444/J XXII. GP
Eingelangt am 23.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Reheis
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend Rechnungshofbericht über die Österreichische Galerie Belvedere
Der
Rechnungshofbericht über die Österreichische Galerie Belvedere (ÖGBel) stellt dieser
ein
erschütternd schlechtes Zeugnis über die Verwaltung, Verwahrung und Sammlung
der ihr
anvertrauten Kunstwerke, sowie deren finanziellen Gebarung aus.
Im
Jahr 2000 wurde dem Rechnungshofausschuss eine Liste mit 226 Kunstobjekten mit
ungeklärtem Aufenthalt zugeleitet, zurückzuführen auf bestürzende Zustände in
der
Inventarisierung und Entlehnung der Objekte. Die Sammlung Poiret, 14 Blätter
von Egon Schiele
sowie zahlreiche andere Kunstwerke waren überhaupt verschwunden, so dass auch
die
Staatsanwaltschaft einschreiten musste.
Diese
Probleme der ÖGBel scheinen noch immer nicht ganz behoben zu sein, zahlreiche
Leihnehmer verweigern oder verzögern die Rückstellung von Kunstwerken u.a.
wegen angeblich
ungeklärter Eigentumsverhältnisse und Doppelinventarisierungen können nicht
bereinigt werden.
Hier gaben das BMWA und Ihr Ministerium
bekannt, „dass wegen Umstrukturierungen beim jeweils
anderen Ministerium keine Einigung über die vorliegenden Lösungsvorschläge habe
erzielt werden
können."
In
der Beantwortung der mündlichen Anfrage 28/M in der 20. Sitzung des
Nationalrates, XXI.GP,
stellten Sie folgendes fest: „...ich glaube, dass damit auch die Mängel
abgestellt worden sind und
Herr Direktor Frodl sehr wohl gezeigt hat, dass er fähig ist, eine derartige
wissenschaftlichen
Anstalt zu führen."
Diese
Aussage scheint verwunderlich, da Direktor Frodl seit 1992 der ÖGBel vorsteht
und somit
auch für die Zeit der „Mängel" verantwortlich ist und weiters der
vorliegende RH-Bericht feststellt,
dass sich die ÖGBel im Bereich von Buchhaltung und Bilanzierung trotz Rüge des
RH bereits im
Jahr 1998 nicht zur Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung
durchringen kann.
Noch immer fehlen Unterlagen, existieren ungeklärte Beträge und nicht nachvollziehbare
Zahlungen im Bereich von mehreren 100.000 Euro.
Die ÖGBel lagerte rund 410 Kunstwerke in einer Spedition ohne darüber Aufzeichnungen zu
führen, eines im Wert von rd 1,09 Mill Euro sogar in einem Bereich erheblicher Brand- und
Explosionsgefahr.
Laut RH-Bericht gibt es auch keine Videoüberwachung in den Schausälen, was im Hinblick auf die
kürzliche Entwendung der „Saliera" im Kunsthistorischen Museum bedenklich erscheint.
Trotz
dieser und anderer verheerender Zustände wurde durch Gewährung von mehreren
Zuschlägen an den Geschäftsführer der ÖGBel sein Jahresbezug verdoppelt. Das
BMBWK
rechtfertigt dieses Gehaltsverdoppelung mit der erhöhten Alleinverantwortung
infolge der
Ausgliederung.
Das,
obwohl der RH feststellte, dass diese Bezüge „nicht nachvollziehbar"
waren, da „sich im
Umfang und in der Art der Tätigkeit seit der Ausgliederung kaum etwas geändert
hatte".
Diese Gehaltsverdoppelung wurde überdies völlig unverständlicherweise nicht der
Lohnsteuer
unterzogen, weswegen das BMF eine Prüfung durch die Finanzlandesdirektion
anweisen musste.
Die dem
Rechnungshofausschuss übermittelte Liste der ÖGBel von 226 Kunstwerken
unbekannten Aufenthalts führt Ihr Ministerium als letzten bekannten Standort
folgender Objekte:
Mielich, Alphons Leopold „Marktstraße in Ismailia"
Schwedler, Max „Kniender Bogenschütze", Bronze
Schwetz-Lehmann, Ida „Eilige Heimkehr, Porzellan
In tiefer Sorge
um die österreichischen Kunstschätze stellen die unterzeichneten Abgeordneten
daher an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur folgende
Anfrage
1. Waren
Ihnen die Zustände in der Österreichischen Galerie Belvedere vor der Prüfung
durch
den Rechnungshof bekannt?
Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert?
Wenn nein, wie sehen Sie das im Licht Ihrer Aufsichtspflicht?
2. Wie
erklären Sie sich, dass Sie im Jahr 2000 glaubten, dass „alle Mängel behoben
sind", und
der Rechnungshof nun wieder eklatante Missstände in der ÖGBel feststellte?
3. Wie
rechtfertigen Sie die Verdoppelung des Gehalts des vormaligen Direktors nun
Geschäftsführers Frodl, obwohl der Rechnungshof feststellte, dass es zu keiner
nennenswerten Veränderung seiner Tätigkeit kam?
4.
Welche der 226 Kunstobjekte wurden mittlerweile aufgefunden, wo und bei
wem, mit welchen
Konsequenzen für die Beteiligten und welche sind noch immer verschwunden?
5. Wie hoch ist der Wert der verschollenen und der wiedergefundenen Kunstobjekte?
6. Wie
hoch schätzen Sie die Verluste für die Republik Österreich durch die seltsamen
Vorgänge
in der Österreichischen Galerie Belvedere ein?
Wenn Sie keine sehen, warum nicht?
7. Warum konnte Ihr Ministerium keine Einigung über die Lösungsvorschläge bezüglich
Doppelinventarisierung
mit dem BMWA erzielen und verwies auf dessen Umstrukturierungs-
Probleme, während dieses auf Probleme in Ihrem Ressort verwies und konnten Sie
sich
mittlerweile einigen?
8.
Werden in anderen Museen, Galerien und Sammlungen der Republik
Österreich ebenfalls
Kunstobjekte vermisst?
Wenn ja welche?
(Bitte detaillierte Angaben, insbesonders der Institution, der Objekte sowie
deren letzten bekannten Standort)
9.
Finden Sie die Maßnahmen der ÖGBel bezüglich Sicherheit und Brandschutz
für ausreichend
und gibt es Vorhaben zu ihrer Verbesserung?
10. Wird Ihr Ressort finanzielle Mittel zur Verbesserung der Situation der Depots bereitstellen?
11. Wie erklären Sie sich das Verschwinden der obgenannten Kunstobjekte in Ihrem Ministerium?
12. Wurden Nachforschungen Ihrerseits über deren Verbleib
angestellt?
Wenn ja, was war das Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?
13. Wie tragen Sie in Hinkunft Sorge dafür, dass nicht noch
weitere Kunstobjekte in Ihrem
Ministerium „verschwinden"?
14. Wie viele Kunstobjekte sind derzeit von Ihrem Ministerium
entlehnt und wie garantieren Sie die
entsprechenden konservatorischen Voraussetzungen für deren Hängung bzw.
Aufstellung?
15. Welche Kunstobjekte wurden in den letzten fünf Jahren
an diverse Sammlungen und Museen
zurückgestellt, wie viele davon beschädigt?
16. Zahlen Sie für die entlehnten Kunstobjekte eine
Nutzungsgebühr?
Wenn ja, wieviel?
Wenn nein, warum nicht?