratisierung des Irak mittels einer Militärintervention nach allen Erfahrungen nicht zu. Abgeordnete Mag. Lunacek möchte wissen, warum der Bundes­kanzler nicht klar sage, dass dieses Vorgehen völkerrechtswidrig sei. Sie habe den Eindruck, dass man sich jetzt nicht genau positionieren und der Regierung der Vereinigten Staaten nicht zu nahe treten wolle. Das sei für die Außenpolitik Österreichs jedoch nicht wirklich hilfreich. Österreich sei ein neutrales Land und habe sich in der Vergangenheit sehr stark für Friedens­initiativen eingesetzt.

Weiters habe es geheißen, dass keine Überflüge über Österreich genehmigt werden, doch habe es in der Vergangenheit immer wieder Hinweise darauf gegeben, dass die US-Regierung Überflugsanträge gestellt habe, in denen unter Hinweis auf die Operation „Enduring Freedom“ zwar als Ziel Afghanistan angegeben war, zum Teil aber zugegeben wurde, dass die Flüge auch der Vorbereitung eines Irak-Krieges dienen könnten. Die Abgeordnete möchte daher vom Bundes­kanzler wissen, ob dieser der US-Regierung deutlich zu verstehen geben werde, dass keine weiteren Anträge gestellt werden sollen, weil Österreich ein neutrales Land sei, beziehungs­weise dass bei Stellung von Anträgen für Flüge in Richtung Persischer Golf dezidiert nachge­fragt werde, was transportiert werde und welchem Zweck dieser Transport diene. Nach Ansicht der Grünen sei die Bundesregierung in dieser Hinsicht zu vorsichtig gewesen.

Ferner gebe es Fragen bezüglich der Vorbereitungen für Flüchtlinge, die im Falle eines Irak-Kriegs nach Österreich kommen werden. Sie habe einer Meldung im „Kurier“ entnommen, dass Österreich 1 000 Flüchtlinge aufnehmen könne. In Anbetracht dessen, was dieser Krieg für die gesamte Region bedeuten werde, erscheine ihr diese Zahl doch als zu niedrig. Was unter­nehme die Bun­desregierung, um Menschen, die vor den Bomben und dem Leid, das sie in ihrer Heimat erwarte, flüchten müssen und es schaffen, hierher zu kommen, aufzunehmen? Für die Auf­nahme wie vieler Flüchtlinge werde Österreich, wenn dieses Thema beim EU-Rat angespro­chen werde, bereit sein?

Sie habe den Wortmeldungen des Bundeskanzlers und der Außenministerin in den letzten Wochen nicht entnehmen können, auf welche Seite in der EU sich die österreichische Bundes­regierung stelle. Es habe immer geheißen, man wolle abwarten. Welche Position in der EU werde von Österreich unterstützt: die Linie Frankreichs und Deutschlands, die zu diesem An­griffskrieg dezidiert nein sagen, oder die Linie Großbritanniens und Spaniens, die diesen Krieg wollen? Ihr sei klar, dass es schwierig sei, eine einheitliche Linie in der EU zustande zu bringen, aber sie erwarte von der österreichischen Bundesregierung eine klare Haltung und Kritik an dem, was Großbritannien und Spanien vorhaben.

Außerdem befürchte sie, dass die derzeitige Situation in Serbien auf dem Gipfel zu kurz kommen werde. Sie fragt, ob Österreich vorhabe, eine verstärkte Wirtschaftshilfe für Serbien zu fordern, und was die Position Österreichs bezüglich der Heranführungsstrategie Serbiens an die Europäische Union sei. Das wäre ein wichtiger Punkt, um die existentiellen Sorgen der serbi­schen Bevölkerung zu lindern und dem organisierten Verbrechen den Boden zu entziehen.

Zur Lissabon-Strategie sei zu sagen, dass der Irak-Krieg für die Wirtschaft der EU nicht von Vorteil sei, eine Rezession werde befürchtet. Sie sei daher erstaunt über das vorgelegte Papier betreffend die österreichischen Prioritäten bei diesem Gipfel. Darin werde ein entschlossenes Engagement für den Stabilitäts- und Wachstumspakt beschrieben. Dieses rigide Instrument des Stabilitätspakts sei in Zeiten eines drohenden Krieges und angesichts der Tatsache, dass die großen Wirtschaftsnationen in der Europäischen Union wie Deutschland, Frankreich und Italien diese Ziele nicht erreichen werden, nicht aufrechtzuerhalten. Es sei eine unrealistische Strate­gie. Die makroökonomischen Vorgaben der EU müssten neu überlegt werden. Sie erbittet Aus­kunft darüber, ob Österreich am entschlossenen Engagement für den Stabilitätspakt unter allen Umständen festhalten werde.

Wenn es um die Qualität der öffentlichen Finanzen gehe, sei zu fragen, ob sich der Defizitabbau rentiere und die Wachstumslücke Europas gegenüber den USA nicht zuletzt auf der unter­schiedlichen Höhe und Zusammensetzung der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben basiere. Die USA seien in den letzten zehn Jahren bis zum Jahr 2001 darauf ausgerichtet gewesen, Überschüsse zu erwirtschaften, mit diesen zu investieren und auch nachfrageorientiert zu arbeiten. Das sei genau das Gegenteil von dem, nur das Defizit abbauen zu wollen.

Zum Thema Beschäftigung sei festzuhalten, dass die Forderung nach funktionierenden flexib­len Arbeitsmärkten kaum mit der Tatsache zusammenpasse, dass Österreich ohnehin schon einen der flexibelsten Arbeitsmärkte habe. Die Zahl der Menschen, die einen Arbeitsplatz verlassen, um einen neuen anzunehmen, sei ohnehin schon sehr hoch.

Was die Erhöhung der Beschäftigungsquote von Frauen betrifft, habe Minister Mag. Haupt gesagt, dass das Gender Mainstreaming in Österreich schon seit dem Jahr 2000 konsequent angewendet werde. Wie sei es dann möglich, dass die Verlängerung des Durchrechnungszeit­raums bei den Pensionen beschlossen werden könne? Durch diese Maßnahme würden Frauen benachteiligt. Sogar Ministerin Rauch-Kallat habe gesagt, dies werde man sich noch überlegen müssen. Die Abgeordnete fordert Minister Mag. Haupt auf, solche Vorschläge nicht Gesetz wer­den zu lassen, denn diese seien das genaue Gegenteil von Gender Mainstreaming. (Obmann Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Ähnliches gelte dafür, dass die besondere Aufmerksamkeit der Bundesregierung angeblich auf der Erhöhung der Beschäftigungsquote von Frauen liege. Es gebe einen Bericht der Europäi­schen Kommission von letztem Herbst, in dem klar gesagt werde, dass das Kindergeld in Öster­reich nicht dazu führe, dass den Frauen der Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert und deren Beschäftigungsquote erhöht werde, sondern das Gegenteil sei der Fall. Die Widersprüche in der Politik innerhalb der Regierung würden dadurch augenscheinlich.

Der Bundeskanzler habe stolz zu Beginn seiner Ausführungen gesagt, dass Österreich im Be­reich Forschung und Entwicklung gut liege. Es stimme, dass die Situation etwas besser geworden sei, doch das Ziel, dass die F&E-Ausgaben bei 2,5 Prozent des BIP liegen sollen – was auch schon frühere Bundesregierungen gesagt haben –, sei noch nicht erreicht. Im EU-Ranking scheine Österreich bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Bereich der Industrie unter den schlechtesten drei auf. Die bisherigen Maßnahmen seien zu wenig weit reichend. Abgeordnete Mag. Lunacek fragt daher, wann diese 2,5 Prozent des BIP erreicht sein werden.

Der Bundeskanzler habe außerdem gesagt, dass in Bezug auf die Nachhaltigkeitsstrategie im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Konferenz von Johannesburg die EU die treibende Kraft gewesen sei und es nun darum gehe, die Dinge ernst zu nehmen. Die Abgeordnete möchte diesbezüglich an die Umsetzung einzelner Faktoren in Österreich erinnern, bezüglich derer Österreich noch säumig sei. Im Papier der Kommission für den Rat sei die Gentechnik erwähnt. Habe die Regierung vor, dass Österreich auf EU-Ebene dezidiert auf die Aufrecht­erhaltung des Moratoriums betreffend die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen dränge und in diesem Punkt nicht, wie es die Kommission vorhabe, nachgeben werde?

Beim Klimaschutz gehöre Österreich laut oben erwähntem Dokument der Kommission bei der Entwicklung der Treibhausgasemissionen zu den letzten drei. Es wäre dringend notwendig, dass sich die EU im Rahmen der internationalen Verhandlungen für eine zweite Verpflichtungs­periode des Kyoto-Protokolls einsetzt und sich dazu verpflichtet, die Treibhausgase innerhalb der EU bis zum Jahr 2020 um 30 Prozent zu reduzieren. Abgeordnete Mag. Lunacek möchte wissen, ob Österreich bereit dazu sei, da weitere Schritte zu setzen, die einer österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie sehr wohl entsprächen.

Auch was den Verkehr angeht, sei die Regierung in manchen Bereichen säumig. Laut General­verkehrsplan solle bis zum Jahr 2006 bei der Korridorerrichtung in Richtung Beitrittsländer doppelt so viel in die Straße wie in die Schiene investiert werden, da es für die Straßenprojekte eine Finanzierung gebe, für die Bahnprojekte lediglich ein Finanzrahmen vorliege. (Abg. Mag. Molterer: Das ist einfach falsch! Das stimmt einfach nicht!) Wo seien die Mittel für die Bahnprojekte?

Bei der Umsetzung von EU-Richtlinien sei Österreich zum Glück nicht mehr an letzter Stelle wie noch im Jahr 1997, sondern rangiere nur mehr am viertschlechtesten Platz. Diesen Fort­schritt konstatiere sie sehr wohl, aber im Juni des letzten Jahres sei in einer Sitzung des EU-Unterausschusses von den Grünen die Säumigkeit bei der Umsetzung von Umweltrichtlinien thematisiert worden. Sie möchte wissen, was Bundeskanzler Dr. Schüssel zu tun gedenke, um die Bundesländer, die diesbezüglich säumig seien, endlich dazu zu bewegen, die Richtlinien umzusetzen.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) stellt eingangs fest, dass es sehr selten vorkomme, dass sie den Ausführungen des Abgeordneten Dr. Cap zustimme, sie tue dies aber hinsichtlich der Irak-Krise, weil größte Besorgnis bezüglich der derzeitigen Situation herrsche. Man wisse nicht, was die Amerikaner tun werden und wie sich ein kurzer Krieg mit angeblich weniger gravierenden Folgen auswirken werde – ein langer Krieg stürze die Welt auf jeden Fall in eine Krise.

In der letzten Sitzung des Nationalrates sei von ÖVP und Freiheitlichen ein Entschließungsan­trag eingebracht worden, der eindeutig die Linie Österreichs in dieser Frage aufzeige, nämlich dass die Linie des Nationalen Sicherheitsrates weiterverfolgt werde, dass Österreich in der EU, aber auch bei den Vereinten Nationen dafür plädieren solle, dass eine ausdrückliche Ermäch­tigung durch den Weltsicherheitsrat als Voraussetzung für militärische Aktionen notwendig sei. Damit sei die Stellung Österreichs eindeutig ausgedrückt.

