IV-11 der Beilagen zu den
Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Beratungen
des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
Mittwoch,
11. August 2004
Beratungen
des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
XXII.
Gesetzgebungsperiode Mittwoch,
11. August 2004
Tagesordnung
EU-Vorhaben:
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SON CIG 86/04 Vorläufige
konsolidierte Fassung des Vertrags über eine Verfassung für Europa (33538/EU
XXII.GP) und |
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SON CIG 86/04
ADD 1 Vorläufige
konsolidierte Fassung der Protokolle zum Vertrag über eine Verfassung für
Europa und seiner Anhänge I und II (33539/EU
XXII.GP) |
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sowie SON CIG 86/04
ADD 2 Vorläufige
konsolidierte Fassung der der Schlussakte der Regierungskonferenz
beizufügenden Erklärungen (33540/EU
XXII.GP) |
Die Mitglieder
des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union nahmen das auf
der Tagesordnung stehende beim Europäischen Rat am 17. und 18. Juni 2004
angenommene Dokument zu einer neuen EU Verfassung zum Anlass, auch über
die Nominierung von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner als neue
EU-Kommissarin ausführlich zu diskutieren.
Eingeleitet wurde
die Debatte mit einer Stellungnahme des Bundeskanzlers. Wolfgang Schüssel
bezeichnete das vorliegende Dokument zur EU Verfassung als einen entscheidenden
Schritt, der die europäische Einigung nach 50 Jahren auf eine neue Grundlage
stelle. Die Verfassung gebe Rechtssicherheit, aber auch die nötige
Flexibilität, die für die zukünftigen Herausforderungen notwendig sei.
Selbstverständlich habe man Kompromisse eingehen müssen, dies sei aber
sinnvoll, denn nur wenn man die Meinung und Sensibilität der anderen
respektiere, erreiche man ein Ergebnis, das von einer breiten Öffentlichkeit
getragen werde.
Schüssel dankte
nochmals dem Konvent sowie der Außenministerin für deren Arbeit und nannte im
Anschluss daran die wesentlichen Verbesserungen in der Verfassung: Eine
Strukturbereinigung der Verfassung, wodurch die Union eine einheitliche
Rechtspersönlichkeit erhält; Reduktion der Verfahren und Instrumente; wesentlich
bessere Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Union und Mitgliedstaaten; Stärkung
der regionalen Ebene; Generalzuständigkeit der Mitgliedstaaten, wenn der
Vertrag keine konkrete Einzelermächtigung vorsieht; Einbindung der nationalen
Parlamente in Fragen der Subsidiarität mit Klagerecht und Schaffung eines
Frühwarnmechanismus; Achtung der regionalen und kommunalen Organisation der
Mitgliedstaaten; ausdrückliche Verankerung des Prinzips der Gleichheit aller
Mitgliedstaaten; Ausbau der individuellen Bürgerrechte; rechtsverbindliche
Einbindung der Grundrechte-Charta, womit die Grundlage für einen Beitritt der
EU zur EMRK geschaffen wird; verbesserter Rechtsschutz durch erleichterte
Individualklage; Schaffung einer europäischen Bürgerinitiative; Übergang zur
doppelten Mehrheit bei institutionellen Fragen, womit die
Entscheidungsfähigkeit der Union, als sie nur neun Mitglieder hatte,
wiederhergestellt wird; Ausdehnung der Mitwirkungsrechte des Europäischen
Parlaments; Unterwerfung der Beschlüsse des Europäischen Rates unter EuGH
Kontrolle; Beibehaltung der gleichberechtigten Rotation bei der Vorsitzführung
in den Fachministerräten; Teampräsidentschaft aus drei Mitgliedstaaten;
Solidaritätsklausel als Qualitätssprung in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie bei
Innerem und Justiz; ausschließliches Initiativrecht der Kommission im Bereich
Asyl und Einwanderung; wechselseitige Anerkennung von Urteilen im Strafprozess;
Wahrung der Kompetenzen der Gebietskörperschaften bei der Daseinsvorsorge; horizontale
Sozialschutzklausel; Verankerung des Sozialgipfels im Vertrag; horizontale
Tierschutzklausel; Nennung der Grenz-
und Bergregionen im Rahmen der Struktur- und Kohäsionspolitik; Verfassungsbestimmung für die Energie
und gemeinsame Erklärung Deutschlands, Irlands und Österreichs für eine
Euratom-Revisionskonferenz.
