760/J XXII. GP

Eingelangt am 12.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend Gender Mainstreaming und Pensionsreform(en)

Einer der bedeutendsten Gesetzesbeschlüsse der vergangenen Monate - und damit
in Ihrer Amtszeit als Frauenministerin - war der Beschluss einer sogenannten
Pensionssicherungsreform mit massiven Folgewirkungen auf Frauen.
Interessanterweise war bei der Diskussion darüber von Ihnen als Frauenministerin
wenig zu hören, auch haben Sie sich kaum politisch im Sinne der
Interessensvertretung von Frauen eingebracht.

Angesichts der Tatsache, dass die Frauenpensionen in Österreich im Schnitt bereits
heute nicht einmal die Hälfte der Pensionshöhen der Männer erreichen, erscheint es
unglaublich, dass Frauen durch die „Reform" weiter stark benachteiligt werden - zum
Beispiel durch die 40jährige Durchrechnung bei lückenhaften weiblichen
Erwerbsbiographien und einem weiterhin um ein Drittel niedrigeren Einkommen von
Frauen im Vergleich zu Männern - und die Einkommensschere in Zukunft im Alter
noch weiter aufgehen wird. Nach massivem Druck der Öffentlichkeit wurden bei der
Pensionsreform zwar geringfügige Verbesserungen eingeführt, insbesondere eine
Reduktion der 40jährigen Durchrechnung um drei Jahre pro Kind sowie eine
Deckelung der Verluste durch die Reform mit 10%, wobei diese Deckelung für
Frauen (und Männern) unter 35 nicht mehr zum Tragen kommt. Angesichts der
extrem ungünstigen Ausgangslage für Frauen können diese Verbesserungen nur als
völlig unzureichend bezeichnet werden und können auch die massiven
Verschlechterungen für Frauen in keiner Weise aufwiegen.

Beim nächsten Schritt der Reformierung des Pensionssystems drohen weitere
Verschlechterungen für Frauen, insbesondere wird unter dem Schlagwort der
,Harmonisierung' die vorzeitige Abschaffung des früheren Frauenpensionsalters
diskutiert, ohne die notwendigen Grundlagen dafür (Gleichstellung von Männern und
Frauen am Arbeitsmarkt, gleiche Einkommen, usw.) geschaffen zu haben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.      Wurden im Zuge der Pensionsreform die geplanten Maßnahmen auf ihre
geschlechtsspezifischen Auswirkungen untersucht? Wurde beispielsweise
analysiert, ob und wie sich eine Erhöhung der Durchrechnungszeitraumes von


15/18 auf 40 Jahre auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirkt? Sehen Sie   eine   solche   Prüfung   als   notwendig   an   im   Sinne   eines   Gender Mainstreaming der Regierungspolitik?

Wenn   nein:   Was   verstehen   Sie   unter   „Gender   Mainstreaming   der Regierungspolitik"?

2.    Sehen Sie eine mittelbare Diskriminierung von Frauen bei der beschlossenen
Pensionsreform, da aufgrund der unterschiedlichen Erwerbsverläufe von
Männern und Frauen gleiche Pensionsbestimmungen (wie etwa 40 Jahre
Durchrechnungszeitraum für alle) Frauen ungleich härter treffen?

3.    Sehen Sie darin eine Verletzung des österreichischen
Gleichbehandlungsgrundsatzes (Artikel 7 B-VG), der ja bei unterschiedlichen
Sachverhalten auch unterschiedliche rechtliche Regelungen gebietet?

4.    Wie ist Ihre Haltung zur Angleichung des Pensionsalters von Frauen und
Männern?

5.    Wo sehen Sie Defizite bei der Umsetzung des 1992 - parallel zum Beschluss
der Pensionsalterangleichung von Frauen und Männern - beschlossenen
Gleichbehandlungspaketes? Was werden Sie konkret tun, um eine
vollständige Umsetzung dieses Gleichbehandlungspaketes zu gewährleisten?

6.    Wie sind Ihre konkreten Vorstellungen zu einem Pensionssplitting bei
Ehepaaren bzw. Lebensgefährtinnen? Halten Sie die Einführung eines
Pensionssplittings auf verbindlicher oder auf freiwilliger Basis für sinnvoller?
Soll Pensionssplitting in jedem Fall gelten oder nur nach Scheidung/Trennung
bzw. nur für Kinderbetreuungszeiten?

7.    Bei privaten Pensionsvorsorgemodellen kommt es immer wieder zu einer
geschlechtsspezifischen Differenzierung bei der Staffelung der
Beitragszahlungen: Frauen zahlen in vielen Fällen aufgrund ihrer statistisch
höheren Lebenserwartung (und damit Pensionsbezugsdauer) höhere Beiträge
als Männer.

Finden Sie, dass diese Differenzierung a) gerechtfertigt ist, b) dem
Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht, c) über die staatliche Förderung der
Pensionsvorsorge indirekt von Seiten des Staates gefördert werden sollte, d)
als Modell für eine differenzierte Behandlung anderer Bevölkerungsgruppen
(Nichtraucher zahlen mehr als Raucher, Öffi-Fahrer zahlen mehr als
Autofahrer,....) herangezogen werden sollte? Welche Schritte und
Maßnahmen planen Sie als Frauenministerin in diesem Bereich?

8.    Die Regierung empfiehlt Arbeitnehmerinnen eine zusätzliche private
Pensionsvorsorge ebenso wie zusätzliche private Krankenversicherungen.
Angesichts des monatlichen Fraueneinkommens (Median aller
unselbstständig erwerbstätigen Frauen in Österreich 2000) von etwa 1365
Euro in Österreich ist es schwer vorstellbar, wie dies für viele Frauen leistbar
sein soll.

Welchen Ratschlag geben Sie diesen Frauen? Wie erklären Sie Ihnen, dass
Sie aufgrund differenzierender Bemessungen meist mehr zahlen müssen bzw.
weniger Leistungen erhalten als Männer (siehe vorige Frage)? Wie wollen Sie


sicherstellen, dass Frauen trotz ihrer geringeren Einkommen sozial und in
Hinblick auf ihre Pension mindestens ebenso gut abgesichert sind wie
Männer?

9. Es existieren unterschiedliche Modell zur eigenständigen Altersabsicherung
für alle Frauen. Diese Modelle sehen häufig eine Grundpension für alle
Menschen unabhängig von vorheriger Erwerbstätigkeit vor - eine Maßnahme,
die ganz überwiegend Frauen zugute kommen würde.
Wie stehen Sie zu solchen Modellen? Wie kann Ihrer Meinung nach eine
eigenständige Altersabsicherung für alle Frauen erreicht werden? Was
werden Sie konkret tun, damit dies Realität wird?

10. Wie wollen Sie als Frauenministerin ganz grundsätzlich verhindern, dass die
Pensionsschere zwischen Frauen und Männern - die ja derzeit bereits extrem
groß ist - weiter aufgeht? Welche Maßnahmen planen Sie, um eine
Verringerung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern im
Alter zu erreichen?