IV-19 der Beilagen zu den
Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Beratungen
des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
Dienstag,
21. März 2006
Beratungen
des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
XXII. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 21. März 2006
Tagesordnung
RAT 6491/06
Tagung des Europäischen Rates am 23./24. März 2006
Entwurf einer erläuterten Tagesordnung
(68989/EU
XXII.GP)
sowie
RAT 6974/06
Tagung des Europäischen Rates am 23./24. März 2006
Entwurf von Schlussfolgerungen
(69571/EU
XXII.GP)
Im Mittelpunkt
der Diskussion des Hauptausschusses des Nationalrates im Vorfeld der Frühjahrstagung
des Europäischen Rates am 23. und 24. März 2006 standen die in der Lissabon-Strategie
gesetzten Ziele zu Wachstum und Beschäftigung in Europa sowie die Notwendigkeit
einer koordinierten europäischen Energiepolitik.
Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel
unterstrich, man habe sich konkrete und realistische Ziele vorgenommen. Vor
allem wolle man die einzelnen Mitgliedstaaten dazu anhalten, die eingegangenen
Selbstverpflichtungen im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum und den Arbeitsmarkt
auch umzusetzen. Gehe man mit Ernsthaftigkeit vor, so sei es möglich, bis 2010
jährlich 2 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, meinte der Bundeskanzler.
Insbesondere wolle man die Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe in den
Mittelpunkt rücken, da diese der eigentliche Jobmotor seien. Auf seine
Initiative seien daher auch erstmals am Beginn des Rates die europäischen
Sozialpartner und der Chef der Europäischen Zentralbank eingeladen worden.
Ein von der SPÖ
eingebrachter Antrag auf Stellungnahme zu diesem Thema, in dem u. a. ein
koordiniertes mehrjähriges Investitionsprogramm, die Stärkung und Vertiefung
des europäischen Wohlfahrtsmodells, die Sicherung und der Ausbau der
Sozialsysteme, eine mit den wachstums- und beschäftigungsorientierten Zielen
der Wirtschaftspolitik abgestimmte Fiskal- und Geldpolitik, die Überwindung der
restriktiven Geldpolitik der EZB und die Harmonisierung der Körperschaftsteuersysteme
sowie die Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen und die Etablierung eines
Mindeststeuersatzes gefordert werden, wurde von ÖVP und F mehrheitlich
abgelehnt.
Hinsichtlich der Energiepolitik
warnte der Kanzler davor, den Eindruck zu erwecken, in allen Bereichen
eine europäische Energiepolitik durchsetzen zu wollen. Der Energie-Mix und
damit auch die Entscheidung gegen den Einsatz von Atomenergie müsse nationale
Kompetenz bleiben, bekräftigte der Kanzler.
SPÖ und Grüne haben auch zu diesem Thema jeweils
einen Antrag auf Stellungnahme eingebracht. Die SPÖ tritt darin für eine
rasche Beratung der Frage einer Euratom-Revisionskonferenz ein. Ihr Antrag
blieb aber auf Grund der Ablehnung durch ÖVP und F in der Minderheit. Ebenso abgelehnt
wurde der Antrag der Grünen, da dieser von den anderen Fraktionen als
unrealistisch eingeschätzt wurde. Die Grünen verlangen darin u. a. die
verbindliche Festlegung, den Gesamtenergieverbrauch der EU um 2 % jährlich zu
reduzieren, den Anteil erneuerbarer Energien in der EU von 12 % im Jahr 2010
auf 25 % im Jahr 2020 zu steigern, langfristig eine Versorgung Europas zu 100 %
aus erneuerbaren Energien anzustreben, die Treibhausgasemissionen der EU bis
2020 um 30 % unter den Wert von 1990 zu senken und die Erdölabhängigkeit der EU
im Verkehrswesen durch konkrete Maßnahmen deutlich zu reduzieren.
Sowohl Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel als auch Bundesministerin Ursula Plassnik wiesen
den Vorwurf der Opposition zurück, der österreichischen
Ratspräsidentschaft fehle es an konkreten Zielen und Vorgaben. Beide
betonten, dass ihnen gegenüber sogar die Meinung geäußert werde, die
österreichische Präsidentschaft gehe zu ambitioniert vor. Österreich würde als
fairer und sachlicher Partner angenommen und ernte viel Anerkennung für die
geleistete und aufwändige Koordinationsarbeit. Es sei vor allem notwendig, ganz
konkrete Punkte zu vereinbaren, die dann auch umgesetzt werden können, und vor
allem die einzelnen Länder an ihre Selbstverpflichtungen zu erinnern. Ziel der österreichischen
Präsidentschaft sei nüchterne Sacharbeit, betonte Außenministerin Ursula
Plassnik. Eine Ratspräsidentschaft habe in erster Linie zur Aufgabe, 25 Länder
zu koordinieren und Impulse zu setzen. Es sei aber nicht möglich, einseitig
etwas zu diktieren oder das österreichische Modell zum europäischen zu
erklären, ergänzte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.