Darüber hinaus
habe man beschlossen, Kroatien den Beitrittsstatus zuzuerkennen und mit den
Verhandlungen Anfang 2005 zu beginnen.
Zur Nominierung
von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner als neuer EU Kommissarin teilte
Schüssel mit, dass diese auf Ersuchen Präsident José Manuel Barrosos nicht vor
dessen Ernennung im Europäischen Parlament erfolgt sei. Der neue Präsident
wolle seiner Kommission ein besonderes außenpolitisches Profil verleihen und
habe daher auch den Wunsch geäußert, die österreichische Außenministerin in
seiner Kommission vertreten zu sehen. Welches Ressort die Ministerin nun
erhalte, bleibe dem Kommissionspräsidenten vorbehalten, und man müsse dessen
Gestaltungsmöglichkeiten respektieren, sagte Schüssel. Ferrero-Waldner sei eine
ausgezeichnete Wahl, wie niemand anderer verfüge sie über eine außen- und europapolitische Erfahrung. Der
Bundeskanzler hob in diesem Zusammenhang insbesondere ihre Arbeit zur Zeit der
EU-Präsidentschaft, ihr Engagement bei der EU-Erweiterung und im Bereich der
Entwicklungszusammenarbeit sowie ihre Initiative der regionalen Partnerschaften
hervor.
Bundesministerin
Benita Ferrero-Waldner
bezeichnete die neue Verfassung als einen Meilenstein in der Geschichte der
europäischen Integration und als das erste gemeinsame Projekt der EU mit 25
Mitgliedern. Die Verfassung habe viele Väter, zu betonen sei aber, dass man 90
Prozent des Konventstextes beibehalten habe. Die Außenministerin bewertete die
Einigung als eine ausgewogene Balance zwischen Sozial- , Wirtschafts- und
Finanzpolitik.
Eine
entscheidende Aufgabe werde es aber sein, die Bürgerinnen und Bürger besser zu
informieren und die Öffentlichkeit mehr einzubinden. Keinesfalls dürfe man sich
von den Menschen entfernen, sagte Ferrero-Waldner, und welches Ressort sie auch
immer erhalten werde, es werde ihr ein Herzensanliegen sein, mit den
Bürgerinnen und Bürgern Europas zu kommunizieren. Als wichtiges Anliegen
bezeichnete die Ministerin auch die Erweiterung der Union und wies darauf hin,
dass auch in der Vergangenheit die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit bei der
Erweiterung der Union und den regionalen Partnerschaften gelegen seien. Für
vordringlich hält die Ministerin, Europa wirtschaftlich und politisch zu
stärken, wobei die Lissabon-Strategie von besonderer Bedeutung sei. Das
besondere europäische Sozialmodell gelte es zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Die Union brauche auch ein stärkeres außenpolitisches Profil und müsse im
Bereich rechtstaatlicher Grundsätze, Schutz der Menschenrechte und nachhaltiger
Wirtschafts- und Umweltpolitik eine Vorreiterrolle spielen. Die Union sei in
der Entwicklungszusammenarbeit federführend, zirka die Hälfte der Gelder kämen
aus der EU.
Die neue
Kommission werde eine starke Dynamik entwickeln, zeigte sich Ferrero-Waldner
überzeugt, und sie wolle mitwirken, so die designierte Kommissarin nochmals
bekräftigend, die Bürgerinnen und Bürger besser über Europa zu informieren. Es
gehe nicht nur darum, abstraktes Wissen zu vermitteln, sondern vor allem
emotionales Wissen weiterzugeben. Europa solle nicht nur eine Stimme, sondern
auch eine Seele haben.
