535/J XXII. GP
Eingelangt am 17.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
DRINGLICHE ANFRAGE
der Abgeordneten Pilz, Kogler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Verdacht auf Schiebung, Geschenkannahme und Amtsmissbrauch
1. Eurofighter
Der Bundesminister für Finanzen hat dem Nationalrat in
Beantwortung der Dringlichen
Anfrage der Grünen am 10. Juni 2003 in einigen Punkten unvollständige Auskünfte
gegeben
und in anderen die Unwahrheit gesagt. Nach wie vor versucht der Minister, die
„sonstigen
Systemkosten" in der Höhe von 233 Millionen Euro zu vertuschen. Nach wie
vor verweigert
er die Auskunft über die Kosten der „Zwischenlösung". Eine Antwort
allerdings hat zur
Erhärtung des Schiebungsverdachts wesentlich beigetragen. Der Finanzminister
hat
zugegeben, dass er bereits während der ersten Phase des Vergabeverfahrens mit
Vertretern der
Eurofighter-Firma EADS gesprochen und verhandelt hat. Dabei hat er gegen eine
Bestimmung in der Angebotseinholung so klar verstoßen, dass eine Ausschließung
von EADS
aus
dem Verfahren geboten erscheint.
2. Sponsoren
„Selbstverständlich wird kein einziger Euro und kein
einziger Cent meiner privaten
Homepage mit Steuergeld finanziert. Das ist selbstverständlich nicht
der Fall! Es wäre sehr
plump, wenn ich Ihnen auf eine solche Frage etwas anderes sagen müsste.
Natürlich ist diese
Homepage privat und über Sponsoren finanziert. Außerdem möchte ich Ihnen
auch sagen: Es
gibt keine Förderung... (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. - Weitere
Zwischenrufe bei der
SPÖ.) Ich weiß, dass Sie die Antwort nicht hören wollen, lassen Sie
mich aber doch noch
fertig ausführen, denn Sie haben ja danach gefragt: Es gibt diesbezüglich keine
Förderung
durch Firmen, die mit dem BMF in wirtschaftlicher Beziehung standen oder
stehen. " Auch
diese Antwort enthält Unwahres. Drei Beamte des Ministerbüros und Gelder der
Industriellenvereinigung weisen in eine andere Richtung.
3. Freunde
Rund um den Finanzminister hat sich ein Freundeskreis
gebildet, der sich teils auf Jachten,
teils im Finanzministerium gemeinsam vergnügt. Nach derzeitigem Wissenstand
werden die
Vergnügungen auf offener See nicht vom österreichischen Steuerzahler
finanziert.
Rund um Karl Heinz Grasser hat sich in nur drei Jahren
ein System herausgebildet, dass man
in Österreich traditionell als „Freunderlwirtschaft" bezeichnet.
Da die Regierungsmehrheit im Nationalrat bisher jede
parlamentarische Klärung der
Vorgänge blockiert und unmittelbar großer finanzieller Schaden für die Republik
droht,
stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
DRINGLICHE ANFRAGE
Eurofighter
1. Am 10. Oktober 2001 ist das
Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung von 24
Abfangjägern eröffnet worden. Wann haben Sie danach zum ersten Mal den EADS-
Geschäftsführer Manfred Bischoff getroffen ?
2. In Ihrer Anfragebeantwortung
haben Sie dem Nationalrat am 10. Juni 2003 erklärt:
„Selbstverständlich, Herr Abgeordneter Pilz, haben wir Gespräche geführt.
Ich weiß
nicht, wie Sie sich vorstellen, dass wir Verhandlungen führen sollen,
ohne dass wir
Leute treffen, ohne dass wir Gespräche führen. Seien Sie versichert, natürlich
haben
wir Gespräche geführt, natürlich haben wir Verhandlungen geführt,
natürlich haben
wir Persönlichkeiten getroffen und mit ihnen Gespräche geführt... Und ich habe
Gespräche geführt mit Herrn Rauen, genauso wie mit Herrn Bischoff, beide
Vertreter
der EADS. " Was haben Sie während des Vergabeverfahrens und
insbesondere vor
dem 2. Juli 2002 mit EADS besprochen und verhandelt ?
3. Zu welchem Zweck haben Sie sich
während der ersten Phase der Vergabe vor dem 2.
Juli 2002 mit EADS-Vertretern getroffen ?
