586/J XXII. GP

Eingelangt am 08.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Heidrun Silhavy und GenossInnen

an den BM für Wirtschaft und Arbeit

betreffend Auswirkungen der Umsetzung der Regierungsvorlage 80 d.B

Die WKÖ bejubelt auf ihrer homepage (http://portal.wko.at) „WKÖ: Maßgeschneiderte
Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten erreicht"

Im parlamentarischen Wirtschaftsausschuss wurde heute, Mittwoch, das neue
Öffnungszeitengesetz (ÖZG 2003) beschlossen. "Damit ist ein weiterer maßgeschneiderter
Liberalisierungsschritt der Ladenöffnungszeiten erreicht, der den Geschäften mehr Spielraum
einräumt und auf örtliche Gegebenheiten durch Verordnung der Landeshauptmänner flexibler
reagieren lässt ohne dass die Nahversorger unter die Räder kommen", beurteilt WKÖ-
Generalsekretärstellvertreter und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, Reinhold
Mitterlehner. die Novelle durchwegs positiv.

Weiters konnte durch eine Übergangsregelung außer Streit gestellt werden, dass die in der
Regierungsvorlage vorgesehene Beschränkung der Verkaufsflächen auf Bahnhöfen und
Flugplätzen auf 80 m2 für bestehende Läden bis zu einer Neuregelung durch den zuständigen
Landeshauptmann nicht zur Anwendung kommen. "Damit fügt sich diese Regelung
harmonisch in das neue System des ÖZG ein", erklären Leitl und Mitterlehner. "Auch bisher
mögliche längere Verkaufszeiten etwa für Bäckereibetriebe, Blumengeschäfte, Süßwaren
(Konditoren) sowie Obstverkaufsstellen bleiben erhalten."

Verschwiegen wird dabei jedoch, dass zugleich eine massive Verschlechterung für die
Beschäftigten von den Regierungsparteien beschlossen wurde.

Es grenzt daher schon nahezu an Zynismus gegenüber den betroffenen unselbständig
Beschäftigten, wenn ÖVP und FPÖ dann eine Ausschussfeststellung formulieren, die
lautet:

Der Wirtschaftsausschuss geht davon aus, dass korrespondierende arbeitsrechtliche
Konsequenzen und sonstige flankierende Maßnahmen für die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter zwischen den Sozialpartnern verhandelt werden.

Weiters geht der Ausschuss davon aus, dass die im Regierungsprogramm festgeschriebenen -
im Interesse der weiteren Verbesserung von Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelegenen -
Maßnahmen rasch umgesetzt werden. "

Im Vorblatt der genannten Regierungsvorlage werden u.a. folgende Ziele

angegeben:

Stärkung des Wirtschaftstandortes Österreich

Schaffung von Arbeitsplätzen

Schaffung flexibler Einsatzmöglichkeiten für Arbeitnehmer im Handel am Samstag
Nachmittag

 


Zu den Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich
werden konkrete Zielangaben verschwiegen, finanzielle Auswirkungen werden vom
Ressort keine erwartet.

Anders sieht dies der Rechnungshof in seiner Stellungnahme:

In den Erläuterungen wird hiezu ausgeführt, dass durch die gesetzlichen Neuregelungen ein
Kaufkraftabfluss verhindert und der Wirtschaftsstandort
Österreich insgesamt gestärkt werden soll. Laut den Angaben im
Vorblatt zu den Erläuterungen seien mit dem Entwurf jedoch
keine finanziellen Auswirkungen verbunden.
GZ 300.591/002-D2/03 Seite 2/2

Der Rechnungshof weist ausdrücklich darauf hin, dass gemäß
§ 14 Abs. l Z l BHG aus einer Darstellung der erwarteten
finanziellen Auswirkungen auch hervorzugehen hat, ob und
inwiefern die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen
voraussichtlich Einnahmen für den Bund verursachen wird. Da
laut den Erläuterungen zum Entwurf die Neuregelungen der
Öffnungszeiten unter anderem zu einer verstärkten Kaufkraft
führen soll, wären auch die durch Mehrumsätze und
Gewinnzuwächse erwarteten positiven steuerlichen Auswirkungen
— und somit Einnahmen des Bundes — darzustellen gewesen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit nachfolgende

ANFRAGE.

