IV-12 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

Montag, 18. Oktober 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXII. Gesetzgebungsperiode                          Montag, 18. Oktober 2004

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

CIG 87/04

Vertrag über eine Verfassung für Europa

(34814/EU XXII.GP),

 

CIG 87/04 COR 1

Vertrag über eine Verfassung in Europa – Korrigendum

(37939/EU XXII.GP),

 

CIG 87/04 ADD 1

Protokolle und Anhänge I und II zum Vertrag über eine Verfassung für Europa

(34815/EU XXII.GP),

 

CIG 87/04 ADD 1 COR 1

Protokolle und Anhänge I und II zum Vertrag über eine Verfassung für Europa

(37946/EU XXII.GP),

 

CIG 87/04 ADD 2

Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz und Schlussakte

(34816/EU XXII.GP),

 

CIG 87/04 ADD 2 COR 1

Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz und Schlussakte

(37942/EU XXII.GP),

 

CIG 87/04 ADD 2 COR 2

Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz und Schlussakte

(38013/EU XXII.GP),

 

CIG 87/04 ADD 2 COR 3

Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz und Schlussakte

(38559/EU XXII.GP)

 

 

Der Präsident des Europäischen Parlaments Josep Borrell Fontelles sprach sich im Hauptausschuss des Nationalrates in Angelegenheiten der EU für die Abhaltung europaweiter Volksabstimmungen aus. Er äußerte diese Ansicht nicht nur im Hinblick auf eine Abstimmung über die EU-Verfassung, sondern auch in Bezug auf einen etwaigen Beitritt der Türkei zur EU. Darin könne er keine Diskriminierung der Türkei erblicken, sagte er. Man würde mit einer Aussicht auf ein solches Referendum verhindern, dass die Bürgerinnen und Bürger bei einer Abstimmung über die Verfassung ihre Meinung zu einem Türkei-Beitritt abgeben.  Das Europäische Parlament werde die Frage der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen umfassend diskutieren, kündigte er an, und man werde vor dem Europäischen Rat im Dezember auch eine diesbezügliche Resolution beschließen.

 

Breiten Raum nahm in der Debatte auch die Diskussion um die neue EU-Kommission ein, wobei Borrell betonte, dass es dabei nicht darum gehen könne, wer der Stärkere und wer der Schwächere sein wird. Vielmehr sollte man den Diskussionsprozess als etwas Positives bewerten, bei dem Europa als Sieger hervorgehen sollte, sagte er. Er hoffe, dass der designierte Kommissionspräsident Barroso sein Versprechen wahr machen werde, die Meinung des Parlaments berücksichtigen zu wollen. Borrell hält es auch für notwendig, bei den Bürgerinnen und Bürgern mehr Verständnis für europäische Fragen und europäische Interessen zu bewirken. Ein wichtiger Mosaikstein dazu sei es, dass die Hearings im Europäischen Parlament auch Konsequenzen nach sich ziehen.

 

Der Aufenthalt Borrells in Österreich ist sein erster offizieller Besuch in einem Mitgliedsland der EU. Die Gelegenheit, im Hauptausschuss mit dem EU-Parlamentspräsidenten zu diskutieren, wurde von allen Abgeordneten begrüßt. Eine engere Kooperation zwischen EU-Parlament und Nationalen Parlamenten trage dazu bei, die europäische Sichtweise im Inland besser zu vermitteln, so der allgemeine Tenor. Dabei wurde immer wieder die Frage erörtert, wie man das Interesse der Bürgerinnen und Bürger für Europa steigern und sie besser einbinden könnte. Borrell meinte dazu, es gebe keine "Zauberlösung", aber man brauche Zeit, um zu kommunizieren, dass wir alle Europa brauchten. Ohne Europa hätte ein einzelnes Land kaum Gewicht und würde realpolitisch weniger freie Entscheidungen treffen können. Die Idee der supranationalen Demokratie müsse erst im Bewusstsein der Menschen verankert werden.

