781/J XXII. GP
Eingelangt am 12.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten
Dr. Bleckmann
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend den Verdacht steuerrechtlicher Malversationen im Bereich des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes
Wie bereits des öfteren in den Medien berichtet bewohnt der
Präsident des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes Fritz Verzetnitsch eine Penthouse-Wohnung,
für
die er angesichts ihrer Lage, Größe, Ausstattung etc. eine
vergleichsweise geringe und
nicht ortsübliche Miete zu entrichten hat. Die Miete für diese Mietwohnung mit rund
200 m2, zuzüglich einer Dachterrasse
mit weiteren 200 m2 beträgt lediglich 1.240 Euro.
Eigentümer der entsprechenden Liegenschaft ist die BAWAG, deren Hauptaktionär
mit
einem Anteil von mehr als 53 % der Österreichische Gewerkschaftsbund ist.
Aus diesem Sachverhalt ergeben sich aufklärungswürdige Verdachtsmomente:
1.
Aufgrund des nicht ortsüblichen Mietzinses wird der Vermieterin, der
BAWAG-
Leasing, Ertrag entzogen.
Den entsprechenden Vorteil lukriert in der Person des
ÖGB-Präsidenten eine der
Gesellschaft nahestehende Person, was den Verdacht
einer verdeckten
Gewinnausschüttung massiv erhärtet.
2. Dazu kommt, dass die Begünstigung im konkreten Fall mit
der
Dienstnehmerstellung des Begünstigten beim ÖGB in Zusammenhang steht.
Somit ergibt sich aus dem Dienstverhältnis ein einkommensteuerrechtlich
relevanter geldwerter Vorteil in der Höhe der Differenz der ortsüblichen und
der
tatsächlich zu entrichtenden Miete, der gemäß Einkommensteuergesetz dem
Lohnsteuerabzug unterliegt. Selbst unter der Annahme, der geldwerte Vorteil
stehe in keinem Zusammenhang mit der Dienstnehmereigenschaft sondern
vielmehr mit der Funktionärseigenschaft des Begünstigten, wäre eine
Veranlagung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit
durchzuführen und
damit eine Steuerpflicht gegeben. In beiden Fällen steht somit der Verdacht der
Abgabenhinterziehung im Raum.
Mittlerweile hat die Finanzbehörde, wie unter anderem in
der Ausgabe 31/03 des
Wochenmagazins News berichtet wurde, bereits sieben Bescheide mit einer
Aufforderung an Fritz Verzetnitsch über eine Steuernachzahlung in der Höhe von
ca.
70.000 Euro erlassen.
Aus diesem Grund richten die unterfertigten Abgeordneten an
den Bundesminister für
Finanzen nachstehende
ANFRAGE
1) Ist Ihnen der oben dargestellte
Sachverhalt bekannt?
1a) Wenn ja, seit wann?
2) Sind seitens des ÖGB-Präsidenten Steuer(nach)zahlungen in Zusammenhang mit
den oben dargestellten Sachverhalten erfolgt?
2a) Wenn
ja, aufgrund der Verwirklichung welcher
einkommensteuerrechtlicher
Sachverhalte?
2b) Wenn ja,
wann und in welcher Höhe?
2c) Wenn nein, warum nicht?
3) Können Sie in diesem Zusammenhang einen Entgang an
Steuereinnahmen
ausschließen?
4) Wie beurteilen Sie den
in der Begründung dargelegten Sachverhalt in
steuerrechtlicher Hinsicht?
5) Trifft es zu,
dass in diesem Fall ein einkommens- (lohnsteuer-) Pflichtiger
Sachbezug vorliegt?
6) Wie beurteilen Sie den
in der Begründung dargelegten Sachverhalt in
finanzstrafrechtlicher Hinsicht?
7) Wurde gegen den Präsidenten des
ÖGB ein Finanzstrafverfahren eingeleitet?
7a) Wenn ja, in welchem Stadium befindet sich das Verfahren?
7b) Wenn nein, warum nicht?
8)
Trifft es zu, dass Präsident Verzetnitsch aufgrund seines hohen
Einkommens mit
einer Steuernachzahlung von 50 %
(das ist der höchstmögliche Steuersatz) des
Sachbezuges zu rechnen hat?
9)
Trifft es zu, dass der höchste Steuersatz in Österreich ab einem
Einkommen von
ca. 50.000 Euro jährlich
anzuwenden ist?