735/J XXII. GP
Eingelangt am 12.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abg. Mag. Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Hausbrieffachanlagen - § 14 Postgesetz
Hausbrieffachanlagen
im mehrgeschossigen Wohnbau befinden sich im Regelfall
entweder im Hausinneren (mit Schlüssel oder Einwurfsöffnung) oder sie sind im
Eingangsbereich mit Schlitz nach außen (Einwurfsöffnungen) eingebaut. Einige
befinden
sich sogar im Freien. Insgesamt gibt es ca. 1,7 Mio. Hausbrieffächer in
Österreich.
Durch
das bisherige Postgesetz hatte bislang meist nur der Universaldienstbetreiber
Zugang (d.h. einen Schlüssel) zu den Hausbrieffachanlagen im Innenbereich eines
Hauses. Dies wurde nun - trotz rechtlicher Bedenken - geändert, um, wie das
Ministerium
betont „Chancengleichheit im Wettbewerb" zu schaffen. Jeder Postbetreiber
sollte damit
einen Zugang zu den Brieffachanlagen erhalten.
Andere
Postbetreiber haben in der Vergangenheit schon versucht, diese Regelung zu
bekämpfen. Bekämpft wurde beispielweise die Zustellung von unbeschrifteten
Massensendungen durch die PostAG über Hausbrieffachanlagen, da sie als
Universaldienstbetreiber alleine befugt war, Hausbrieffachanlagen i.b. § 14
PostG zu
benützen. Die Post verschaffe sich so einen sittenwidrigen Wettbewerbsvorteil
gegenüber
ihren Mitbewerbern, denen eine gleichartige Zustellmöglichkeit versagt sei, so
die
Argumentation der Mitkonkurrenten. Eindeutig
aber die letzte Entscheidung des OGH
dazu:
„Die Besonderheit im Streitfall liegt darin,
dass die der Bekl zur Verfügung stehenden
besonderen Ressourcen in Form von Hausbrieffachanlagen ihr im Rahmen
ihres
Monopols als alleinige Betreiberin des bundesweiten Universaldienstes
(§ 5Abs 1 PostG)
weitgehend unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
Gebäudeeigentümer sind nämlich
bei Neubauten von Gebäuden mit mehr als vier Einheiten, die sich in
mehr als zwei
Geschossen befinden, verpflichtet, beim Gebäudeeingang eine
Hausbrieffachanlage zu
errichten. Ihre objektive Rechtfertigung findet diese Regelung Im Bedürfnis
von
Untenehmen und Konsumenten nach einer gesicherten
Postzustellung; dass es der
Post aber verboten wäre, unbeschriftete Massensendungen über die
Hausbrieffachanlagen zuzustellen, kann aus den Bestimmungen des PostG nicht
abgeleitet werden, geht doch auch das PostG von einer Teilnahme der Post am
Wettbewerb aus (OGH als KOG, ÖBI 2002, 96 (zust Barbist)
- Hausbrieffachanlagen).
Ein Wettbewerbsverstoß durch Rechtsbruch liegt damit
nicht vor.
Es sind aber im beanstandeten Verhalten der Bekl auch
sonst keine einen Missbrauch
hoheitlicher Machtstellung begründeten Umstände (iS der zuvor
dargestellten Rsp)
erkennbar, zumal die Kl selbst davon ausgeht, dass die Verteilung von
Werbemitteln an
den Wohnungstüren keine Mehrkosten für die Bekl gegenüber einer
Verteilung in den
Hausbrieffachanlagen verursachen würde. Daraus ist der Schluss zu
ziehen, dass das
beanstandete Verhalten der Bekl keinen entscheidenden
Wettbewerbsvorsprung
gegenüber ihren Mitbewerbern verschaffen kann.
Auf den in der Klage angesprochenen und für
möglich erachteten höheren „Streuverlust"
bei einer herkömmlichen Werbemittelverteilung vor der Haustür oder der
Wohnungstür
gegenüber einer Zustellung in der Hausbrieffachanlage kommt die Kl in ihrem
Rechtsmittel
nicht mehr zurück; ein solcher steht auch nicht fest. Damit ist aber
auch nicht ersichtlich,
worin der der Bekl vorgeworfene Wettbewerbsvorteil liegen soll und
welche nachteiligen
Wirkungen für ihre Mitbewerber mit dem
Ausschluss von der Benützung der
Hausbrieffachanlagen verbunden sind."
Mit dieser Grundsatzentscheidung wird ein
Wettbewerbsvorteil durch den OGH
verneint und die Monopolstellung der Post AG u.a. mit dem Bedürfnis
einer
gesicherten Postzustellung begründet (OGH 24.9.2002, 40b 196/02 f).
Diese Rechtsprechung wurde nun durch folgende Gesetzesänderung korrigiert.