Sie glaube, dass es in der jetzigen Situation nötig sei, darauf zu dringen, dass sich die USA nach den Empfehlungen des Weltsicherheitsrates richten, und dementsprechend müsse Öster­reich seine Stimme auch in der EU erheben. Die Frage sei, ob es eine Möglichkeit gebe, darauf hinzuwirken, dass der Krieg verhindert werde und dass man sich mit allen Mitteln für eine fried­liche Lösung einsetze. Sie sei überzeugt davon, das der Bundeskanzler dafür eine Strategie habe.

Besonders hervorheben möchte sie die negativen Beispielsfolgen, die ein Krieg ohne Geneh­migung des Sicherheitsrates für die Zukunft hätte. Österreich sei ja im Sicherheitsrat nicht vertreten und habe nur beschränkte Handlungsmöglichkeiten, aber in den Gremien, in denen es vertreten sei, solle es dafür eintreten, dass es sehr wichtig sei, dass die Glaubwürdigkeit des Sicherheitsrates zur Friedenserhaltung weiterhin aufrecht bleibe.

Zur Lissabon-Strategie merkt sie an, dass die sozialdemokratische Fraktion in ihrem Antrag auf Stellungnahme bestreite, dass die Methoden der Lissabon-Strategie dazu führen, die vorge­sehenen Ziele zu erreichen. Damit widerspreche sich die SPÖ aber. Wenn eine nachhaltige Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungssituation der europäischen Wirtschaft ver­langt werde, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, halte sie, Partik-Pablé, dem entgegen, dass die Lissabon-Strategie ja nichts anderes besage, als ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum zu forcieren, um Beschäftigung zu sichern. Daher stimme auch der Vorwurf der SPÖ nicht, dass die österreichische Bundesregierung in den letzten Monaten die Lissabon-Strategie vernach­lässigt habe. Sehr viele Strukturbereinigungsmaßnahmen und andere Initiativen zur Konjunktur­belebung führten doch dazu, dass man sich dem Ziel der Lissabon-Strategie nähere.

Aber auch sie mache sich Sorgen über die Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen. Diese betrage in Österreich nur 28 Prozent, der EU-Durchschnitt sei 38 Prozent. Bundeskanzler Dr. Schüssel habe gesagt, da sei noch mehr Dynamik notwendig. Es genüge ihrer Ansicht nach nicht, nur von Dynamik zu sprechen, es gehöre auch der Wille der Wirtschaft und der Industrie dazu, mehr Verständnis für Menschen aufzubringen, die über 55 Jahre alt sind. Diesbezüglich sei Aufklärungsarbeit dringend geboten. Sie hoffe, dass der dynamische Prozess dazu führen werde, dass man dieses Ziel erreichen werde.

Zu den Ausführungen ihrer Vorrednerin sei zu sagen, dass Österreich betreffend Lissabon-Strategie nun auf dem fünften Platz rangiere, vorher sei es der achte gewesen. Österreich habe sich vorgearbeitet – und das noch dazu in einer wirtschaftlich problematischen Zeit –; also sei man in der Lage, diese Ziele zu erreichen, was auch optimistisch stimme.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel hält zur Irak-Frage fest, dass Österreich immer eine klare Linie vertreten habe, was man auch öffentlich im Nationalen Sicherheitsrat, im Parlament, im Außenpolitischen Ausschuss, innerhalb der Europäischen Union im Allgemeinen Rat und im Europäischen Rat begründet habe. Also verstehe er nicht ganz, warum ständig nach der öster­reichischen Position gefragt werde. Die Erklärung vom 17. Februar sei unter nachhaltiger Betei­ligung und Formulierung Österreichs – durch ihn und die Außenministerin – im Europäischen Rat zustande gekommen.

Der französische Botschafter in Österreich habe sich heute im Außenamt für die kohärente österreichische Position in der Irak-Frage während der letzten Wochen und Monate bedankt. Auch die Europäische Union habe das bemerkt. Österreich vertrete die gleiche Linie wie Schweden, Finnland und Irland und eine ähnliche wie Belgien und Luxemburg. Es sei wichtig, dass man darauf dränge, dass sich die griechische EU-Präsidentschaft mit dem Basistext, der heute im Allgemeinen Rat diskutiert und in einen Textentwurf für den Europäischen Rat münden werde, durchsetze.

UN-Chefwaffeninspektor Hans Blix habe in diesen Stunden einen 83-seitigen Bericht vorge­legt. Es gehe dabei nicht nur um die Frage Krieg oder Frieden, sondern dieser Bericht sei span­nend und „grauenhaft“ zugleich zu lesen. Von diesen 83 Seiten seien elf Seiten dessen Emp­fehlungen zur weiteren Vorgangsweise, aber 72 Seiten seien offene Fragen an den Irak und Darstellungen darüber, wo der Irak nicht kooperiert habe – ob das chemische Substanzen, Virenstämme, die gezüchtet worden seien, die Entwicklung von Potentialen verschiedener Massenvernichtungswaffen, Raketen, Drohnen oder Anthrax seien. Wenn Interesse bestehe, könne dieser Bericht gerne kopiert und dem Ausschuss zur Verfügung gestellt werden. Das seien ernst zu nehmende Unterlagen, und man sollte die ganze Sache etwas differenzierter sehen.

Bundeskanzler Dr. Schüssel verleiht seiner Besorgnis darüber Ausdruck, dass es nicht möglich gewesen sei, durch gemeinsame Anstrengungen aller im Sicherheitsrat vertretenen Europäer mögliche Kompromisspositionen schneller und früher auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Der Hinweis auf die siebziger Jahre, als Österreich noch nicht der Europäischen Union angehörte und daher wesentlich weniger Möglichkeiten hatte, sich zu artikulieren, sei jetzt nicht der Punkt.

Er persönlich habe etwa nicht verstanden, warum die Franzosen darauf beharrt hätten, eine Frist von 120 Tagen zu setzen. Zwei Tage vor der Entscheidung seien sie plötzlich auf 60 Tage, einen Tag davor auf 30 Tage heruntergegangen. Wenn man früher eine gewisse Beweglichkeit bei den Positionen gezeigt hätte, wäre es möglich gewesen, eine europäische Position, die auch auf die Amerikaner gewirkt hätte, zu entwickeln. Das sei jedoch eine Sache, die er von außen nicht ausreichend beantworten könne; da Österreich nicht Mitglied des UNO-Sicherheits­rates sei, kenne man die internen Konsultationen zu wenig.

Seiner Meinung nach sollte alles getan werden – heute von den Außenministern, morgen und übermorgen bei den informellen und offiziellen Konsultationen –, um diese Themen noch einmal anzusprechen. An der Entwaffnung des Irak führe kein Weg vorbei. Wie immer man die eine oder andere Maßnahme dazu bewerte, dürfe man nicht weich werden, sonst werde es in abseh­barer Zeit dramatische Folgeprobleme in anderen Teilen der Erde geben. Er hätte sich ge­wünscht, dass der UNO-Sicherheitsrat in dieser Frage handlungsfähig geblieben wäre. Das erfordere zunächst Gesprächsbereitschaft – und das gelte für mehrere Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates. Die Europäische Union werde auf Grund eines Textes von Griechenland, das mit Österreich inhaltlich auf einer Linie liege, einen Vorschlag machen, den man dann hoffent­lich gemeinsam vertreten werde können. Er werde die Griechen diesbezüglich unterstützen.

Auf die Frage des Abgeordneten Dr. Cap, wie die österreichische Position nach der Rede von US-Präsident Bush bezüglich Exil von Saddam Hussein oder Krieg sei, die durch den Nationalen Sicherheitsrat nicht mehr gedeckt sei, erwidert Bundeskanzler Dr. Schüssel, an dieser habe sich nichts geändert. Einige arabische Außenminister hätten einen Regimewechsel schon am Gipfel der arabischen Staaten verlangt. Es stehe Österreich nicht zu, das zu bewerten. Ein Regimewechsel sei nie das Ziel der Europäischen Union gewesen und werde es auch nicht sein. Dieses Thema werde in der Öffentlichkeit zwar diskutiert, sei aber nicht die Position der UNO, Europas, Großbritanniens, der Kandidatenländer, der österreichi­schen Bundesregierung oder der österreichischen Öffentlichkeit – bei aller „mangelnden Sym­pathie“ für Saddam Hussein und seinen Hofstaat. Abgeordneter Dr. Cap solle seiner, Schüs­sels, Ansicht nach keinen künstlichen Konflikt in Österreich daraus machen, dazu sei die Sache zu ernst.

In dieser Frage könnte ohnedies eine Reihe von Risken betreffend Gesundheit, Terror und Wirt­schaft, etwa bezüglich Ölpreis, entstehen. Von Seiten der Kommission gebe es eine Bewertung, die einen Rückgang zwischen einem Prozent und einem Drittelprozent des BIP für das heurige Jahr vorhersage. Es gebe andere Bewertungen, die im Falle eines längeren Konflikts noch kriti­scher seien. Die österreichische Linie müsse sein, das Primat des Sicherheitsrates zu betonen und eine gemeinsame europäische Position entlang jener Positionen, die immer wieder ver­treten worden seien, festzulegen.

Betreffend Überflüge sei zu sagen, dass alles, was nicht durch ein UNO-Mandat legitimiert sei, nicht genehmigt werde. Das habe man bisher schon so gehandhabt, man habe sich immer er­kundigt, inwieweit die Angaben glaubwürdig seien. Durch die Abfangjäger könnte ja nur insofern ein Glaubwürdigkeitstest vorgenommen werden, indem man verfolge, wohin die ausländischen Maschinen fliegen. Ende Jänner habe es einen deutlichen Anstieg von Überflugsanträgen ge­geben – es sei zu einer Verdopplung der Zahl pro Tag gekommen –, der als nicht glaubhaft beschieden wurde. Auch Anträge, die einem UNO-Mandat entsprechen, jedoch nicht glaub­würdig seien, würden abgelehnt.

Bezüglich Flüchtlinge bestünden schon längst Kontakte – innerhalb der Europäischen Union und in Österreich zwischen dem Innenministerium und den NGOs. Er selbst habe mit der Caritas und dem Innenminister geredet. Es habe keinen Sinn, Zahlen zu veröffentlichen, denn niemand könne glaubhafte Zahlen zu Flüchtlingsbewegungen nennen. Wenn die Flüchtlinge kämen, würden sie aufgenommen. Gemeinsam mit den Bundesländern, den NGOs und den Kapazitäten, die auf Seiten des Bundes bestünden, würden Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt.

