IV-13 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

Mittwoch, 3. November 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXII. Gesetzgebungsperiode                Mittwoch, 3. November 2004

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

RAT 13239/04

Europäischer Rat am 4./5. November 2004 – Erläuterter Tagesordnungsentwurf

(38697/EU XXII.GP)

 


Im Vorfeld des Europäischen Rates am 4. und 5. November 2004 diskutierten  die Mitglieder des Hauptausschusses des Nationalrates über die Halbzeitbilanz der Lissabon-Strategie, wodurch sich der EU-Raum zum dynamischsten Wirtschaftsraum entwickeln sollte. Grundlage für die Debatte war die Vorlage der Halbzeit-Bilanz der Expertengruppe unter dem ehemaligen niederländischen Premierminister Wim Kok. Als zentrale Aussage hält der Bericht fest, dass man bei der Erreichung der Ziele noch nicht sehr erfolgreich gewesen sei. Wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel erläuterte, sei vor allem der Alterungsprozess in Europa dramatisch. Wenn man nicht gegensteuere, werde sich das Wachstum gegenüber den USA bis 2040 halbieren, das Pro-Kopf-Einkommen werde um 20 % niedriger sein, als es eigentlich sein sollte. Schüssel forderte in diesem Zusammenhang eine offene Diskussion über konkurrierende Ziele wie Liberalisierung einerseits und ökologische, soziale Standards andererseits und warnte davor, in die Falle der "Ranking-Philosophie" zu gehen. 

 

Die Abgeordneten machten in der Diskussion insbesondere die mangelnde Koordination unter den EU-Mitgliedsstaaten für die von der Expertengruppe konstatierte magere Bilanz verantwortlich. Gleichzeitig wiesen sie darauf hin, dass die Ziele der Lissabon-Strategie zu allgemein gehalten und nicht verbindlich seien. Die SPÖ-Abgeordneten stellten darüber hinaus einen Zusammenhang mit der Erweiterung her und meinten, dass die Europäische Union die Vergrößerung nur schwer verkrafte. Generell war man sich jedoch einig, dass man die Zielsetzungen der Lissabon-Strategie, nämlich Wachstum und Beschäftigung, in der Öffentlichkeit besser kommunizieren müsse.

 

Hinsichtlich des Europäischen Verfassungsvertrages kündigte Bundeskanzler Schüssel an, eine europaweite Abstimmung an einem Tag thematisieren zu wollen. Seiner Meinung nach wäre diese Vorgangsweise klüger, als elf nationale Referenden abzuwarten - ein Prozess, der sich zwei Jahre hinziehen werde und wobei der Ausgang mit vielen Fragezeichen versehen sei. In Österreich werde man um eine rasche Ratifizierung bemüht sein, der Bundeskanzler rechnet mit der parlamentarischen Behandlung im Frühjahr nächsten Jahres. Das wurde von den Abgeordneten begrüßt, Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) meinte dazu, dass man jedoch im Vorfeld die BürgerInnen über die Vorteile der Verfassung informieren müsse.

 

Das Thema, wie man die Arbeit der EU besser kommuniziere und Europa verständlicher mache, müsse eine gemeinsame Aufgabe aller EU-Institutionen sei, unterstrich auch Bundesministerin Ursula Plassnik. Der Europäische Rat werde sich daher auch mit dem Thema "Communicating Europe" befassen.

 

Angesprochen auf die neue Kommission sagte Bundeskanzler Schüssel, diese werde beim kommenden Gipfel kein Thema sein. Er bekräftigte, für Benita Ferrero-Waldner seien keine Änderungen vorgesehen. Abgeordneter Walter Tancsits (V) hatte in seiner Wortmeldung dazu das Heraufziehen eines europäischen Kulturkampfes befürchtet, was eine heftige Reaktion bei EP-Abgeordneter Evelin Lichtenberger (G) hervorrief. Das Europäische Parlament habe nicht an der religiösen Haltung Buttigliones Anstoß genommen, sondern am Inhalt seiner Aussagen, meinte sie. Sie warnte davor, einen Kulturkampf herbeireden zu wollen, da dies eine Eigendynamik entwickeln könnte. Wie Ulrike Lunacek (G) stellte sie fest, dass das Parlament in der Person Buttiglione vor allem die Gefahr gesehen habe, hier solle ein Kommissionsmitglied für den Bereich Justiz bestellt werden, der etwaige Probleme für den eigenen Regierungschef hintanhalten solle.   

