583/J XXII. GP

Eingelangt am 03.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Bettina Stadlbauer

und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend die laufenden Verhandlungen über das Dienstleistungsabkommen der WTO (GATS).

Die WTO-Ministerkonferenz 2001 hatte festgelegt, dass die GATS-Liberalisierungsangebote
bis 31. März 2003 einzubringen sind. Der Sprecher der GATS-Verhandlungsrunde, der
chilenische Botschafter Alejandro Jara berichtete am 23. Mai der interessierten Öffentlichkeit,
dass erst 25 von 146 WTO-Mitgliedsländer im Rahmen der GATS-Verhandlungen ein
Liberalisierungsangebot abgegeben haben. Nur fünf davon wurden veröffentlicht. „ Als
wirkliches Bemühen hin zu Liberalisierungen" lobte Jara das EU-Angebot bei der
Arbeitsmarktöffnung, mode 4.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit nachstehende

Anfrage:

1.   Welche Auswirkungen wird die Abweichung vom Zeitplan aus Ihrer Sicht für den
weiteren Verhandlungszeitplan haben?

2.   Wie beurteilen Sie die Situation, dass erst 25 Länder Liberalisierungsangebote
abgegeben haben?

3.   Ist dies als Ausdruck von geringem Interesse vieler WTO-Mitgliedsländer an einer
weiteren Liberalisierung des Dienstleistungsbereiches durch das GATS-Abkommen zu
werten?

4.   Entspricht es Ihrer Vorstellung von Transparenz und Demokratie, dass
      Verhandlungsangebote nicht veröffentlicht werden, wie es ein Großteil der
     
Mitgliedsländer macht?

 


5.   Die Anwesenheit natürlicher Personen bei der grenzüberschreitenden

Dienstleistungserbringung wird im EU-Angebot für die innerbetriebliche Entsendung
auf drei Jahre ausgedehnt. Wie wollen Sie in Zukunft eine missbräuchliche
Anwendung verhindern?

6.   Die Anwesenheit natürlicher Personen auf Basis eines Dienstleistungsvertrages wird
im EU-Angebot auf sechs Monate innerhalb von 12 Monate ausgedehnt. Diese
Möglichkeit soll in 14 weiteren Sektoren wie Umweltdienstleistungen
(Abfallwirtschaft, Abwasserentsorgung,...) Übersetzungsdienste oder Technische
Dienstleistungen (Maschinenbau, etc.) gegeben werden. Welche Vorstellungen haben
Sie von den diskutierten Quoten und deren Kontrolle?

7.   Wer wird die Einhaltung österreichischer Sozial- und Arbeitsrechtsvorschriften bzw.
Mindestlöhne kontrollieren?

8.   Wird der kollektivvertragliche Mindestlohn, wie er für österreichische
Arbeitnehmerinnen gilt, rechtsverbindlich sein?

9.   Laut einer Untersuchung des kanadischen Polaris Institut fordert die Europäische
Union von 109 WTO-Mitgliedsländern Liberalisierungszugeständnisse. Davon sind 94
Entwicklungs- und Schwellenländer. Von 72 Ländern wird die Liberalisierung der
Trinkwasserversorgung gefordert. Von Malaysien wird die Freigabe des Handels mit
der inländischen Währung Ringgit gefordert. Von Südafrika und vielen anderen
Ländern verlangt die EU, dass sie den Zweigstellen der Finanzmultis keine
Eigentumsvorschriften machen sollen. Mexico und Chile sollen ihren Schutz der
Küsten vor beliebigen Ausverkauf an Hotelketten aufgeben. Kenia soll die
Beschränkung im Telekombereich auf max. 30% Kapitalbeteiligung durch
ausländische Unternehmungen beseitigen. Ägypten soll auf eine Bedarfsprüfung für
ausländische Tourismus-Unternehmen verzichten. Kamerun verpflichte ausländische
Investoren, pro 10.000 investierten US-Dollar, mindestens einen Arbeitsplatz zu
schaffen. Die EU will das ändern. Sind diese Liberalisierungsforderungen tatsächlich
in den Forderungen der EU enthalten?

10. Wie begründen sie diese Deregulierungsforderungen?


 

11. Wie lassen sich diese Forderungen mit der wiederholten Erklärung der EU auf die
besondere Situation der Entwicklungsländer zu achten in Einklang bringen?

12. Wann werden Sie die Forderungslisten der EU veröffentlichen und damit eine
demokratische Meinungsbildung zulassen?