467/J XXII. GP

Eingelangt am 23.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend des  Abschieds  von  der heimischen  Anti-Atom-Politik,  den  mangelnden

Aktivitäten der österreichischen Bundesregierung nach den Störfällen im ungarischen

AKW Paks und im tschechischen Temelin und fehlenden Initiativen auf EU-Ebene.

Am 10. April 2003 ereignete sich im ungarischen AKW Paks ein Störfall, der auf Stufe 3
der 7stufigen internationalen INES-Skala eingeordnet wurde und daher ein „ernster Störfall"
war. In der Folge kam es noch zu zwei weiteren Vorkommnissen in Paks. Von Seiten der
ungarischen Behörden kamen nur zögerlich Informationen über das Ausmaß der Störfälle
nach Österreich. Von Seiten der österreichischen Bundesregierung wurden nach den Vorfällen
in Paks keine Stellungnahmen bekannt.

Im grenznahen AKW Temelin kam es seit Beginn der nuklearen Kettenreaktion im Oktober
2000 zu 46 Pannen (Stand 23. Mai) auch zu diesen technischen Problemen gibt es von der
Bundesregierung seit Monaten keine Reaktionen oder Informationen. Das AKW-Temelin
scheint politisch für den Umweltminister längst abgehakt.

Zeitgleich kommt es auf EU-Ebene zu zentralen pro-nuklearen Weichenstellungen. Zum
einen will die EU-Kommission den Kreditrahmen für EURATOM-Kredite von 4 auf 6 Mrd
Euro erhöhen, zum anderen will das Präsidium des EU-Konvents den EURATOM-Vertrag
unverändert in die neue EU-Verfassung übernehmen, ohne an der Substanz etwas zu
verändern. Dabei ist es gerade dieser Vertrag, der die Sonderstellung und massive Förderung
der Atomkraft innerhalb der Union manifestiert und daher umgehend und weitreichend
geändert werden muss, um endlich die Weichen in eine atomkraftfreie Zukunft zu stellen.
Von Seiten der österreichischen Bundesregierung ist zu all diesen Plänen nichts zu hören.
Von einer aktiven Anti-Atom-Politik ist weit und breit nichts in Sicht. Es scheint, als sei diese
längst „endgelagert" worden.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage:

1.   Wann langte die erste Information zu einem Störfall im ungarischen AKW Paks bei
den österreichischen Bundesdienststellen ein?

2.   Wann wurde welche Bundesdienststelle von ungarischer Seite über den Störfall in
Paks in welcher Form (Fax, Telefon oder e-mail) informiert?

 

3.   Wann wurden Sie persönlich über die Störfälle in Paks informiert?

 

4.   Welche Informationen wurden von ungarischer Seite den österreichischen
Dienststellen zugeleitet?

 


5.   Wurden Angaben zum Quellterm, den freigesetzten Nukliden und zur meteorlogischen
Situation übermittelt?

6.   Falls ja, wann?

7.   Falls ja, an wen?

8.   Wen haben die ungarischen Behörden im Falle eines Störfalls in Österreich zu
informieren?

9.   In welcher Form sind wann die Informationsstellen und Informationswege in beiden
Staaten festgelegt worden, die im Falle eines Ereignisses im AKW Paks miteinander
Kontakt aufnehmen?

10. Wie und wann haben Sie auf die Informationen aus Ungarn reagiert?

11. Haben Sie die österreichische Bevölkerung über die Vorkommnisse in Paks
informiert?

12. Falls ja, wie?

13. Falls nein, warum nicht?

14. Wann haben Beamte Ihres Ministeriums offiziell und auf welchem Weg mit den
ungarischen Auskunftstellen Kontakt aufgenommen und nähere Informationen
eingefordert?

15. Mit welchem Ergebnis?

16. Wann hat die ungarische Seite Informationen zur Verfügung gestellt, die eine nähere
Einschätzung einer potentiellen Gefährdung Österreichs ermöglicht hat?

17. Wurden bei den Kontaktaufnahmen österreichischer Dienststellen mit ungarischen
Auskunftstellen die bilateral festgelegten Informationsstellen mittels der festgelegten
Informationswege kontaktiert?

18. Hat sich die ungarische Seite Ihrer Ansicht nach gemäß den sich aus internationalen
Konventionen wie der IAEA Early Notification. EU-Regelungen oder dem bilateralen
Vertrag ergebenden Informationspflichten verhalten?

19. Hat Österreich nach der Erstinformation aus Ungarn schließlich um nähere

Informationen zum Unfallhergang und deren möglichen weiteren Verlauf gebeten?

20. Falls ja, durch wen und mit welchem Erfolg?

21. Wie werden Sie künftig den Informationsfluss zwischen den ungarischen Behörden
und Österreich in Sachen Atom verbessern?