 

Nationalratspräsident Andreas Khol informierte in diesem Zusammenhang die Anwesenden über den Plan, im österreichischen Parlament eine Europawoche einzuführen, den Mitgliedern des Europäischen Parlaments ein Rederecht einzuräumen und die für die auf der Tagesordnung stehenden Themen zuständigen Kommissionsmitglieder einzuladen.

Die Sitzung wurde von Nationalratspräsident Andreas Khol geleitet. Daran nahmen auch zahlreiche österreichische Abgeordnete des Europäischen Parlaments teil.

 

Eingeleitet wurde die Diskussion mit einem Statement von Präsident Josep Borrell. Dabei nahm er zu den drei aktuellen Themen - Hearings der designierten Kommissarinnen und Kommissare, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Europäische Verfassung - Stellung.

 

Die Hearings der nominierten Kommissarinnen und Kommissare bezeichnete Borrell als "außerordentlich nützlich" für die Demokratie in Europa, da nun die Bürgerinnen und Bürger besser darüber Bescheid wüssten, was die nominierten Kandidatinnen und Kandidaten dächten und wer sie seien. Den Vorwurf, dass es gegen Buttiglione eine antikatholische Verschwörung gegeben habe, wies er entschieden zurück. Das Parlament sei der Ort, wo Meinungen demokratisch diskutiert würden und am Ende dieses demokratischen Disputs um unterschiedliche Interessenslagen müsse Europa als Sieger hervorgehen. In diesem Sinne hoffe er auch, dass der designierte Kommissionspräsident Barroso unter Beweis stellen werde, dass er die Meinung des Parlaments berücksichtigen werde, so wie er es versprochen habe. Eine Annäherung der Standpunkte wäre begrüßenswert, denn für den Fall, dass Barroso seinen Vorschlag nicht modifizieren sollte, werde die Kommission weniger Stimmen bekommen, und das wäre für die zukünftige Kommission sicherlich nicht gut, bemerkte Borrell.

 

Dazu meinte Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F), dass nicht nur die Abgeordneten des Europäischen Parlaments demokratisch legitimiert seien, sondern auch die Regierungen, die Kandidaten und Kandidatinnen für die Kommission nominieren.

 

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) vertrat die Auffassung, dass es aus ihrer Sicht Sinn machen würde, wenn der designierte Kommissionspräsident nun nach dem Hearing eine andere Ressortzuteilung vornehmen würde. Sie bedauerte, dass es nicht möglich war, die negativen Stellungnahmen der Ausschüsse präziser zu formulieren. Das begründete Borrell damit, dass die Präsidenten der politischen Gruppierungen keine globale Evaluierung wollten, vielmehr sei es ihr Ziel gewesen, zu sagen, was bei den Hearings passiert ist.

 

Die EP-Abgeordnete Maria Berger (S) wiederum sah die tendenzielle Gefahr eines institutionellen Ungleichgewichts auf EU-Ebene, da offensichtlich die Regierungen immer weniger Interesse an einer starken und unabhängigen Kommission haben. Demgegenüber meinte EP-Abgeordneter Reinhard Rack (V), die Beurteilung von Buttiglione durch einen Ausschuss entspreche "typischer Brüsseler Parteipolitik".

 

Beunruhigt zeigte sich Josep Borrell in Bezug auf die aktuelle Diskussion über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Es gebe viele vernünftige Gründe für einen Beitritt und ebenso viele vernünftige Gründe für eine andere Art der Zusammenarbeit, sagte er. Wesentlich scheint es ihm, die Situation nun zu nützen, um "politische Pädagogik", wie er es ausdrückte, zu betreiben. Seiner Auffassung nach sollte man die Gelegenheit wahrnehmen, öffentlich die Frage zu erörtern, was Europa politisch und geographisch bedeute und welche Werte es haben solle. Man müsse nun einen Dialog in geostrategischen Perspektiven, und zwar langfristig gesehen, führen. Auf alle Fälle sollte es das Anliegen aller sein, die Religionsfrage nicht zur Schlüsselfrage zu machen, denn die Beziehung zwischen Europa und der islamischen Welt sei eine der großen Herausforderungen der Zukunft. Vor dem Zusammentreten des Europäischen Rats im Dezember werde das Europäische Parlament  eine ausführliche Debatte über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei führen und eine Resolution verabschieden, kündigte Borrell an.