 

Weitere Fragestellungen betrafen den Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts, wobei vor allem die Frage von Betreuungszentren für Flüchtlinge außerhalb der EU diskutiert wurde.

 

In seinem Einleitungsstatement ging Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auf den Bericht Wim Koks zur Halbzeit-Bilanz der Lissabon-Strategie genau ein. Dieser sei, so der Bundeskanzler, sehr spannend zu lesen und zeige wichtige Schlussfolgerungen für die Zukunft auf. Gleichzeitig sei dieser Bericht eine harte Analyse, die die Dramatik des Alterungsprozesses in Europa verdeutliche. Wenn Europa nicht aufpasse, werde sich laut Bericht das Wachstum gegenüber den USA bis 2040 halbieren. Das Pro-Kopf-Einkommen drohe bis zu diesem Zeitpunkt um 20 % abzusinken. Man erkenne daraus sehr genau, wie wichtig es sei, von den Frühpensionierungen wegzukommen und Beschäftigungschancen zu schaffen. Der Bericht spreche ganz klar die Schwachstellen an, sagte Schüssel, es seien darin aber auch österreichische Initiativen aufgenommen worden.

 

Die österreichische Handschrift sei in der Forderung nach Reduktion der Strukturindikatoren zu erkennen, ergänzte Bundesministerin Ursula Plassnik. Auch das Bemühen, eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmenssteuern einzuführen, gehe auf österreichische Initiative zurück. Auf Grund der Analyse würden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Ziel umzusetzen und noch 2005 seien die einzelnen Staaten aufgerufen, Umsetzungsstrategien zu erarbeiten. Österreich liege bei der Umsetzung an sich gut, wobei selbstverständlich weitere Anstrengungen erforderlich seien. Als Problembereiche nannte sie den Arbeitsmarkt, vor allem die Beschäftigungsquote älterer ArbeitnehmerInnen. Die Ziele betreffend die Flexibilisierung und die Beschäftigungsfähigkeit seien aber umgesetzt worden. Plassnik machte keinen Hehl daraus, dass die Euro-Zone trotz verbesserten Wachstums derzeit die Region mit dem schwächsten Wachstum sei. Grundsätzlich hält sie es für notwendig, den Nutzen der Lissabon-Strategie besser zu kommunizieren.

 

Abgeordneter Michael Spindelegger (V) bezeichnete die Lissabon-Strategie als äußerst ehrgeizig, er meinte daher, wenn man deren Ziele nicht zu 100 % erreiche, seien sie dennoch wichtig, da sie einen Ansporn darstellten. Österreich brauche sein Licht jedenfalls nicht unter den Scheffel zu stellen, meinte Spindelegger, und wies darauf hin, dass das Beschäftigungsziel für 2005, insbesondere auch jenes für Frauen, erreicht worden sei. Spindelegger unterstrich im weiteren Verlauf seiner Wortmeldung die Initiativen zur Exportsteigerung und begrüßte die Maßnahmen für den Bereich Forschung und Entwicklung. Den Vorschlag Wim Koks, wieder nationale Pläne zu erstellen, hält er für richtig.

 

Dem widersprach Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) insofern, als sie auf das Ansteigen der Arbeitslosenzahlen, wovon vor allem Frauen betroffen seien, hinwies. Sie kritisierte auch das starke geschlechtsspezifische Lohngefälle, das Fehlen von Betreuungseinrichtungen für Kinder und die geringe Beschäftigungsquote älterer ArbeitnehmerInnen. Sie vermisste im vorliegenden Bericht präzise Hinweise auf die Problembereiche. Eines der wesentlichsten Mankos sei das Fehlen entschlossener politischer Maßnahmen, merkte sie an.

 

EP-Abgeordnete Evelin Lichtenberger (G) monierte, dass hinsichtlich der Ziele  Verbindlichkeit hergestellt werden müsse. Abgeordneter Peter Pilz (G) räumte zwar Fortschritte ein, betonte jedoch, dass die EU auf breiter Front nicht erfolgreich gewesen sei. Für interessant hielt er den Vorschlag, eine Liste nicht umgesetzter Rechtsvorschriften, gegliedert nach Staaten und gereiht nach der Anzahl nicht gesetzter Maßnahmen, künftigen Berichten anzuschließen.

