381/J XXII. GP

Eingelangt am 07.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz

betreffend Amtsaufwandsevaluierung von Amtstierärztinnen und Behebung der
Vollzugsdefizite im Tierschutz

Die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz Direktion F (Lebensmittel-
und Veterinäramt) der Europäischen Kommission führt in allen Mitgliedsstaaten
Inspektionsbesuche durch. Sämtlichen Kontrollberichten von Inspektionsbesuchen in
Österreich sind durchgehend Mängel in der Umsetzung und im Vollzug europäischer
Rechtsnormen zu entnehmen. Insbesondere wird angeführt:

1.      „Die Zahl der auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene verfügbaren Mitarbeiter steht in
keinem Verhältnis zu den von diesen Dienststellen wahrzunehmenden Aufgaben", „die
amtliche Überwachung ... ist mangelhaft", „es ist dafür zu sorgen, dass ausreichend
Personal für diese Kontrollen zur Verfügung steht" (zit: DG(SANCO)/3189/2001 MR
endg. - zur Bewertung der Kontrolle der Hygienebedingungen bei der Herstellung und
dem Inverkehrbringen von frischem Schweinefleisch, Fleischzubereitungen,
Hackfleisch/Faschiertem und Fleischerzeugnissen)

2.      "As far as live animals are concerned, the main concern is that not enough has been
done in some Bundesländer to guarantee the independence of the official veterinarians
responsible for sampling" (zit: DG(SANCO)/3293/2001 - concerning the evaluation of
residue testing in live animals and animal products

3.      „Nach wie vor steht nicht genügend Personal für Kontrollen der Milchhygiene zur
Verfügung, das die aus den Lebensmittelhygienevorschriften erwachsenden Aufgaben
erfüllen könnte", „die in den Milcherzeugerbetrieben zum Zweck der Kontrolle der
Milchhygiene durchgeführten Inspektionen waren lückenhaft dokumentiert", „es ist
dafür Sorge zu tragen, dass auf zentraler Ebene und auf der Ebene der Bundesländer
genügend kompetentes Personal für die Erledigung der in diesem Bericht genannten
Aufgaben zur Verfügung steht" (zit.: GD(SANCO)/3365/2001 - nachfolgender
Kontrollbesuch zum. Besuch XXIV/1146/99 zur Evaluierung der Anwendung der
Richtlinie 92/46/EWG des Rates mit Hygienevorschriften für die Herstellung von Milch
und Erzeugnissen auf Milchbasis)

4.      „Die Überwachung ... ist unzulänglich, ... nicht zufrieden stellend", „schwerwiegende
Mängel nicht erkannt ... von der zuständigen Behörde geduldet" (zit.: GD(SANCO)/
8578/2002 - Kontrollbesuch des Lebensmittel- und Veterinäramtes in Österreich vom
15.-19. April betr. Eier und Eierprodukte)

5.      „keine ausreichende Aufsicht der amtlichen Tierärzte", „Überwachung der Sendungen,
ihre Rückverfolgbarkeit und der rasche Austausch von Informationen nicht
gewährleistet", „keinen vollständigen Überblick", „die Arbeitsverfahren nicht korrekt

angewandt", „es sollten Maßnahmen zur Beseitigung aller anderen, im Bericht
angeführten Mängel ergriffen werden, insbesondere in Bezug auf allgemeine
Ergebnisse, Personal, Ausbildung, Einrichtungen, Ausrüstung, Hygiene,
Dokumentation, Registrierung, Identifizierung und Auswahl von Sendungen, Verfahren,
Durchfuhr, Küchenabfälle und Gebühren." (zit.: GD(SANCO)/ 8562/2002 - hinsichtlich
Grenzkontrollstellen)

6.      „Zwischen den Ländern wurden große Unterschiede in Bezug auf Quantität und
Qualität der amtlichen Kontrollen festgestellt", „die zentrale Ebene (Bundesebene)
wurde nicht mit mehr Personal ausgestattet", „noch immer kein gutes
Überwachungsniveau erreicht",
„es bedarf einer besseren Zusammenarbeit zwischen
den Bundesländern", „die meisten Mängel, die das Inspektionsteam feststellte,
betreffen die amtliche Überwachung", „die zuständigen Behörden sollten eine
Aufstockung des Personals auf Bundesebene vorsehen" (zit: GD (SANCO)8632/2002
Bewertung der Durchführung bestimmter Gemeinschaftsmaßnahmen zur Tilgung,
Überwachung und Vorbeugung von Transmissiblen spongiformen Enzephalopathien
(TSE)

7.      „due to limitations on resources it had not been possible to complete this legal
transposition (RL 91/628/EWG)", „regarding animal welfare during transport, the
Ministry for Traffic, Innovation and Technology has no veterinary expertise", „Control of
animal welfare at slaughter: several non-compliances ... transport of certain unfit
animals", „the competent authorities should consider ways of improving the control
Systems", „the Commission Services should consider infringement procedures against
Austria" (zit.: Draft Report DG(SANCO)/8677/2002 MR Draft Animal welfare during
transport and slaughter)

Aus den Kontrollberichten geht hervor, dass u.a. schon aufgrund der personellen
Situation veterinärrechtlichen Aufgaben im Hinblick auf ein effektives Controlling
zeitlich nur unzureichend nachgekommen werden kann.