Am Beginn der
Diskussion ging Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auf das Kernthema
Wachstum und Beschäftigung ein. Um die Anstrengungen in diesem Bereich zu
verdoppeln, würden die einzelnen Länder angehalten, ihre selbst formulierten
Verpflichtungen und Ziele nun umzusetzen. Man wolle dazu auch die verbesserte
Wirtschaftslage nützen, und mit gemeinsamer Anstrengung könne man auch
erreichen, zwei Millionen Arbeitsplätze zusätzlich im Jahr zu schaffen. Jedes
Mitglied der EU müsse erklären, mit welchen Maßnahmen es den Anteil von
Forschung und Entwicklung auf 3 % des BIP erreichen wolle, denn davon sei man
derzeit weit entfernt, erläuterte Schüssel weiter. Das geplante europäische
Technologie-Institut soll eine Brücke zu den einzelnen Universitäten darstellen
und bestehende Strukturen unterstützen und vernetzen. Ab 2008 sollen dafür 2
bis 2,5 Mill. € zur Verfügung stehen, wobei privates Sponsoring eine große
Rolle spielen werde. Die Kommission werde dazu im Juni einen Vorschlag
vorlegen. Österreich liege in diesem Zusammenhang mit dem Projekt des Institute
of Science and Technology in Gugging sehr gut, bemerkte Schüssel.
Ein besonderes
Augenmerk werde man in Hinkunft den Klein- und Mittelbetrieben schenken, sagte
Schüssel, da insbesondere bei diesen das größte Potential zur Schaffung von
Arbeitsplätzen liege. Vieles sei zwar noch vage, so Schüssel, aber man denke
vor allem an die Reduktion des Verwaltungsaufwandes und an einen besseren
Zugang zu Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus wolle man besondere
Beschäftigungsimpulse für junge und ältere Menschen sowie für Frauen setzen.
Abgeordneter
Caspar Einem (S) stimmte
grundsätzlich dem Bundeskanzler zu, dass es notwendig sei, konkrete Punkte
umzusetzen und die eingegangenen Selbstverpflichtungen der einzelnen Staaten
endlich zu realisieren. Auch im Bereich Forschung und Entwicklung registrierte
der S-Abgeordnete deutliche Fortschritte und räumte ein, dass hinsichtlich der
Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit die richtigen Schritte ins Auge gefasst
würden. Dennoch bleibe alles übrige "erstaunlich schwammig", wie
Einem sich ausdrückte, und die Betroffenen würden kaum in die Überlegungen mit
einbezogen. Einem ging dann auf den S-Antrag auf Stellungnahme ein und verlieh
seiner Sorge hinsichtlich der Entwicklung der Lohnpolitik in der EU Ausdruck.
Es gebe schon lange keine produktivitätsorientierte Lohnpolitik mehr, meinte
er, und eine wachstumsfördernde Strategie brauche auch eine
Investitionsstrategie. Am Entwurf
für die Schlussfolgerungen kritisierte er insbesondere, dass zwar immer wieder
von der "Flexicurity" die Rede sei, der Text aber nur auf Flexibilitätsmaßnahmen
eingehe, nichts aber zur Sicherheit der ArbeitnehmerInnen enthalte.
Sein Klubkollege
Abgeordneter Kurt Eder appellierte an den Bundeskanzler, die
Präsidentschaft dafür zu nützen, um die einzelnen Staaten anzuhalten, die
TEN-Strecken in ihren Ländern auch tatsächlich zu bauen.
Abgeordnete Michaela
Sburny (G) thematisierte
das Ungleichgewicht zwischen Wohlstandsgewinn einerseits und sozialer Lage der
ArbeitnehmerInnen andererseits. Dies hänge damit zusammen, dass die Wirtschaft
transnational agiere, die Politik aber noch immer in erster Linie innerhalb der
nationalen Grenzen denke. Die Strukturen in der EU seien nicht ausreichend und
das zeige sich insbesondere bei der Lissabon-Strategie, so Sburny. Deren
erfolgreiche Umsetzung kranke nämlich daran, dass es kaum Instrumente für eine
gemeinsame Vorgangsweise gebe. Sburny übte auch heftige Kritik an den Vorgängen
rund um das Forschungsinstitut in Gugging und fragte, warum man dieses nun auf
Biegen und Brechen verwirklichen wolle, während für das europäische
Technologie-Institut lediglich ein grober Entwurf vorliege. Daran erkenne man,
dass es keine gemeinsame Planung gebe, bemerkte Sburny. Die Anhebung der
F&E-Ausgaben auf 3 % des BIP allein sei zu wenig, es bedürfe vielmehr eines
koordinierten Vorgehens unter den einzelnen EU-Staaten, um Parallelstrukturen
zu vermeiden und richtige Schwerpunkte zu setzen. Unglücklich zeigte sich die
Abgeordnete auch mit der Dienstleistungs-Richtlinie, in der noch zu stark das
Herkunftslandprinzip verankert sei, womit hohe soziale Standards gefährdet
würden.
Ähnlich
argumentierte die Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Evelin
Lichtenberger (G), die sich jedoch auf die Budgetdebatte konzentrierte.
Das, was die Staats- und Regierungschefs hinsichtlich der finanziellen
Vorausschau ausgemacht haben, widerspricht ihrer Ansicht nach den vom
Bundeskanzler genannten Zielen. Wichtige Positionen seien stark gekürzt worden,
bedauerte Lichtenberger. Sie ersuchte daher die Präsidentschaft, auf das
Europäische Parlament offen zuzugehen, da es hier um die Substanz der
Lissabon-Strategie gehe. In Bezug auf die Klein- und Mittelbetriebe unterstrich
Lichtenberger die Bedeutung des Gemeinschaftspatents, das aber derzeit
blockiert sei.