Für die Frage hinsichtlich der Situation in Serbien sei er sehr dankbar. Durch den Mord an Zoran Djindjić sei dieses Thema plötzlich drastisch aktualisiert worden. Er werde die Risken beim Rat ansprechen und darauf drängen, die jetzige Nachfolgeregierung zu unterstützen und eine gewisse Sensibilität nicht vermissen zu lassen. Das sage er in Richtung mancher Abge­ordneter, die immer wieder besonders heftig harte Forderungen aufgestellt hätten, die aber jemand anderer in Kooperation mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erfüllen solle. Es sei leicht, eine Forderung zu erheben, die jemand anderer unter großen internen Schwierig­keiten zu erfüllen habe. Er selbst habe vergangenen Samstag am Begräbnis von Zoran Djindjić teilgenommen; die Gerüchte in Belgrad seien, dass General Mladić an dem Tag, an dem in serbischen Zeitungen ein Interview mit UN-Chefanklägerin Del Ponte veröffentlicht worden sei, wonach alle Generäle, die im Bosnien-Krieg Kriegsverbrechen begangen hätten, vor das Kriegsverbrechertribunal gestellt werden sollen und die serbische Regierung dem schon zuge­stimmt hätte – was aber noch gar nicht bestätigt war –, den Auftrag, Djindjić zu töten, gegeben habe. Man müsse eine gewisse Sensibilität von der räumlichen Nähe her und der persönlichen Kenntnis der Handlungsträger haben. Er sei sehr dafür, Serbien und Montenegro – so wie Kroatien – eine Heranführungsstrategie an die EU und eine europäische Perspektive zu bieten.

Betreffend Lissabon-Strategie sei es richtig, dass es da keine perfekte Entwicklung gebe, sich Österreich aber im Vergleich mit anderen Ländern gut behaupte und sich im Ranking relativ verbessert habe. Diese Regierung habe mehr für Forschung und Entwicklung getan als jede andere Regierung zuvor, doch habe man noch immer das Problem mit der privaten Wirtschaft. In anderen Ländern sei das Verhältnis des Beitrages der Wirtschaft zu jenem der öffentlichen Hand 60 : 40. Im Österreich sei das Verhältnis nach wie vor 50 : 50, sonst wäre man schon weiter auf dem Weg in Richtung 2,5 Prozent des BIP.

Bezug nehmend auf die Darstellung der Abgeordneten Mag. Lunacek zum Verkehr auf Schiene und Straße, hält der Bundeskanzler fest, dass sie damit falsch liege. Man werde zwei Drittel in die Schiene investieren. Es gebe kein Schienenprojekt, das nicht verwirklicht werden könne, sobald die Projekte und die Planungen abgeschlossen seien. Er werde gerne noch einmal alle Informationen dazu geben. Persönlich wünsche er sich, dass mehr Projekte wie bei der Bahnhofsoffensive bereits fertig seien, doch hätten die ÖBB seit Jahren kein wirklich bau­reifes Projekt zusammengebracht, was er sehr bedauere. Er frage sich auch, warum die Milliar­deninvestitionen in die Schiene auf den Hauptstrecken nicht eine Minute an Zeitersparnis für die Kunden gebracht haben. Dafür sei nicht die Bundesregierung verantwortlich. Man investiere, man stelle die Finanzrahmen zur Verfügung, gewisse Leistungen müssten schon von den Be­trieben verlangt werden können, um zu sehen, ob sie mit dem Geld der Steuerzahler sinnvolle Dinge für die Kunden tun.

Dem Moratorium betreffend Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen stimme er zu.

Hinsichtlich der EU-Richtlinien gebe es einen interessanten Vorschlag im Regierungspro­gramm dahin gehend, dass man sich von Aufsichtsrechten und Einspruchsrechten gegenüber den Bundesländern zurückziehen wolle, dafür aber eine Ersatzvornahmemöglichkeit bekommen solle, wenn die Bundesländer nicht in einer Frist von sechs Monaten eine EU-Richtlinie umsetzen beziehungsweise durchsetzen.

Für ganz schlecht halte er den Vorschlag, den Stabilitätspakt in Frage zu stellen. Der Artikel in der „FAZ“ beinhalte auch die Tabelle des Ranking der EU-Staaten. Da liege Österreich nicht schlecht. Außerdem habe nicht erst in Zeiten der Irak-Krise plötzlich die Budgetdisziplin in der EU zu wünschen übrig gelassen, sondern Portugal habe bereits 2001, Deutschland und Frank­reich haben 2002 Probleme gehabt. Andere Staaten hätten jedoch richtigerweise ihre Hausauf­gaben gemacht. Der Stabilitätspakt an sich sei in Ordnung, er sei auch flexibel, weil er für Kriegsfälle oder überproportionale Konjunkturkrisen eben diese Flexibilität vorsehe. Er, Schüssel, werde daher ganz nachdrücklich für diesen Stabilitätspakt eintreten.

Vizekanzler Mag. Herbert Haupt weist Abgeordnete Mag. Lunacek darauf hin, dass die Bun­desregierung mit den Aktionen „56/58 plus“ und „60/65“ Rahmenbedingungen geschaffen habe, um ältere Arbeitnehmer in Beschäftigung zu halten, indem durch Entlastungen bei den Lohn­nebenkosten sowohl der Wirtschaft als auch den Arbeitnehmern Anreize für die Schaffung von Beschäftigung in diesem Bereich geboten werden.

Betreffend Gender Mainstreaming würde er sich als derzeit noch für diesen Bereich zustän­diger Minister wünschen, dass das, was diesbezüglich „top-down“ von der Bundesregierung zu­nächst in den Regierungsbüros und dann in den einzelnen Ministerien geschaffen worden sei, auch auf Ebene der Bundesländer und der Gemeinden zügiger umgesetzt werde. Die Schulun­gen der Gender Mainstreaming-Expertinnen und -Experten seien jedoch inzwischen so weit auf die regionalen Ebenen durchgedrungen, dass man hoffen könne, dass in den nächsten vier Jahren auch in diesen Bereichen die eine oder andere positive Umsetzung erfolgen werde.

Bezüglich der Pensionsreform macht Vizekanzler Mag. Haupt darauf aufmerksam, dass es im bestehenden Pensionssystem Ungerechtigkeiten zwischen den Frauen gebe: zwischen jenen Frauen, die ohne Unterbrechungen ihres Erwerbsverlaufs auf Grund von Kindererzie­hungszeiten vom heutigen System bevorzugt würden, und jenen, die Familienleistungen zu Gunsten des Generationenvertrages erbracht haben und vom System eindeutig benachteiligt worden seien, und zwar durch kürzere Erwerbsverläufe, Teilzeitbeschäftigungen, geringere Ent­lohnung et cetera. Um diese Benachteiligung aufzuheben, werden zum Beispiel durch die Ver­längerung der Kindererziehungszeiten von 18 auf 24 Monate, die Verlängerung und Anrech­nung von Pflegezeiten und die Verbesserung der Möglichkeit, Pflegezeiten über das Arbeits­marktservice angerechnet zu bekommen, flankierende Maßnahmen gesetzt, durch die das Problem der Disparität beim Erwerbsverlauf von Frauen und damit bei ihrem beruflichen und wirtschaftlichen Erfolg endlich einer Lösung zugeführt werden könne.

Haupt weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der Effekt des Kinderbetreuungs­geldes als Beitrag zur Armutsvermeidung von der Europäischen Union bestätigt worden sei. Dort, wo einzelne Aspekte als Hindernis gerade für Frauen mit höherer Schulbildung erkannt worden seien, würden von der Bundesregierung Maßnahmen zur Nachbesserung gesetzt.

Zum Thema Generalverkehrsplan verweist er auf die korrigierenden Ausführungen von Bun­deskanzler Dr. Schüssel.

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP) ist betreffend die Frage der Position Österreichs im Irak-Konflikt der Ansicht, man solle nicht den Eindruck erwecken, dass die Weltöffentlichkeit nun nach Österreich blicke und frage, ob Österreich den Standpunkt der Vereinigten Staaten als völkerrechtswidrig bezeichne oder nicht. Die Aufmerksamkeit der Welt­öffentlichkeit richte sich vielmehr nach Washington und in die betroffene Region und gelte jenen Ereignissen, die von der amerikanischen Regierung oder in der betroffenen Region im Zuge von Vorbereitungen von Kriegsmaßnahmen stattfänden.

Zweitens glaube er, dass man in der Europäischen Union eine Chance gehabt habe. Der Hoff­nungsschimmer, dass nunmehr noch etwas geändert werden könne, sei nur mehr ein schwacher. Aber es zeige sich anhand der Ereignisse, dass dann, wenn die Europäische Union, wie dies beim Gipfel am 17. Februar 2003 der Fall gewesen sei, zu einer Sprachrege­lung finde, die Vereinigten Staaten auch einen Schritt auf Europa zu tun würden. Als damals beschlossen worden sei, dass Gewalt nur als letztes Mittel eingesetzt werden solle, habe es eben nicht diesen großen Zeitdruck gegeben, sondern es sei mit allen europäischen Partnern noch einmal zu verhandeln versucht worden.

Spindelegger weist darauf hin, dass sich in Europa mehrere Gruppen darstellen – und nicht nur zwei, wie Abgeordneter Dr. Cap gemeint habe –: Die eine Gruppe seien Großbritannien und Spanien, die den amerikanischen Kurs auch in den letzten Tagen stark unterstützt hätten, die andere, geführt von Frankreich und Deutschland, bilde den anderen großen Block. Diese sei aber durch Ankündigungen wie jener, ein Veto im Sicherheitsrat zu erheben und damit über­haupt keinen Verhandlungsspielraum mehr zu lassen, auch in den Verdacht geraten, Saddam Hussein zu stützen. – Beide Positionen seien für Öster­reich unverträglich, und daher stehe Österreich auch im Zentrum der dritten Gruppe, die die größte Gruppe innerhalb der Euro­päischen Union sei: die kleinen und mittleren Staaten rund um die griechische Präsidentschaft, die gemeinsam mit dieser versucht hätten, einen Konsens im Sinne einer friedlichen Lösung für die Region zu finden. Dies sei bisher jedoch nicht gelungen.

Es sollten sich daher alle darum bemühen, dass es der Europäischen Union, wenn nicht jetzt, so doch in Zukunft gelingen werde, von Anfang an einen gemeinsamen Standpunkt zu vertre­ten, auch wenn es schwierig sei, zu einem solchen zu gelangen.

Betreffend die für Österreich unmittelbar wichtigen Fragen stellt Spindelegger fest, dass es noch nie ein erfolgreiches Rezept gewesen sei, „im reißenden Fluss die Pferde zu wechseln“. Daher sollte Österreich auch bei dem bleiben, was der Nationale Sicherheitsrat Ende Jänner ge­meinsam beschlossen habe, nämlich um eine friedliche Lösung zu kämpfen. Dies sei die bis jetzt aufrechte Position, und es hätte, so Spindelegger, keinen Sinn, sich jetzt auf eine der Extrempositionen einzulassen.