Im übrigen gibt es einige Amtsaufwandsevaluierungen, initiiert von den Landes-
veterinärdirektionen und/oder Landesräten, die diesen Umstand belegen.

Neben den zahlreichen Tierschutzvorschriften der Gemeinschaft bestehen derzeit
auch amtstierärztliche Kontrollerfordernisse hinsichtlich der Umsetzung und
Einhaltung der Ländertierschutzgesetze. Wiewohl ein Teil dieser Kontrollen auch im
Rahmen anderer Kontrollen durchgeführt werden kann, ist der dafür zu
veranschlagende gesonderte Zeitaufwand sehr groß und übersteigt in manchen
Bundesländern die Möglichkeiten des Personalstandes.

Überdies ist die Amtstierärztliche Versorgung der Bezirke höchst unterschiedlich:
Der flächenmäßig größte Bezirk (Spittal/Drau ist in etwa so groß wie Vorarlberg) wie
auch der viehreichste Bezirk Österreichs (Amstetten hat in etwa die Viehzahl
Vorarlbergs) haben gerade einmal 1 1/2 Dienststellen für Amtstierärzte, das gesamte
Bundesland Salzburg hat weniger Amtstierärzte als allein die Veterinärdirektion
Graz.

Die Tätigkeit und die Aufgabenbereiche der Amtstierärzte sind den Amtstierärzte-
Dienstinstruktionen (VO RGBI. 179/1909) sowie diversen leges speciales [zB.
Tierseuchengesetz (RGBI. 177/1909 idgF), Fleischuntersuchungsgesetz (BGBI.
522/1982 idgF) u.dgl.] zu entnehmen.


In Anbetracht der Arbeitsfülle und der zahlreichen Aufgabenstellungen für
Amtstierärzte gehen jetzt schon einige Bundesländer den Weg des Outsourcings. So
werden in Vorarlberg hoheitliche Aufgaben an eine Controlling-Firma (Vetcontrol)
ausgelagert, in Salzburg gibt es zwei teilzeitbeschäftigte Nutztier-Wachorgane mit
tierärztlicher Physikatsprüfung sowie zwei Tiertransportinspektoren, im Zivilberuf
praktische Tierärzte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.    Erachten Sie die Anzahl der AmtstierärztInnen für ausreichend, um bestehende
Aufgaben wahrnehmen zu können? Wenn ja, wie erklären Sie die von Seiten
der DG SANCO aufgezeigten Vollzugsdefizite? Wenn nein, was gedenken Sie,
dagegen zu unternehmen?

2.   Sind Ihnen die von den Landesveterinärdirektionen und/oder Landesrätlnnen
initiierten Amtsaufwandsevaluierungen bekannt und was ist deren Inhalt?

3. Welches Ergebnis zeigt insbesondere die von Landesrat Plank in
Niederösterreich in Auftrag gegebene Amtsaufwandsevaluierung bei
Amtstierärztinnen?

4.  In welchem Ausmaß können laut Amtsaufwandevaluierung Österreichs
Amtstierärztinnen die Stichprobenpläne bzw. die Ihnen gestellten Aufgaben
(bitte detailliert nach Arbeitsgebieten wie z.B. Tierseuchenüberwachung,
FrischfleischhygieneVO, etc.) erfüllen?

5. Sind Sie gewillt, in einem Österreichischen Bundestierschutzgesetz ein
effektives Controlling zu implementieren? Wenn ja, in welchem Umfang sollen
Stichprobenpläne zur Überwachung der Einhaltung von Tierschutznormen
verankert werden? Wenn nein, an welche Maßnahmen zur verbesserten
Kontrolle ist sonst gedacht?

6.   Planen Sie a) eine Postenmehrung der auf Tierschutzagenden spezialisierten
Amtstierärztinnen und deren Einbindung in bestehende Strukturen oder b) ein
verstärktes Outsourcing mit Beauftragungen praktischer Tierärztinnen mit
Physikat (EU-Jargon: „Amtliche" Tierärzte) sowie zertifizierter Kontrollstellen
oder c) , die Schaffung neuer Strukturen in Form von Tieranwaltschaften, um
dem Wunsch der österreichischen Bevölkerung nach Einhaltung hoher
Tierschutzstandards nachkommen zu können?