326/J XXII. GP
Eingelangt am 24.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm
und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend steigende Häftlingszahlen in überquellenden Gefängnissen
Nach einem Bericht der Tageszeitung „Der Standard“ vom
19., 20., 21. April 2003 endeten -
sogar laut Justizministerium - im Jahr 2000 rund 600 Suchtgiftprozesse mit
Schuldsprüchen,
im Vorjahr waren es allein in den ersten neun Monaten bereits 960
Verurteilungen. Dies
entspricht einem Plus von 59%. Noch drastischer sei im gleichen
Zeitrahmen die Zunahme
bei gewerblichem Diebstahl um 85% auf insgesamt 1524 Verurteilungen.
Der Zuwachs in der U-Haft - so ist im Artikel zu lesen -
gelte aber auch für Erwachsene,
„und genau diese Problematik lässt Österreichs Gefängnisse derzeit
übergehen. Im Vorjahr
wurden insgesamt 13.953 Zugänge in Straf- und U-Haft gezählt, 1358 davon
waren unter 18
Jahre alt.“
Die schwarz/blaue Koalition hat in der letzten
Gesetzgebungsperiode das Alter für die volle
Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre herabgesetzt. Schon damals waren
zahlreiche
Expertenmeinungen zu hören, nach welchen diese Maßnahme zu einem Anstieg der
Haftzahlen führen und die Wiedereingliederung von straffälligen
Jugendlichen in die
Gesellschaft schwerstens behindern werde. Auch Verschärfungen im Bereich
des
Suchtmittelrechtes, durch welche vom bewährten Prinzip „Therapie statt
Strafe“ abgegangen
worden ist, wurden von eindringlichen Warnungen von hochqualifizierten
ExpertInnen
begleitet.
Vom Bundesminister für Justiz bzw. dem Justizministerium
werden Zusammenhänge
zwischen den oben dargestellten legistischen Maßnahmen und dem Anstieg der
Haftzahlen
nach wie vor geleugnet. Auch sind keine Pläne von Seiten der
Regierungskoalition bekannt,
ein echtes „Heranwachsenden-Strafrecht" auch nur zu diskutieren. Des
weiteren werden die
steigenden Zahlen inhaftierter junger Mädchen offenbar ignoriert.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Sehen
Sie einen Zusammenhang zwischen der Herabsetzung der vollen Strafmündigkeit
von 19 auf 18 Jahre und steigenden Häftlingszahlen?
Wenn nein, warum nicht?
2. Sehen
Sie einen Zusammenhang zwischen Verschärfungen im Suchtmittelrecht (z.B.,
bei der Suchtgift-Grenzmengenverordnung) und steigenden Häftlingszahlen?
Wenn nein, warum nicht?
3. Welche
Maßnahmen gedenken Sie angesichts der steigenden Häftlingszahlen im
Jugendbereich zu unternehmen?
4. Welche
Maßnahmen gedenken Sie angesichts der insgesamt steigenden Häftlingszahlen
zu unternehmen?
5. Warum
gibt es von Ihrer Seite keine Pläne für ein echtes „Heranwachsenden-
Strafrecht"?
6. Sehen
Sie, wie der ehemalige Präsident des Jugendgerichtshofes, Dr. Udo Jesionek,
einen direkten Zusammenhang zwischen der steigenden Jugendarbeitslosigkeit und
der
zunehmenden Jugendkriminalität?
Wenn nein, warum nicht?
7. Wenn
Sie Frage 6 mit ja beantworten: Welche Maßnahmen gedenken Sie innerhalb der
Bundesregierung zu setzen, um der steigenden Jugendarbeitslosigkeit entgegen zu
wirken?
8. Sehen
Sie, wie die Wiener Jugendrichterin Dr. Beate Matschnig, einen Änderungsbedarf
angesichts der steigenden Zahlen inhaftierter junger Mädchen?
Wenn nein, warum nicht?