523/J XXII. GP
Eingelangt am 12.06.2003
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möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Pilz, Weinzinger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend Ausbildung von ABC-Abwehr-Kräften in Vyskov/Dedice, Tschechische Republik
Begründung:
Auf
Grundlage des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei
der
Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG) wurden und
werden ABC-Abwehrkräfte des österreichischen Bundesheers zu Übungen, Schulungen
und Ausbildungen in die Tschechischen Republik entsandt.
Konkret
werden Sonderlehrgänge für den Umgang mit chemischen Schadstoffen am Trup-
pen-Übungsplatz Brezina bei Vyskov/Dedice absolviert, an denen auch
Grundwehrdiener
teilnehmen. Hiebei wird die Ausbildung von Chemiewaffenspezialisten auf dem
Gebiet des
Aufspürens, der Identifizierung und der Abnahme von chemisch infizierten
Stoffen sowie
der Dekontaminierung durchgeführt.
Agenturmeldungen
zufolge wäre Brezina neben dem im US-Bundesstaat Montana gelege-
nen Gelände Fort Leonard Wood der einzige Übungsplatz innerhalb der NATO, an
dem ein
solch spezifisches Militärtraining
durchgeführt würde. (http://www.radio.cz/de/artikel/28208).
Bundesminister a. D. Herbert Scheibner
zufolge könne diese Ausbildung in Österreich nicht
mit gleicher Wirkung bzw. gleicher Qualität durchgeführt werden.
Laut
Adjudantur im Kabinett des Bundesministeriums für Landesverteidigung beinhaltet
die-
se Ausbildung als integralen Bestandteil der Sicherheitsbelehrung einen in-vivo
Versuch an
Säugetieren, der den Zweck verfolgt, die letale Wirkung von Kampfstoffen zu
demonstrie-
ren. Die Ausbildungsteilnehmer sollen dergestalt nachhaltig auf die Gefährdung
durch che-
mische Kampfstoffe sensibilisiert werden, und könne ein solches Vorgehen
keinesfalls als
Tierquälerei angesehen werden.
Laut
Stabsabteilung im Kabinett des Bundesministeriums für Landesverteidigung
hingegen
wurden die für die Durchführung der Ausbildung verantwortlichen Stellen
angewiesen si-
cherzustellen, dass im Rahmen der Ausbildung österreichischer Soldaten bei den
Streitkräf-
ten der tschechischen Republik in Vyskov keine Tiertötungen erfolgen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Werden am Truppen-Übungsplatz
Brezina bei Vyskov/Dedice in der Tschechischen
Republik in-vivo Versuche an Säugetieren durchgeführt, die den Zweck verfolgen,
die
letale Wirkung von Kampfstoffen zu demonstrieren?
2. Werden am Truppen-Übungsplatz
Brezina bei Vyskov/Dedice in der Tschechischen
Republik in-vivo Versuche an Säugetieren durchgeführt, die den Zweck verfolgen,
österreichischen Soldaten die letale Wirkung von Kampfstoffen zu demonstrieren?
3. Erachten Sie es unter Abwägung
des Leitgedanken eines pathozentrischen Tier-
schutzes einerseits, didaktischer Überlegungen im Rahmen der militärischen
Ausbil-
dung von ABC-Abwehrtruppen andererseits als vertretbar und gerechtfertigt,
in-vivo
Versuche an Säugetieren durchzuführen, die den Zweck verfolgen, die letale Wir-
kung von Kampfstoffen zu demonstrieren?
4. Haben Sie die Tschechische Republik
im diplomatischen Weg darauf aufmerksam
gemacht, dass diese das von ihr am 9. 11. 2000 unterzeichnete Europäische Über-
einkommen zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke
verwendeten Wirbeltiere vom 18. 3. 1986 durch das Durchführen von in-vivo
Versu-
chen an Säugetieren mit den Zweck, die letale Wirkung von Kampfstoffen zu de-
monstrieren, nicht einhält, zumal durch Einsatz audiovisueller Verfahren das
Ziel der
Ausbildung mit vergleichbarer Wirksamkeit erreicht werden kann?