Der Kritik am
Budgetentwurf der Staats- und Regierungschefs schloss sich Abgeordneter
Werner Kogler (G) an und nannte dieses ein "Lissabon-Skelett".
Auf alle Fälle halte er die Dotierung für Forschung und Entwicklung sowie für
die Infrastruktur für unzureichend. Er unterstützte die Haltung des
Europäischen Parlaments und hoffte, dass man in den Verhandlungen durch
zusätzliche Mittel oder Umschichtungen eine gute Lösung finden werde. Kogler
bewertete die Vorschläge Schüssels zur Eigenfinanzierung der EU, wie Tobin-Tax
und die Besteuerung von Schiffs- und Flugbenzin, als durchaus positiv.
Anders als die
Opposition lobte Abgeordneter Michael Spindelegger (V) die ersten Monate
der österreichischen Ratspräsidentschaft als "mutig, konsequent und
schlüssig". Er begrüßte die Bemühungen um konkrete und messbare Ziele im
Bereich Wachstum und Beschäftigung sowie Forschung und Entwicklung, die auch
realisierbar seien, und betonte die positive Signalwirkung der österreichischen
Politik, die auch international anerkannt werde. Spindelegger nannte in diesem
Zusammenhang das 285-Mill.-€-Paket zur Förderung von Gesundheits- und
Pflegeberufen sowie die Programme für Lehrlinge und den Schwerpunkt Forschung
und Entwicklung. Die Zwischenbilanz der Präsidentschaft könne sich durchaus
sehen lassen, sagte Spindelegger, die Energiekrise sei hervorragend bewältigt
worden und der Außenministerrat habe auf die sicherheitspolitische Entwicklung
im Nahen Osten sehr gut reagiert. Die Bemühungen, den Ländern des Westbalkans
eine europäische Perspektive zu geben, werde als österreichische Initiative
angesehen. Auch das Thema Subsidiarität werde ambitioniert angegangen, schloss
Spindelegger seine positive Stellungnahme.
Abgeordneter
Günter Stummvoll (V)
zeigte sich zufrieden, dass man nun besonders den Klein- und Mittelbetrieben
unter die Arme greifen wolle. Österreich habe durch seine Politik seit dem Jahr
2000 eine Wende geschafft und gezeigt, was man mit einer Politik für den
Mittelstand erreichen könne. Nach dem neuesten Ranking liege Österreich
hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit bereits auf Platz 3 innerhalb der EU und
gelte als ein Musterbeispiel für Reformen. Er, Stummvoll, wolle keineswegs groß
und klein auseinander dividieren, aber man brauche sowohl die Industrie als
auch den Mittelstand. Stummvoll zeigte sich auch überzeugt davon, dass
Österreich durch die Einbindung der Sozialpartner auf EU-Ebene Bleibendes
geleistet habe. Beides werde sich für Wachstum und Beschäftigung positiv
auswirken, merkte er an, und helfe auch, die Akzeptanz der EU in der
Bevölkerung zu verbessern.
Ebenso positiv
zur bisherigen Präsidentschaft äußerte sich Abgeordneter Werner Fasslabend
(V). Wenn es gelingen sollte, pro Jahr zwei Millionen Arbeitsplätze
zusätzlich zu schaffen, würde man die bisherigen Arbeitslosenzahlen
beträchtlich reduzieren können. Wie Abgeordneter Anton Wattaul (F)
begrüßte er die geplante Förderung des Mittelstands.
Wattaul meinte im
Zusammenhang mit der Dienstleistungs-Richtlinie, es wäre notwendig, in Europa
einen Mindestlohn einzuführen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.
In seiner Reaktion
auf die Diskussion nannte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die
Selbstverpflichtung der Länder, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf
3 % des BIP zu erhöhen, als einen historischen Beschluss. Das würde ab 2010 100
Mrd. € pro Jahr für diesen Zukunftsbereich bedeuten. Er verteidigte in diesem
Zusammenhang den Beschluss über das Forschungsinstitut in Gugging und wies auf
die drei international anerkannten Forscher hin, die für dieses Projekt
gewonnen werden konnten. Selbstverständlich sei es wichtig,
Forschungsschwerpunkte in den einzelnen Staaten zu setzen und koordiniert
vorzugehen, sagte er. Was die TEN-Projekte betreffe, so sehe der
Budgetvorschlag eine Verdoppelung des bisherigen Betrags vor, man werde aber
auch mit der Europäischen Investitionsbank über zusätzliche finanzielle Impulse
reden, kündigte Schüssel an.
Grundsätzlich
meinte der Kanzler, dass man hinsichtlich des Budgets ein enges Mandat habe und
man nahe am Dezember-Kompromiss bleiben werden müsse. Das Geld müsse vom Rat
aufgebracht werden und dessen Mitglieder hätten dies gegenüber den eigenen
nationalen Parlamenten zu verantworten. Auf alle Fälle müsse die Finanzvorschau
vor dem nächsten Erweiterungsschritt unter Dach und Fach gebracht werden,
versicherte Schüssel und ging damit auf eine Frage des Abgeordneten Anton
Wattaul (F) ein.