„Brieffachanlagen"
§ 14. (1) Der Gebäudeeigentümer hat eine
Brieffachanlage zu errichten. Die
Brieffachanlage hat sich in unmittelbarer Nähe des Gebäudeeingangs zu befinden,
sofern
das Gebäude direkt von einer öffentlichen Verkehrsfläche aus betreten wird. In
allen
übrigen Fällen hat sich die Brieffachanlage an der an eine öffentliche
Verkehrsfläche
angrenzenden Grundstücksgrenze zu befinden.
(2) Die
Brieffachanlage hat zu mindest so viele Brieffächer zu enthalten, wie es der
Anzahl der Adressen in dem Gebäude entspricht.
(3) Die
Brieffachanlage muss so beschaffen sein, dass jedenfalls die Abgabe von
Postsendungen (§ 2 Z 4), ausgenommen
Pakete, über einen ausreichend großen
Einwurfschlitz ohne Schwierigkeiten gewährleistet ist und die Sendungen vor dem
Zugriff
Dritter geschützt sind.
(4) Die
Anforderungen gemäß Abs. 1 bis 3 gelten bei der Neuerrichtung eines
Gebäudes und beim Austausch einer bestehenden Hausbrieffachanlage,
(5) Zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehende
Hausbrieffachanlagen müssen bis 1. Juli 2006 den Anforderungen gemäß Abs. 1 bis
3
entsprechen, sofern nicht auf andere Weise der Zugang für alle Anbieter
von
Postdienstleistungen sichergestellt ist.
(6) Der
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann durch
Verordnung die näheren Bestimmungen über die Gestattung und Ausstattung der
Brieffachanlagen sowie über deren Anbringung festlegen. Er hat dabei
auf nationale und
internationale Normen Bedacht zu nehmen und kann solche Normen für
verbindlich
erklären."
Mit
der nun beschlossene Neuregelung des Postgesetzes dürfen aus
Wettbewerbsgründen alle Brieffachanlagen auch von anderen privaten Betreibern
genutzt
werden - Schlüssel für Eingangstüren oder Brieffächer können sie nur
vorbehaltlich der
Zustimmung der Eigentümer bzw. Mieter erhalten. Dafür gibt es weiterhin keine
gesetzliche Verpflichtung!
Es muss nun bei allen neu errichteten Wohnanlagen mit mehr als 4 Wohnungen oder beim
Austausch von beschädigten Briefkästen anderen privaten Betreibern der Zugang
ermöglicht werden. Bis zum 1 Juli 2006 müssen alle bestehenden Briefkästen so geändert
werden, dass nicht nur die Post AG, sondern auch sonstige Betreiber einen Zugang
erhalten.
Die Kosten für diese baulichen Änderungen bei den Brieffachanlagen haben
Eigentümerinnen und Mieterinnen zu tragen.
Die Umrüstungskosten betragen nach Schätzung der Post zwischen 70 und 100 Mio.
Euro.
Konkrete bzw. genauere Zahlen gibt es nicht, da die tatsächlichen Umrüstungskosten von
den baulichen Gegebenheiten und gesetzlichen Vorgaben abhängen. In Anbetracht
dessen ist der Hinweis von Redmail, dass ein neues Brieffach nur 10 Euro koste, schlicht
weg falsch.
Es muss überhaupt gefragt werden, ob diese Bestimmungen
in Städten mit
denkmalgeschützten
Gebäuden oder durch Landesgesetz eingereichten Schutzzonen
überhaupt vollzogen werden können (z.B. Salzburger Altstadterhaltungsgesetz).
Die
Regelung steht in offenen Widerspruch zum
Salzburger Altstadterhaltungsgesetz.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie folgende
Anfrage
1. Wie soll § 14 des neuen Postgesetzes
für Gebäude umgesetzt werden, die unter
Denkmalschutz stehen und deren Eingangstüre meist versperrt sind?
Auf welche andere Weise ist dann der Zugang für alle Anbieter von
Postdienstleistungen sicher zustellen?
2. Wie soll § 14 des neuen Postgesetzes
für Gebäude umgesetzt werden, die unter
dem Schutz eines Landesgesetzes stehen (z.B. Salzburger
Altstadterhaltungsgesetz)?
Auf
welche andere Weise ist dann der Zugang für alle Anbieter von
Postdienstleistungen sicher zustellen?
3. Wie viele Haushalte sind von dieser Umrüstung
betroffen (Aufschlüsselung auf
Bundesländer)?
4. Mit welchen Kosten wird damit seitens ihres Ministeriums gerechnet?
5. Wurde durch die Regelung im § 14
Postgesetz nicht in die Baurechtskompetenz der
Länder eingegriffen? Gibt es dazu ein Gutachten des Verfassungsdienstes?
6. Werden Sie die ÖNORM EN 13724 in einer
Verordnung nach § 14 Abs 6
Postgesetz übernehmen? Wenn nein, warum nicht?