 

Der Bewertung Lichtenbergers schloss sich EP-Abgeordneter Othmar Karas (V) an und listete einige Fehler aus seiner Sicht auf. Einerseits verfüge, so Karas, die Kommission bei der Umsetzung über zu wenig Kompetenzen, andererseits gebe es bei den verschiedenen Zielsetzungen unterschiedliche Kompetenzlagen. So sei der Binnenmarkt eine EU-Kompetenz, andere Bereiche wieder fielen in die nationale Kompetenz. Darüber hinaus fehlte dem Abgeordneten eine bewusstseinsbildende Debatte über Wachstum und Beschäftigung. Man brauche daher seiner Meinung nach auch für die Lissabon-Strategie ein Informations- und Kommunikationskonzept. 

 

Den Wettbewerb unter den einzelnen Mitgliedsstaaten hielt Abgeordneter Caspar Einem (S) für ein wesentliches Problem. Wir müssten endlich begreifen, appellierte er, dass wir ein gemeinsames Ziel haben. Dieses gemeinsame Ziel werde man nicht schaffen, wenn jeder für sich allein Musterschüler bleiben wolle. Das Gleiche gelte für den Steuerwettbewerb, der eine Kooperation in vielen Zielbereichen der Strategie verhindere. Einem trat dafür ein, den Steuerwettbewerb in Grenzen zu halten. Dem gegenüber meinte Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F), dass es gut sei, wenn einzelne Länder auf die eigenen Leistungen Bezug nähmen. Die europäische Wirtschaftspolitik baue auf der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer auf, und das sei nichts Schlechtes.

Mit großer Sorge sprach Caspar Einem auch das Sozialdumping an, das mit der Lissabon-Strategie nicht vereinbar sei, und er sah in dieser Beziehung weitere Gefahren nach der Marktöffnung für die Dienstleistungen. Ein großes Problem ortete Einem bei den schlecht qualifizierten Personen, da diese nur sehr schwer für ein lebenslanges Lernen zu motivieren seien.

 

Nach Auffassung des Abgeordneten Walter Tancsits (V) wird in dem Bericht zu wenig die Notwendigkeit solider öffentlicher Finanzen als Mitvoraussetzung zur Dynamik der Märkte artikuliert. Wie sein Klubkollege Abgeordneter Michael Spindelegger wertete er die in Österreich gesetzten Schritte als richtig und hob in diesem Zusammenhang vor allem die Reform des AMS hervor, die zu einer erhöhten Flexibilität des Arbeitsmarktes geführt habe. Er stimmte Abgeordnetem Einem zu, dass man etwas gegen das Sozialdumping unternehmen müsse, und sah sich in seiner Auffassung bestätigt, vor allem ältere ArbeitnehmerInnen umzuschulen und zu qualifizieren.

 

Klubobmann Josef Cap (S) stellte einen Zusammenhang zischen der schwachen Wirtschaftsleistung Europas und der Erweiterung der Union her. Er meinte, folge man dem Bericht, so drohe auf Grund fehlender politischer Maßnahmen ein Scheitern des europäischen Sozialmodells. Das Problem sei durch die Erweiterung verschärft worden, und es stelle sich nun die Frage, wie die künftigen Erweiterungen zu bewältigen seien. Offensichtlich sei die EU der 25 nicht mehr in der Lage, das Politik-, Wirtschafts- und Sozialmanagement strukturell zu bewältigen. Er wolle daher wissen, wie die Kommission zu dem Befund komme, dass die Türkei etwa in zehn Jahren Mitglied sein könne.

 

Aus der Sicht des Abgeordneten Norbert Darabos (S) ist der Bericht der Kommission für die Verhandlungen mit der Türkei unzureichend. Der Handlungsbedarf sowohl seitens der EU als auch der Türkei werde sehr hoch sein, sagte Darabos, und es sei aus dem Bericht der Kommission nicht ersichtlich, auf welche Unterlagen sich diese bei ihren Schlussfolgerungen zu einem möglichen Türkeibeitritt berufe. Es gebe keine klaren Aussagen zur Agrarpolitik und zur regionalen Strukturpolitik, keine genauen Angaben über die geschätzten Kosten, und zu den Balkan-Staaten fehle jegliche Aussage. Dass die Kopenhagener Kriterien ausgeklammert werden, sei nicht nachvollziehbar. Abgeordnete Christine Lapp (S) hielt den Beitritt der Türkei in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht für nicht vertretbar und meinte, dass auch andere Kooperationen möglich sein müssten.

