322/J XXII. GP
Eingelangt am 23.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten
Petrovic, Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend
geschlechtsspezifische Aufschlüsselung der Verursachung von
Verkehrsunfällen
Österreich liegt
bei der Unfallhäufigkeit im Straßenverkehr international im unrühmlichen
Spitzenfeld. Laut Presseberichten liegt Österreich im europäischen Vergleich
bei der Zahl
der Unfälle mit Personenschaden je 1.000 Einwohner mit 4,9 ex aequo mit Polen
nach
Belgien an zweiter Stelle, bei der Zahl der Unfallopfer je 1.000 Kraftfahrzeuge
mit 10,8 an
vierter Stelle.
Allerdings sind
die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Verursachung von
Unfällen bzw. überhaupt bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung
gravierend: So
sind laut Presseberichten 90% der Problemlenker, die beim Institut für
Verkehrspsychologie Nachschulungen absolvieren müssen, Männer. Außerdem
verstoßen
ca. 23% der Lenker, die eine solche Nachschulung in Anspruch nehmen, innerhalb
der
nächsten 36 Monate wieder massiv gegen Verkehrsregeln. Auch von diesen sind 90%
Männer. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat festgestellt, dass 85% aller
Geisterfahrer männlichen Geschlechts sind.
Der Verkehrsminister selbst schreiben in einer
Anfragebeantwortung im Jahr 2000:
„Frauen setzen sich selten alkoholisiert hinter das Lenkrad (im Jahr 1999 waren
7,6% der
an Unfällen beteiligten Alkoholisierten weiblich), sie sind fast nie in sogenannte
„Disco -
Unfälle" involviert, außerdem begehen sie kaum Fahrerflucht und fahren
sehr selten ohne
Lenkberechtigung. Schließlich sind die Lenkerinnen auch weit seltener als
"Geisterfahrer"
unterwegs, der Anteil der Frauen, die entgegen der vorgeschriebenen
Fahrtrichtung
unterwegs waren, betrug in den Jahren 1987 bis 1999 knapp 15 Prozent."
Besonders dramatisch war die Verkehrssituation wieder im heurigen Osterverkehr,
wie in
den Medien aktuell berichtet wird. So ist dem Online-Standard folgender Bericht
zu
entnehmen:
„Osterverkehr:
Viele junge Verkehrsteilnehmer verunglückt
20 Tote in der vergangenen
Woche -14 Menschen starben am Osterwochenende
20 Menschen
sind in der Karwoche bis einschließlich Ostermontag auf österreichischen
Straßen tödlich verunglückt. 14 von ihnen allein seit Karfreitag. Diese
vorläufige Bilanz
gab das Innenministerium bekannt. In der Osterwoche des vergangenen Jahres
waren 19
Verkehrsteilnehmer ums Leben gekommen, zwölf davon am Wochenende.
In
Niederösterreich starben zehn Menschen
Die weitaus meisten
Toten gab es in Niederösterreich. Dort starben insgesamt zehn
Menschen, sieben allein seit Karfreitag. In Oberösterreich kamen vier
Verkehrsteilnehmer
ums Leben, in der Steiermark drei, in Kärnten zwei und im Burgenland einer. In
Salzburg,
Tirol. Vorarlberg und Wien gab es keine tödlichen Unfälle.
Unter den 14
Verkehrstoten des Wochenendes war der Anteil der Zweiradlenker relativ
hoch: Vier Motorrad- und ein Moped-Lenker sind innerhalb der vier Tage bei
Unfällen
ums Leben gekommen. Bei den übrigen neun Opfern handelte es sich um
Pkw-lnsassen.
Die Zahl der Verletzten wird - ebenso wie zum Beispiel jene der
Führerschein-Abnahmen
- vom Innenministerium nicht erhoben. Bei vier der 13 tödlichen Unfälle war
nicht
angepasstes Tempo die Ursache, bei drei spielte Alkohol eine Rolle.
Der schwerste
Unfall ereignete sich in der Nacht auf Ostersonntag in Ebenfurth im
südlichen Niederösterreich. Dort hatte ein 21-Jähriger wegen überhöhter
Geschwindigkeit
die Kontrolle über seinen mit insgesamt fünf jungen Leuten besetzten Kombi
verloren,
woraufhin sich der Wagen mehrmals überschlug und im Straßengraben landete. Vier
Insassen wurden aus dem Fahrzeug geschleudert. Ein 17-Jähriger war sofort tot,
ein um
ein Jahr älterer Bursch starb im Landeskrankenhaus Graz. Einem Mädchen wurde
der
Arm abgetrennt.
Viele junge Verkehrsteilnehmer verunglückt
Unter den
verunglückten Verkehrsteilnehmern waren überhaupt auffallend viele junge
Leute: Ein 24 Jahre alter Motorradfahrer brach sich am Ostermontag in der
Oststeiermark
bei einem Sturz die Wirbelsäule. In Steyr starb in der Nacht auf Sonntag ein
17-jähriger
Mopedlenker, der nach einem Sturz von einem Pkw erfasst worden war.