22. Wie konkret sieht das Abkommen zwischen Österreich und Ungarn in Sachen
Notfallinformationen aus?

23. In welchem konkreten Fall ist Ungarn verpflichtet, Österreich zu informieren?

24. Ab welchem Vorfall gemäß der internationalen INES-Skala?

25. Werden Sie das bilaterale Abkommen zwischen Österreich und Ungarn in Sachen
Notfallinformationen konkretisieren?

26. Falls nein, warum nicht?

27. Falls ja, in welchem Ausmaß?

28. Halten Sie in Bezug auf den konkreten Anlassfall in Paks die einschlägigen

Bestimmungen in den bilateralen Verträgen Österreichs mit den Nachbarstaaten zur
Regelung der Informationspflichten für ausreichend?

29. Falls nicht, gibt es bereits Initiativen auf bilateraler oder EU-Ebene zur Änderung?

30. Beabsichtigen Sie die Erarbeitung von Zusatzprotokollen zu den einzelnen bilateralen
Verträgen, in welchen die Informationspflicht präzisiert wird?

31. Planen Sie Initiativen zur genaueren Regelung von Informationspflichten bei
Vorfällen in ausländischen AKWs auf EU-Ebene?

32. Falls ja, welche?

33. Hat es bereits Bemühungen von Ihrer Seite gegeben, den bilateralen

Informationsaustausch bei Vorfällen in ausländischen AKWs zu verbessern?

34. Falls ja und mit welchen Staaten konkret?

35. Halten Sie es für zielführend, in derartigen Abkommen Konsequenzen bei Verletzung
der Meldepflichten zu vereinbaren?

36. Betreibt Österreich - ähnlich wie bei den AKWs Temelin. Dukovany, Bohunice,
Mochovce oder Krsko eine Strahlenmessstelle beim ungarischen AKW Paks?

37. Falls nein, wann wird eine derartige Anlage in Betrieb genommen?

38. Besteht bereits eine Übereinkunft für eine Installation mit Ungarn?

39. Falls nein, warum nicht?

40. Betreibt Österreich Strahlenmessstellen an AKW-Standorten in der Schweiz und in
Deutschland?

41. Falls nein, warum nicht?

42. Falls nein, sind derartige Anlagen geplant?


43. Welche konkreten Probleme gab es nach Angaben des Chefs der ungarischen

      Aufsichtsbehörde, der am 14. Mai in Österreich über den Störfall berichtete, bei den
genannten Störfällen in Paks?

44. Sind die Probleme behoben?

45. Welche Maßnahmen haben die ungarischen Betreiber Ihres Wissens nach nach den
massiven Problemen in Paks gesetzt?

46. Halten Sie diese für ausreichend?

47. Bestand zu irgendeinem Moment eine Gefährdung für die österreichische
Bevölkerung?

48. Halten Sie das AKW Paks für eine Gefahr für die heimische Bevölkerung?

49. Halten Sie das AKW Temelin für eine Gefahr für die heimische Bevölkerung?

50. Wie beurteilen Sie die nahezu täglichen Pannen-Meldungen aus Temelin?

51. Haben Sie mit den tschechischen Behörden in der Causa Temelin Kontakt
aufgenommen?

52. Falls ja, mit wem und wann?

53. Falls nein, warum nicht?

54. Falls nein, planen Sie Gespräche mit Tschechien in Sachen Temelin?

55. Falls ja, wann und mit wem?

56. Falls ja, mit welchem Ziel?

57. Falls nein, warum nicht?

58. Hält sich Tschechien Ihrer Ansicht nach an das Melker Abkommen?

59. Falls ja, was wurde bisher konkret umgesetzt?

60. Welche Verbesserungsmaßnahmen haben die AKW-Betreiber bisher seit dem Melker
Abkommen realisiert?

61. Wann wird er seit September fällige Experten-Bericht endlich fertig gestellt und der
Öffentlichkeit übermittelt?

62. Unterstützen Sie das von Greenpeace initiierte Anti-Atom-Volksbegehren?

63. Falls nein, warum nicht?

64. Welche Initiativen setzen Sie auf EU-Ebene, um gegen die vorherrschenden Pro-
Atom-Kurs anzukämpfen?


65. Wie beurteilen Sie den Vorschlag zum Umgang mit dem EURATOM-Vertrag im
Rahmen des EU-Konvents?

66. muss der EURATOM-Vertrag Ihrer Ansicht nach geändert werden?

67. Falls ja, wie?

68. Falls nein, warum nicht?

69. Wird Österreich der von der EU-Kommission geplante Aufstockung des EURATOM-
Kreditrahmens von 4 auf 6 Mrd Euro zustimmen?

70. Welche Aktivitäten haben Sie als zuständiger Minister seit Ihrer Angelobung in
Sachen Anti-Atom-Politik gesetzt?

71. Welche planen Sie für die Zukunft?

72. Sind Sie der Ansicht, dass die österreichische Bundesregierung aktive Anti-Atom-
Politik betreibt und falls ja, wie begründen Sie dieses Ja?