 

Eine Positionierung des Europäischen Parlaments vor dem Europäischen Rat im Dezember wäre auch nach Ansicht von Abgeordneter Ulrike Lunacek (G) notwendig. Ihr fehlt vor allem eine breite öffentliche Debatte über die Vor- und Nachteile eines EU-Beitritts der Türkei.

 

Den geostrategischen Aspekt allein betrachtete Abgeordneter Werner Fasslabend (V) als zu kurz gegriffen. Hier müsste ein gesamtstrategischer Aspekt eingebracht werden, nämlich welches Ziel Europa erreichen möchte. Es stelle sich die Frage, ob die EU in der Lage sein werde, einerseits ausreichend Mittel für die Erreichung der Lissabon-Strategie einsetzen zu können und andererseits Milliarden in die Förderung der stark unterentwickelten türkischen Landwirtschaft zu pumpen. Man müsse auch darauf eine Antwort geben, ob sich Europa zu einer bloßen Erweiterungsunion oder zu einem "global player" entwickeln solle. Seiner Ansicht nach dürfe es keinesfalls zu einem Automatismus bei der Erweiterung kommen.

 

Europa habe große Verantwortung und dürfe sich nicht zuviel aufbürden, stellte Abgeordneter Caspar Einem (S) dazu fest. Er wies in diesem Zusammenhang sowohl auf die im Artikel III der EU-Verfassung genannten Ziele, wie Vollbeschäftigung, soziale Marktwirtschaft, Solidarität zwischen den Generationen und Umwelt, als auch auf die Verantwortung der EU für den Balkan hin. Er habe Sorge, dass der Erweiterungsprozess zu einer Überforderung werden könne und damit Europa bei den Menschen noch mehr an Attraktivität verliere. Europa brauche eine stärkere Integration, um die Ziele der Verfassung umsetzen und die Verantwortung gegenüber dem südlichen Teil Europas wahrnehmen zu können. Dies sei prioritär gegenüber anderen Schritten, stellte Einem fest.

 

Ähnlich argumentierte Abgeordneter Josef Cap (S), der die EU auf dem Scheideweg sieht. Die EU müsse die letzte Erweiterung strukturell umsetzen und brauche nun Zeit, um das zu verarbeiten. Ihm sei schleierhaft, welches Konzept hinter den Bestrebungen zusätzlicher Erweiterungsschritte stehe, denn diese würden es verhindern, Europa zu einem "global player" und wettbewerbsfähigen Partner zu machen. Cap kritisierte, dass die Kommission nicht in der Lage gewesen sei, die Auswirkungen eines Beitritts der Türkei auf die Union vorzulegen. Er bezweifelte auch, dass die Türkei alle Kopenhagener Kriterien erfüllt, und fragte, warum man nicht über alternative Nachbarschaftsmodelle nachdenken könne.

 

EP-Abgeordnete Ursula Schweiger-Stenzl (V) hielt aus ihrer Sicht fest, dass viele Bürger und Bürgerinnen ein zu schnelles Wachstum befürchteten und damit die Integration der EU verhindert würde. Wenn es Verhandlungen mit der Türkei geben müsse, dann müssten diese tatsächlich mit einem offenen Ende erfolgen, sagte sie.

 

Bei der Entscheidung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen sei es wichtig, wie man diese definiere, merkte Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) an. Entweder werde es um die Klärung des Verhältnisses zwischen EU und der Türkei gehen oder um neue Beitrittsverhandlungen. Jedenfalls sei es derzeit für die EU notwendig, an der Vertiefung und weniger an der Erweiterung zu arbeiten.

 

In seiner Antwort dazu unterstrich Josep Borrell, dass in der Frage eines Türkei-Beitritts die Wirtschaftsfragen weitaus gewichtiger seien als man es derzeit aussprechen wolle. Selbstverständlich seien auch andere Modelle der Zusammenarbeit möglich, aber hinsichtlich der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen müsse man berücksichtigen, dass der Europäische Rat vor sechs Jahren der Türkei den Kandidatenstatus zuerkannt habe. Vielleicht sei das damals zu schnell gegangen, räumte Borrell ein. Jedenfalls habe seiner Auffassung nach die Kommission korrekt gehandelt und Vorsicht walten lassen. Sie habe "ja" zu Beitrittsverhandlungen gesagt, jedoch mit vielen "aber".

