765/J XXII. GP

Eingelangt am 12.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend Entwurf eines neuen Gleichbehandlungsgesetzes

Das Wirtschaftsministerium hat vor einigen Wochen einen Entwurf für die
Neuerlassung des in Österreich seit 1979 bestehenden Gleichbehandlungsgesetzes
vorgelegt. Dieser Entwurf soll eine Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien,
aber auch der 2002 novellierten Gleichbehandlungsrichtlinie darstellen. Der
persönliche und der sachliche Geltungsbereich dieses Gesetzes, das bisher
ausschließlich die Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz
geregelt hat, soll nunmehr stark erweitert werden.

Im Sinne der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien werden erstens weitere
diskriminierte Gruppen in den Geltungsbereich des Gleichbehandlungsgesetzes
aufgenommen und zweitens der Geltungsbereich auf Diskriminierungen außerhalb
des Arbeitsplatzes (etwa im Bereich Wohnen, Bildung, etc.) erweitert. Letzteres gilt
allerdings unverständlicherweise nicht für alle von Diskriminierung betroffenen
Bevölkerungsgruppen, sondern nur in Fällen von rassistischer Diskriminierung.

Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, warum damit durch das Gesetz eine
Ungleichbehandlung verschiedener von Diskriminierung betroffenen
Bevölkerungsgruppen festgeschrieben werden soll. Eine Diskriminierung aus
geschlechtsspezifischen Gründen am Arbeitsplatz ist ebenso abzulehnen wie eine
Diskriminierung aus rassistischen oder sonstigen Gründen am Arbeitsplatz. Ebenso
ist der Schutz vor Diskriminierung außerhalb des Arbeitsplatzes sowohl für
geschlechtsspezifische, rassistische oder sonstige Diskriminierungsformen
gesetzlich sicherzustellen.

Der derzeitige Gesetzesentwurf lässt eine sorgfältige Umsetzung der neuen
Gleichbehandlungsrichtlinie vermissen. Außerdem wurden bei der Erarbeitung keine
NGOs aus den jeweils betroffenen Diskriminierungsbereichen einbezogen. Und
schließlich unterblieb im Bereich geschlechtsspezifischer Diskriminierung das
Einholen internationaler Erfahrungswerte darüber, welche Maßnahmen getroffen
werden müssen, um ein Absinken des im Bereich geschlechtsspezifischer
Diskriminierung erreichten Schutzstandards durch die Ausweitung auf weitere
Diskriminierungsbereiche zu verhindern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 


ANFRAGE:

1.   Inwiefern haben Sie als Frauenministerin sich in die Entstehung des
Entwurfes für ein neues Gleichbehandlungsgesetz eingebracht und in welcher
Form haben Sie das getan?

2.   Welche Erfahrungen gibt es in anderen EU-Ländern mit der Erweiterung von
Bestimmungen, die ursprünglich ausschließlich dem Schutz vor
geschlechtsspezifischer Diskriminierung dienten, auf andere
Diskriminierungsbereiche und wie hat Österreich diese Erfahrungen rezipiert?
Gibt es Berichte darüber? Wenn ja, ersuchen wir, diese Berichte zur
Verfügung zu stellen bzw. der Anfragebeantwortung beizulegen.

3.   Welche Vorschläge, Maßnahmen und Initiativen planen Sie, um anlässlich der
Neuerlassung des Gesetzes zu erreichen, dass auch im Bereich der
geschlechtsspezifischen Diskriminierung eine Erweiterung des
Geltungsbereichs auf Sachverhalte außerhalb des Arbeitsplatzes
vorgenommen wird? Wenn Sie dazu nichts planen: Warum nicht und warum
sehen Sie es nicht als Ihre Aufgabe als Frauenministerin, den bestmöglichen
Schutz der Frauen vor geschlechtsspezifischer Diskriminierung in allen
Lebensbereichen zu erreichen?

4.   Wie wollen Sie sicherstellen, dass der Schutzstandard, aber insbesondere
auch die Ressourcen zur Durchsetzung dieses Standards, für den Bereich der
geschlechtsspezifischen Diskriminierung gesichert bzw. weiter ausgebaut und
nicht durch die massive Erweiterung der Zuständigkeit der entsprechenden
Institutionen eingeschränkt werden?

5.   Wie soll eine verstärkte Einbindung der Frauen-NGOs, wie sie in der
Neufassung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie vorgeschrieben ist, im Kampf
gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung in Zukunft aussehen?

6. Wann folgt eine Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie neu im Bereich
des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes? Welche Regelungen wollen Sie bis
wann gesetzlich verankern lassen?

7.   Derzeit ist der rechtlicher Status der Gleichbehandlungskommission, aber
auch der Gleichbehandlungsanwaltschaftunklar. Ohne dass dies geklärt wird,
soll das Modell nun auf andere Rechtsbereiche ausgedehnt werden. Wie
werden Sie sich einbringen, um diese bereits seit langem notwendigen
Klärungen im Rahmen der Beschlussfassung des neuen
Gleichbehandlungsgesetzes herbeizuführen? Wie stehen Sie dem Vorschlag
gegenüber, die Gleichbehandlungsanwaltschaft zu einer Institution ähnlich der
Volksanwaltschaft zu machen, d.h. beim Parlament anzusiedeln?

 

8.   Einige Bestimmungen der Gleichbehandlungsrichtlinie neu sind im
vorgelegten Entwurf überhaupt nicht enthalten, wie etwa die Aufgabe, auf die
Sozialpartner hinzuwirken, dass diese die Gleichstellung von Männern und
Frauen fördern und auf geeigneter Ebene Antidiskriminierungsvereinbarungen
schließen sollten. Dies hat in Österreich besondere Relevanz, da


beispielsweise erst kürzlich untersucht wurde, dass viele Kollektivverträge
indirekt frauendiskriminierende Regelungen enthalten. Aber auch die
Bestimmung, dass Unternehmen zur regelmäßigen Erstellung von
Gleichbehandlungsberichten aufgefordert werden sollen, ist im
Gesetzesentwurf nicht enthalten.

Werden Sie dafür sorgen, dass entsprechende Bestimmungen in den Entwurf
des Gleichbehandlungsgesetzes aufgenommen werden? Wenn nein: Wie
werden Sie sich als Frauenministerin sonst für die Umsetzung dieser
Bestimmungen einsetzen?

9.   Für Mitglieder der Gleichbehandlungskommission sind auch im neuen Entwurf
keine Qualifikationskriterien vorgesehen, obzwar dies sehr notwendig ist,
damit die Arbeit der Kommission fundiert und professionell durchgeführt
werden kann.

Halten Sie entsprechende Qualifikationskriterien für notwendig?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass solche Kriterien in den Entwurf
aufgenommen werden? Wie werden Sie sich dafür einsetzen?

10.       Einige weitere Punkte, wie sie von der Gleichbehandlungsanwaltschaft seit
Jahren gefordert werden, fehlen im Entwurf. Dies sind beispielsweise die
verpflichtende Berücksichtigung eines Kommissionsgutachtens in einem
nachfolgenden Gerichtsverfahren oder eine Evidenz der Entscheidungen
sowie der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zum Gleichbehandlungsgesetz
im RIS.

Was werden Sie als Frauenministerin tun, um dafür Sorge zu tragen, dass die
genannten sowie weitere von der Gleichbehandlungsanwaltschaft seit Jahren
geforderte Änderungen in den Entwurf des Gleichbehandlungsgesetzes neu
Eingang finden?