Österreich sollte sich auf das konzentrieren, was in diesem gemeinsamen Beschluss enthalten sei, nämlich auch, dass die Gefahr, die durch die in den Händen eines Diktators befindlichen Waffensysteme, chemischen und biologischen Kampfstoffe gegeben sei, eine bedeutende sei, die nicht unterschätzt werden sollte. Dass jetzt wieder von Anthrax die Rede sei und dass man möglicherweise auch unmittelbare Zusammenhänge mit Anschlägen herstellen könne, zeige, dass eine Abrüstung des Irak längst überfällig sei, dass man, um eine solche zu erreichen, zu Taten kommen müsse und dass der Irak völlig entwaffnet werden müsse. Das hätten alle Fraktionen im Nationalen Sicherheitsrat gemeinsam beschlossen, und dazu sollte man nun auch gemeinsam stehen.

Die sich für Österreich unmittelbar ergebenden Fragen seien andere, nämlich erstens: Wenn es zu einem Militärschlag kommt, welche Sicherungsmaßnahmen sind dann für die Österreicher vor Ort und in der Region möglich? Welche Möglichkeiten gibt es für sie, die gefährliche Zone zu verlassen? – Diese Fragen seien wichtiger als die – von Abgeordnetem Dr. Cap in einem Zwischenruf neuerlich relevierte – Frage, ob die Aktion der USA rechtswidrig beziehungsweise völkerrechtswidrig sei.

Ein zweiter wichtiger Punkt für Österreich sei auch die Frage der Bewältigung von Flücht­lingsströmen, die auf die Europäische Union zukommen werden. Es sei hiefür durch einige Maßnahmen Vorsorge getroffen worden; dennoch würden in diesem Bereich auf Österreich noch einige Probleme warten.

Drittens werde befürchtet, dass auf Grund eines militärischen Einschreitens im Irak Terrorkom­mandos auch außerhalb der Region zum Einsatz kommen könnten. Abgeordneter Dr. Spindel­egger meint daher, dass die nach dem 11. September überlegten Maßnahmen, nämlich eine gemeinsame Plattform zu bilden und Informationen strikt auszutauschen, in diesem Fall sehr wichtig werden würden, damit solche Anschläge im Vorfeld verhindert werden könnten.

Viertens sei auch die Haltung der anderen arabischen Staaten für Österreich interessant. Auch diese sei noch nicht völlig klar. Österreich wolle nicht, dass dieser Konflikt zu einem Konflikt der gesamten Region werde. Deshalb halte er es für entscheidend, auch diplomatische Offensi­ven zu starten. Die Arabische Liga habe in diesem Zusammenhang relativ klar Position bezo­gen, diese sei aber noch nicht in jenem Ausmaß durchgedrungen, wie Österreich sich dies wünsche.

Seine, Spindeleggers, Schlussfolgerung sei daher folgende: Österreich sollte sich jetzt auf diese Fragen konzentrieren und versuchen, auf dem europäischen Gipfel vielleicht noch einen letzten Anlauf für eine konsensuale Haltung der EU in der Irak-Krise zu unternehmen.

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ) führt aus, dass, wenngleich der europäische Gipfel unter anderen Vorzeichen geplant gewesen sei, die bevorstehenden dramatischen Ereig­nisse aus seiner Sicht zu Recht einen Hauptgegenstand bei diesem Gipfel darstellen würden.

Zur Lissabon-Strategie hält er fest, dass die EU der 15 davon ausgegangen sei, damit eine echte Alternative zur amerikanischen Wirtschaftsentwicklung zu planen, nämlich Stabilität, Wachstum und Beschäftigung in eine wissensbasierte Gesellschaft Europas zu bringen, wo­durch ein eindeutiger Vorteil gegenüber den anderen Kontinenten geschaffen werden sollte.

Aus Sicht der Gewerkschaften, aber auch, laut Kommissionsberichten, aus Sicht der Europäi­schen Union sei in der Frage der Stabilität einiges gelungen, in der Frage des Wachstums und der Beschäftigung hingegen nicht: Während ursprünglich das Wachstumsziel in ganz Europa mit 3 Prozent angesetzt gewesen sei, sei man heute im Durchschnitt der Europäischen Union weit davon entfernt. Dass Griechenland dieses Ziel erreiche, sei erfreulich, aber insgesamt werde es nicht erreicht. Dasselbe gelte für das Beschäftigungsziel.

Daher hält Abgeordneter Verzetnitsch es für wichtiger denn je, dass der Schwerpunkt nicht nur auf die Stabilität gelegt werde. Er stimme Bundeskanzler Dr. Schüssel durchaus zu, dass der Stabilitätspakt auch eine dementsprechende Flexibilität zulasse, habe aber den Eindruck, dass diese Flexibilität von vielen Staaten nicht genützt werde und dass in Wirklichkeit einem strikten Stabilitätspakt in höherem Maße Rechnung getragen werde als dem Gesamtziel.

Es sei richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass in den Pensionssystemen innerhalb der Europäischen Union die Frage der umlagefinanzierten Pensionssysteme kritisch betrachtet werde. Wenn man jedoch den Text des Rentenberichts weiterlese, müsse man wohl zustim­men, dass, wenn man Umlagefinanzierung und zweite und dritte Säule in manchen europäi­schen Staaten zusammenrechne, das umlagefinanzierte System für den Betroffenen noch immer das im Leistungswesen bessere gegenüber der zweiten und dritten Säule sei.

Verzetnitsch merkt an, dass die „Abfertigung“ neu ein Abfertigungssystem sei. Die bisherigen Erfahrungen mit der Abfertigung hätten gezeigt, dass diese zu zwei Dritteln zu Auszahlungen nicht bei Pensionsantritt, sondern während des Berufslebens geführt hätten. Die Flexibilität des Arbeitsmarktes werde viel rascher eine dementsprechende Tendenz sichtbar werden lassen.

In Österreich werde in der öffentlichen Diskussion vermehrt darauf Bedacht genommen, dass das Umlagesystem nicht mehr zu finanzieren sei und man deshalb auf die zweite und dritte Säule setze. Die politische Zielsetzung müsse in diesem Zusammenhang eine andere sein, ähnliche Bestrebungen gebe es auch innerhalb der Europäischen Union.

Wenn davon gesprochen werde, die Pensionen für die Zukunft zu sichern, dann gehe es dabei um eine Sicherung der Pensionen auf niedrigerem Niveau für die Jungen. Dies sei anhand der Pläne der Bundesregierung errechenbar und nachweisbar.

Weiters sagt Verzetnitsch, dass in Österreich 74 kollektivvertragliche Regelungen zur Flexibili­tät der Arbeitszeit existieren und dass die für diese Frage zuständige EU-Kommissarin vor vier Tagen darauf hingewiesen habe, dass in Europa endlich damit Schluss sein müsse, immer Flexibilität von den Arbeitnehmern einzufordern und der Flexibilität der Unternehmen und Märkte nicht gleichrangige Bedeutung zuzumessen. Diese Tendenz sei aus seiner Sicht auch in Österreich zu erkennen.

Er ist etwas enttäuscht von der von Seiten Österreichs in Bezug auf diesen Gipfel eingenom­menen Position, weil das Augenmerk zu sehr der Stabilitätsfrage geschenkt werde. Man solle auch in der Öffentlichkeit klarstellen, auf welchem Platz sich Österreich diesbezüglich befinde. Laut heutiger Ausgabe der „Presse“ liege Österreich im Lissabon-Ranking an achter Stelle (die Abgeordneten Mag. Molterer und Dr. Partik-Pablé: Das war einmal!), es habe in der For­schung nicht die entsprechenden Erfolge erzielt, und auch zur Entwicklung im Bereich der Beschäftigung würden kritische Anmerkungen gemacht.

Erfreulich sei, dass die Sozialpartner nun institutionell stärker eingebunden würden. Es sei dies in Wirklichkeit, nach einer Schwächephase der Europäischen Union in den letzten zehn Jahren, die Wiederherstellung des unter Jacques Delors eingeleiteten Val Duchesse-Dialogs. Verzet­nitsch hofft, dass diese Entwicklung nicht so enden werde, wie sich die Situation in Österreich bisweilen darstelle, „wo man die Sozialpartner nur ,just in time’ haben möchte“.

Im Antrag auf Stellungnahme der sozialdemokratischen Fraktion seien viele Punkte enthalten, die es wert seien, sowohl beim Sozialpartnerdialog mit der EU-Kommission als auch beim Gipfel berücksichtigt zu werden, weil sie in die richtige Richtung weisen. Gerade Österreich könnte diesbezüglich mehr Initiativen setzen, als dies bisher geschehen sei.

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche) bemerkt, dass die EU im Zuge des Skandals um Fahrer aus Drittländern die Notwendigkeit erkannt habe, dass man eine Fahrerlizenz einführen müsse, was mit 1. März 2003 erfolgt sei. Dadurch sei zur Unterbindung von Sozialdumping im Bereich länderübergreifender Dienstleistungen und damit zur Sicherung von sozialen Standards beigetragen worden.

Er fragt, ob in der EU daran gedacht sei, vor allem auch im Hinblick auf die bevorstehende Osterweiterung, diese Vorgangsweise vom Verkehrsbereich auf alle Dienstleistungsbereiche auszudehnen.

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP) nimmt Bezug auf die Ausführungen der Abgeordneten Dr. Cap und Mag. Lunacek, die verlangt hätten, dass die österreichische Bundesregierung in der Frage des Irak-Konflikts bewusst einen Standpunkt entweder an der Seite der USA und Großbritanniens oder aber an der Seite Deutschlands und Frankreichs de­klarieren solle. Beides wäre seiner Auffassung nach falsch, weil gerade eine derartige Positio­nierung nicht eine Lösung des Problems mit sich bringen würde, sondern Teil des Problems wäre.

Das Problem liege darin, dass rechtlich gesehen ein Gewaltmonopol auf Seiten der Vereinten Nationen, konkret beim Sicherheitsrat, existiere, was nach Ansicht Österreichs auch so bleiben solle, dass dies allerdings voraussetze, dass auch eine gewisse Handlungsfähigkeit gegeben sei. Diesbezüglich habe der Bundeskanzler vollkommen Recht mit seiner Aussage, dass man die Vorgangsweise der Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats durchaus differenziert sehen müsse.

Dass ein Mitglied von vornherein den Eindruck erwecke, es würde handeln, egal, ob es eine Zustimmung gebe oder nicht, während das andere Mitglied bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem noch gar nicht klar sei, ob noch ein Konsens erzielt werden könne oder nicht, von sich aus sage, es werde sich an keine Beschlüsse der Vereinten Nationen halten, zeige das Dilemma in seinem gesamten Ausmaß auf.

Grundsätzlich sei der Sicherheitsrat im Jahr 1945 auf Grund der Initiative der USA auf dem Konsensprinzip aufgebaut worden. Im Korea-Krieg sei man diesem Prinzip erstmals nicht mehr gefolgt, und seither existiere ein Zustand, in dem es darum gehe, dass in den kritischen Phasen ein Duldungskonsens erzielt werden konnte, also kein echter Konsens im Sinne einer Übereinstimmung über eine klare, eindeutige gemeinsame Handlung, sondern eher dahin gehend, dass sich alle mit einer bestimmten Mehrheitsmeinung abfinden können.