4. In der Angebotseinholung hat das
BMLV am 10. Oktober 2001 unmissverständlich
klargestellt:
„Rückfragen: Alle Fragen betreffend dieser Angebotseinholung sind
spätestens bis 16. Jänner 2002 schriftlich/per Telefax ausschließlich nur zu
richten
an: BUNDESMINISTERIUM FÜR LANDESVERTEIDIGUNG, Einkaufsabteilung III
(...) Direkte Kontaktaufnahmen mit anderen Dienststellen des BMVL im
Rahmen
dieses Vergabeverfahrens sind bis zu einer allenfalls möglichen
Auftragserteilung
unzulässig und können in eventu zum Ausscheiden des Angebots aus dem
Prüfungsverfahren führen". Warum haben Sie
trotz dieses Verbots schon kurz nach
dem
10. Oktober während des laufenden Vergabeverfahrens mit Vertretern von EADS
„Gespräche" geführt ?
5. Mit welchen Vertretern der Firmen
(und nicht politischen Vertretern von Schweden,
Großbritannien oder den USA), die F-16 bzw. Gripen anboten, haben Sie in dieser
Zeit parallel zu EADS Gespräche geführt ?
6. Falls Sie nur mit
Firmenvertretern von EADS Gespräche geführt haben - warum
haben
Sie nur mit einer Firma gesprochen und verhandelt ?
7. Haben Sie den
Verteidigungsminister laufend über Ihre „Gespräche" bzw. Ihre
„Verhandlungen" mit EADS sowie über deren Inhalt informiert ?
8. Der ehemalige
Verteidigungsminister Herbert Scheibner hat in der Debatte zur
Dringlichen
Anfrage am 10. Juni 2003 erklärt: „Ich habe mich vor der
Typenentscheidung nicht mit Firmenvertretern getroffen, nach der Typenentscheidung
mit Vertretern jener Firma, mit der wir verhandeln mussten. Das ist ja keine
Frage.
Aber, Herr Kollege Pilz, ich bin auch der Verteidigungsminister und deshalb
näher am
Projekt gewesen als andere Minister." Warum haben Sie sich im Gegensatz
zum
Verteidigungsminister während der ersten Phase des Vergabeverfahrens vor dem 2.
Juli 2002 mit Vertretern einer Firma getroffen ?
9. „Wann haben Sie welche Vertreter
von EADS oder der Eurofighter-GmbH wo
persönlich getroffen ?" Diese Frage aus der Dringlichen Anfrage haben Sie
am 10.
Juni 2003 nicht beantwortet. Wann haben Sie seit Ihrer erstmaligen
Bestellung zum
Finanzminister welche Vertreter von EADS oder der Eurofighter-GmbH wo
persönlich getroffen ?
10. Auf wessen
Betreiben sind die einzelnen Gespräche und Verhandlungen zustande
gekommen
?
11. Am 6. Februar
2002 erklärten Sie in News: „Abfangjäger sind aus finanzieller Sicht
nicht leistbar. " Am 2. März 2002 stellten Sie in der Kleinen Zeitung
fest: „Das ist ein
heikler Punkt, denn in der Bundesregierung stehe ich mit meiner Ablehnung der
Abfangjäger allein. Das passt nicht in das Gesamtbild der Budgetkonsolidierung.
"
Warum führten Sie mit EADS Gespräche, obwohl Sie grundsätzlich gegen die
Beschaffung
von Abfangjägern waren ?
12. Am 25. Juni 2002
wollte Herbert Scheibner dem Ministerrat die Beschaffung von 24
Gripen vorschlagen. Warum haben Sie sich gegen dieses Vorhaben ausgesprochen ?
13. Im Entwurf zum Ministerratsvortrag vom 25. Juni 2002, den der
Verteidigungsminister einbringen wollte, sind die Kosten
für 24 SAAB-Gripen mit
l 580 070 000 Euro angegeben. Eine Woche später haben Sie im Ministerrat den
Antrag,
24 Eurofighter um l 791 089 000 Euro zu kaufen, herbeigeführt. Damit ist es
Ihnen
gelungen, binnen einer Woche eine Steigerung der Beschaffungskosten um
mehr als 211 Millionen Euro durchzusetzen. Warum haben Sie sich als
Finanzminister
für die Beschaffung des teuersten Systems eingesetzt ?