Die
Dienstleistungs-Richtlinie bezeichnete der Bundeskanzler als einen klugen
Kompromiss des Europäischen Parlaments. Österreich könne gut damit leben,
andere Länder leider nicht. Er werde jedenfalls den Vorschlag des Europäischen
Parlaments unterstützen und hoffe auf eine baldige Lösung, damit die Kommission
so rasch wie möglich einen legistischen Vorschlag erstellen kann.
Zum Thema
Energie führte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel aus, dieses werde das
zweite zentrale Thema des Gipfels sein. Die Kommission habe ein Grünbuch
vorgelegt, wozu die einzelnen Mitgliedstaaten zahlreiche zusätzliche konkrete
Punkte angemerkt hätten. Vor allem gehe es um die Beziehung zu den Produzenten
und um die Versorgungssicherheit. Als Ziel formulierte Schüssel die Stärkung
der erneuerbaren Energie und die Erhöhung der Biokraftstoffe. Notwendig ist
laut Schüssel vor allem die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und
Energieverbrauch.
Dieses Bekenntnis
zum Energiesparen sowie zu den erneuerbaren Energieträgern wurde von den Abgeordneten
Werner Fasslabend und Martin Preineder (beide V) voll unterstützt.
Preineder sprach insbesondere die Bedeutung der Energieproduktion aus
erneuerbaren Energieträgern für die Arbeitsplatzsicherheit in der
Landwirtschaft an. Österreich könne dabei durchaus beispielgebend sein, sagte
Preineder und lobte in diesem Zusammenhang die Arbeit von Bundesminister Pröll.
Als eine der
zentralen politischen Fragen bezeichnete Abgeordneter Kurt Eder (S) die
Energiepolitik der EU. Während Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) die
Befürchtung äußerte, dass das Grünbuch der EU-Kommission zu einer erneuerten
Förderung der Atomenergie führen könnte, sah Eder den Vorschlag der
Kommission weniger negativ. Er unterstrich jedoch den österreichischen Konsens
in der Anti-Atompolitik. Eder kritisierte das Fehlen eines Energiemarktes trotz
Liberalisierung und unterstrich die Notwendigkeit, zur Energieversorgung ein
zweites Standbein aufzubauen, wie die so genannte Nabucco-Gasleitung. Sein Klubkollege
Peter Marizzi betonte, man dürfe sich nicht allein auf die Pipelines aus
dem Iran und aus Russland verlassen. Er erinnerte auch daran, dass der letzte
große Kraftwerksbau in Österreich in der Freudenau stattgefunden hat. Besorgt zeigte
sich Marizzi auch über die Atomkraftwerkspläne in der Ukraine.
Klubobmann
Josef Cap (S) ging dann
näher auf den Euratom-Vertrag ein und forderte eine baldige Revisionskonferenz.
Er kritisierte dabei die Regierung, die es unterlassen habe, ein System der
Kooperation mit anderen atomfreien Staaten aufzubauen. Die Forderungen im
Antrag der Grünen hielt Cap für unrealistisch.
Dem pflichtete
auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bei, der betonte, das Ziel, 1 %
Energie im Jahr einzusparen, sei schon schwierig genug gewesen, zumal die
Entwicklung anders laufe. Jedenfalls sollen die Länder verpflichtet werden,
ihre Versprechungen hinsichtlich der erneuerbaren Energien endlich in die Tat
umzusetzen. Das Thema Atomenergie sei äußerst sensibel und kontrovers, sagte
Schüssel und es müsse eine klare Unterscheidung bleiben, was im Energiebereich
auf europäischer und was auf nationaler Ebene zu regeln ist. Jedenfalls müsse
der Energie-Mix nationale Kompetenz bleiben, bekräftigte der Kanzler.
Außenpolitische
Themen werden beim
kommenden Frühjahrsgipfel nicht im Zentrum der Debatte stehen, erläuterte Bundesministerin
Ursula Plassnik. Die Entwicklung im Nahen Osten werde mit Aufmerksamkeit
verfolgt und die Haltung der EU sei unverändert. Man verlange von der neuen
palästinensischen Regierung Gewaltverzicht, die Anerkennung der bisherigen
Vereinbarungen und die Anerkennung des Existenzrechts von Israel.
Was die Länder
des Balkans betreffe, so habe es auf Grund der europäischen Perspektive eine
Reihe von Fortschritten gegeben. Die EU habe sich vorgenommen, konkrete Hilfen
und Erleichterungen zu gewähren, um die Strategie der Ermutigung umzusetzen.
Diese Initiativen wurden von Abgeordneter Ulrike Lunacek (G) begrüßt. Zu
einer Strategie der Ermutigung müsste es aber auch gehören, jungen Leuten aus
dem dortigen Raum im Rahmen von Programmen die Möglichkeit zu bieten, nach
Europa ohne gröbere Formalitäten zu kommen. Allgemeine Visa-Erleichterungen
seien zu wenig, so die Auffassung Lunaceks.