Das derzeitige Problem sei, dass überhaupt kein Konsens vorhanden sei, auch kein Minimal­konsens. Daher müsse es Ziel der Politik Österreichs sein, alles zu unternehmen, um in dieser Frage zumindest einen Minimalkonsens herbeizuführen und damit auch die Handlungsfähigkeit der EU beziehungsweise des Sicherheitsrates zurückgewinnen zu können. Entscheidend sei, sich darüber im Klaren zu sein, wie man in der Frage der eindeutigen Verstöße Saddam Husseins gegen die UN-Resolution 1441 beziehungsweise angesichts der Tatsache, dass er sich Jahre hindurch konstant über UN-Resolutionen hinweggesetzt habe, vorgehe. Es sei eine Katastrophe gewesen, dass all dem so lange zugesehen worden sei und dass Hussein die UN-Inspektoren des Landes verwiesen habe, nachdem er einige Jahre zuvor gegen mehrere Nachbarstaaten Krieg geführt und Zehn- oder gar Hunderttausende der Bewoh­ner des eigenen Landes getötet hatte.

Jetzt hingegen sei zumindest der Wille vorhanden gewesen, zu handeln, und in dieser Situation wäre es, so Fasslabend, notwendig gewesen, dass alle Akteure, zumindest aber die Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, versucht hätten, zu irgendeiner Art von Konsens zu gelangen. Er hält es für bemerkenswert, dass etwa die Rolle Chinas in diesem Zusammenhang, zumin­dest nach außen hin, eine andere war als die anderer Akteure. Dies zeige auf, dass durchaus eine differenzierte Vorgangsweise möglich gewesen wäre.

Die Hoffnungen seien zum jetzigen Zeitpunkt de facto schon dahin. Das, was man jetzt tun müsse, sei, zumindest die Chance auf eine Handlungsfähigkeit für die Zukunft herzustellen. Darin sehe er das größte Problem. Er stellt die Frage, was man, wenn das nicht gelinge, in Zu­kunft tun werde. – Dann habe man eine globale Ordnung nur auf dem Papier, aber in Wirklich­keit keine mehr. Das sei die größte Sorge; mit dieser müsse man sich ernsthaft auseinander setzen und nicht mit der Frage, ob die USA und Großbritannien oder aber Frankreich und Deutschland Recht hätten.

Zur Lissabon-Strategie stellt Abgeordneter Dr. Fasslabend fest, dass Österreich in Bezug auf die darin festgelegten Beschäftigungsziele einerseits auf einen hohen Erfüllungsgrad verweisen könne, was die Gesamtbeschäftigung und auch die Frauenbeschäftigungsquote betreffe, ande­rerseits aber auf einen schwachen beziehungsweise unterdurchschnittlichen Erfüllungsgrad, was die Beschäftigungsquote bei den älteren Arbeitnehmern betreffe. Man müsse daher konse­quenterweise auch in diesem Bereich ansetzen und hier auch entsprechende Handlungsunter­stützungen geben. Mit dem Ansatz, die Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer konstant zu senken und damit die Chancen, sie am Arbeitsmarkt zu halten, zu verbessern, gehe man in Österreich einen Weg, der die Möglichkeit in sich berge, die Beschäftigungsquote bei den älteren Arbeitnehmern längerfristig anzuheben. Es sei auch notwendig, einen Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmer auf psychologischer Ebene herzustellen: einerseits bei den Betroffenen selbst durch das Wecken ihrer Bereitschaft, andererseits aber auch bei den Arbeitgebern, die derzeit noch in sehr hohem Maße dazu neigen, im Falle einer Verminderung der Anzahl der Beschäftigten Arbeitnehmer ab dem 50. Lebensjahr zu kündigen.

Darin sehe er eine große Aufgabe, deren Erfüllung das Zusammenwirken aller Kräfte – Gesetz­gebung, Regierung und Sozialpartner – erfordern werde. Das große Problem bestehe darin, dass die Konjunktur nach wie vor europaweit nicht den Erwartungen entspreche. Solange es nicht gelinge, in Deutschland eine höhere Wachstumsrate zu erzielen, seien die Chancen, in Europa diese Probleme durch eine Wachstumsphase zu bewältigen, sehr gering.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) sagt, dass einige der Ausführungen von Abge­ordnetem Dr. Fasslabend in dieser Form nicht stehen bleiben sollten, möchte seine eigenen Ausführun­gen jedoch der Lissabon-Strategie widmen.

Betreffend die von der österreichischen Bundesregierung im Zuge des Lissabon-Prozesses wahrgenommene Position verweist Abgeordneter Dr. Matznetter auf den von der SPÖ einge­brachten Antrag auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG, dessen Kernpunkte er im Folgenden erläutern werde.

Im Zusammenhang mit den Ausführungen der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé weist er darauf hin, dass in Punkt 1 des Antrags von verstärkten Anstrengungen die Rede sei, weil es darum gehe, dass die Anstrengungen im Zuge der bisher nicht ausreichend erfolgreichen Lissabon-Strategie eine neue Dynamik erhalten. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die gesamt­geschichtliche Entwicklung:

Europa habe bis Anfang der neunziger Jahre im Gesamtdurchschnitt der OECD in einem hohen Ausmaß gegenüber jenem Niveau, das die Vereinigten Staaten im Jahr 1945 hatten, aufgeholt. Man sollte, so Matznetter, niemals auf das Erbe dieses Europa vergessen, das in einer in wech­selhafter Ausprägung, in anderen Staaten nie in jener Form wie in Österreich ausgebauten, aber doch vorhandenen Sozialpartnerschaft, in gesicherten Verhältnissen im Bereich der sozia­len Sicherungssysteme auf staatlicher Basis, in einer im Wesentlichen umlagefinanzierten Ver­sorgung für die Fälle des Alters, der Krankheit, der Invalidität und der Arbeitslosigkeit bestehe.

Nun habe dieses Europa, auch im Zuge eines in den achtziger Jahren stattgefundenen Para­digmenwechsels, in der Wirtschaftspolitik umgeschwenkt. Es sei in den neunziger Jahren der Großteil der Regierungen sozialdemokratisch geführt gewesen; dennoch sei von der Politik in viel stärkerem Ausmaß das Augenmerk auf eine auf den Kapitalmarkt ausgerichtete Politik gelegt und in viel stärkerem Ausmaß die Frage der Stabilität der Haushalte in den Vordergrund gestellt worden. Er erinnert daran, dass die Stabilitätskriterien nach Maastricht die Be­dingung des deutschen Finanzministers Waigel für die gemeinsame Währung gewesen seien – eine Bedin­gung, die Deutschland heute nicht mehr erfülle, die jedoch in ihrer Starrheit den erfolgreichen Weg auf europäischer Ebene fast gefährdet habe. Es seien daran bereits viele Korrekturen vorgenommen worden, diese hätten jedoch in Österreich bislang nicht Eingang gefunden, wenngleich Ansätze dafür erkennbar seien.

So spreche etwa der Bundeskanzler nur von einem Stabilitätspakt, während es sich tatsächlich um einen Stabilitäts- und Wachstumspakt handle. Abgeordneter Verzetnitsch habe zu Recht darauf verwiesen, dass dieser zweite Aspekt von ganz entscheidender Bedeutung sei: Stabilität sei nur auf der Grundlage ausreichender Wachstumsquoten zu erreichen. Wenn man nur auf Stabilität Wert lege, gerate man in eine Situation des Stillstands, letztlich der Stagnation, und damit in neue Probleme. Eine solche Politik – wie etwa jene, die auf den starken „Alpendollar“ ausgerichtet gewesen sei – sei die falsche, weil sie nicht aus einem vernünftigen „Policy-Mix“ bestehe.

Die SPÖ habe bei der Formulierung des Antrages auf Stellungnahme versucht, jene Punkte zu berücksichtigen, auf die sich wohl alle Fraktionen einigen könnten.

Worüber man heute Auseinandersetzungen führe, sei die Frage, ob man die Erwerbsquote bei älteren Arbeitnehmern dadurch anhebe, dass man – überraschend für alle, innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums und mit hohen sozialen Folgekosten –, anstatt Menschen, die bereits darauf eingestellt seien, in Pension gehen zu lassen, diese zu Empfängern von Arbeitslosen­unterstützung, später von Notstandshilfe und nach deren Abschaffung von Sozialhilfe mache. – Dies sei keine Lösung.

Es seien zwar Maßnahmen wie etwa die Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Arbeitneh­mer geplant; angesichts der im Zusammenhang mit der Bezuschussung der Lehrlinge gewon­nenen Erfahrungen sei man auf Seiten der SPÖ allerdings skeptisch, ob diese Maßnahme ausreichen werde. Es werde nach seiner Ansicht deutlich stärkerer Anstrengungen bedürfen, es werden Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik notwendig sein.

Für den Prozess insgesamt stelle die im Antrag auf Stellungnahme der SPÖ zum Ausdruck gebrachte Position eine Position dar, die, so Abgeordneter Dr. Matznetter, auch die gemein­same Position sein könnte. Er hofft daher auf Zustimmung der Regierungsparteien zu den darin enthaltenen sieben Punkten samt Detailmaßnahmen.

Obmann Dr. Andreas Khol stellt fest, dass der Antrag auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e B-VG der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Matznetter und KollegInnen eingebracht und hinreichend erläutert worden sei, dass er mit in Verhandlung stehe und in der Folge darüber abgestimmt werde.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG

der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Matznetter und KollegInnen betreffend die künftige Ausrichtung der Lissabon-Strategie

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, in der EU für eine Neuorientierung der Lissabon-Strategie in der Richtung einzutreten, dass es in allen Mitgliedstaaten und damit in der EU zu verstärkten Anstrengungen für Wachstum, Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und damit zu Vollbeschäfti­gung kommt.

2. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung weiters ersucht, sich für eine Neuorien­tierung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes im Einklang mit der Lissabon-Strategie einzuset­zen mit dem Ziel der Verbesserung der Qualität der öffentlichen Finanzen hin zu höheren Investitionsquoten.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, für die Vereinbarung von verbindlichen Wachstumszielen einzutreten und dafür die Zielerreichung jährlich zu evaluieren.

4. Die Bundesregierung wird ersucht, in der EU für eine Neuorientierung der Lissabon-Strategie in der Richtung eines größeren sozialen Zusammenhalts und mehr Investitionen in Human­ressourcen, umweltfreundliche Produktion und Forschung einzutreten.

5. Die Bundesregierung wird ersucht, im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie für eine Neuorientierung der öffentlichen Abgaben- und Steuerpolitik, insbesondere durch einen Wechsel von Steuerbelastungen von Arbeit zu Kapital und zu Ressourcenverbrauch einzutre­ten.

6. Die Bundesregierung wird ersucht, dafür einzutreten, dass auch die Währungspolitik der Europäischen Union bei Aufrechterhaltung des Zieles der Geldwertstabilität klar auf das Voll­beschäftigungsziel hin ausgerichtet wird.

