27/J XXII.GP
Eingelangt am: 23.01.2003
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Ulli Sima
und GenossInnen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Entlassung von Beschautierärzten in Niederösterreich und deren
Konsequenzen für die Fleischsicherheit im Interesse der Konsumentinnen
Im August 2001 wurden in der grössten niederösterreichischen
Fleischfabrik in
Unterstinkenbrunn 15 freie,
unabhängige Beschau-Tierärzte ihrer Tätigkeit im Kontrolldienst
enthoben, im Gegenzug wurde mit Hilfe des AMS sieben arbeitslose
Jungveterinäre von der
Gemeinde angestellt. Die freien Tierärzte beriefen und bekamen Recht, bis
sie am Heiligen
Abend 2002 ein weiteres Schreiben des
niederösterreichischen Landesveterinärdirektors
Franz Karner zugestellt bekamen - ein neuerliches Entlassungschreiben.
Im Gegenzug wurde
der Vertrag der angestellten
Jungveterinäre verlängert.
Es handle sich bei
diesen Angestellten um „weisungsgebundene Tierärzte", wie der
Präsident
der niederösterreichischen Tierärztekammer Christian König im
Standard vom 9. Jänner 2003
betont. Diese Weisungsgebundenheit könnte laut König zu
kontraproduktiven Abhängigkeiten
„an einer für Fleischsicherheit, Konsumenten- und Tierschutz derart
sensiblen Stelle" führen.
Der freigesetzte
Tierarzt Thomas Müller erklärt sich laut Pressemeldungen seine
Entlassung
durch niederösterreichischen
Landesveterinärdirektor Franz Karner damit, dass er die
Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen im Schlachthof Unterstinkenbrunn
eingefordert habe.
So habe er „im Schlachthof darauf
bestanden, dass zusätzliche Beschautierärzte ans
Fleischlaufband kamen, nachdem dessen Geschwindigkeit erhöht worden
war" (Standard, 9.
Jänner 2003).
Nicht
unerwähnt sollte in diesem Zusammenhang die Tatsache bleiben, dass der
Schlachthofbesitzer von Unterstinkenbrunn, Josef Müllner, als
ÖVP-Gemeinderat tätig ist und
die Gemeinde nun Arbeitgeber der
angestellten Tierbeschauer ist.
Mit 1.1.
2003 ist laut einer Novelle des Fleischuntersuchungsgesetzes die Anstellung von
Tierärzten als Kontrollorgane unterbunden. In Unterstinkenbrunn wurden die
Tierärzte drei
Wochen vor Inkrafttreten des Gesetzes die
Tierärzte unbefristet angestellt.
In Österreich
muss jedes in den Handel kommende Tier vor und nach der Schlachtung von
TierärztInnen im Auftrag des Landeshauptmanns untersucht werden. Im Sinne
der
Fleischsicherheit für Konsumentinnen muss Fleischkontrolle jedenfalls von
unabhängigen
Tierärzten durchgeführt werden, die Fleisch- und Schlachthausskandale
der letzten Jahre sind
den heimischen Konsumentinnen noch in
schlechter Erinnerung.
Die unterzeichneten
Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen nachstehende
Anfrage:
1) Warum wurden Ihrer Ansicht nach die freien
Fleischbeschauer aus ihrem
Kontrolldienst
in Unterstinkenbrunn entlassen?
2) Halten Sie diese Massnahme im Sinne der Sicherheit
für KonsumentInnen für
vertretbar?
3) Halten Sie die Enthebung durch den
Landesveterinärdirektor Dr. Karner für
begründbar?
4) Falls ja, warum?
5) Gab es Ihres Wissens nach in der Vergangenheit bei der Fleischbeschau in
Unterstinkenbrunn durch die freien Tierärzte Grund zur Beanstandung ihrer Leistung?
6) Falls ja, welche?
7)
Können Ihrer Ansicht nach weisungsgebundene Veterinäre ihrer
Kontrollpflicht
umfassend nachkommen?
8) Halten Sie es für vertretbar, wenn künftig
Schlachthofbesitzer in Österreich ermächtigt
werden,
sich ihre Kontrollorgane selbst auszusuchen?
9) Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass der
Schlachthofbesitzer in Unterstinkenbrunn
ÖVP-Gemeinderat
ist und die Gemeinde der Arbeitgeber der angestellten Tierärzte im
Schlachthof
ist?
10) Sind Sie der Ansicht, dass es sich abhängige Tierärzte
„leisten" können, strenge
Kontrollen
durchzuführen und Missstände aufzudecken?
11) Können Sie ausschliessen, dass die Lebensmittelsicherheit der
KonsumentInnen durch
die
Entlassung der Beschautierärzte gefährdet ist?
12) Kann
das Kontroll-Modell, wie es derzeit in Unterstinkenbrunn praktiziert wird
(angestellte Jungveterinäre statt freier Tierärzte) Ihrer Meinung
nach wirtschaftliche
Vorteile für die Gemeinde Unterstinkenbrunn bringen, wie es Dr. Karner in
den Raum
stellte?
13) Falls ja, welche?
14) Wie häufig erfolgte eine Kontrolle der Schlachthöfe
österreichweit in den Jahren
1999,
2000, 2001 und 2002?(bitte nach Bundesländern auflisten)
15) Wieviele und welche Beanstandungen gab es in den genannten Jahren?
16) Welche Konsequenzen hatten diese Beanstandungen?
17) Wieviele Kontrollen in den österreichischen Schlachthöfen sind für 2003 geplant?
18) Ist
künftig eine Zertifizierung bzw. Auszeichnung der Schlachthöfe in
Österreich mit
einem Klassifizierungssystem, etwa einem
Gütesiegel, geplant?
19) Planen Sie verstärkte Schulungen des Schlachthauspersonals in Österreich?
20) Gibt es bei den Kontrollinstanzen auch
Plausibilitätsberechnungen bzw. des
Warenflusses
in den einzelnen Schlachthöfen?
21) Ist in jedem Schlachthof in Österreich die Lebendbeschau sichergestellt?
22) Sind im konkreten Fall des Schlachthofs von Unterstinkenbrunn
strengere Kontrollen
der Kontrollorgane geplant?
23) Wie werden in der Gemeinde Unterstinkenbrunn die Schlachtabwässer entsorgt?
24) Wann wurden die letzten Kontrollen über eine sachgemässe
Entsorgung der
Schlachtabwässer
in der Gemeinde Unterstinkenbrunn vorgenommen?
25) Wie waren die diesbezüglichen Ergebnisse?
26) Wieviele Tierärzte sind derzeit im Schlachthof Unterstinkenbrunn angestellt?
27) Ist Ihrer Meinung nach eine Anstellung von
Fleischuntersuchungstierärzten für
zielführend?
28) Wie
beurteilen Sie die noch im Vorjahr vorgenommene Anstellung der Tierärzte
in
Unterstinkenbrunn vor dem Hintergrund, dass mit 1. 1 .2003 eine Anstellung von
Tierärzten als Kontrollorgane
unterbunden ist?
29) Welche Massnahmen werden in Zukunft gesetzt, um den Tier- und
KonsumentInnenschutz
weiter auszubauen?