Abgeordneter
Reinhard Eugen Bösch (F)
konzentrierte sich auf das Thema Erweiterung und fragte nach künftigen
Erweiterungsgrenzen sowie nach der Definition des Begriffs Aufnahmefähigkeit.
Er schlug auch vor, neue Bündnisformen zwischen EU und Drittstaaten im
Interesse einer institutionalisierten Beziehung zu schaffen. Im Gegensatz zu
seiner Vorrednerin Lunacek, die sich für das Ziel eines Türkeibeitritts
ausgesprochen hatte, meinte Bösch unter Hinweis auf die Zypern-Frage und
zahlreiche positive Bescheide zu Asylanträgen türkischer StaatsbürgerInnen, die
EU hätte bei den Beitrittsverhandlungen längst die Stopp-Taste drücken müssen.
Bundesministerin
Ursula Plassnik reagierte
darauf mit der Betonung, man müsse von der emotionalen Diskussion weg und hin
zu einer nüchternen Betrachtung kommen. Dies gelte vor allem für die Diskussion
der Aufnahmefähigkeit, wo Österreich einstmals eine
"Eisbrecherposition" eingenommen habe, die jedoch nun von vielen
Staaten geteilt werde. Für den nördlichen Teil Zyperns habe man 139 Mill. € für
die Hilfe vor Ort bereit gestellt, und auch das sei ein Beitrag, um Bewegung in
dieses schwierige Thema zu bringen. Österreich werde auch der Debatte um die
Grenzen Europas nicht ausweichen. Europa sei jedoch immer ein politisches
Projekt gewesen und könne nicht allein mit geografischen Linien umrissen
werden. Grundsätzlich trete sie bei der Erweiterung für ein differenziertes
Herangehen von Land zu Land ein. Für die Länder des Westbalkans habe sich
Österreich in stiller, konsequenter und beharrlicher Weise eingesetzt und die
EU leiste nun viel Hilfe vor Ort. Österreich werde als ein fairer und
sachlicher Partner sowohl von diesen Ländern als auch von der Türkei anerkannt.
Gegenüber der Türkei würden alle Fragen klar angesprochen, selbstverständlich
auch die Meinungs- und Religionsfreiheit.
Was die Diskussion
um die Zukunft Europas betrifft, so ortete die Außenministerin mehr
Offenheit bei den anderen Partnern. Sie wolle nun unter ihren AmtskollegInnen
Impulse setzen, um im Juni eine Bewertung der Diskussion in den einzelnen
Ländern vornehmen und weitere Schritte in die Wege leiten zu können. Das sei
auch ein wichtiger Teil der Strategie des Vertrauens.
Die Meinung der Abgeordneten
Ulrike Lunacek (G) hinsichtlich des Verfassungsvertrages, nicht nur
zuzuhören, sondern bereits jetzt konkrete Schritte zu setzen, wurde von den
anderen nicht geteilt. Außenministerin Plassnik betonte, dass die
Reflexionsphase bis Juni vorgesehen sei, weshalb es falsch wäre, bereits jetzt
konkrete Maßnahmen zum Verfassungsvertrag zu setzen. Sie wurde darin von den Abgeordneten
Werner Fasslabend (V) und Markus Fauland (F) unterstützt. Abgeordneter
Reinhard Eugen Bösch (F) meinte dazu, die Verfassungsfrage sei sekundär,
denn die EU müsse ihre Politik grundsätzlich ändern. Das betreffe nicht nur die
Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Es dürfe auch keine grenzenlose Erweiterung
geben.
Folgender Antrag
der SPÖ wurde mit den Stimmen von ÖVP und F mehrheitlich abgelehnt:
ANTRAG AUF STELLUNGNAHME
gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG
der Abgeordneten
Dr. Caspar Einem
und GenossInnen
aus Anlass der
Frühjahrstagung des Europäischen Rates, die traditionell dem Thema
Beschäftigung gewidmet ist, betreffend mehr Wachstum und Beschäftigung in
Europa
32 Millionen
Arbeitsuchende – 19 Millionen registrierte Arbeitslose – so präsentiert sich
derzeit der europäische Arbeitsmarkt.
Der Zustand der
Europäischen Union generell ist gekennzeichnet durch schwaches Wachstum,
anhaltende Arbeitsmarktprobleme im Binnenmarkt und dem drohenden Scheitern der
seit dem Jahr 2000 gesetzten Bemühungen, die EU zum „wettbewerbsfähigsten,
dynamischsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ zu machen, mit der
Fähigkeit, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren
Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt.
Dabei hat Europa
große Wachstumschancen. Damit diese genützt werden können, muss sich die Union
von den Fesseln des Neoliberalismus befreien. Die skandinavischen Länder,
welche dem Wohlfahrtsstaat verpflichtet sind, zeigen, dass soziale
Gerechtigkeit und wirtschaftliche Prosperität kein Widerspruch sind. Die
Ursache für die Wachstumsschwäche in der Gesamtunion ist nicht die immer wieder
behauptete "mangelnde Wettbewerbsfähigkeit" ihrer Mitgliedsstaaten.