7. Die Bundesregierung wird im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie ferner ersucht:

a. in der Europäischen Union ihre Unterstützung dafür zum Ausdruck zu bringen, dass Refor­men der Rentensysteme nicht mehr ausschließlich bzw. vorrangig unter dem Aspekt der Finan­zierbarkeit angesprochen werden, sondern auch die Themen Steigerung der Beschäftigungs­quoten, Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen und angemessene Höhe der Renten entspre­chende Berücksichtigung finden;

b. dafür einzutreten, dass in den nationalen Aktionsplänen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung konkrete Ziele und Zwischenziele festgelegt und auch evaluiert werden;

c. in der EU die Forderung nach einem weiteren Ausbau außerhäuslicher Kinderbetreuungsein­richtungen, ambulanter und teilstationärer Pflegeeinrichtungen und ähnlicher Maßnahmen zur Entlastung der – in der gesellschaftlichen Realität überwiegend von Frauen getragenen – Ver­sorgungsarbeit sowie arbeitsrechtliche Vorschriften zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungs­pflichten und Erwerbsarbeit zu unterstützen und ihrerseits entsprechende Maßnahmen zu setzen, um den offenkundig bestehenden wesentlichen Nachholbedarf bei der Beseitigung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles voranzutreiben;

d. in der EU für eine Revision der Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat einzutreten, ins­besondere sollen die Regelungen betreffend die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer (Rechtzeitigkeit, Umfang, Verbindlichkeit) sowie die Regelungen betreffend die Rechte der Mitglieder des Europäischen Betriebsrates (Bildung, Freistellung) verbessert werden;

e. in der EU dafür einzutreten, dass zur Bekämpfung der illegalen Erwerbstätigkeit in grenzüber­schreitenden Bereichen (insbesondere Güterkraftverkehr und Schifffahrt) die Handlungsspiel­räume geklärt und in der Folge geeignete Maßnahmen gesetzt werden;

f. die Aufforderung der Kommission, dass sich die Mitgliedstaaten trotz aktueller Haushaltsein­schränkungen verstärkt mit der Investition in Wissen befassen müssen, zu unterstützen und selbst entsprechende Maßnahmen zu setzen;

g. die Forderung, Benchmarks für die Verbesserung der Gesamtinvestitionen in Humanressour­cen festzulegen, zu unterstützen;

h. sich dafür einzusetzen, dass der Europäische Rat ein entsprechendes steuerpolitisches Signal gibt und sich auf einen Stufenplan zur Harmonisierung aller wettbewerbsrelevanten Steuern einigt;

i. sich dafür einzusetzen, dass ein Schwerpunkt der Maßnahmen im Bereich Forschung und Innovation im Bereich der kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) gesetzt wird. Nur durch diese Unternehmen kann die Basis der europäischen Forschungsaktivitäten nachhaltig verbrei­tert werden. Die Vernetzung der europäischen Spitzenforschung darf sich daher nicht alleine auf die großen europäischen Konzerne konzentrieren.

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzu­setzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Ange­legenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

*****

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ) weist, auf die Ausführungen von Abgeordneter Dr. Partik-Pablé replizierend, darauf hin, dass Bundeskanzler Dr. Schüssel in seinem Bericht festgestellt habe, dass bei makroökonomischer Betrachtung die Entwicklung in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung deutlich hinter den gesetzten Zielen zurückgeblieben sei. Er habe damit die Notwendigkeit dessen, was die SPÖ in ihrem Antrag auf Stellungnahme einfor­dere, bestätigt.

Der Bundeskanzler habe darüber hinaus erklärt, die Pensionsreform entspreche den Vorgaben der Lissabon-Strategie. – Dem widerspricht Abgeordnete Silhavy, und sie erläutert, dass die Vorgaben und das Ziel der Lissabon-Strategie darin bestünden, das effektive Austrittsalter aus der Beschäftigung – und nicht aus der Arbeitslosigkeit – anzuheben. Das bedeute, dass die von der Bundesregierung im Rahmen der Pensionsreform gesetzten Maßnahmen auf jeden Fall falsch seien. Schon bei der vorigen Pensionsreform habe man erkennen müssen, dass die Altersarbeitslosigkeit entsprechend angestiegen sei und dass die Bundesregierung nicht im Stande gewesen sei, dagegen wirksame Maßnahmen zu setzen.

Der Bundeskanzler habe ferner ausgeführt, dass er es sehr begrüße, dass nun eine Binnen­marktstrategie für Dienstleistungen zum Zwecke der Marktöffnung geschaffen werden solle. – Sie persönlich hätte gerne erfahren, welche Position die österreichische Bundesregierung inner­halb der EU hinsichtlich dieser Strategie einnimmt, nämlich was öffentliche und gemeinwirt­schaftliche Leistungen anbelange. Dies sei nicht zuletzt ein Thema im Zusammenhang mit den GATS-Verhandlungen.

Ein wesentlicher Punkt im Zusammenhang mit den Zielsetzungen von Lissabon sei das Thema Arbeitsqualität. Aus dem jüngsten Sozialbericht gehe hervor, dass es immer mehr Vollzeit­beschäftigte gebe, die unter die Armutsgrenze fallen. Sie stellt die Frage, welche Maßnahmen Österreich plane, um die Arbeitsqualität in Zukunft anzuheben.

Weiters gelte es, messbare Zielgrößen zu definieren – wo solche bereits definiert worden seien, müsse man erkennen, dass man zum Teil noch weit hinter diesen Zielsetzungen zurückliege – und deren Erreichen mittels Zwei-Jahres-Zwischenberichten zu kontrollieren, um die politischen Strategien in der Folge allenfalls entsprechend zu adaptieren oder zu ändern. Es wäre nicht sinnvoll, diesbezüglich zuzuwarten und im Jahr 2009 dann feststellen zu müssen, dass man mit den vorhandenen Strategien die Zielgrößen im Jahr 2010 nicht erreichen werde.

Vizekanzler Mag. Haupt habe einen neuen NAP gegen Armut und soziale Ausgrenzung ange­kündigt. Dieser müsse bis Mitte des Jahres bei der Europäischen Union aufliegen. Auch in diesem Zusammenhang brauche man nicht nur Best-Practice-Modelle, sondern jedenfalls auch entsprechende Messgrößen, um überhaupt politische Strategien entwickeln zu können. Abge­ordnete Silhavy ersucht den Vizekanzler, zu diesen Punkten Stellung zu beziehen.

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ) führt zum Thema Lissabon-Strategie aus, dass, wenn es nicht gelinge, in die Frage der Beschäftigtenzahlen Transparenz zu bringen und dabei mit Vollzeitäquivalenten zu operieren, all die in diesem Zusammenhang genannten Zahlen und Strategien nicht hilfreich wären.

Die Zahl der Beschäftigten sei bei den Frauen in Österreich zwar angestiegen, die Zahl der Voll­zeitbeschäftigten jedoch gesunken. Man bewege sich, gerade was den Arbeitsmarkt für Frauen betreffe, sehr stark in eine Situation hinein, in der es für die Frauen nicht möglich sei, mit ihrer eigenen Erwerbstätigkeit auch eigenständig, unabhängig von Partnern, zu leben.

Dieser Punkt sei nicht nur in Österreich, sondern europaweit relevant. Deshalb sei einzufordern, dass im Zusammenhang mit der Anhebung der Beschäftigtenquoten mit Vollzeitäquivalenten operiert werde, denn nur dann werde sichtbar, wie widersprüchlich die Strategien seien: Es werde einerseits Einkommen aus Teilzeitbeschäftigung lukriert, andererseits gerieten Frauen aber in eine Situation starker Abhängigkeit. Es sei auch im Hinblick auf die soziale Situation in Österreich nicht hilfreich, wenn viele Menschen, vor allem Frauen, weder während ihrer Er­werbsphase, noch weniger aber in ihrer Pension, unabhängig leben könnten.

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ) bringt erstens folgende Anregung vor:

Begriffe wie „Lissabon-Strategie“ seien tatsächlich nichts sagend: Wenngleich die Politik sich ihrer bediene, wisse die Bevölkerung kaum, was ihr Inhalt sei. – Darüber sollte man einmal nachdenken.

Zweitens stellt er vier Fragen:

Erstens: Er ersucht Vizekanzler Mag. Haupt darzulegen, worin nun tatsächlich die Position der Bundesregierung in Bezug auf die Frage bestehe, ob ein Angriff der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten auf den Irak eine Verletzung des Völkerrechtes sei, zumal die Regierung nach Ansicht Niederwiesers zu solch einer wichtigen Frage doch eine Position einnehmen müsse.

Zweitens: Es sei mehrmals das Thema Forschung angesprochen worden. Bildung sei auch ein Teil des Programms, das jetzt in Europa ablaufe. Er fragt, was die österreichische Bundesregie­rung diesbezüglich in die Diskussion einbringe.

Drittens fragt er den Vizekanzler, der dem Begriff „offene Koordinierung“ sehr breiten Raum eingeräumt habe, was darunter zu verstehen sei, worin sich diese nun von dem unterscheide, was bisher im Verhandlungsprozess auf europäischer Ebene stattgefunden habe.

Viertens fragt er im Zusammenhang mit dem Thema Transitverkehr, was unter dem Begriff „Anlastung statt Entlastung“ zu verstehen sei; ob Österreich die Position einnehme, dass sich auch die Europäische Union an Verkehrsinvestitionen in Österreich beteiligen solle; und wie der Vizekanzler dazu Stellung nehme, dass namhafte FPÖ-Abgeordnete im Wahlkampf klar erklärt haben, dass sie der Erweiterung der Europäischen Union nicht zustimmen werden, wenn die Transitproblematik nicht zufrieden stellend – durch Verlängerung des Transitvertrages ein­schließlich der Mengenbegrenzung – gelöst werde.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne) erklärt, dass es für sie unverständlich, ja unfass­bar sei, dass von Seiten des Bundeskanzlers, aber auch der zu Wort gelangten Abgeordneten der ÖVP nicht klar zum Ausdruck gebracht worden sei, dass der von den USA geplante Angriff auf den Irak völkerrechtswidrig sei. Eine Verurteilung eines Gesetzesbruches sollte doch selbst­verständlich sein. Sie findet, dass das diesbezügliche Verhalten der österreichischen Bundes­regierung nicht wirklich in Ordnung sei.

Zum Thema Lissabon-Strategie möchte sie drei Punkte ansprechen:

An dem von der österreichischen Bundesregierung vorgelegten Positionspapier betrachtet sie es als äußerst kritisch, dass die wirtschaftspolitischen Reformen vor allem unter dem Aspekt des Wachstums, aber nicht unter dem Aspekt der Beschäftigungspolitik gesehen werden. Diese müsste zumindest denselben Stellenwert haben.

Weiters stellt sie an Vizekanzler und Sozialminister Mag. Haupt die Frage, welche konkrete Maßnahmen er geplant habe, um die zwischen Frauen und Männern existierende Einkommens­schere zu reduzieren. Solche Maßnahmen wären auch für die Umsetzung der Lissabon-Strategie höchst notwendig.