 

Er habe sogar den Eindruck, dass die Erweiterung Europas ein "Ablenkungsmanöver" sei, um sich nicht vertiefen zu müssen, so das Resümee des Abgeordneten Hannes Bauer (S), der Europa auf einem sehr gefährlichen Weg sah. Europa gehe viel zu wenig koordiniert vor, um erfolgreich sein zu können, sagte er. Daher sei man bei der Lissabon-Strategie nun auch mit einer negativen Zwischenbilanz konfrontiert. Dazu komme, dass die Ziele von der EU der 15 formuliert worden seien, die letzte Erweiterung bedeute nun einen enormen Kraftakt, um die Unterschiede innerhalb Europas aufzuheben. Die Lissabon-Strategie vernachlässige zu sehr die Sozialpolitik, es werde immer mehr verlangt, von sozialen Standards zurückzugehen. Europa werde aber auch daran gemessen werden, in welchem Ausmaß das Sozialmodell gewahrt werde. Jedenfalls müsse man jede Erweiterung unter dem Aspekt der Handlungsfähigkeit der Union bewerten. Sein Klubkollege Erwin Niederwieser wies darauf hin, dass Österreich durchaus etwas einbringen könne, wie zum Beispiel die Bildungskarenz, die man ausbauen müsse.

 

Auch Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hielt es für notwendig, in Zukunft für eine nachhaltige Wirtschaft Sorge zu tragen. Die EU müsse daher gegenüber internationalen Organisationen wie der WTO ihren eigenen Weg deutlich machen. Wettbewerb per se sei eine reine Worthülse, sagte Pirklhuber, spannend könne nur Wettbewerb in Verbindung mit Qualität sein.

 

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel betonte in einer Replik auf die vorangegangene Diskussion, dass dieser Bericht einen Kompromiss darstelle, der unterschiedliche Ansätze widerspiegle. So schlecht, wie manche Abgeordnete die Umsetzung der Lissabon-Strategie beurteilten, funktioniere es nicht, sagte der Bundeskanzler. Ihn störe jedoch, dass man immer wieder in die Falle der "Ranking-Philosophie" gehe, wo nur gemessen werde, was man am leichtesten ökonomisieren könne. Man müsse sich daher viel intensiver mit der Frage der konkurrierenden Ziele auseinandersetzen. Selbstverständlich könne man den Arbeitsmarkt völlig liberalisieren. Das würde Kosten senken und Impulse schaffen. Gleichzeitig müsse man sich aber die Konsequenzen daraus vor Augen halten, nämlich beispielsweise ein Überdenken der Übergangsregelungen des Beitrittsvertrags mit den zehn neuen EU-Staaten im Hinblick auf den Arbeitsmarkt. Verlange man die Steuerharmonisierung, müsse man sich dessen bewusst sein, dass man im eigenen Land wichtige ökologische, soziale und demokratische Steuerungsmöglichkeiten verliere. An sich halte er den Bericht für gut, stellte Schüssel fest, er hätte sich aus seiner Sicht jedoch eine Stärkung des makroökonomischen Steuerungselements gewünscht. Auch werde der Nachhaltigkeitsaspekt "relativ scheu" behandelt und den Herausforderungen der Erweiterung ein relativ bescheidener Raum von nur einer Seite gewidmet.

 

Grundsätzlich trete er dafür ein, für zukünftige Studien klare, überprüfbare Regeln zu haben, sagte er gegenüber V-Abgeordnetem Walter Tancsits, der vor allem die mangelnde Vergleichbarkeit der Daten kritisierte. Schüssel sprach sich in diesem Zusammenhang auch für ein unabhängiges Statistisches Zentralamt aus.

 

Gegenüber den SPÖ-Abgeordneten meinte Schüssel, dass sein Bericht zur Türkei konkreter als jener der Kommission ausgefallen wäre, denn man könne nicht alle ungelösten Fragen unter den Teppich kehren. Gleichzeitig müsse man der Türkei aber auch eine Option geben. Er hoffe, dass mit den anderen Regierungschefs eine gemeinsame, offene Strategie entwickelt werden könne.