Woran die
europäische Wirtschaft tatsächlich krankt ist die schwache Binnennachfrage und
die zurückbleibende Massenkaufkraft: Der Konsum im größten Wirtschaftsraum der
Welt wird erstickt durch eine "Politik der Sachzwänge", die
konservativen Dogmen folgt statt auf europäischer Ebene eine koordinierte
Wirtschafts- Fiskal- und Verteilungspolitik sowie eine diese Politiken
unterstützende Geldpolitik zu verwirklichen.
Geringe
Lohnabschlüsse, wachstumsfeindliche Beschränkungen im Namen der
"Stabilität", ein hausgemachter Wettlauf im Steuer- und Sozialdumping
und die daraus resultierende hohe Arbeitslosigkeit verunsichern die Menschen in
Europa. Die Wirtschaft verliert ihre Kaufkraft, die politischen Institutionen
ihr Vertrauen, die Krise spitzt sich zu. Verschärft wird diese Situation durch
die von Regierungen und Finanzdienstleistern geschürte Angst vor unzureichender
staatlicher Altersversorgung, die die Menschen veranlasst, ihren Konsum
zugunsten von „Sparen fürs Alter“ einzuschränken.
Das daraus
resultierende niedrige Wachstum schwächt darüber hinaus die Finanzierungsbasis
des Sozialstaates, eine Tendenz, die durch den ungehinderten Steuerwettlauf im
Unternehmens- und Kapitalsteuerbereich noch verstärkt wird. Damit wird das
Europäische Sozial- und Wohlfahrstmodell gefährdet, das maßgeblich dazu
beitragen kann, die Massenkaufkraft zu erhalten und damit Wachstum und
Beschäftigung zu sichern.
Darüber hinaus
ist die öffentliche Investitionsquote im Zeitraum seit 2000 gegenüber den 90er
Jahren weiter zurückgefallen, während sie in den USA gestiegen ist.
Hinzu kommt, dass
die unter dem Titel „Vollendung des Binnenmarktes“ in den letzten Jahren
umgesetzten Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen - insbesondere im
Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse - zum Verlust von
Arbeitsplätzen und zu Verschlechterungen der Arbeits- und
Beschäftigungsbedingungen für eine Unzahl von ArbeitnehmerInnen geführt haben.
Die erwarteten Wohlfahrtseffekte hingegen konnten in kaum einem Bereich
realisiert werden. Nutznießer der Politik waren in erster Linie große
exportorientierte Unternehmen.
Ferner ist
festzustellen, dass in jenen Ländern, in denen die Beschäftigungsquoten
steigen, dies oft wesentlich auf den Anstieg von Teilzeitbeschäftigung von
Frauen und prekären Beschäftigungsverhältnissen zurückzuführen ist.
Diese Entwicklung
ist Ergebnis einer Wirtschaftspolitik, die zwar rhetorisch die Erhöhung von
Wachstum und Beschäftigung zum Ziel hat, in ihren Auswirkungen aber wachstums-
und
beschäftigungsfeindlich
ist. Sie basiert auf fünf Grundpfeilern:
Das
Ineinanderwirken dieser fünf Elemente der wirtschaftspolitischen Strategie der
europäischen Eliten verstärkte die Krise 2001 und setzte in den meisten
Mitgliedstaaten der EU-15 eine Abwärtsspirale in Gang, aus der diese nur schwer
herausfinden werden, wenn es nicht gelingt, die wirtschaftspolitische
Orientierung grundlegend zu ändern: Nicht die Währungsunion per se ist
verantwortlich für die Krise, sondern eine wachstums- und
beschäftigungsfeindliche Wirtschaftspolitik in der Währungsunion, die von den
Regierungsvertretern mitgetragen wird.
Diese
Entwicklung, die sich insgesamt negativ auf Wachstum und Beschäftigung
auswirkt,
muss gestoppt
werden. Nur ein "Europäisches Wohlfahrtsmodell" kann diesen
Teufelskreis durchbrechen. Europa braucht dringend eine Wirtschaftspolitik, die
öffentliche Verantwortung, soziale Sicherheit und sozialen Zusammenhalt sowie
faire Rahmenbedingungen zum Prinzip hat.
In diesem Sinn
muss Verteilungsgerechtigkeit, die Sicherung der Einnahmen zur Finanzierung des
Sozialstaats, die Sicherung der Beschäftigung und die Entlastung des Faktors
Arbeit von der zu hohen Besteuerung Vorrang vor Profitinteressen Einzelner
haben.
Der Binnenmarkt
in Europa darf kein Ziel für sich sein, sondern muss ein Instrument zur
Erreichung der beschäftigungs- und sozialpolitischen Zielsetzungen der
Europäischen Union sein.
Wenn Europa aus
der Wachstumsschwäche herauswachsen soll, müssen auch die Nationalen
Reformprogramme zur Erreichung der Lissabon-Ziele im Kern eine aktive
Wachstumspolitik enthalten, die zu einer koordinierten Ausweitung der
öffentlichen Investitionen der EU-Mitgliedstaaten führt.
Dafür müssen,
allerdings auf EU-Ebene, auch die notwendigen Voraussetzungen geschaffen
werden. Nur mit einer zwischen den Mitgliedstaaten koordinierten europäischen
Wirtschaftspolitik, die auf eine Überwindung der Konjunkturschwäche
ausgerichtet ist, lässt sich der bestehende Widerspruch zwischen der
Lissabon-Strategie und dem Stabilitäts- und Wachstumspakt auflösen.