4.a. Wenn nicht, warum nicht?
5. Beabsichtigen Sie die
Tschechische Republik im diplomatischen Weg darauf auf-
merksam zu machen, daß diese das von ihr am 9. 11. 2000 unterzeichnete Europäi-
sche Übereinkommen zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche
Zwecke verwendeten Wirbeltiere vom 18. 3. 1986 durch das Durchführen von
in-vivo
Versuchen an Säugetieren mit den Zweck, die letale Wirkung von Kampfstoffen zu
demonstrieren, nicht einhält, zumal durch Einsatz audiovisueller Verfahren das
Ziel
der Ausbildung mit vergleichbarer Wirksamkeit erreicht werden kann?
5.a. Wenn nicht, warum nicht?
6. Stand das Bundesministerium
für Landesverteidigung vor Beschlussfassung betref-
fend Entsendung zur Durchführung von Übungen und Ausbildungsmaßnahmen im
Bereich der militärischen Landesverteidigung, Ausbildung von ABC-Abwehr-Kräften
am Übungsplatz Vyskov/Dedice, Tschechische Republik, in Kenntnis des Umstan-
des, dass d.o. in-vivo Versuche an Säugetieren durchgeführt werden?
6.a. Wenn nicht, warum hat sich der zuständige
Minister nicht über die bei diesen Ausbil-
dungen unter Missachtung der Bestimmungen des Artikels 25. des Europäischen
Übereinkommens zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwe-
cke verwendeten Wirbeltiere etwaig durchzuführenden Tierversuche kundig ge-
macht?
7. Hat die Adjudantur im Kabinett
des Bundesministeriums für Landesverteidigung mit
der Feststellung, ein solches Vorgehen (in-vivo Versuche an Säugetieren mit den
Zweck, die letale Wirkung von Kampfstoffen zu demonstrieren) könne keinesfalls
als
Tierquälerei angesehen werden, bei offenkundiger Missachtung der Bestimmungen
des Artikels 25. des Europäischen Übereinkommens zum Schutz der für Versuche
und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere, ihre Kompetenz ü-
berschritten, bzw. eine Äußerung von verwaltungsstrafrechtlicher Relevanz
getätigt?
8. Erachten Sie die Fortführung
der Sonderlehrgänge für den Umgang mit chemischen
Schadstoffen am Truppen-Übungsplatz Brezina bei Vyskov/Dedice in der Tschechi-
schen Republik im Hinblick auf-
a) die Missachtung
der Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens zum Schutz der für Versu-
che und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere
b) die Nähe zum
Nordatlantischen Verteidigungsbündnis (vgl.:
http://www.radio.cz/de/artikel/28208:
Tschechien bietet NATO-Partnern Übungen mit ABC-Waffen an)
- gerechtfertigt? Wenn ja, warum?
8.a. Wenn nein, was und in welchem Umfang gedenken Sie, zu unternehmen?
9. Inwieweit erachten Sie das
Töten von Tieren durch militärische Kampfstoffe zu An-
schauungszwecken anstelle von Zurückgreifen auf audiovisuelles Lehrmaterial als
kompatibel mit der im Rahmen der Bestimmungen der Enhanced Partnership for
Peace (ePfP) für Österreich im November 1998 durch den Ministerrat/ durch die
Bundesregierung festgelegten Mitarbeit bei friedensschaffenden Maßnahmen?
10. Inwieweit kommt es bei der oben zitierten
Ausbildung zu einer Gefährdung der Ge-
sundheit der daran teilnehmenden Soldaten bzw. wie können Sie eine solche aus-
schließen?
11. Inwieweit ist das oben genannte
gemeinsame Übungsgebiet von NATO und Teil-
nehmern der ePfP durch pathogene Kampfstoffe verseucht?
12. Wie wirkt sich eine solche Kontamination
auf die dem TÜPL benachbarte Bevölke-
rung aus?