301/J XXII. GP

Eingelangt am 10.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur
betreffend Einführung eines Teilzeitstudiums

Der „Bericht zur sozialen Lage der Studierenden 2002" zeigt klar, dass die
Einführung der Studiengebühren einen Anstieg der Erwerbstätigkeit zur Folge hatte.
70 Prozent aller Studierenden sind während des Semesters erwerbstätig und
maximal ein Drittel kann sich ein Vollzeitstudium leisten, das durch Eltern oder
Studienbeihilfe finanziert wird. Trotzdem konzentriert sich die Politik der
Wissenschaftsministerin vorwiegend auf diese Minderheit. Das ist realitätsfremd,
international einzigartig und überdies auch unsozial. Überall, wo es Studiengebühren
gibt, gibt es die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums.

Der Bericht zeigt zudem, dass 60 Prozent der Studierenden erwerbstätig sind, um
die Kosten des Studiums zu finanzieren. Wer gezwungenermaßen arbeitet, um sich
sein Studium finanzieren zu können, studiert de facto Teilzeit. Wenn man nicht auf
diese Situation reagiert, ist es nicht verwunderlich, dass die Attraktivität eines
universitären Studiums zunehmend schwindet. Gerade einmal neun Prozent aller
Studierenden sind mit ihrer Studiensituation zufrieden. Dies ist vor allem deshalb
problematisch, weil Österreich mit acht Prozent ohnehin eine der niedrigsten
AkademikerInnenquoten in der OECD hat. Eine sozial gerechte und bessere
Vereinbarkeit von Studium und Beruf ist dringend notwendig, um die teilweise
prekäre finanzielle Situation eines Großteils der Studierenden zu entschärfen. Das
würde speziell auch für einen Anstieg an berufsbegleitenden Dissertationsstudien
führen. Jedenfalls bleibt Bundeskanzler Schüssels Ankündigung, die
AkademikerInnenquote zu verdoppeln ohne verstärkte Bemühungen in diesem
Bereich ein kaum einlösbares Versprechen, ja letztlich sogar eine Täuschung der
Wählerinnen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Welche Maßnahmen sind geplant, um die im Bericht angesprochenen

Probleme - v.a. erhöhter finanzieller und zeitlicher Druck - der Studierenden
zu entschärfen?

2. Wie wollen Sie den 70 Prozent der Studierenden helfen, die wegen ihrer
Erwerbstätigkeit am Fortgang ihres Studiums gehindert werden?


3. Was können Sie den 60 Prozent aller Studierenden anbieten, die

gezwungenermaßen erwerbstätig sind, um sich die Kosten des Studiums
leisten zu können?

4.  Haben Sie Maßnahmen geplant, die den enormen psychischen Druck, der
aus den durch die Studiengebühren gestiegenen finanziellen Anforderungen
resultiert, lindern können?

5. Wie wollen Sie den 40 Prozent der Studierenden helfen, die wegen

terminlicher Probleme, die zu einem Großteil durch die Inkompatibilität von
Studienorganisation und studentischer Erwerbstätigkeit verursacht wird, am
Fortgang ihres Studiums gehindert werden?

6. Werden Sie ein Teilzeitstudium einführen?

a) Wenn ja: Ab wann dürfen Studierende damit rechnen, in Teilzeit
studieren zu können?

b) Wenn nein: Aus welchen Gründen sind Sie gegen ein Teilzeitstudium?

7.  Wie begegnen Sie der Tatsache, dass es international überall dort, wo es
Studiengebühren gibt, auch Teilzeitstudienmodelle angeboten werden?

8. Was halten Sie davon, berufsbegleitendes Lernen durch
Teilzeitstudienmodelle stärker zu fördern?

9.  Ist ein berufsbegleitendes Doktoratsstudium Ihres Erachtens sinnvoll?

a) Wenn ja: Warum gibt es kein entsprechendes Teilzeitstudienmodell?

b) Wenn nein: Aus welchen Gründen sind Sie gegen ein solches Modell?

10. Wenn es kein Teilzeitstudienmodell für Doktoratsstudierende geben soll, ist
dann wenigstens eine Aufhebung der Studiengebühren für jene
Doktoratsstudierende vorgesehen, die weder Lehrveranstaltungen noch
sonstige Leistungen der Universität in Anspruch nehmen?

11. Warum liegen keine detaillierten Zahlen über Doktoratsstudierende vor?

12. Was werden Sie tun, um den dramatischen Rückgang der
Doktoratsstudierenden nach Einführung der Studiengebühren zu
kompensieren?

13. Wie wollen Sie dem Problem begegnen, dass Österreich zu wenig
Doktoratsstudierende in den technischen und naturwissenschaftlichen
Studienrichtungen hat?

14. Halten Sie in diesem Zusammenhang Stundenkürzungen in den
naturwissenschaftlichen Fachrichtungen an den Schulen nicht für den
falschen Weg, auf dieses Problem zu reagieren?

15. Ihr Hauptargument für die Einführung der Studiengebühren, war die
eingeschränkte Prüfungsaktivität eines Teils der Studierenden. Was sagen


Sie nun dazu, dass 13 Prozent aller Studierenden trotz Studiengebühren nicht
prüfungsaktiv sind und 5 Prozent sogar nicht einmal studienaktiv?

16. Aus welchen Gründen sind Sie heute für die Beibehaltung der
Studiengebühren?

17. Was werden Sie tun, um den Anteil Studierender aus sozial schwachen und
bildungsfernen Schichten zu erhöhen?

18. Wie wollen Sie die von Bundeskanzler Schüssel angekündigte Steigerung
der Akademikerinnenquote auf 20 Prozent erreichen?