750/J XXII. GP

Eingelangt am 12.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima

und GenossInnen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend Österreichs Position zur EU-Binnenmarktstrategie 2003-2006: Der Griff

nach unserem Wasser droht!

Laut der EU-Binnenmarktstrategie 2003-2006 könnte die EU-Kommission schon in Kürze
den sensiblen Wassersektor für den freien Wettbewerb öffnen: „Die vorrangige Aufgabe
besteht nunmehr darin, den Marktöffnungsprozess abzuschließen; dazu müssen bereits
erarbeitete Vorschläge verabschiedet und neue bei Bedarf vorgelegt werden. Ein Bereich, in
dem möglicherweise neue Maßnahmen erforderlich sind, ist der Wassersektor, der nach wie
vor fragmentiert ist",
heißt es im EU-Papier vom 7. Mai 2003.

Die Kommission will nun eine Überprüfung der Lage des Wettbewerbs im Wassersektor
durchführen. Es seien noch „weitere Untersuchungen durchzuführen; eine Modernisierung
könnte jedoch durchaus positive Effekte mit sich bringen und zu Effizienzgewinnen führen ",
so die Kommission in ihrer Strategie. Es ist jedoch davon auszugehen, dass hinter dieser
genannten „Modernisierung" eine Liberalisierung steckt, die gerade im Wasserbereich einer
Privatisierung gleichkommt. Hier soll ein staatliches Monopol durch ein privates ersetzt
werden, es gibt für die Konsumenten - durch die Netzgebundenheit - auch nach einer
Privatisierung keine Wahlfreiheit, anders als etwa im Telekommunikations-Bereich.

Von Vorteilen für die Konsumenten kann bei einer Wasser-Liberalisierung keine Rede sein,
wie alarmierende Beispiele aus anderen Ländern eindeutig belegen: In Großbritannien und
Frankreich etwa versickert ein Viertel des Trinkwassers aufgrund lecker Leitungen, die
privaten Betreiber investieren wenig in die Infrastruktur. In Großbritannien etwa sind die
Wasser-Preise um bis zu 50% gestiegen, die Wasserqualität wurde aber so schlecht, dass die
Hepatitis- und Durchfall-Erkrankungen rapide zugenommen haben. Rund 20 000 Haushalten
wurde aufgrund nicht bezahlter Rechnungen kurzerhand der Wasserhahn abgedreht, wegen
Seuchengefahr wurde diese Maßnahme jedoch rasch wieder rückgängig gemacht.

Wasser ist für die EU-Kommission ein enorm wichtiger Wirtschaftszweig des Binnenmarktes,
der Jahresumsatz wird auf 80 Mrd Euro geschätzt wird. Es ist zu befürchten, dass die EU-
Kommission mit ihren Plänen Wasser zur Handelsware machen und dieses dem freien
Wettbewerb aussetzen wird, ungeachtet der möglichen negativen Effekte auf Umwelt- und
Gesundheitsschutz.

In Deutschland, aber auch in einigen österreichischen Bundesländern, regt sich bereits Unmut
über die Pläne der Kommission zur Liberalisierung des Wassermarktes.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für wirtschaftliche
Angelegenheiten nachstehende


Anfrage:

1)    Wie ist Österreichs offizielle Position zur Binnenmarktstrategie 2003 - 2006 in Bezug
auf die Pläne der Kommission im Bereich Wasser?

2)    Wie werden Sie als zuständiger Minister auf EU-Ebene mit diesem Papier der
Kommission umgehen?

3)   Wird Österreich eine Liberalisierung des Wassermarktes befürworten?

4)   Falls ja, warum?

5)    Falls nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um eine Öffnung des
Wassermarktes für den Wettbewerb zu verhindern?

6)   Halten Sie Maßnahmen zur Marktöffnung im Bereich Wasser für sinnvoll?

7)   Falls ja, welche?

8)    Gehen Sie davon aus, dass eine Liberalisierung des Wassermarktes positive Effekte
für die Konsumenten mit sich bringen würde?

9)    Falls ja, welche?

10)  Sehen Sie Wasser als Handelsgut?

11)     Widerspricht Ihrer Ansicht nach der Plan zur Öffnung des Wassermarktes nicht der
bisherigen EU-Wasserpolitik, die gerade im Zuge der Verabschiedung der EU-
Wasserrahmenrichtlinie die Position vertreten hat, Wasser sei kein beliebiges
Wirtschaftsgut und keine beliebige Handelsware?

12)  Kann Ihrer Ansicht nach einer Öffnung des Wassersektors die optimale Versorgung
auf höchstem Niveau der österreichischen Bevölkerung mit dem Lebensmittel
Nr l,
dem Wasser, garantiert werden?

13)  Würden Ihrer Ansicht nach die Preise für die Konsumenten nach einer Marktöffnung
sinken?

14)  Befürchten Sie nach einer Marktöffnung Nachteile für die Konsumenten?

15)  Falls ja, welche?

16) Warum glauben Sie, spricht sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
gegen eine Liberalisierung des Wassersektors aus?

17)  Gehen Sie von Nachteilen für die Umwelt nach einer Liberalisierung des EU-
Wassermarktes aus?

18)  Falls ja, von welchen konkret?

 


19) Sind Ihrer Ansicht nach Auswirkungen auf den Gesundheitsschutz der Konsumenten
nach einer Liberalisierung des Wassersektors zu befürchten?

20) Falls ja, welche?

21)  Haben Sie bereits Gespräche zur Binnenmarktstrategie der Kommission und dem
Bereich Wasser mit Amtskollegen anderen EU-Staaten geführt?

22)  Falls ja, welche Positionen vertreten die Vertreter der anderen EU-Staaten zu diesem
heiklen Thema?