678/J XXII. GP

Eingelangt am 10.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit
betreffend Brand in der RPB Recycling Point Blumau

Wiederaufbereitungsges.m.b.H in der Zeit von 24. September bis 3. Oktober 2002
und behördenseitige Abwicklung

Mit Bescheid vom 10. Juni 1997, RU4-K-069/066 wurde die Bewilligung zur
Errichtung und Inbetriebnahme einer Baustoffrückgewinnungsanlage auf den
Grundstücken 1236/1, 1236/18 und 1236/20 in der Gemeinde Blumau-Neurißhof in
Niederösterreich erteilt. Die Anlage wurde zum Zeitpunkt des Brandgeschehens im
September-Oktober 2002 von der Firma Recycling Point Blumau (RPB),
Wiederaufbereitungsgesellschaft m.b.H. (FN 182403 s), Pottendorferstr. 12, 2602
Blumau betrieben.

Noch im Oktober 2002, also kurz nach dem Brand auf dem Gelände, trat Kurt
Fischer mit 15.10.2002 als Geschäftsführer zurück.

Kurt Fischer schied auch als alleiniger Gesellschafter aus dem Unternehmen RPB
aus und der bis dahin von ihm gehaltene Stammanteil im Unfang von EUR 34.650.-
wurde von der IPM (früher HKL)-INVEST-lmmobilien und Projektmarketing GmbH &
Co KEG übernommen. Als Kommanditisten fungieren wiederum Kurt Fischer und
Herbert Krottenhammer. Als Geschäftsführer agierten ab dann in der RPB laut
Firmenbuch KR Ing. Alfred Scheibenpflug und Herbert Krottenhammer.
Am selben Standort sind noch zwei weitere Firmen eingetragen, die FK & G
Kunststoff-Recycling GmbH und die RPB Mobil-Recycling G.m.b.H (FN 196221 k);
Bei zweiterer Firma hat am 4. 10. 2001 Kurt Fischer die Tätigkeit als Geschäftsführer
zugunsten Herbert Krottenhammer niedergelegt, wobei die Anteile von Kurt Fischer
selber und Ing. Alfred Scheibenpflug übernommen worden sind. Angemerkt sei, dass
die RPB Mobil-Recycling G.m.b.H sich derzeit in einem Konkursverfahren
(Landesgericht Wr. Neustadt) befindet.


Die Grünen erhielten Informationen, wonach einige Herren dieses Netzes mittels
einer in Luxemburg niedergelassenen Firma am Auftrag der großvolumigen
Sanierung (nach Schätzungen ein EUR 4 Mio. Auftrag) der RPB-Anlage Interesse
hätten. Jedenfalls kann es nicht von öffentlichem Interesse sein, dass die
ehemaligen Betreiber eines insolventen Betriebes wie Phönix aus der Asche als
Sanierer in Erscheinung treten.

Die Immobilie wird derzeit von Dr. Tomisek Immobilien Consulting International
GmbH, Neuwaldegger Str. 30, 1170 Wien mit Verweis angeboten, dass die
Errichtung einer Verbrennungsanlage sinnvoll wäre, dass es eine Förderungszusage
aus EU-Mitteln in Höhe von 50% der Investitionskosten gibt (siehe
www.immobilienatlas.at). Auch hier ist der Stand des Verfahrens unklar, da das Land
Niederösterreich angeblich nichts von einem derartigen Projekt weiß.

Betreffend Sanierung der Anlage wurde eine mit EUR 200.000 dotierte
Ausschreibung für einen Zivilingenieur von der BH Baden durchgeführt und als nicht
EU-konform befunden. Nicht nur, dass die Bevölkerung an den Fähigkeiten der
zuständigen Beamten zweifelt, sie hat das Vertrauen verloren und halten dies für
eine Verzögerungstaktik seitens des Bundes. Die Ausschreibung wird derzeit (JULI
2003!) in zweiter Version umgesetzt.

Aufgrund der mittelbaren Verwaltungsmaterie ist es erforderlich, im gesamten
Bundesgebiet zum Ausschluss von Wettbewerbsverzerrungen, mit gleicher Sorgfalt
auf die Einhaltung und Erfüllung von Auflagen zu drängen. Ein Ost-West-Gefälle ist
real gegeben. Niederösterreich scheint nicht mit nötigem Nachdruck auf Einhaltung
der Rahmenbedingungen zu drängen.