Dem von der SPÖ eingebrachten Antrag auf Stellungnahme werde sie zustimmen. Sie würde jedoch darum ersuchen, darin noch einen Punkt einzufügen beziehungsweise diesen Punkt zu­mindest zur Kenntnis zu nehmen: Auf Seite 3 unter Punkt 1 heiße es, dass die Bundesregie­rung ersucht werde, die Strategie so umzusetzen, „dass es in allen Mitgliedstaaten ... zu ver­stärkten Anstrengungen für ...“ die „Schaffung von neuen Arbeitsplätzen ... kommt“. – Abgeord­nete Mag. Lunacek geht davon aus, dass die SPÖ-Fraktion hier neue existenzsichernde Arbeitsplätze meint, und betont, dass Arbeitsplätze im Sinne von McJobs nicht wirklich existenzsichernd seien, besonders für AlleinverdienerInnen.

Vizekanzler Mag. Herbert Haupt weist im Zusammenhang mit der Frage der Irak-Krise darauf hin, dass Österreich viel früher als die anderen neutralen Staaten Maßnahmen gesetzt habe, um Verletzungen des österreichischen Luftraums durch die Verlegung amerikanischer oder sonstiger Truppen von Deutschland in die Türkei oder nach Oberitalien nicht zuzulassen. Öster­reich sei sich im Zusammenhang mit der Irak-Krise immer sowohl seiner Neutralität bewusst als auch der aus österreichischer Sicht bestehenden Notwendigkeit der Verabschiedung einer weiteren Resolution im UN-Sicherheitsrat. Was derzeit als Resolution vorliege – diesbezüglich stimme er mit Abgeordnetem Dr. Cap ebenso wie mit der am Vortag im ORF ausgestrahlten Stellungnahme eines anerkannten Völkerrechtlers aus Linz überein –, stelle aus österreichi­scher Sicht keine Grundlage für die Vorgangsweise in der Irak-Frage dar.

Man könne eine endgültige Beurteilung jedoch erst dann vornehmen, wenn von Seiten der USA und ihrer Alliierten ein Fait accompli gesetzt sei. Derzeit befinde man sich in einer Vorberei­tungsphase, und es gehe, wie dies auch der Bundeskanzler klar zum Ausdruck gebracht habe, jetzt darum, den friedlichen Mitteln zum Durchbruch zu verhelfen, so wie dies auch der Posi­tion Schröders, Chiracs und jener, die hinter den Erklärungen vom Jänner dieses Jahres stehen, entspreche. Es sei, was die diesbezüglichen Chancen betreffe, bereits fünf Minuten nach zwölf, so Haupt, aber man sollte die Hoffnung auf eine friedliche Lösung dennoch nicht aufgeben.

Was ihm Sorgen bereite, sei der Umstand, dass es EU-Beitrittskandidaten gebe, die sich zwar einerseits mit den USA und ihren Verbündeten solidarisiert haben, andererseits aber nicht mit den humanitären Zielen betreffend die Vorsorge für Flüchtlinge solidarisieren konnten. Öster­reich habe diesbezüglich Vorkehrungen getroffen, die auf den anlässlich des Krieges zwischen Irak und Iran sowie des Kuwait-Krieges verzeichneten Flüchtlingszahlen beruhen. Es seien damals etwa eintausend Staatsbürger aus dem Irak, dem Iran und aus Kuwait nach Österreich gekommen. Er befürchtet, dass es auch in der derzeitigen Situation nicht mehr Menschen als damals möglich sein werde, die unmittelbare Kriegsregion zu verlassen, da es den ärmeren Bevölkerungsschichten meist nicht möglich sei, sich bei derartigen kriegerischen Auseinander­setzungen in Sicherheit zu bringen.

Daher sei er persönlich immer ein strikter Anhänger all jener Methoden, die im Sinne einer fried­lichen Lösung des Konfliktes seien, gewesen und werde es auch bleiben, und er werde sich bis zum letztmöglichen Zeitpunkt für die Fortsetzung der Bemühungen um eine friedliche Lösung einsetzen. Österreich werde, wie der Bundeskanzler überzeugend dargelegt habe, die Chance, dahin gehend zu wirken, auch anlässlich des bevorstehenden Gipfeltreffens wahrnehmen. Der Umstand, dass mehr als ein Drittel der Labour-Fraktion in Großbritannien eine Haltung vertrete, die nicht mit jener von Tony Blair identisch sei, gebe Anlass zur Hoffnung, dass die auf euro­päischer Ebene unternommenen Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts noch mehr Aussicht auf Erfolg haben, als die derzeitige Situation erkennen lasse.

Die von Österreich getroffenen Bemühungen und Vorkehrungen, um Flüchtlingen im Sinne der Genfer Konvention Aufnahme zu gewähren, haben sich, so Haupt, immer als wirksam erwiesen, und die österreichische Bevölkerung habe gerade in diesem Bereich ein besonderes Zeichen gesetzt.

In Bezug auf die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Matznetter sagt Vizekanzler Mag. Haupt, dass er selbst Mitte der neunziger Jahre Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark und die Niederlande besucht und sich als Mitglied des Sozialausschusses gemeinsam mit weiteren Experten die damals dort erfolgten Umstellungen der Pensionssysteme angesehen habe. Diese Länder hätten rechtzeitig und früher als Österreich den Herausforderungen einer altern­den Gesellschaft Rechnung getragen. Manche hätten dies vorsichtig im Bereich der zweiten und dritten Säule getan, und sie hätten diese Vorkehrungen auch so getroffen, dass selbst angesichts der derzeitigen Malaise der internationalen Börsen das eingezahlte Geld der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer in der zweiten und dritten Säule relativ sicher sei, indem man es mündelsicher und gut angelegt habe. Andere hätten in der Umstellungsphase auf das schnelle Geld gesetzt, was aus damaliger Sicht vielleicht zukunftsträchtig sein mochte; wenn man jedoch die derzeitige Diskussion in den Niederlanden verfolge, müsse man feststellen, dass die Niederländer nicht einmal mehr sicher seien, dass das ihnen über ihre Bankenlösung Garantierte aus heutiger Sicht noch zukunftsträchtig sei.

Tatsache sei, dass Österreich vor und nach der geplanten Pensionsreform jenes Land unter den derzeitigen EU-Mitgliedstaaten sei beziehungsweise sein werde, in dem aus dem Titel Generationenvertrag der größte Anteil an den Pensionszahlungen erfolge. Die entscheidende Frage werde sein, in welcher Form und mit welcher Schnelligkeit Österreich in der Lage sein werde, eine Art Reservefonds für die Pensionsversicherungen zur Überbrückung der kriti­schen Jahre 2015 bis 2032 – jenes Zeitraums, in dem die Entwicklung der Alterspyramide besonders Besorgnis erregend sein werde – einzurichten und zu gestalten. Mangels eines solchen sei zu befürchten, dass in jenen Jahren eine Generation bei niedrigem Pensionsniveau tatsächlich die gesamte Last zu tragen haben werde, die die Folge der Versäumnisse der Vergangenheit sei.

Die österreichische Bundesregierung bemühe sich, mit ihrer langfristig angelegten Reform, im Zuge von deren Umsetzung eine Harmonisierung des Pensionssystems bis zum Jahr 2033 erfolgen werde, diesem Szenario entgegenzuwirken. Es seien alle eingeladen, diese Entwick­lung mitzutragen und mitzugestalten.

Er sei nicht der Meinung von Abgeordnetem Verzetnitsch, dass in Österreich die Sozialpartner quasi nur temporär geduldet seien und dann wieder ausgeladen würden, im Gegenteil: Die Bun­desregierung habe die Sozialpartner immer eingebunden. Das Einzige, was sich vielleicht gegenüber der Vergangenheit geändert habe, sei, dass man nicht auf eine hundertprozentige Konsensfindung „bis zum letzten Punkt und Beistrich“ in den Verhandlungen bestehe, sondern dass man dann, wenn man sich Ziele gesetzt habe, das Ergebnis dieser Verhandlungen zu­sammen mit diesen Zielen zeitgerecht umsetze.

Ein gutes Beispiel für eine Umsetzung sei das zweite Strukturpaket des Jahres 2002 gewesen, das letztendlich von allen zum richtigen Zeitpunkt verabschiedet worden sei und das angesichts der aktuellen Arbeitsmarktdaten vom Februar 2003 – gegenüber den damaligen Prognosen von 320 000 Arbeitslosen – einen positiven Effekt von 27 000 Arbeitslosen weniger gezeitigt habe.

Vizekanzler Mag. Haupt gibt Abgeordnetem Verzetnitsch Recht darin, dass die Ziele von Lissa­bon Stabilität, Wachstum und Beschäftigung umfassen und dass Stabilität nicht die einzige Zielsetzung darstellt. Er hätte sich jedoch gewünscht, dass man in Österreich in jenem Sinne vorgegangen wäre, wie dies die nordeuropäischen Länder getan hätten, die in wirtschaftlich guten Zeiten Vorkehrungen getroffen hätten, um in schlechten Zeiten durch das Setzen kon­junkturbelebender Schritte antizyklisch gegensteuern zu können. In Österreich habe die Politik leider schon in guten Zeiten eine Schuldenlast beschert, die bei einer Verzinsung von deutlich über 6 Prozent noch heute in Form langfristiger Tilgungszahlungen zu Buche schlage. Dennoch nehme Österreich mit dem durch die gesetzten Maßnahmen erzielten Effekt von 27 000 Arbeits­losen weniger als prognostiziert in Europa weiterhin in Bezug auf die Beschäftigungssituation den dritten Platz, auf jene der Jugendbeschäftigung sogar den zweiten Platz ein.

Weiters stimmt er mit den Abgeordneten Dr. Matznetter und Silhavy darin überein, dass die älteren Arbeitnehmer eine Zielgruppe für die österreichische Politik darzustellen haben. Daher habe die Bundesregierung, weil der Umdenkprozess in der Wirtschaft nicht hinreichend flexibel verlaufen sei, in ihrem Regierungsprogramm flankierende Maßnahmen für die Alterskategorie der 56- bis 65-Jährigen vorgesehen, und diese werde man im Rahmen des Budgets 2003 und 2004 auch umsetzen.

In Bezug auf die von Abgeordneter Mag. Prammer angesprochene Frage führt Vizekanzler Mag. Haupt aus, dass man im Bildungsbereich dazu übergegangen sei, bereits in den Schulen auf die Mädchen dahin gehend einzuwirken, dass sie nicht nur die fünf typischen Frauenberufe, sondern auch besser dotierte und länger wirksam am Arbeitsmarkt befindliche Berufe ergreifen. Man sei ferner dazu übergegangen, im Rahmen des 2. Strukturprogramms des Jahres 2002 gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice Langzeitarbeitslosen in der Alters­kategorie von über 40 Jahren Umschulungsmaßnahmen in Zukunftsberufe zu gewährleisten.

