547/J XXII. GP

Eingelangt am 17.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend Zustellgesetz und Internationalisierung

Das alltägliche Leben vieler Bürgerinnen und Bürger hat sich in den letzten Jahren
stark internationalisiert. Dies steht im Zusammenhang mit der europäischen
Integration, dem Abbau der Grenzkontrollen, der Niederlassungsfreiheit, der
grenzüberschreitenden Anerkennung von Bildungsabschlüssen und der Entwicklung
von Austauschprogrammen für Schülerinnen und Studentinnen. So gehören aus-
und weiterbildungsbezogene sowie beruflich bedingte Auslandsaufenthalte
inzwischen in vielen Berufsgruppen und Fachgebieten zur Norm.

Diese Veränderung der Lebensumstände wurde allerdings noch nicht auf allen
Ebenen mitvollzogen. Ein Beispiel hiefür ist die Situation hinsichtlich der Zustellung
behördlicher Schriftstücke im Ausland. Das Zustellgesetz aus dem Jahr 1982
beschäftigt sich zwar in §11 mit Zustellungen im Ausland sowie in §12 mit
"Zustellungen von Schriftstücken ausländischer Behörden" im Inland. Im Regelfall
bleibt die Nachsendung von Behördenbriefen wie RSa und RSb ins Ausland
ausgeschlossen, dies unabhängig davon, ob der Empfänger dies so wünscht oder
nicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.     Welche internationalen Vereinbarungen im Sinne von §11 Absatz 1 des
Zustellgesetzes bestehen und welche Vorgaben für die Zustellung behördlicher
Schriftstücke im Ausland beinhalten diese?

2.     Welchen Weg bzw. welche Wege lässt bzw. ließe die "internationale Übung" im
Sinne von §11 Absatz 1 des Zustellgesetzes für die Zustellung behördlicher
Schriftstücke im Ausland zu?

3.     Gibt es für annahmewillige Empfänger eine generelle Möglichkeit, behördliche
Schriftstücke im Ausland zugestellt zu bekommen?

4.     Stimmt es, dass die Nichtzustellung von Rückscheinbriefen im Ausland auf die
Absender behördlicher österreichischer Schriftstücke zurückgeht?

5.     Ist das üblicherweise zugunsten des Ausschlusses der Zustellung im Ausland
vorgebrachte Argument der häufigen Versäumnis behördlicher Fristen im Falle
internationaler Zustellung behördlicher Schriftstücke angesichts garantierter


Zustellzeiten bzw. Zustellzeiträume, wie sie seitens international tätiger
Zustellunternehmen längst selbstverständlich sind, sowie nationaler
Höchstlaufzeitverpflichtungen von Postsendungen, wie sie zB auch in
Österreich existieren, noch stichhaltig?

6.      Inwieweit ist der offenbar generelle Ausschluß der Zustellung von
Rückscheinbriefen im Ausland im Einklang mit §11 Absatz 1 des
Zustellgesetzes, der klar vorgibt: "Zustellungen im Ausland sind (...)
vorzunehmen."?

7.     Kommt §12 Absatz 1 des Zustellgesetzes in der Praxis zur Anwendung, erfolgt
also eine Zustellung von Schriftstücken ausländischer Behörden im Inland?
Wenn ja, wie erklären sie den entstehenden Widerspruch?

8.     Halten sie die faktische Nichtzustellbarkeit behördlicher Schriftstücke
Österreichs im Ausland angesichts der Internationalisierung des Berufs-,
Bildungs- und Alltagslebens noch für zeitgemäß?

9.     Werden Sie Schritte im Sinne der im Ausland befindlichen, annahmewilligen
Bürgerinnen setzen, und wenn ja, welche und bis wann?

10.   Ist mit Änderungen im Sinne der im Ausland befindlichen, annahmewilligen
Bürgerinnen durch Vorgaben Dritter, etwa der EU oder der UPU, zu rechnen,
und wenn ja, mit welchen und bis zu welchem Zeitpunkt?