 

Zum Thema EU-Verfassung äußerte der Europäische Parlamentspräsident seine Freude darüber, dass man in Österreich von der Notwendigkeit einer Verfassung überzeugt sei. Damit beweise man politische Reife. Die Tatsache aber, dass in einigen Ländern Referenden abgehalten würden, mache den Ausgang äußerst unsicher. Man müsse aber klar sagen, dass es nur eine Wahl gebe, nämlich jene zwischen dieser Verfassung und dem Vertrag von Nizza.

 

Auf die Bemerkung von Abgeordnetem Reinhard Eugen Bösch (F) und Abgeordneter Ulrike Lunacek (G), die die vorliegende EU-Verfassung begrüßten und eine europaweite Abstimmung darüber für sinnvoll erachteten, sprach sich Präsident Borrell grundsätzliche für paneuropäische Referenden aus. Gesamteuropäische Themen sollten keineswegs nationalen Abstimmungen vorgelegt werden, so der EP-Präsident. Er trat auch für eine europaweite Volksabstimmung über einen EU-Beitritt der Türkei ein und meinte, dass dies keineswegs eine Diskriminierung darstelle. Mit der Aussicht auf eine Abstimmung über den Türkeibeitritt könne man verhindern, dass die Menschen bei einem Verfassungsreferendum über die Türkei abstimmen.

 

Eine dringende Notwendigkeit, die europäische Verfassung bei den Bürgerinnen und Bürgern bekannt zu machen, sieht EP-Abgeordnete Maria Berger (S). Sie regte eine breite Informationskampagne an. Ein idealer Proponent wäre laut Berger der scheidende Kommissar Franz Fischler. Nationalratspräsident Andreas Khol wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass man beabsichtige, im österreichischen Parlament eine Europawoche einzuführen, den Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Plenum ein Rederecht einzuräumen und Kommissionsmitglieder einzuladen. Voraussetzung dafür sei jedoch, den Sitzungsplan des Europäischen Parlaments so zu gestalten, dass die Abgeordneten auch Zeit hätten, nationale Parlamentstermine wahrzunehmen.

 

Dem Anliegen, die Verfassung den Menschen näher zu bringen, stimmten die Abgeordneten allgemein zu. So meinte etwa EP-Abgeordneter Reinhard Rack (V), dass man deutlich sagen müsse, die EU-Verfassung bringe allen etwas.

 

Allgemein äußerten die Abgeordneten große Sorge hinsichtlich der EU-Skepsis unter den europäischen Bürgerinnen und Bürgern. So meinte etwa Abgeordneter Michael Spindelegger (V), dass die Fragen der Europäischen Agenda in Österreich abseits von negativen Schlagzeilen nicht ausreichend diskutiert würden. Er sehe daher die Notwendigkeit, als Parlamentarier mitzuhelfen, die europäische Identität stärker im Bewusstsein der Menschen zu verankern. EP-Abgeordnete Ursula Schweiger-Stenzl (V) meinte wiederum, dass vielen Bürgerinnen und Bürgern manches zu schnell gehe. Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) betonte, das Gefühl "wir sind Europa" müsse gestärkt werden.

 

Dazu meinte Präsident Borrell, diese schwierige Frage, wie man Europa näher an die Bürgerinnen und Bürger heranführe, sei ad hoc nicht zu beantworten. Als Grund für die Skepsis unter den Menschen sieht er unter anderem die unterschiedlichen politischen Strukturen auf EU-Ebene und nationaler Ebene. Er sprach damit beispielsweise die nicht durchgeführte Gewaltenteilung bei den EU-Institutionen an. Es müsse uns gelingen, so Borrell, das System verständlich zu machen und zu zeigen, dass Regeln eingehalten werden. Deshalb hält er es für wichtig, dass die Hearings im Europäischen Parlament Konsequenzen haben.