Vizekanzler
Hubert Gorbach
unterstützte die Nominierung Ferrero-Waldners und meinte, die Entscheidung
beruhe auf dem Ansatz, dass die EU erfahrene Politiker und Politikerinnen
benötige, um die Herausforderungen zu bewältigen. Als kleiner Mitgliedstaat mit
starker internationaler Verflechtung sei es wichtig, eine Kommission der besten
Köpfe zu haben, und dazu gehöre Ferrero-Waldner. Ihr werde ihre internationale
Erfahrung zugute kommen, und sie verfüge neben fachlicher Kompetenz auch über
die notwendigen politischen Kontakte.
Gorbach
unterstützte vor allem die Absicht Ferrero-Waldners, den Anliegen der
Bürgerinnen und Bürger besonderes Gehör zu verschaffen. Die Außenministerin
werde durch ihre aufgeschlossene Art und Bürgernähe die ihr zugeteilten
Aufgaben mit Leben erfüllen und für mehr Transparenz sorgen. Er gehe davon aus,
dass Ferrero-Waldner für die österreichischen Anliegen ein offenes Ohr haben
werde und sie gegen Zentralismus und Überbürokratisierung auftreten werde. Das
Europa der Regionen und die Subsidiarität dürften kein Schlagwort bleiben. Er
appellierte an die Opposition, der Nominierung zuzustimmen, da man in Europa
dann mehr erreiche, wenn man parteiübergreifend auftrete.
In der
Diskussionsrunde der Abgeordneten vertrat der geschäftsführende Klubobmann
Josef Cap (S) zunächst die Position der Sozialdemokraten und -demokratinnen. Er betonte, dass die
SPÖ das Bedürfnis nach einem Grundkonsens hätte, kritisierte aber gleichzeitig,
dass die Opposition im Informationsprozess nicht eingebunden gewesen sei. Die
Darstellung des Bundeskanzlers könne er nicht nachvollziehen, für den
Bundeskanzler sei es ein Leichtes zu sagen, den Wunsch des Präsidenten zu
respektieren. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Kanzler mit dem
Kommissionspräsidenten noch nicht über den konkreten Tätigkeitsbereich der
neuen Kommissarin gesprochen habe. Darüber hinaus fehlten in der Gruppe der
designierten Kommissarinnen und Kommissare Expertinnen und Experten im Bereich
der Agrarpolitik sowie im Bereich Inneres und Justiz. Bei der Auswahl der
Zuständigkeiten werde daher ein nicht geringes Problem entstehen, erwartet Cap.
Wenn man einen
Grundkonsens haben wolle, brauche man eine Entscheidungsgrundlage, und dazu
müsse man über das konkrete Ressort Bescheid wissen, und welche Vorstellungen
die Ministerin mitbringe. Sie müsse sich ja auch vorbereiten für das Hearing im
Europäischen Parlament, so Cap. ÖVP und FPÖ seien offensichtlich damit
zufrieden, "hier mit verbundenen Augen zu sitzen".
Abgeordneter
Peter Schieder (S)
schloss sich dem an und meinte, die heutige "Absegnungssitzung" sei
kein gutes Modell für mehr Bürgernähe. Er wolle heute auch die Frage des
Kommissionspräsidenten diskutieren, ob die Nennung Schüssels die Position
Österreichs gestärkt oder gebremst habe. Selbstverständlich sei es notwendig,
über die einzelnen Ressorts zu sprechen, sagte Schieder, und warf dem
Bundeskanzler vor, sich auf einen formellen Standpunkt zurückzuziehen. Im
Gegensatz dazu hätte es in den anderen Parlamenten bereits mehr Informationen
gegeben. Falls Ministerin Ferrero-Waldner das Ressorts Entwicklungshilfe
bekomme, sollte sie ihre Bereitschaft erklären, dem Nord-Süd-Zentrum
beizutreten.
Die Europaabgeordnete
Maria Berger (S) respektierte zwar, dass der Bundeskanzler die europäischen
Verfahrensregeln ernst nimmt, dennoch könnte er Auskunft darüber geben, ob
Gespräche stattgefunden haben oder nicht, merkte sie an. Hinsichtlich der
Verfassung stimmte sie mit der positiven Beurteilung aller überein, dennoch
kritisierte sie das Fehlen eines konsolidierten Papiers zur Änderung des
Euratom-Vertrags und die Verankerung der Preisstabilität im Ziele-Artikel auf
Grund der österreichischen Initiative. Ihr Vorschlag, über die Inhalte des
Verfassungsvertrages umfassend die Bevölkerung zu informieren, wurde von
Bundeskanzler Schüssel positiv aufgegriffen.