14. Die durch Ihre Eurofighter-Intervention verursachten zusätzlichen Kosten betragen:
a) für die laut Auskunft des Verteidigungsministers um zwanzig Prozent
gegenüber dem Gripen erhöhten Betriebskosten - über
dreißig Jahre Laufzeit -
mindestens
300 Millionen Euro;
b) für die „Zwischenlösung" nach Schätzungen rund 200 Millionen Euro;
c) für die gegenüber dem Gripen
erhöhten Beschaffungskosten ebenfalls rund 200
Millionen
Euro.
Für die Steuerzahler ist es letzten Endes egal, ob diese
Mehrkosten und die
verschwiegenen 233 Millionen „sonstige Systemkosten" aus dem Budget des
BMLV
oder aus dem des BMF bedeckt werden. Wie rechtfertigen Sie diese Mehrausgaben ?
15. Die Entscheidung
für EADS und ihr Produkt „Eurofighter" widerspricht sowohl den
Vorschlägen der ranghöchsten Militärs an einem einsatzfähigen und leistbaren System
als auch den Interessen des Finanzministeriums an
möglichst sparsamem Umgang mit
Steuermitteln. Da in Ihrem Fall auch die Möglichkeit materieller Interessen
einer
Partei entfällt, bleibt die Frage nach Ihrem Motiv. Aus welchen Gründen
jenseits rein
persönlicher Vorteile haben Sie sich für Eurofighter eingesetzt ?
Sponsoren
16. Wie heißt der Verein, der Ihre Homepage betreibt und was ist sein Vereinszweck ?
17. Wer sind die Vereinsmitglieder und wer sitzt im Vereinsvorstand ?
18. Wer ist der Besitzer der Domaine „www.karlheinzgrasser.at" ?
19. Ist Ihnen
bekannt, dass Ihre Mitarbeiter Matthias Winkler, Rene Oberleitner und Fritz
Simhandl
Ihre Homepage während der Dienstzeit betreuen ?
20. „Natürlich
ist diese Homepage privat. " Das haben Sie dem Nationalrat am 12. Juni
2003 erklärt. Warum arbeiten drei Bedienstete des BMF in ihrer Dienstzeit an
Ihrer
privaten
Homepage ?
21. Haben Sie Ihren
Mitarbeitern gestattet, in ihrer Dienstzeit „www.karlheinzgrasser.at"
zu
betreuen ?
22. Wie hoch sind die
Honorare, die Sie privat Matthias Winkler und anderen Mitarbeitern
für ihre „private" Arbeit an Ihrer Homepage bezahlt haben ?
23. Die
Homepage wurde von der Firma „Lemon42" erstellt und liegt auf deren
Server.
Wie
viel haben Sie Lemon42 dafür bezahlt ?
24. Am 12. Juni 2003
haben Sie dem Nationalrat erklärt, Ihre Homepage werde „ über
Sponsoren finanziert". Wer sind diese Sponsoren ?
25. Wie hoch sind die
Beträge, die Sponsoren für diese Finanzierung zur Verfügung
gestellt haben ?
26. Der Verein zur
Förderung der New Economy wird als gemeinnützig geführt.
Gemeinnützige
Vereine haben nach den Bestimmungen des ausschließlich
gemeinnützig zu sein. Das ist bei einem Verein, der eine private Homepage
betreibt,
mit Sicherheit nicht der Fall. Damit ist der Verein in vollem Umfang
steuerpflichtig.
Was
werden Sie unternehmen, um die ordnungsgemäße Besteuerung des Vereins zu
veranlassen
und zu prüfen, inwiefern der Verein die Steuerpflicht durch Vortäuschung
der
Gemeinnützigkeit umgangen hat ?
27. Die Wertgrenze, ab
der eine verbotene Geschenkannahme strenger bestraft wird, liegt
bei 2000 Euro. Wie viele Sponsoren-Beiträge und sonstige Vorteile haben Sie in
Ihrer
Zeit als Finanzminister angenommen ? Wie hoch ist deren Wert im einzelnen ? Wie
hoch
ist deren Gesamtwert ?
28. Lorenz Fritz, der
Generalsekretär der Industriellen-Vereinigung, hat dem Standard
gegenüber bestätigt, dass seine Organisation dem „New Economy"-Verein zwei
mal je
75 000 Euro bezahlt hat. Wie hoch sind die Beträge, die Ihnen und Ihren
Vereinen und
sonstigen Projekten insgesamt von der Industriellenvereinigung zur Verfügung
gestellt
wurden
?