1.   In der Anfragebeantwortung 311/AB XXII. GP führen Sie aus: Die erwartete
Schaffung zusätzlicher Voll- und Teilzeitarbeitsplätze sowie die erwartete
Umsatzsteigerung können zahlenmäßig nicht abgeschätzt werden, da sie von
zahlreichen Ungewissen Faktoren (wie insbesondere Konjunktur, tatsächliche
Öffnungszeiten, Konsumverhalten) abhängig sind.
Auf welchen Annahmen basiert
daher die Zielformulierung Schaffung von Arbeitsplätzen?

2.   Auf welchen Annahmen basiert daher die Zielformulierung Stärkung des
Wirtschaftstandortes Österreich?

3.   Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit Deutschland in den Bereichen:

a)  Lebensmittelhandel

b)  Fotohandel

c)  Handel mit optischen Geräten

d)  Radio- u. Elektrowaren

e)  Handel mit Drogerie und Parfumeriewaren,

f)   Sportartikelhandel

g)  Textilhandel

h)  Schuhhandel

i)   Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)   Spielwaren

k) Arzneimittel

l)   Fahrzeughandel


4.   Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit Italien in den Bereichen:

a)      Lebensmittelhandel

b)      Fotohandel

c)      Handel mit optischen Geräten

d)      Radio- u. Elektrowaren

e)      Handel mit Drogerie und Parfümeriewaren,

f)      Sportartikelhandel

g)      Textilhandel

h)      Schuhhandel

i)      Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)       Spielwaren

k)      Arzneimittel

l)      Fahrzeughandel

5.   Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit Slowenien in den Bereichen:

a)      Lebensmittelhandel

b)      Fotohandel

c)      Handel mit optischen Geräten

d)      Radio- u. Elektrowaren

e)      Handel mit Drogerie und Parfümeriewaren,

f)      Sportartikelhandel

g)      Textilhandel

h)      Schuhhandel

i)      Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)       Spielwaren

k)      Arzneimittel

l)      Fahrzeughandel

6.   Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit Kroatien in den Bereichen:

a)       Lebensmittelhandel

b)       Fotohandel

c)       Handel mit optischen Geräten

d)       Radio- u. Elektrowaren

e)       Handel mit Drogerie und Parfümeriewaren,

f)       Sportartikelhandel

g)       Textilhandel

h)       Schuhhandel

i)       Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)       Spielwaren

k)       Arzneimittel

l)       Fahrzeughandel

7.   Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit Ungarn in den Bereichen:

a)       Lebensmittelhandel

b)       Fotohandel

c)       Handel mit optischen Geräten

d)       Radio- u. Elektrowaren

e)       Handel mit Drogerie und Parfümeriewaren,

f)       Sportartikelhandel

g)       Textilhandel

h)       Schuhhandel

i)       Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)        Spielwaren

k)       Arzneimittel


l)   Fahrzeughandel

8.   Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit Slowakei in den Bereichen:

a)      Lebensmittelhandel

b)      Fotohandel

c)      Handel mit optischen Geräten

d)      Radio- u. Elektrowaren

e)      Handel mit Drogerie und Parfümeriewaren,

f)      Sportartikelhandel

g)      Textilhandel

h)      Schuhhandel

i)      Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)       Spielwaren

k)      Arzneimittel

l)      Fahrzeughandel

9.   Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit Tschechien in den Bereichen:

a)      Lebensmittelhandel

b)       Fotohandel

c)      Handel mit optischen Geräten

d)      Radio- u. Elektrowaren

e)       Handel mit Drogerie und Parfümeriewaren,

f)       Sportartikelhandel

g)       Textilhandel

h)       Schuhhandel

i)       Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)       Spielwaren

k)       Arzneimittel

l)       Fahrzeughandel

10.      Wie liegt Österreich im Preisvergleich mit der Schweiz in den Bereichen:

a)       Lebensmittelhandel

b)       Fotohandel

c)       Handel mit optischen Geräten

d)       Radio- u. Elektrowaren

e)       Handel mit Drogerie und Parfümeriewaren,

f)       Sportartikelhandel

g)       Textilhandel

h)       Schuhhandel

i)       Möbel und Einrichtungsgegenstände

j)       Spielwaren

k)       Arzneimittel

l)       Fahrzeughandel

11. Gibt es gesicherte Daten über einen Österreichischen Kaufkraftabfluss in
Nachbarstaaten?
Wenn ja, auf welcher Grundlage?