Abgeordnete
Petra Bayr (S)
konzentrierte sich auf die Entwicklungszusammenarbeit und stellte dazu mehrere
konkrete Fragen. Vor allem bezweifelte sie, dass Benita Ferrero-Waldner, sollte
sie mit der Entwicklungszusammenarbeit betraut werden, Europa in diesem Bereich
zu einem wichtigen Player machen könne, zumal sie im eigenen Land nicht
imstande gewesen sei, die Mittel dafür zu steigern und für Kohärenz zu sorgen.
Ihr Klubkollege Hannes
Bauer (S) betonte, dass kein Ressort in der Kommission unwichtig sei,
entscheidend sei, wie man es ausfülle. Er glaubt aber, dass Österreichs
Strategie bezüglich der Ressortverteilung allzu zurückhaltend war, und ortete
innerhalb der Kommission eine mögliche Hierarchisierung.
Abgeordneter
Stefan Prähauser (S) schließlich
zeigte sich über das "Versteckspiel" seit der Bundespräsidentenwahl
verwundert, da man damit eine Chance für ein gutes Ressort vergeben habe.
Schließlich sprach er den in der Öffentlichkeit geäußerten Vorwurf an, die
Ministerin habe bei einem Privatbesuch in der österreichischen Botschaft in
Paris kostenlos nächtigen können.
Abgeordnete
Eva Glawischnig (G) griff
das Thema Bürgernähe auf und meinte, dass die Entfremdung durch
nationalistische Töne und durch die Tatsache entstünde, Europa für die eigenen
Fehler verantwortlich zu machen. Die Ablehnung der Nominierung Ferrero-Waldners
begründete sie damit, keinen Blankoscheck ausstellen zu wollen. Sie zeigte sich
auch nicht einverstanden mit den Ausführungen der Außenministerin und
kritisierte, dass sich diese offensichtlich ein "rot-weiß-rotes
Fähnchen" aufstecken wolle. Die Stellungnahme der Ministerin sei ihr auch
"zu dünn" gewesen und sie, Glawischnig, hätte sich fundiertere
Antworten und Vorstellungen erwartet.
Abgeordnete
Ulrike Lunacek (G)
äußerte generell Skepsis gegenüber der Ministerin, zumal die Grünen mit deren
bisheriger Arbeit nicht zufrieden gewesen seien. Sie gestand Ferrero-Waldner
zu, im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit hohes Engagement an den Tag
gelegt zu haben, es sei ihr aber nicht gelungen, den niedrigen österreichischen
Beitrag auf das erforderliche Maß zu erhöhen und kohärente Strukturen zu
schaffen. Damit werde sie auch ein Glaubwürdigkeitsproblem auf europäischer
Ebene haben, sollte sie das Ressort bekommen. Die Grünen glauben nicht, so
Lunacek, dass Ferrero-Waldner eine starke Kommissarin sein werde.
Abgeordneter
Wolfgang Pirklhuber (G)
bekräftigte die Vorbehalte seiner beiden Vorrednerinnen und würdigte den
jetzigen Kommissar Fischler. Die Verfassung hält er für einen richtigen Schritt
in die richtige Richtung.
Klubobmann
Wilhelm Molterer (V)
wertete die europäische Verfassung ebenfalls als einen großen Schritt zur
weiteren Integration und zeigte sich zufrieden, dass die österreichischen
Anliegen umgesetzt werden konnten.