Opfer eines
Führerschein-Neulings wurde bereits am Mittwoch in Hohenems eine 22
Jahre alte Motorradlenkerin. Sie wurde vom Pkw des 19-Jährigen, der links an
einer
Verkehrsinsel vorbeigefahren war, frontal erfasst und erlitt lebensgefährliche
Verletzungen. Im Bezirk Melk landete Sonntag früh ein betrunkener 21-Jähriger
mit
seinem Auto im Wald, alle fünf Insassen wurden verletzt.
Mit 204 km/h unterwegs
Den sprichwörtlichen
jugendlichen Leichtsinn bewies ein 17-jähriger Autolenker aus
Niederösterreich am Samstag auf der Westautobahn bei Linz. Er wurde mit Tempo
204
von der Gendarmerie erwischt, nachdem er ausgerechnet eine Zivilstreife
überholt hatte -
in einem Abschnitt, in dem ein 100-km/h-Beschränkung gilt. Der junge Mann ist
den
Führerschein, den er noch nicht lange besaß, wieder los.
Laut ÖAMTC
entfielen ein Viertel der Verkehrstoten und ein Drittel der Verunglückten auf
die Gruppe der bis zu 24-Jährigen. Durch die Einführung der Mehrphasen-
Fahrausbildung mit 1. Jänner dieses Jahres sollte es bald eine Reduktion der Unfälle
geben, hofft der Autofahrerclub. Der VCÖ
plädiert für die Einführung des
Punkteführerscheins und der damit verbundenen Möglichkeit.
"Wiederholungstätern"
Nachschulungen zu verordnen, ehe sie tödliche Unfälle verursachen. Das
Kuratorium für
Verkehrssicherheit schlägt eine Machbarkeitsstudie vor, die Modelle zur
Verfolgung
solcher notorischer Verkehrssünder
überprüfen soll. (APA)"
In diesem
Bericht wird die altersmäßige Aufschlüsselung von Unfallverursachern und
Unfallopfern, die offenbar sofort vorgenommen wurde, stark betont, während dem
Gender-Aspekt dieser Unfälle keine Aufmerksamkeit beigemessen wird. Dem Gender
-
Aspekt von Verkehrsunfällen wird in der Öffentlichkeit generell wenig Beachtung
geschenkt bzw. ist er in der öffentlichen Wahrnehmung nicht vorhanden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Bitte geben
Sie die geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselten Daten betreffend die
Verursachung von Verkehrsunfällen für die Jahre 2001 und 2002 an.
2. Welche
Aktivitäten setzen Sie, um den Genderaspekt bei der Verursachung von
Verkehrsunfällen stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken (mit dem Ziel,
auch
dadurch eine Verminderung von Verkehrsunfällen zu erreichen)?
3. Welche
Konsequenzen ziehen Sie aus dem Faktum, dass überwiegend Männer Unfälle
im Straßenverkehr verursachen?
4. Wird auf die
genannten geschlechtsspezifischen Unterschiede in der
Unfallverursachung - konkret gesagt, auf die weitaus häufigere
Unfallverursachung durch
Männer - in der Politik Ihres Ressorts in irgendeiner Weise reagiert?
Wenn ja: In welcher Form?
In der oben
erwähnten Anfragebeantwortung schrieb der Verkehrsminister weiter: „Aus
verkehrspsychologischer Sicht erscheint es sinnvoll, den weiblichen Fahrstil
stärker zu
propagieren. Frauen verhalten sich im Straßenverkehr rücksichtsvoller,
defensiver und
weniger risikofreudig als Männer. Frauen sollten stärker in
Verkehrssicherheitsarbeit und
Fragen der Infrastruktur mit gleichem Mitspracherecht (d.h. gleiche
Karrierechancen) wie
ihre männlichen Kollegen eingebunden werden und Frauen sollten verstärkt in der
Fahrschulausbildung tätig sein."
5. Welche Aktivitäten werden seitens Ihres Ministeriums
gesetzt, um den „weiblichen
Fahrstil" stärker zu propagieren, wie das vom Ministerium selbst vorgeschlagen
wurde?
6. Welche Aktivitäten werden seitens Ihres Ministeriums
gesetzt, um Frauen stärker in
Verkehrssicherheitsarbeit und Fragen der Infrastruktur mit gleichem
Mitspracherecht
einzubinden?
7. Wie ist der
Genderanteil bei den MitarbeiterInnen Ihres Ressorts, die sich mit
Verkehrssicherheitsarbeit und Fragen der Verkehrsinfrastruktur beschäftigen?
Wie hat
sich die Genderquote bei diesen MitarbeiterInnen in den letzten 2 Jahren
verändert?
Im
Verkehrsministerium wurde vor einigen Jahren ein Frauenfachbeirat gegründet. In
einer Anfragebeantwortung dazu wurde wenig später angegeben, dass der Beirat
aufgrund einer Personaleinsparung „lahmgelegt", d.h. mit Null Personal
ausgestattet ist.
8. Hat sich diese Situation inzwischen geändert?
Wenn ja: Wie sieht die Ressourcenausstattung des Frauenfachbeirates im
Verkehrsministerium derzeit aus? Welche Aktivitäten setzt der Frauenfachbeirat?
Werden Sie den Frauenfachbeirat mit den oben aufgeworfenen Fragen befassen bzw.
haben Sie dies schon getan?
Wenn nein: Wann gedenken Sie dem Frauenfachbeirat, der ja ansonsten Makulatur bleibt,
wieder personelle Ressourcen zuzuweisen?