12. Wenn es gesicherte Daten über einen Österreichischen Kaufkraftabfluss in
Nachbarstaaten gibt wie hoch ist dieser

a)  nach Deutschland?

b)  nach Italien?

       c)  nach Slowenien?

       d) nach Kroatien?


e)       nach Ungarn?

f)       in die Slowakei?

g)      nach Tschechien?

h)       in die Schweiz?

13. In der Anfragebeantwortung 311/AB XXII. GP  geben Sie die Beschäftigtenzahlen wie

folgt an:

Demnach gab es in den Wirtschaftsabteilungen „Handelsvermittlung und Großhandel
(ohne Handel mit KFZ)" (ÖNACE-51) und „Einzelhandel (ohne Handel mit KFZ), Re-
paratur von Gebrauchsgütern" (ÖNACE-52)

1996        95.221 Teilzeit- und 369.868 Vollzeitbeschäftigte.

1998        120.451 Teilzeit- und 351.720 Vollzeitbeschäftigte.

(Diese Zahlen beinhalten selbständig und unselbständig Beschäftigte.)

In der Beantwortung 2495/AB XXI.GP haben sie hingegen geschrieben:

Zur Beantwortung der Fragen nach Voll - und Teilzeit - Beschäftigungen wurden die

Ergebnisse des Mikrozensus der Statistik Austria (vormals ÖSTAT) auf der

Grundlage des "Lebensunterhaltskonzepts" (12 bis 35 Stunden) herangezogen,

nachdem das "Labour - Force - Konzept" des Mikrozensus Statistik Austria bereits eine

bezahlte Beschäftigung von lediglich einer Stunde pro Woche bzw. die Mitarbeit im

Familienbetrieb enthält. Laut dieser Erhebung betrug der Durchschnitt an

unselbständig Beschäftigten in den Jahren 1996 bzw. 2000 im Handel (inkl.

Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen):

1996 2000

• Vollzeit (laut Mikrozensus): 391.800 368.800

• Teilzeit (laut Mikrozensus): 81.600 108.500

Die Zahl von geringfügig Beschäftigten wird vom Hauptverband der Sozialversiche -

rungsträger erhoben. Die jahresdurchschnittliche Zahl der geringfügig Beschäftigten

(ÖNACE Abschnitte 50 bis 52) - also inkl. Instandhaltung und Reparatur von Kfz

(laut Hauptverband) beträgt:

1996 2000

28.547 41.642

Wie viele unselbständig Beschäftigte auf Vollzeitarbeitbasis gab es im Einzelhandel jeweils

im Jahr 1996, 1998, 2000 und 2002?

14. Wie viele unselbständig Teilzeitbeschäftigte gab es im Einzelhandel jeweils im Jahr 1996,

1998, 2000 und 2002?

15. Wie viele Personen waren im Einzelhandel (ÖNACE Abschnitte 50 bis 52) jeweils im
Jahr 1996, 1998, 2000 und 2002 geringfügig beschäftigt?

16. Wie viele Lehrlinge wurden im Einzelhandel jeweils im Jahr 1996, 1998, 2000 und 2002
ausgebildet?

17. Wie viele Ausbildungsbetriebe gab es im Einzelhandel jeweils im Jahr 1996, 1998, 2000
und 2002?

18. Wie viele Handelsunternehmen gab es im Einzelhandel jeweils im Jahr 1996, 1998, 2000
und 2002?

19. Wie viele von den Handelsunternehmen im Einzelhandel waren jeweils im Jahr 1996,
1998, 2000 und 2002 Familienbetriebe?

20. Wie viele von den Handelsunternehmen m Einzelhandel wurden jeweils im Jahr 1996,
1998, 2000 und 2002 in Franchising geführt?


21. Wie viele der Handelsunternehmen m Einzelhandel mit über 200 Beschäftigten waren
jeweils im Jahr 1996, 1998, 2000 und 2002 im Besitz österreichischer Unternehmerinnen?

22. Wie entwickelte sich die Anzahl der Unternehmen nach Beschäftigtengrößenklassen.
1995 - 2002 im Einzelhandel?

23. Wie entwickelte sich die Erlöse und Erträge nach Beschäftigtengrößenklassen, 1995 -
2002 im Einzelhandel?

24. In der Anfragebeantwortung 2135/AB XXI.GP führten Sie zum Schutz der
Handelsangestellten aus:

Arbeitsrechtliche Maßnahmen zum Schutz von Handelsangestellten wurden bereits
durch die letzte Novelle des Arbeitsruhegesetzes (BGBl. I Nr. 5/1997) im § 22 d ge-
schaffen.