Abgeordnete Mag. Prammer habe in ihren Ausführungen ein faires Benchmark verlangt. In diesem Sinne halte er, Haupt, es auch nicht für zulässig, die Situation in Ländern, in denen das Pensionsalter für Männer und Frauen gleich sei, mit jener in Österreich zu vergleichen, wo aus gutem Grunde und mit Unter­stützung der damals geschlossenen Parlamentsmehrheit im Jahre 1993 das unterschiedliche Pensionsalter für Frauen bis zum Jahre 2030 – mit den bekannten Übergangsfristen – verfas­sungsmäßig abgesichert worden sei. Wenn ein Land eine im Verhältnis zu den anderen europäi­schen Ländern um fünf Jahre geringere Arbeitszeit für Frauen aufweise, werde das natürlich auch in der Statistik seinen Niederschlag finden.

Wenn man daher die relevanten Jahrgänge, nämlich die Frauen zwischen 20 und 45 Jahren, betrachte, werde man feststellen, dass, was deren Beschäftigungszahlen betrifft, Österreich unter den 15 EU-Mitgliedstaaten einen Spitzenplatz einnehme. (Abg. Mag. Prammer: Aber Teilzeit ...!)

Vizekanzler Mag. Haupt korrigiert die Ausführungen des Abgeordneten Verzetnitsch betreffend EU-Lissabon-Ranking, indem er darauf hinweist, dass Österreich in einem fairen Benchmark mittlerweile auf dem fünften Platz liege. Österreich habe sich in den zweieinhalb Jahren der vorangegangenen Bundesregierung vom achten Platz im Jahr 1999 auf den fünften Platz zum aktuellen Zeitpunkt vorgearbeitet, und er würde sich wünschen, dass dieser Fortschritt auch in den nächsten Jahren anhalten und Österreich dann an einer Spitzenposition liegen werde.

Die Bundesregierung habe daher die in Österreich existierenden Probleme, etwa auch im Bereich der Jugendbeschäftigung, nicht nur erkannt, sondern sie habe auch die für eine zufrie­den stellende Lösung dieser Probleme notwendigen Maßnahmen gesetzt, zum Beispiel durch Qualifizierungsmaßnahmen.

Zu den Ausführungen des Abgeordneten Wattaul merkt Vizekanzler Mag. Haupt an, dass die Obacht der Politik selbstverständlich nicht nur im Transportgewerbe der Schwarzarbeit, der Schwarzwirtschaft und der Illegalität gelte. Er weist darauf hin, dass in der Europäischen Union derzeit entsprechende Programme, auch unter Mitwirkung der Sozialpartner, für den Bereich der Leiharbeit ausgearbeitet werden. Weiters habe der österreichische Justizminister gemein­sam mit den europäischen Justizministern den Kampf gegen die organisierte Schwarzarbeit aufgenommen, und es werde eine Harmonisierung der Gesetze in diesem Bereich diskutiert.

Weiters weist er darauf hin, dass der Kampf gegen das Erschleichen von Sozialleistungen im Regierungsprogramm der neuen österreichischen Bundesregierung enthalten sei und dass neben dem Transportgewerbe in jüngster Zeit auch Bau- und Baunebengewerbe Ziel von Schwerpunktmaßnahmen der neu geschaffenen Eingreiftruppe des Finanzministeriums seien, die, so hoffe er, letztlich in diesen Branchen flächendeckend zum Einsatz gelangen werde. Er selbst komme aus einer Region, für die die Bautätigkeit von großer Wichtigkeit sei, und kenne Beispiele für Gründungen von Leiharbeitsfirmen im Bau- und Baunebengewerbe, die nach drei oder vier Monaten Tätigkeit verschwunden seien, wobei die Arbeitnehmer ohne Lohn und, mangels Anmeldung bei der Sozialversicherung, ohne Sozialleistungen zurückgeblieben seien.

Auch die Maßnahme der vorangegangenen Bundesregierung, die Überprüfung der Betriebe ge­meinsam mit den Finanzbehörden und den Sozialbehörden – nach der Lohnsteuerprüfung einerseits und der Überprüfung der Abführung der fälligen Sozialabgaben andererseits – zu ge­stalten, sei mit 1. Jänner dieses Jahres wirksam geworden. Er erwartet sich von diesem neuen System eine klassische Bekämpfung der Schattenwirtschaft im weitesten Sinne auf der nationa­len Ebene.

Vizekanzler Mag. Haupt weist noch aufklärend darauf hin, dass es im Zuge der Pensionsre­form nicht geplant sei, jene Menschen, die keine Beschäftigung haben und keine Frühpen­sionsregelungen in Anspruch nehmen können, in die Notstandshilfe abgleiten zu lassen, sondern, ganz im Gegenteil, dass die Bundesregierung auch für diese Gruppe von Beschäftig­ten in ihrem Regierungsprogramm eine Maßnahme im Form des Altersübergangsgeldes vorgesehen habe, das er als eine soziale Zukunftsleistung betrachte.

Er glaubt auch, dass im Bereich der Arbeitsfähigkeit, gerade für Frauen, die neu eingeführte Un­fallrente für Freizeitunfälle ein wichtiger Punkt sei, denn der Unterschied in der Rehabilitations­leistung zwischen Krankenversicherung und AUVA sei evident. Angesichts von 55 000 Haus­haltsunfällen sei dies ein wichtiger sozialer Fortschritt, gerade für sehr viele Frauen, speziell wiederum für jene aus den untersten sozialen Schichten, die sich keine Zusatzversicherung für teure Rehabilitationsleistungen zur Wiederherstellung ihrer Berufsfähigkeit und für Umschu­lungsleistungen leisten könnten – ein Fortschritt, der in anderen Ländern bereits abgesichert sei.

In Richtung des Abgeordneten Dr. Niederwieser bringt er seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die offene Koordinierung im Sozialbereich für alle von Vorteil sei. Österreich liege unbe­strittenerweise in den meisten Punkten des sozialen Benchmarks, aber auch bei den Familien­leistungen an der Spitze der europäischen Länder. Hätte man anstatt der offenen Koordinierung eine Koordinierung wie im Wirtschaftsbereich, dann müsste Österreich bei gesetzlichen Harmonisierungen seinen hohen sozialen Standard auf das europäische Mittelmaß abbauen. Das wolle man aber nicht. Es sei vielmehr gelungen, die wichtige Vorreiterrolle, die Österreich und auch Deutschland diesbezüglich einnehmen, abzusichern, sodass die damit verbundenen Leistungen, wie etwa die Familienleistungen des Kinderbetreuungsgeldes und Karenzleistun­gen, auf dem bestehenden hohen Niveau erhalten bleiben.

Er wünscht sich in diesem Bereich keine Harmonisierung nach unten hin, sondern er wünscht sich weiterhin die offene Koordinierung und eine Angleichung und Harmonisierung nach oben hin für diejenigen Länder, die einst hinter dem Eisernen Vorhang gelegen seien. Gerade die Mitarbeiter seines Ministeriums wüssten auf Grund ihrer Tätigkeit im Bereich der Koordinierung der Gesundheits- und Sozialsysteme mit den osteuropäischen Staaten sehr gut darüber Be­scheid, welcher Nachholbedarf auf Seiten der östlichen Nachbarstaaten Österreichs in diesem Bereich bestehe.

Er sei auch sehr froh darüber, dass die internationale Koordinierung im Gesundheitsbereich mit dem hohen österreichischen Niveau und nicht mit den tiefer liegenden Niveaus auch ent­wickelter europäischer Staaten wie etwa Großbritanniens fortzuführen sein werde. Er sei sehr zufrieden angesichts dessen, dass in Österreich heutzutage nahezu jeder Patient nach orthopädischen Operationen eine anschließende Rehabilitation in Anspruch nehmen könne, was für sehr viele ältere Menschen bei Erkrankungen des Oberschenkel-, Hüftgelenk- und Knie­gelenkbereichs lebensrettend sei, weil zum Beispiel eine lebensbedrohende Lungenentzündung ausbleibe, und ihnen zweitens auch eine höhere Lebensqualität in der nach diesen Operationen folgenden Lebensphase gewährleiste.

Vizekanzler Mag. Haupt ist auch sehr stolz darauf, dass man sich in Österreich Transplanta­tionen auch in Fällen leisten könne, in denen man in anderen Ländern in einem Alter von 60 oder gar 50 Jahren bereits abgelehnt werde. Er ist außerdem darauf stolz, dass man sich im österreichischen Gesundheitssystem Chemotherapien und moderne Behandlungsmethoden leisten könne, die andere, gleich reiche Staaten sich nicht leisten können. Er sei sich aber auch dessen bewusst, dass dieses System in Österreich nur dann gesichert werden könne, wenn die vorhandenen Ressourcen von 10,54 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, die Österreich für die Gesundheit insgesamt aufwendet – private und öffentliche Vorsorge mit eingerechnet –, zielgerichtet auch weiterhin in diesem Bereich aufgewendet werden.

Daher habe man in Österreich allen Grund, im Bereich der Sozialpolitik den bewährten österrei­chischen Weg weiter fortzusetzen und auch jenen bewährten Weg, der von Österreich in den vergangenen drei Jahren auf europäischer Ebene gegangen worden sei. Er verleiht seiner Überzeugung Ausdruck, dass der bevorstehende Gipfel auch einen kleinen Mosaikstein zur Weiterentwicklung des Sozialsystems beitragen werde.

Abschließend führt er in Beantwortung der von Abgeordnetem Dr. Niederwieser gestellten Frage aus, dass Bundesminister Gorbach am folgenden Tag in Griechenland sein werde und dass die Bundesregierung sich bemühe, im Hinblick auf eine Transitregelung das im Rahmen der politischen Einigung von Kopenhagen erzielte Ergebnis auch über die nächsten zwei Stufen hinweg aufrechtzuerhalten. Es bedürfe eines guten Lobbyismus über alle Fraktionsgrenzen hinweg, um den mit der sensiblen Alpenlandschaft Österreichs verbundenen Anliegen in der Transitfrage das nötige Gewicht zu verleihen. Die Einladung, in diesem Sinne unterstützend zu wirken, sei an alle gerichtet. Die Bundesregierung bemühe sich, das, was als Ergebnis der politischen Einigung bereits vorliege, auch endgültig durchzusetzen. Ob dies letztendlich mög­lich sein werde, werde auch vom Abstimmungsverhalten des Europaparlaments bei dessen Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts zum Kommissionsentwurf abhängen. Abgeordne­ter Dr. Niederwieser und die starke Fraktion der sozialdemokratischen Europaabgeordneten, aber auch alle anderen im Europaparlament vertretenen Fraktionen seien eingeladen, die ge­meinsame Haltung Österreichs in der Transitfrage rückhaltlos auf der Grundlage der Be­schlüsse von Kopenhagen zu unterstützen.

Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, schließt Obmann Dr. Andreas Khol die Debatte und bringt den Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Matznetter und KollegInnen betreffend die künftige Ausrichtung der Lissabon-Strategie zur Abstimmung.

Der Antrag auf Stellungnahme bleibt in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Obmann Dr. Khol schließt die Beratungen zum Tagesordnungspunkt 2 und gibt bekannt, dass der öffentliche Teil der Sitzung damit beendet sei.

(Es folgen die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 11.)

Schluss der Beratung zum Tagesordnungspunkt 2: 17.51 Uhr

 

 

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