673/J XXII. GP

Eingelangt am 10.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Fahrplanänderungen der ÖBB, gemeinwirtschaftliche Leistungen und
Bahnreform

Im Juni 2003 haben die ÖBB einen "kleinen Fahrplanwechsel" vorgenommen. Dabei
wurden die zum Teil bereits seit Jahren technisch möglichen Beschleunigungen von
schnellen Zügen endlich in einigen Fällen und Relationen realisiert. Zugleich wurde
jedoch ein Teil dieser Beschleunigungen mit dem Entfall von Zugshalten erkauft,
wobei es auch um Haltepunkte erster Ordnung wie Leoben, St. Polten oder Wels
geht. Auch wurden in einigen Fällen Abfahrtszeiten nach hinten verlegt und ähnliche
Veränderungen vorgenommen.

Die entsprechenden Züge waren zum Teil wichtige Angebote für Pendlerinnen und
Pendler. Diese haben durch die Änderungen bei Abfahrtszeiten und Halten zum Teil
gravierende Schwierigkeiten, ihre Arbeitsplätze zeitgerecht zu erreichen.
Wiewohl es aber klar dokumentiert Verschlechterungen für Pendlerinnen gab,
wurden in diesen Fällen nur vereinzelt Ersatzmöglichkeiten durch andere zeitnah
verkehrende Züge geboten. Zugleich ist allerdings nichts davon bekannt, dass es bei
den Zahlungen, die die ÖBB insbesondere von Bundesseite für die nicht
eigenwirtschaftliche Beförderung z.B. von Pendlerinnen erhält, entsprechende
Reduktionen gegeben hätte.

Hierbei handelt es sich keinesfalls um eine rein betriebliche Angelegenheit der ÖBB,
sondern um eine zentrale verkehrspolitische Frage im vollen Verantwortungsbereich
des Verkehrsministers.

Dasselbe gilt für einige hinterfragenswerte Positionierungen des BMVIT und seiner
politischen Spitzenrepräsentanten im Zusammenhang mit den Bahnreformplänen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

1. Welche Verschlechterungen im Zugsangebot der ÖBB für Pendlerinnen durch
die Fahrplanänderungen per 15. Juni 2003 sind Ihnen bekannt?

2. Welche Konsequenzen wurden bzw. werden diesbezüglich bei den Zahlungen
des Bundes für gemeinwirtschaftliche Leistungen gezogen?

3. Wann werden Sie endlich den überfälligen, laut Gesetz jedoch "alljährlich" zu
legenden Bericht über die bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen und
die eingetretenen Veränderungen vorlegen?


4. Welche Möglichkeiten haben andere Anbieter im Schienenverkehr zur
Einrichtung pendlerfreundlicher Zugsangebote dort, wo ÖBB-
Angebotsreduktionen zu Verschlechterungen führen bzw. geführt haben?

5. Wann werden Sie eine Reform der Schienennahverkehrsfinanzierung,

beispielsweise mit dem Ziel einer seriösen Regionalisierung auch der nötigen
Finanzmittel, vornehmen?

6. Wie stehen Sie zur Regionalisierung von Teilen des Schienennetzes?

7. Warum gibt es nach der räumlich beschränkten Interessentensuche für
eingestellte bzw. einstellungsbedrohte Nebenbahnen bereits seit langem
keine sichtbaren Fortschritte mehr?

8. Wie stellt sich die Situation bei den einzelnen dieser Interessentensuche
unterzogenen Strecken derzeit dar und welche Perspektiven bestehen
jeweils?

9. Welche Zielsetzungen außer der mehrfach erwähnten Reduktion des
öffentlichen Mitteleinsatzes verfolgen Sie bei der angestrebten Bahnreform,
und wie wollen Sie die Erreichung dieser Ziele sicherstellen?

10. Hat für Sie bei der ÖBB-Reform mehr Angebot für die Fahrgäste oder eine
größtmögliche Kostenreduktion oberste Priorität?

11. Welchen Beitrag leisten betrieblich teure, aber politisch bzw. seitens der rund
um die HL-AG und ihre Ansprechpartner im BMVIT gruppierten Lobby in
dieser teuren Form gewünschte Eisenbahninfrastrukturprojekte zum von Ihrem
Staatssekretär beklagten deutlich höheren Aufwand pro Hauptgleiskilometer
als bei vergleichbaren westeuropäischen Bahnen?

12. Welchen Einfluß haben derartige auch in der Errichtung unnötig teure Projekte
(Beispiel: HL-Ausbau mit 4,70m Gleisabstand auch dort, wo betrieblich die
bloße Zulegung eines zweiten Gleises mit normalem Gleisabstand völlig
ausreichen würde) auf das seitens Ihres Ressorts beklagte Anwachsen der
Schieneninfrastrukturschulden?

13. Was werden Sie unternehmen, um die in den Fragen 11 und 12
angesprochenen Fehlentwicklungen zu korrigieren?

14. Halten Sie Transportleistungs- und Produktivitätsvergleiche mit völlig anders
strukturierten Bannen wie etwa in den USA, wie sie im Zusammenhang mit
der Bahnreform u.a. von Staatssekretär Kukacka vorgetragen werden, für
seriös?

15. Wie bemisst sich der Sozialnutzen, der den von Ihrem Haus kritisierten "hohen
Sozialkosten" der ÖBB gegenübersteht, und welche Untersuchungen liegen
Ihrer Bezifferung zugrunde?

16. Welche Änderungen im Eisenbahnerdienstrecht schlägt die Arbeitsgruppe
unter Prof. Mazal im einzelnen vor, und wie stehen Sie zu diesen
Vorschlägen?