Gravierend ist die Aufteilung der im Zuge des Brandgeschehens entstandenen
Kosten. Die Gemeinde Blumau-Neurißhof muss jetzt laut BH Baden sogar für die
Kosten des Baggerunternehmens in Höhe von EUR 25.476.- aufkommen. Die
erwachsenen Gesamtkosten für die Gemeinde betragen ca. EUR 130.000.-. Die
Kostenabwälzung auf die Kommune, die keinen Einfluss auf den Betrieb der Anlage
hatte, erscheint mehr als ungerechtfertigt. Hier ist Handlungsbedarf.


Bereits 1997 im Zuge des Genehmigungsverfahren zur Errichtung und
Inbetriebnahme einer Baustoffrückgewinnungsanlage wurde von Sachverständigen
gemäß § 29 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) darauf hingewiesen, dass hinsichtlich
des Standortes der Anlage am Rande der Mitterndorfer Senke sowie im Nahbereich
des Brunnenfeldes Blumau des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und
Südbahngemeinden besondere Sicherheitsmaßnahmen notwendig erscheinen, um
negative Einwirkungen auf den Wasserkörper hintanzuhalten. 80.000 Haushalte
werden aus diesem Wasserkörper versorgt.

Am 24. September 2002 begann ein Brand am Areal der Firma RPB, der erst am 3.
Oktober 2002 gelöscht werden konnte. Unsortierter Müll im Ausmaß von mindestens
15.000m3 verbrannte. Der Brandschutt lagert seit 3. Oktober nach wie vor im Freien
auf befestigter Fläche, wobei der Zustand der Bodenfugen als kritisch bezeichnet
werden kann. Von über einer Million Liter Löschwasser wurde nur ein Bruchteil
aufgefangen und entsorgt. Der Rest versickerte.

Im Zuge der Löschaktion mussten Feuerwehrleute ärztlich versorgt werden, da die
Atmungsorgane aufgrund von undefinierbaren, in der Schutzkleidung haftenden
Gasen verletzt worden sind. Freiwillige Helfer setzten ihre Gesundheit aufs Spiel.

Um die Situation mit Nachdruck zu verdeutlichen, einige Auszüge aus dem Bescheid
RU4-K-069/268:

1. „Aus fachlicher Sicht ist augenscheinlich erkennbar, dass der Brandschutt
durch Wasser aufgequollen ist und dass Zersetzungsreaktionen im
Brandschuttgemisch eindeutig stattgefunden haben. Aufgrund der Tatsache,
dass chemische Reaktionen durch das Brandgeschehen und in weiterer Folge
Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Abfallarten stattgefunden haben,
können Schadstoffe bzw. Verunreinigungen vorhanden sein, die in ihrem
Gefährdungspotential über dasjenige von nicht gefährlichen Abfällen im Sinne
des AWG hinausgehen."

Untersuchung gemäß DVO und einer Ausstufungsbeurteilung nach dem AWG sowie
der Festsetzungsverordnung wurden vorgenommen. Die Ergebnisse bescheinigten
den dringenden Handlungsbedarf.

2. .Aus fachlicher Sicht erscheint folgende Vorgangsweise zielführend: Sollte der
Gutachter aufgrund der vorliegenden Untersuchungsbefunde zum Schluss
kommen, dass es sich beim vorliegenden Brandschutt um einen gefährlichen