Bundesministerin
Ferrero-Waldner bezeichnete er als kompetente Persönlichkeit, die sich in ihrer
bisherigen Arbeit als durchsetzungsfähig, sachorientiert und fachlich versiert
erwiesen habe. Sie habe ein Netzwerk aufgebaut und verfüge über eine internationale
Erfahrung, was in Zukunft ganz entscheidend sein werde. Ferrero-Waldner könne
auf eine eindrucksvolle Bilanz verweisen, sagte Molterer. Sie habe die
österreichische Präsidentschaft vorbereitet, und während dieser habe es zum
Beispiel einen Durchbruch bei der Erweiterung gegeben. Molterer nannte weiter
den erfolgreichen OECD-Vorsitz, ihr Engagement im Bereich der Menschenrechte,
ihre entscheidende Rolle bei der Erweiterung und ihre Initiativen zu den
regionalen Partnerschaften, die sich zum Beispiel im Konvent und in der
Verfassungsdiskussion als sehr positiv erwiesen hätten. Diese Kompetenz sei
auch vom jetzigen Bundespräsidenten Heinz Fischer festgestellt worden, der sie
als "bestens qualifiziert" bezeichnet habe.
Molterer hält
auch die emotionale Zuwendung zu Europa für enorm wichtig und wies auf die
große Aufgabenstellung Europas in außenpolitischer Hinsicht hin. Im Hinblick
auf das Ressort unterstrich Molterer die Ausführungen des Bundeskanzlers.
Abgeordneter
Michael Spindelegger (V)
konnte die ablehnende Haltung der Grünen nicht nachvollziehen. Ferrero-Waldner
verfüge nicht nur über außenpolitische Erfahrung, sondern auch über Erfahrungen
in der Leitung eines Ministeriums. Sie kenne den Entscheidungsablauf in der EU
und die Mechanismen und verfüge über ein großes Netzwerk, das für informelle
Gespräche notwendig sei. Selbstverständlich habe die Kommissarin keine
österreichischen Interessen zu vertreten, sagte Spindelegger, aber sie verfüge
früh über Informationen und könne dadurch vieles im Hintergrund aufbereiten.
Ferrero-Waldner werde auch im Bereich der Menschenrechte ihre Handschrift wie
bisher hinterlassen, zeigte sich Spindelegger überzeugt. Sie sei eine
hervorragende Kandidatin.
Abgeordnete
Karin Hakl (V)
bezeichnete die Außenministerin als eine Allrounderin und appellierte an sie,
die Entscheidungen in Brüssel verständlich zu kommunizieren.
Abgeordneter
Walter Tancsits (V)
verteidigte die Verankerung der Preisstabilität im Ziele-Artikel und hielt es
für wichtig, diese mit Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum im
Gleichgewicht zu halten. Das müsse man auch im Rahmen der Sozialen
Marktwirtschaft sehen, sagte er. Tancsits begrüßte weiters die Fortschritte in
der europäischen Sicherheitspolitik und nannte dies eine wesentliche Voraussetzung
dafür, dass die Union Profil zeigen könne.
Klubobmann
Herbert Scheibner (F)
hielt fest, dass die EU-Verfassung ein Signal dafür setze, dass man auch in
einem erweiterten Europa die Vertiefung in Angriff nehmen könne. Dennoch sei
eine stärkere Demokratisierung steckengeblieben, meinte Scheibner und plädierte
für eine europaweite Volksabstimmung. Auch die Außen-, Sicherheits- und
Verteidigungspolitik zeige in der Praxis, dass die EU von ihren Zielen noch
weit entfernt sei.
Scheibner
unterstützte explizit die Nominierung Ferrero-Waldners, denn sie habe bewiesen,
dass sie auch auf die Interessen Österreichs bedacht sei. Sie habe konsequent
Europapolitik betrieben, auch wenn sie dort nicht immer bequem gewesen sei.
Scheibner übte in diesem Zusammenhang Kritik am Amtsverständnis Franz Fischlers
und meinte, dass selbstverständlich auch die neue Kommissarin keine Vertreterin
Österreichs sei. Dennoch sei es nicht verboten, die Interessen Österreichs
besonders zu unterstützen und engen Kontakt zum eigenen Land und zu den
Institutionen zu pflegen. Ihm sei es wichtig, mehr auf die europäischen
Grundsätze zu achten und weniger auf diplomatische Finessen.
Scheibner
bedauerte auch, dass man noch nicht wisse, welches Ressort Ferrero-Waldner zugedacht sei, aber man habe eben ein
vorgegebenes System. Der Kommissionspräsident sei sicherlich nicht wirklich
ganz frei in seiner Entscheidung, denn hinter den Kulissen werde wahrscheinlich
bereits verhandelt. Er hoffe auf ein gutes und wichtiges Ressort, jedenfalls solle
man offensiv und selbstbewusst auftreten, zumal Österreich ja auch Nettozahler
sei. Ferrero-Waldner sei sicherlich die beste Wahl, sagte Scheibner.
