498/J XXII. GP
Eingelangt am 04.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Schopf, Keck, Krist
und Genossen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend passives Betriebsratswahlrecht
1994 wurde ein
türkischer Staatsbürger und Mitarbeiter vom Verein zur Betreuung der
AusländerInnen in Oberösterreich zum Betriebsrat
gewählt. Diese Wahl wurde als illegal
aufgehoben, da laut Gesetz nur
österreichische Dienstnehmer (nunmehr auch EU-Bürger)
Betriebsräte werden dürfen. Die Folge
war ein jahrelanger Rechtsstreit.
Die Chronologie zum Instanzenzug sieht stark verkürzt so aus:
• 21.06.1994 - Klage beim Landesgericht Linz
um Aberkennung eines Betriebsratsman-
dates
• 15.09.1994 - Urteil des Landesgerichtes
Linz - AusländerInnen haben kein passives
Wahlrecht und dürfen nicht als
Betriebsrat gewählt werden
• 31.10.1994 - Berufung an das Oberlandesgericht Linz
• 15.03.1995 - Urteil des Oberlandesgerichtes Linz: Ablehnung der Berufung
• 21.04.1995 - Revision an den Obersten Gerichtshof
• 24.04.1995 - Antrag des Betriebsrats
an das Landesgericht Linz auf Vorabentscheid-
ung: Wurde nicht eingeholt.
• 21.12.1995 - Negative Entscheidung
des Obersten Gerichtshofes als letzte Instanz in
Österreich
• 05.02.1996 - Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
• 14.09.1999 - Abschlägige Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte
• 13.12.2000 - Individualbeschwerde an das
Menschenrechtskomitee der Vereinten
Nationen
• 15.02.2001 - Die Republik Österreich wurde
aufgefordert binnen 6 Monaten eine
Stellungnahme abzugeben
• März 2002 - ergänzende Stellungnahme der Republik Österreich
• 04.04.2002 - Die
UNO-Menschenrechtskommission kommt zur Betrachtung, dass die
behandelten Fakten einen Verstoß
gegen Artikel 26 des Abkommens über zivile und
politische Rechte darstellt. Das Prüfkomitee formuliert seine Erwartung,
innerhalb von
90 Tagen Informationen über unternommene Maßnahmen zur Beseitigung
dieses
unrechtmäßigen Zustandes zu erhalten. Weiters wird Österreich
verpflichtet, die
Betrachtungen des Komitees zu veröffentlichen.
Die Forderungen dieser Entscheidung
der UNO-Menschenrechtskommission wurden von der
Österreichischen
Bundesregierung bis heute nicht erfüllt. Sie als zuständiger Arbeitsminister
sind hinsichtlich
der eingeforderten Schritte noch immer
säumig. Und der Verpflichtung, die
Betrachtungen des Komitees zu veröffentlichen, kam die Bundesregierung erst
sehr spät nach.
Auch die am 8. Mai 2003
veröffentlichte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH),
wonach die Österreichische Staatsbürgerschaft keine Voraussetzung für die Wähl-
barkeit in die Vollversammlung der
Arbeiterkammer darstellen darf, hat die diskriminierende
österreichische Rechtssituation klar
an den Tag gebracht.
Der Ausschluss vom passiven Wahlrecht
auf Betriebsebene bzw. auf Ebene der gesetzlichen
Interessenvertretungen, der - wie
sich nun definitiv herausgestellt hat - rechtswidrig ist, ist
auch ein wesentliches Hemmnis für
Chancengleichheit und fair gestaltete Arbeitsbedingungen
und somit für eine effektive Integration von MigrantInnen.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit nachstehende
Anfrage:
1. Wann und wie und von wem
wurden die oben erwähnten Betrachtungen der UNO-Men-
schenrechtskommission
veröffentlicht?
2. Wann werden die von der UNO
eingeforderten Informationen über unternommene Maß-
nahmen zur Beseitigung des unrechtmäßigen Zustandes beim passiven
Betriebsratswahl-
recht
übermittelt werden?
3. Warum wurden diese Informationen bisher nicht an die UNO übermittelt?
4.
Haben Sie Maßnahmen zur Beseitigung des unrechtmäßigen Zustandes beim
passiven
Betriebsratswahlrecht unternommen? Wenn ja,
welche wann? Wenn nein, warum nicht?
5.
Wann werden Sie und die
Bundesregierung das Erkenntnis der UNO-Menschenrechts-
kommission anerkennen und das passive
Wahlrecht für Ausländer umsetzen?
6.
Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass Österreich gegen ein internationales Abkommen
verstößt
und keine Anstalten unternimmt, um diesen Verstoß zu korrigieren?
7. Wie stehen Sie dazu, dass die
Diskriminierung ausländischer Arbeitnehmer beim passiven Betriebsratswahlrecht dazu
führen kann, dass viele Unternehmen mit hohem Ausländer-
anteil gar keinen Betriebsrat wählen
können, das wiederum zu Lohndumping führt?
8. Haben Sie Maßnahmen im Anschluss an die
oben erwähnte EuGH-Entscheidung unter-
nommen? Wenn ja, welche wann? Wenn
nein, warum nicht?