Die
Lissabon-Ziele geben dabei die Richtung an, in die Investitionen fließen
müssen: Ausbau der Kommunikations- und Verkehrsinfrastruktur, Offensive für
Forschung und Entwicklung, Klimaschutz, massive Förderung der Aus- und
Weiterbildung, aktive Arbeitsmarkpolitik und Qualität der Arbeitsplätze.
Entscheidend ist die Nachhaltigkeit dieser Strategie und der ergriffenen
Maßnahmen, weil nur so auch das Vertrauen der KonsumentInnen nachhaltig
gestärkt und Konsumausgaben deblockiert werden können.
Die
Frühjahrstagung des Europäischen Rates stellt eine große Chance dar, das
Lissabon-Ziel doch noch zu erreichen und zu einer Umkehr in der
Wirtschaftspolitik zu kommen, die den Abbau der Arbeitslosigkeit und
Wirtschaftswachstum auch auf dem Binnenmarkt erlaubt.
Die
unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Antrag auf Stellungnahme
gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG
Der
Hauptausschuss wolle beschließen:
Der Bundeskanzler
und die gesamte Bundesregierung werden aufgefordert, sich auf EU-Ebene für eine
tatsächliche und expansive, wachstums- und beschäftigungsorientierte
Wirtschaftspolitik einzusetzen und sie haben sich dabei nicht auf
Lippenbekenntnisse zu beschränken. Der Bundeskanzler und die gesamte
Bundesregierung werden deshalb aufgefordert
Schließlich
werden der Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung aufgefordert, sich für
eine Harmonisierung der Körperschaftsteuer-Systeme, eine Vereinheitlichung der
Bemessungsgrundlagen und die Etablierung eines Mindeststeuersatzes während der
Laufzeit der NRP einzusetzen.
Das
gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz
umzusetzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes
gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder
Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.
Folgender Antrag
der SPÖ wurde mit den Stimmen von ÖVP und F mehrheitlich abgelehnt:
ANTRAG AUF STELLUNGNAHME
gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG
der Abgeordneten
Dr. Josef Cap
und GenossInnen
betreffend
Euratom-Revisionskonferenz
eingebracht im
Zuge der Sitzung des Hauptausschusses am 21. März 2006
Die
Sozialdemokratische Partei verfolgt konsequent das Ziel eines europäischen
Atomausstieges und hält fest, dass dazu tief greifende Reformen in der
EU-Nuklear-und Energiepolitik notwendig sind.
Insbesondere das
Ziel einer möglichst raschen Stilllegung grenznaher AKW’s ist für Österreich
ein besonderes Anliegen. Die Österreichische Bundesregierung ist angehalten,
für das Ziel eines Umstieges auf eine Energieversorgung aus erneuerbaren
Energieträgern europaweit aktiv einzutreten.
Die Europäische
Union soll – auch im Hinblick auf die Erweiterung – zu einer gemeinsamen
Politik für eine nachhaltige und umweltfreundliche Energieversorgung
verpflichtet werden.
Im Rahmen der
österreichischen EU-Präsidentschaft erscheint es daher wesentlich, dass sich
die österreichische Bundesregierung für das Auslaufen und kurzfristig für die
Revision des Euratom-Vertrages im Sinne einer völligen Neudefinition der
Inhalte dieses Vertrages (Forcierung erneuerbarer Energieträger und Maßnahmen
zur Steigerung der Effizienz der Energienutzung, Formulierung von
Ausstiegsszenarien, Fragen der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes der
Entsorgung, des Transports von spaltbaren Material, des Rückbaus von
Atomkraftwerken und der Abfallbehandlung) einzusetzen.
Die ausdrückliche
Ausklammerung des Euroatom-Vertrages aus der EU-Verfassung im Konventsentwurf
vom Juni 2003 hat die Möglichkeit eröffnet, eine Euratom-Revisionskonferenz
einzusetzen. Von Seiten der österreichischen Bundesregierung wurde die
Abhaltung einer solchen Konferenz binnen eines Jahres auch im Kontext der
EU-Verfassungsgebung zur ihrem Ziel erklärt.
Bisher ist jedoch
kein konkreter Schritt zur Umsetzung dieser Absicht gesetzt worden.
Auf Grund der
bisherigen Ankündigungen der Österreichischen Bundesregierung sowie einer
drohenden Renaissance der EU-Atomenergiepolitik stellen die unterfertigten
Abgeordneten daher folgenden
Antrag auf Stellungnahme
gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG
Der
Hauptausschuss wolle beschließen:
Die österreichische
Bundesregierung wird ersucht dafür einzutreten, dass die Frage einer
Euratom-Revisionskonferenz sowie eine Terminisierung der
Euratom-Revisionskonferenz auf europäischer Ebene rasch zur Beratung kommt.
Das
gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz
umzusetzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes
gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder
Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.
