471/J XXII. GP

Eingelangt am 03.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Ruth Becher

und GenossInnen

an den Bundeskanzler

betreffend der Umsetzung der Anti-Rassismus-Richtlinie der Europäischen Union

Am 29. Juni 2000 hat der Rat der Europäischen Union die „Richtlinie zur Anwendung des
Gleichheitsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft" (EU-
Richtlinie 2000/43/EG) verabschiedet. Ziel dieser EU-Richtlinie ist es, direkten und
indirekten Diskriminierungen basierend auf rassistischen und ethnischen Gründen auf Ebene
der Europäischen Union entgegenzutreten. Insbesondere sieht diese Richtlinie den Schutz vor
Diskriminierung in der Privatsphäre, der Schutz vor Viktimisierung, die Möglichkeit einer
Verbandsklage und eine Beweiserleichterung für die/den Betroffenen vor.

Österreich hat sich mit dem Beitritt zur EU dazu verpflichtet, EU-Recht innerstaatlich
umzusetzen. Bezugnehmend auf die oben genannte Richtlinie 2000/43/EG heißt es zur
Implementierung im Artikel 16: „Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie bis zum 19. Juli 2003 nachzukommen (...)."
Weiters findet sich im Absatz 25 der Hinweis, dass diese Richtlinie nur
Mindestanforderungen festlege, es den Mitgliedstaaten somit frei stehe, günstigere
Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. In diesem Zusammenhang muss auch auf einen
Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz hingewiesen werden, den das Ludwig Boltzmann
Institut für Menschenrechte gemeinsam mit anderen NGOs erarbeitet hat.

Bislang fehlt ein entsprechender offizieller Entwurf der Bundesregierung für die Umsetzung
der Anti-Rassismus-Richtlinie der EU. Vielmehr glänzt die Regierung trotz des Drängens von
Seiten der Experten und der Opposition durch Tatenlosigkeit. Da die „Richtlinie zur
Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen
Herkunft" bis spätestens 19. Juli 2003 zur Implementierung ansteht, ist zu befürchten, dass
die Stellungnahmen der Experten und betroffenen Interessensgruppen nicht mehr im
ausreichenden Maße in den Gesetzgebungsprozess miteinbezogen werden können.


 

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler nachstehende

Anfrage:

1.   Wie begründen Sie Ihre Tatenlosigkeit in Sachen der Umsetzung der EU-Richtlinie
2000/43/EG?

2.   Wie begründen Sie die Tatsache, dass bis dato von Ihnen kein Entwurf für die
Umsetzung der Anti-Rassismus-Richtlinie der Europäischen Union vorliegt?

3.   Werden Sie noch rechtzeitig bis zum 19. Juli 2003 die EU-Richtlinie 2000/43/EG in
innerstaatliches Recht umsetzen?

4.   Wenn nein, was sind die Gründe für die nicht fristgerechte Umsetzung?

5.   Warum wurden in dieser Angelegenheit die Experten und betroffenen

Interessensgruppen bislang nicht in den Gesetzgebungsprozess miteinbezogen?

6.   Werden Sie ein eigenes Anti-Diskriminierungsgesetz vorlegen, oder werden Sie das
bestehende Gesetz zur Gleichbehandlung von Mann und Frau auf die Bereiche der
EU-Richtlinien ausweiten?

7.   Werden Sie ein Anti-Diskriminierungsgesetz nach dem Entwurf des Ludwig
Boltzmann Instituts für Menschenrechte vorlegen?

8.   Wenn nein, warum nicht?