Abgeordneter
Reinhard Eugen Bösch (F)
äußerte sich ebenfalls positiv zur neuen europäischen Verfassung und sprach
sich für eine Volksabstimmung aus. Wünschenswert ist seiner Meinung auch eine
europäische Volksabstimmung.
Im Anschluss an
diese Diskussion bekräftigte Bundeskanzler Schüssel nochmals seine
Darstellung der Vorgangsweise der Nominierung und der europäischen Abläufe. Er
wolle die Regeln respektieren, meinte der Kanzler, einige große Länder hätten
aber versucht, den Präsidenten "an die Kandare zu nehmen". Hier müsse
dieser Stärke zeigen, denn das sei auch ein Test für die Autorität der
Kommission, und Österreich habe ein Interesse an einer starken Kommission. Er
bat daher zu respektieren, dass Präsident Barroso noch eine Woche warten wolle,
und ersuchte, der designierten Kommissarin einen Vertrauensvorschuss zu geben.
Schüssel erinnerte nochmals daran, dass Österreich einen Kommissar pro Land mit
Stimmrecht bis 2014 durchgesetzt habe, und die Position eines österreichischen
Kommissars sei bedeutender, als man glaube. Es wäre für Österreich insgesamt
ein positiver Impuls, wenn es eine breite Mehrheit gäbe, stellte Schüssel fest.
Vizekanzler
Gorbach unterstützte eine
EU-weite Volksabstimmung über die Verfassung. Auch er unterstrich, dass eine
breite Zustimmung zu Bundesministerin Ferrero-Waldner ein wichtiges Signal für
die Bevölkerung darstelle. Hinsichtlich der Ressortverteilung müsse man die
europäischen Gegebenheiten akzeptieren, aber es gebe kein unwichtiges Ressort.
Bundesministerin
Ferrero-Waldner betonte
abermals ihre besonderen Erfahrungen in der Außen- und Entwicklungspolitik, und
in diesem Rahmen erwarte sie sich auch ihre neuen Aufgaben. Wie kein anderer
Außenminister oder andere Außenministerin habe sie ein weites Aufgabengebiet
gehabt. Genauere Fragen könne sie nicht beantworten, weil sie sich nicht auf
eine "Was-Wäre-Wenn-Argumentation" einlassen wolle. Jedenfalls möchte
sie mitwirken, dass die Europäische Kommission gut funktioniere.
Als die großen
zukünftigen Aufgaben nannte sie folgende: Die neue Verfassung realisieren und
mit Leben erfüllen und diese Europa und ihren Bürgerinnen und Bürgern näher
bringen; das Subsidiaritätsprinzip in die Praxis umsetzen; die Erweiterung zum
Erfolg machen; einen Finanzrahmen von 2007 bis 2013 erstellen; die Union in der
Außenpolitik zu einem Global Player zu machen, wobei der Lissabon-Prozess eine
große Rolle spiele. Für sie sei auch die Grundrechte-Charta wichtig sowie die
Rolle der Sozialpartner und der soziale Dialog. Das soziale Europa solle
horizontal berücksichtigt werden. Wesentliche Punkte seien weiters die festgeschriebenen
Kompetenzbereiche, Wissenschaft, Forschung und Bildung und die Stärkung der
Sicherheit und des Rechts. In der Entwicklungszusammenarbeit habe sie mehr
gemacht als andere, merkte Ferrero-Waldner an. Ganz wichtig sei für sie die
Erweiterung gewesen, und dies werde es auch in Zukunft bleiben. Dabei seien der
regionale Bereich und der Donauraum wichtig.
Zu den Vorwürfen
des Abgeordneten Prähauser meinte sie, dass im Besucherappartement der Residenz
der österreichischen Botschaft jeder übernachten dürfe, der vom Botschafter
eingeladen wird. Sie habe aber auch eine Reihe dienstlicher Termine in Paris
wahrgenommen.