Abfall im Sinne der Festsetzungsverordnung bzw. des AWG handelt, sind
umgehendst Maßnahmen zu treffen. Ein ungeschütztes Lagern des
Brandschuttes mit schädlichen Verunreinigungen könnte durch
Niederschlagseinwirkungen zu Auswaschungen in den Boden führen, die in
weiterer Folge zu einem Schadstoffeintrag in den Boden und eventuell in das
anstehende Grundwasser führen. Im Falle des Vorliegens von gefährlichen
Abfällen bzw. Brandschutt mit schädlichen Verunreinigungen ist aus fachlicher
Sicht erforderlich, dass umgehendst Entfernungen der Brandschuttabfälle
durchgeführt werden, wobei eine Frist binnen drei Wochen vertretbar ist.
Darüber hinaus können auch andere vergleichbare Maßnahmen getroffen
werden, wobei ein Eindringen von Schadstoffen durch Niederschlagseinflüsse
in den Untergrund verhindert werden muss. Sollte der Gutachter aufgrund der
Untersuchungsergebnisse zum Schluss kommen, dass der vorliegende
Brandschutt als nicht gefährlicher Abfall im Sinne des AWG anzusehen ist,
sind ebenso entsprechende Maßnahmen wie beispielsweise Abtransportieren
der lagernden Abfälle durchzuführen, weil aufgrund der ungeschützten
Lagerungen nicht auszuschließen ist, dass Schadstoffe in den Untergrund
bzw. in weiterer Folge in das anstehende Grundwasser eindringen können."
3. „Da die objektive Möglichkeit einer Gefährdung des Grundwassers und der
Wasserversorungsanlage des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und
Südbahngemeinden gegeben ist, war die aufschiebende Wirkung einer
Berufung auszuschließen."

Seit der Inbetriebnahme der RPB werden Auflagen der Behörde ignoriert oder
marginal erfüllt. Die Behörde verlängerte die Frist der Erfüllung mehrmals.
Bereits am 1. Dezember 1999 wurde die Entfernung der Eluatklasse Illb
zuzuordnenden Abfälle seitens der Behörde für erforderlich erachtet. Mit
rechtskräftigen Bescheid vom 26. Juli 2002, RU4-K-069/231, wurde die RPB
verpflichtet, bestimmte Abfälle von näher angeführten Bereichen und unter Setzung
verschiedener Fristen nachweislich zu entfernen. Bis zum Brandgeschehen wurde
nicht auf den Bescheid reagiert.


Mit Bescheid vom 8. Oktober 2002, RU4-K-069/257 wurde die Übernahme von
Abfällen in dieser Anlage untersagt. Derzeit werden noch Anlieferungstransporte
beobachtet!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Gibt es im Land NÖ bei der RU4 ein eingereichtes Projekt betreffend
Verbrennungs-(Vergasungs-)anlage am betreffenden Gelände?

2. Warum wurden seitens der Abteilung RU4 jahrelang immer wieder neue
Fristen für Auflagen gesetzt, obwohl schon absehbar war, dass keinerlei
Auflagen zur Gänze erfüllt wurden?

3. Warum wurden Vollstreckungsbescheide bis heute nicht exekutiert?

4. Welche Sanktionen gegen mit hohen Risken behaftete Betriebe, gerade
solche laut AWG oder Wiederaufbereitungsanlagen, sind möglich?

5.   Warum veranlassen Sie keine Aufhebung der Betriebsgenehmigung auf dem
Areal?

6.   Wie beurteilen Sie die Möglichkeit, dass ehemalige Betreiber als Sanierer
beauftragt werden.

7. Welche Schritte werden Sie setzen, um dies im konkreten Fall zu verhindern.

8.  Erachten Sie die unterschiedliche Handhabung der Gesetze in den Ländern,
wie dies beim AWG sichtlich der Fall (Ost-West-Gefälle), als
wettbewerbsverzerrend?

9. Warum haben die zuständigen Personen der mittelbaren Bundesverwaltung -
LH Erwin Pröll und zuständige Landesräte - bisher keinen Kontakt mit der
Gemeinde aufgenommen?

10. Warum können im Jahr 2003 behördliche Verhandlungen (AWG!) auf dem
RPB-Areal stattfinden, ohne dass der Bürgermeister der Gemeinde Blumau
eingeladen wurde (RU4-K-069/364)?

11. Warum wird der Bürgermeister bzw. der Gemeinderat von der RU4 des
Landes Niederösterreich nicht informiert?

12. Warum wird nach wie vor Abfall in die Anlage geführt?


13. Welche Maßnahmen werden von Ihnen sofort eingeleitet, um den
Abtransport der Abfälle und des Brandgutes zu bewerkstelligen?

14. Wie und wann soll die Sanierung des Areals abgewickelt werden?

15. Was werden Sie schnell zum Schutz des Trinkwassers für 80.000 Haushalte
in Niederösterreich unternehmen?

16. Wie gedenken Sie die Gemeinde Blumau angesichts von Ausgaben in Höhe
von EUR 130.000.- finanziell zu unterstützen.