 

Seiner Meinung nach folgen die Europäerinnen und Europäer noch allzu sehr nationaler Logik, die Idee der supranationalen Demokratie müsse erst im Bewusstsein verankert werden. Notwendig sei es, das Gemeinsame zu finden, die Komplementarität zu suchen und ein Netzwerk aufzubauen. Der Zusammenarbeit zwischen nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament komme dabei eine wichtige Aufgabe zu. Zwischen beiden Institutionen gebe es Gemeinsamkeiten aber auch noch viele Antagonismen, die man überwinden müsse. Borrell sprach sich in diesem Zusammenhang auch für eine transparentere Entscheidungsfindung in den Ministerräten der Europäischen Union aus.

 

Neben diesen Fragestellungen wurden auch noch zahlreiche andere Themen angeschnitten. So sprach EP-Abgeordnete Ursula Schweiger-Stenzl (V) den Lissabon-Prozess sowie den Stabilitäts- und Wachstumspakt an. Abgeordnete Carina Felzmann (V) sowie Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) thematisierten die Gentechnologie. Pirklhuber wies darauf hin, dass 80 % der europäischen Bevölkerung gegen die Gentechnologie in der Landwirtschaft seien und die Debatte im Europäischen Parlament darüber werde sicherlich auch ausschlaggebend für die Akzeptanz der EU sein. Ähnlich in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der EU argumentierten die Abgeordneten Roderich Regler (V), Gisela Wurm (S) und Gabriela Moser (G), als sie Borrell baten, die österreichischen Anliegen im Alpentransit zu unterstützen. Die Abgeordneten forderten eine baldige Beschlussfassung der Wegekostenrichtlinie und unterstrichen die Notwendigkeit, dabei externe Kosten entsprechend zu berücksichtigen. Weitere Fragen betrafen die Spesen und Gehälter der EP-Abgeordneten (Abgeordnete Ulrike Lunacek, G), den Haushalt der EU bis 2013 (Abgeordneter Franz Eßl, V), die Arbeitslosigkeit (Abgeordnete Marianne Hagenhofer, S) und die Frauenförderung (Abgeordnete Gisela Wurm, S).

 

Präsident Borrell gab zu bedenken, dass er nicht zu allen Fragen ausführlich Stellung nehmen könne. Was den Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie die Lissabon-Strategie betreffe, so werde eine Ad-hoc-Kommission zu Finanzierungsperspektiven geschaffen, der Nationalratspräsident Khol vorsitzen werde. Beide Ziele bedürften aber einer "demokratischen Seele", so Borrell. Wenn nationale Parlamente mehr eingebunden gewesen wären, würde der Stabilitätspakt nicht so oft verletzt, zeigte sich Borrell überzeugt. Mit dem Lissabon-Prozess müssten die Bürgerinnen und Bürger eine Herausforderung für alle assoziieren.

 

Großes Verständnis zeigte Borrell für die Sorgen und die Last, die der Transitverkehr verursacht. Österreich habe sich vielleicht die Latte zu hoch gelegt, gab er zu bedenken und erläuterte, dass das Europäische Parlament eine verpflichtende Direktive zur Euro-Vignette beschlossen habe. Was die Arbeitslosigkeit betreffe, so konstatierte er ein Paradoxon insofern, dass es einerseits Arbeitslosigkeit gebe und andererseits Arbeitskräfte für bestimmte Arbeiten fehlten und aus dem Ausland geholt werden müssten. Eine klare Schwäche sieht Borrell in der mangelnden Koordinierung der Wirtschaftspolitik unter den EU-Staaten.

 

Zur Gentechnik wies er darauf hin, dass es in der EU die strengsten Normen gebe. Abgeordneter Wurm gegenüber erläuterte er, dass zur Frage der Gleichberechtigung der Frauen eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden sei.

 

Bei der Neuregelung der Bezüge für die Abgeordneten forderte er eine klare, transparente Lösung ein, die eine Antwort auf objektive Kritikpunkte gebe.

 

Abschließend stellte Borrell fest, dass die Mitgliedschaft in der Union auch bedeute, Entscheidungen mit zu tragen.