Dieser sieht vor, dass für Arbeitnehmer, die an einem Samstag nach 13 Uhr
beschäftigt werden, der folgende Samstag zur Gänze arbeitsfrei zu sein hat. Diese
Bestimmung wird durch den zur Begutachtung gestellten Entwurf die geplante
Novelle nur insoweit geändert, als nun nicht mehr jeder zweite Samstag freizugeben
ist, sondern es haben innerhalb eines Kalenderjahres 26 Samstage zur Gänze
arbeitsfrei zu bleiben. Das jährliche Höchstausmaß der Beschäftigung am Samstag
Nachmittag bleibt gegenüber der derzeitigen Rechtslage somit unverändert.
Die Flexibilität der Neuregelung wird auch Vorteile für Arbeitnehmer bringen, weil es
nunmehr bei entsprechender Verteilung des Arbeitsanfalls auch möglich ist, mehrere
arbeitsfreie Wochenenden hintereinander zu konsumieren.
In 311/AB XXII GP hingegen meinen Sie lakonisch:

     Flankierende Maßnahmen auf gesetzlicher Ebene für die Arbeit am Samstagnach-
    
mittag erscheinen deshalb nicht erforderlich, weil auch ohne eine ausdrückliche ge-
    
setzliche Regelung durch Kollektivvertrag allfällige Nachteile für die betroffenen Ar-
    
beitnehmer/innen durch entsprechende Maßnahmen ausgeglichen werden können.
      
Der Handels-KV sieht bereits derartige Regelungen vor, für die handelsähnlichen
      
Dienstleistungsbetriebe können gleichartige Regelungen abgeschlossen werden.______

Wie erklären Sie diesen Sinneswandel als zuständiger Minister?

25. Wie viele Kollektivverträge gibt es derzeit für

a)   Friseure

b)  Kosemetiksalons

c)  Reisebüros

d)  Fotografen

e)   Schuhservice

f)   Coppy-Shops

g) Banken

h)  Wechselstuben

26. Bisher waren die Schutzinteressen der Arbeitnehmerinnen in den im Vorblatt
aufgezählten Dienstleistungsbranchen durch das ARG hinsichtlich der Wochenendruhe
gewahrt. Diese Bestimmung wurde ersatzlos gestrichen und Sie argumentieren mit der
Möglichkeit kollektivvertraglicher Regelungen!

Ist in allen bestehenden Kollektivverträgen der betroffenen Branchen geregelt, dass für
Arbeitnehmer, die an einem Samstag nach 13 Uhr beschäftigt werden, der folgende Samstag
zur Gänze arbeitsfrei zu sein hat ?

27. Wie verantworten Sie als zuständiger Bundesminister gegenüber den betroffenen
Arbeitnehmerinnen unter Berücksichtigung der normativen Wirkung des gesetzlichen
Stufenbaues, die ersatzlose Streichung einer Schutzbestimmung und damit eine
Schlechterstellung der Normunterworfenen gegenüber der bisherigen Rechtslage?


28. Durch welche gesetzliche Schutzvorschriften ist sichergestellt, dass ein Arbeitnehmer/
eine Arbeitnehmerin eine Arbeit wochentags nach 18 Uhr und samstags nach 13 Uhr ablehnen
kann, wenn berücksichtigungswürdigende Gründe (z.B. Betreuung von Kindern, keine
öffentlichen Verkehrsmittel usw.) entgegenstehen?

29. Durch welche gesetzlichen Maßnahmen ist sichergestellt, dass die Qualität der
betrieblichen Mitbestimmung verbessert wird?

30. Durch welche gesetzlichen Maßnahmen ist ein individueller Arbeitszeitschutz vor
einseitigen flexiblen Arbeitszeitformen sichergestellt?

31. Durch welche Maßnahmen planen Sie Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz
einzudämmen?

32. Wie viele Überprüfungen und Verstöße hinsichtlich der Aufzeichnung der Arbeitszeiten
für Vor- und Nacharbeiten wurden im Handel im Jahr 2002 festgestellt.

33. Warum wurde die Regierungsvorlage für einen Rechtsanspruch auf Teilzeit für Eltern
von Kindern bis zum Ablauf des 7. Lebensjahres bei gleichzeitigem Recht auf Rückkehr in
Vollzeitbeschäftigung dem Parlament noch nicht zugeleitet?

* Zitierungen sind in kursiver Schreibweise abgefasst!