 

Ein weiteres Thema des Ausschusses betraf Fragen der Sicherheit, nämlich die vor fünf Jahren in Tampere gefassten Beschlüsse zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Bundesministerin Ursula Plassnik unterstrich die Fortschritte, die bereits erzielt werden konnten, wie beispielsweise der europäische Haftbefehl, die gegenseitige Anerkennung von Urteilen und die Festlegung von Mindeststandards. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel führte dazu aus, dass in nächster Zeit operative Beschlüsse zu fassen sein werden, da im Jahr 2010 ein europäisches Asylsystem in Kraft treten solle. Man habe sich auf zwei biometrische Daten, nämlich Gesichtsfeld und Fingerprints in Reisepässen, jedoch mit längeren Übergangsfristen geeinigt. Geplant seien ein zentrales Asylamt, Betreuungszentren für Flüchtlinge außerhalb der EU, was er für eine vernünftige Sache halte. Einer gemeinsamen EU-Grenzwache stehe er skeptisch gegenüber, und dies sei in der EU auch umstritten.

 

Durchaus positiv bewertete Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) gemeinsame Standards für die Asylpolitik und einen gemeinsamen Grenzschutz. Dezidiert lehnte sie aber Betreuungszentren außerhalb der EU ab. Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) wiederum begrüßte das Vorhaben der Betreuungszentren und hielt eine Lenkung der Asylströme für notwendig. Er äußerte sich auch positiv hinsichtlich eines gemeinsamen Grenzschutzes, warnte aber vor einer EU-Grenzschutztruppe. Abgeordneter Michael Spindelegger (V) meinte dazu, dass ein gemeinsames Asylsystem im Vordergrund stehen solle. Er sprach zugleich auch den Plan an, aus der Beobachtungsstelle gegen Rassismus  und Fremdenfeindlichkeit eine Menschenrechtsagentur zu machen.

 

Dazu führte Bundeskanzler Schüssel aus, dass die Europäische Union seiner Meinung nach in dieser Frage auf dem richtigen Weg sei. Auch er halte eine europäische Grenzschutztruppe für nicht erstrebenswert, da dies lediglich zu einer Überbürokratisierung führen würde, notwendig seien jedoch eine enge Kooperation nationaler Einsatzkräfte und die Festlegung gemeinsamer Standards. Die Frage der Betreuungszentren sieht er, wie er sagte, pragmatisch. Wenn man Berichten glauben dürfe, so stürbe die Hälfte aller nach Italien strebender Flüchtlinge. Er halte es daher für nicht sinnvoll, die Zentren von vornherein abzulehnen, da man damit nur den Schleppern in die Hände spiele. Derzeit plane man Pilotprojekte, selbstverständlich müsse man in dieser Frage nach rechtsstaatlichen Maßstäben vorgehen.

 

In Bezug auf außenpolitische Fragen informierte Außenministerin Ursula Plassnik, dass die Situation im Sudan weiterhin besorgniserregend sei. Die EU habe zur Besserung der Lage der Afrikanischen Union 80 Mill. € zur Verfügung gestellt, der österreichische Beitrag belaufe sich auf 1,2 Mill. €. Plassnik bedankte sich bei allen privaten SpenderInnen für "Nachbar in Not", die mitgeholfen hätten, den Menschen im Sudan weitere 5,2 Mill. € zur Verfügung stellen zu können. Der Europäische Rat werde dieses Thema auch in seinen Schlussfolgerungen ansprechen. Die Frage der Sanktionen stünde weiter im Raum, es gebe aber keinen Konsens darüber.

 

Hinsichtlich des Nahes Ostens werde ein Vier-Punkte-Plan von Javier Solana diskutiert, so Plassnik weiter, der unter anderem die Unterstützung der Palästinensischen Behörden und des Sicherheitsapparates und die Unterstützung bei Wahlen sowie eine Wirtschaftsstrategie zum Wiederaufbau vorsehe. Voraussetzung sei aber das Engagement der palästinensischen Behörden.

 

Beim kommenden Rat werde es auch ein Treffen mit dem irakischen Ministerpräsidenten Ijad Allawi geben, wobei man ebenfalls über ein Maßnahmenpaket sprechen werde, so Plassnik.