29. Die Erstellung
einer Website im Umfang von „www.karlheinzgrasser.at"
kostet
nach
marktüblichen Preisen nicht mehr als 10 000 Euro. Wofür hat Ihr „New
Economy"-
Verein die gespendeten Gelder von mindestens 150 000 Euro ausgegeben ?
30. Wer hat die Gelder der Industriellenvereinigung erhalten ?
31. Hat Ihnen die Industriellenvereinigung von sich aus die Finanzierung angeboten ?
32. Sie haben immer
wieder betont, für Ausgewogenheit in der Politik zu stehen. Welche
Gelder haben Ihnen der ÖGB oder die Arbeiterkammer zur Verfügung gestellt ?
33. Was sonst haben
Sie sich noch von „Sponsoren" finanzieren bzw. zur Verfügung
stellen lassen ?
34. Wenn man unter „www.karlheinzgrasser.at" eine Autogrammkarte anfordert, kommt
die Antwort auf dem Dienstweg. Die Autogrammkarten, die
„www.karlheinzgrasser.at" anbietet,
werden von Bediensteten des BMF auf Kosten
des Ressorts versandt. „Für Ihre freundliche Autogrammkartenanfrage, über die
sich
Bundesminister Grasser sehr gefreut hat, möchte ich mich herzlich
bedanken." Der
Dank kommt unter „Bundesministerium für Finanzen - Büro des Bundesministers"
von
Dr. Fritz Simhandl. Auf welcher Rechtsgrundlage beantwortet Simhandl in
ihrem
Büro
Autogrammwünsche, die an die „private" Homepage gerichtet sind ?
35. Das Inserat, in
dem Universitätsprofessoren die Pensionsreform loben, ist ebenfalls
von
der Industriellenvereinigung bezahlt worden. Hat ein Mitarbeiter Ihres
Kabinetts
dazu das inhaltliche Konzept entworfen ?
36. Wie beurteilen
Sie die Vorteile, die Karl Heinz Grasser als Privatperson gefordert,
angenommen
oder sich versprechen hat lassen, aus steuerrechtlicher Sicht ?
37. Welche weiteren
Vereine haben Mitglieder Ihres Kabinetts mit Ihrem Wissen
eingerichtet ?
Freunde
38. Am 6. Februar 2002 haben Sie als Bundesminister für Finanzen Freunde zum
Abendessen ins Ministerium geladen: den Schweizer
Millionär Montegazza, Michael
Feichtinger von der Liechtensteiner Treuhandfirma Jura-Trust, Frank Stronach
und
seinen Österreich-Vertreter Siegfried Wolf und einige weitere österreichische
Freunde,
mit denen Sie im Sommer Ihre Jacht-Urlaube verbringen. Ist es üblich, dass der
Finanzminister in seinem Ministerium seine Freunde bewirtet ?
39. Wie hoch waren
die Kosten, die dem Ministerium aus dieser Einladung erwachsen
sind?
40. Zur musikalischen
Begleitung haben Sie die Wiener Philharmoniker gewählt. Welche
Kosten sind aus dieser Verpflichtung entstanden ?
41. Michael
Feichtinger bietet als Inhaber der Treuhandgesellschaft „Jura-Trust"
seinen
Kunden
neben der grenzüberschreitenden Verlagerung von Geld vor allem eines: die
Anonymisierung. Warum liegt es im Interesse der Republik Österreich, einen
Treuhänder
in Vaduz im Finanzministerium zu verwöhnen ?
42. Nach eigenen
Angaben drehen Sie jeden Steuer-Euro doppelt um,
bevor Sie ihn
ausgeben. Im Falle der Abfangjäger und der Bewirtung Ihrer Freunde haben Sie
bewiesen, dass die doppelt umgedrehten Euros in Milliardenhöhe dort
verschwinden,
wo
viele davon profitieren - nur nicht die österreichischen Steuerzahler. Haben
Sie
vor,
auch BUWOG, BIG und Voest nach der Eurofighter/Sponsoren/Freunde-Methode
zu
erledigen ?
Informeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im
Sinne des § 93 Abs. 2 GOG
dringlich zu behandeln.