Folgender Antrag
der Grünen wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und F mehrheitlich abgelehnt:
ANTRAG AUF STELLUNGNAHME
Gemäß Art. 23e.Abs. 2 B-VG
Der Abgeordneten
Maga. Ulrike Lunacek, Michaela Sburny, Mag. Werner Kogler
betreffend
69571/EU XXII.GP European Council (23 and 24 March 2006) – Draft conclusions
Eingebracht im
Zuge der Sitzung des Hauptausschusses am 21. März 2006
Europa steht vor
einer ernsten Energiekrise. Die anhaltend hohen Erdölpreise und die russisch-ukrainische
Gaskrise im Jänner 2006 sind deutliche Alarmsignale für die zunehmenden Risken
der hohen Abhängigkeit Europas von Energieimporten. Bis 2030 wird die
Abhängigkeit der EU von Erdölimporten – auch aufgrund des stark steigenden
Energieverbrauchs - von derzeit ca. 70% auf bis zu 94% ansteigen, wenn nicht
gegengesteuert wird. Noch größer ist die Abhängigkeit im Verkehrsbereich. 96 %
des Europäischen Verkehrsaufkommens basieren auf Erdöl. Die
Versorgungssicherheit Europas wird auch dadurch gefährdet, dass etwa 30 % des
weltweiten Ölbedarfs von lediglich einer Region, dem Nahen Osten, gedeckt
werden, wobei Saudi-Arabien knapp die Hälfte ausmacht. Die mögliche politische
Instabilität in vielen Öl produzierenden Ländern sowie der steigender
Energiebedarf aufstrebenden Wirtschaftsmächten wie China oder Indien lassen
befürchten, dass Erdöl und in Folge auch Erdgas sich verknappen und die Preise
weiter steigen werden. Die EU-Politik muss dringend nach Lösungen suchen, um
die große Abhängigkeit Europas vom Erdöl durch intelligente Strategien deutlich
zu verringern.
Beim EU-Rat am
23. und 24. März sollen die Weichen für eine neue EU-Energiepolitik gestellt
werden. Der österreichischen Bundesregierung kommt dabei als EU-Ratsvorsitz
eine entscheidende Rolle zu. Basis für die Neuausrichtung der EU-Energiepolitik
ist ein von der EU-Kommission am 8. März veröffentlichtes Grünbuch mit dem
Titel „Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und
sichere Energie“. Im Widerspruch zum Titel des Grünbuchs sind darin zahlreiche
Passagen enthalten, die auf den Bau neuer Atomkraftwerke in Europa abzielen.
Die Atomlobby
versucht derzeit mit einer neuen Strategie, den Ausbau der Atomkraft als
europäische Politik zu verankern. Atomenergie soll mit dem Argument der im
Vergleich zu Erdöl und Erdgas geringeren Treibhausgasemissionen auf eine Stufe
mit erneuerbaren Energieträgern gestellt werden. Dafür gewählte Formulierungen,
die sich im aktuellen Grünbuch der EU-Kommission wiederfinden sind z.B.
„weitgehend CO2-freie Energiequellen“ oder „kohlenstoffarme einheimische
Energiequellen“. Die EU-Kommission hat die subtile Strategie der Atomlobby im
Grünbuch übernommen und schlägt konkret vor, ein EU-Ziel zu definieren, dass
sichere und CO2-arme Energiequellen einen bestimmten Mindestanteil am gesamten
Energieträgermix in der EU ausmachen. Da es für erneuerbare Energieträger
bereits EU-rechtlich verankerte Ziele gibt, würde das de-facto bedeuten, dass
für den europäischen Energiemix eine fixe Atomquote fixiert werden soll. Das
wäre aus umwelt- und sicherheitspolitischer Sicht nicht akzeptabel.
Eine neue
Energiepolitik für Europa muss die richtigen Prioritäten setzen. Eine
„nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energieversorgung“ muss
Energieeffizienz bei Verbrauch und Erzeugung, den Ausbau erneuerbarer Energien
und eine Wende in der Verkehrspolitik klar voranstellen. Gas und Kohle sind
Lösungen zweiter Klasse mit zahlreichen Nachteilen. Der Ausbau der Atomkraft
hat in einem Konzept für neue Energiepolitik für Europa keinen Platz.
Daher stellen die
unterfertigten Abgeordneten folgenden
Antrag auf Stellungnahme
gemäß Art 23e Abs 2 B-VG
Der
Hauptausschuss wolle beschließen:
Die zuständigen
Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, werden dringend
und mit Nachdruck aufgefordert sich beim Europäischen Rat sowie bei
Verhandlungen des Rates auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass
-
Anhebung der
Effizienzstandards von Pkw und Lkw;
-
im Rahmen
einer Partnerschaft zwischen den großen Städten der EU sollen Pläne für sanfte
Mobilität und den Öffentlichen Nahverkehr umgesetzt werden;
-
ein
europaweit harmonisiertes Eisenbahnsystem
(v. a. technische Normen) und bessere Zugverbindungen;
-
die
Internationalisierung aller externen sozialen und umweltbezogenen Kosten bei
den verschiedenen Verkehrsarten, vorrangig bei Straßen- und Luftverkehr, um
einen gerechten Wettbewerb zwischen allen Verkehrsarten zu ermöglichen;
-
der Einsatz
von umweltfreundlichen und auch für das soziale Klima günstigen
Bio-Kraftstoffen, elektrischen Systemen und Brennstoffzellen auf Grundlage
erneuerbarer Energien muss ausgeweitet werden.
Diese
Vorhaben sind durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen bzw.
auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der
durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wäre.