796/J XXII. GP
Eingelangt am 02.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Tod von Cheibani Wague - Polizeiermittlungen
Cheibani
Wague kam in der Nacht auf den 15.7.2003 während einer Amtshandlung der
Exekutive, bei der
auch die Wiener Rettung im Einsatz war, ums Leben. Laut Medienberichten vom 27.
und 28.8.2003
brachten die internen Ermittlungen des Büros für Interne Angelegenheiten
(BIA) im Innenministerium zu
diesem Todesfall das Ergebnis, dass der Rettungsarzt vom Innenministerium angezeigt
wurde, keine
weiteren Ermittlungen zur Rolle und Verantwortung der involvierten
ExekutivbeamtInnen bei der
genannten Amtshandlung, die mit dem Tod von Cheibani Wague endete, angestrebt
werden und gegen
die involvierten ExekutivbeamtInnen keine dienstrechtlichen oder sonstigen Schritte
gesetzt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.
Welche konkreten Schritte wurden nach dem Tod von Cheibani Wague seitens
Ihres Ressorts
gesetzt, um diesen Todesfall während einer Amtshandlung und die Rolle der
ExekutivbeamtInnen dabei
ohne Aufschub und objektiv aufzuklären?
2.
Auf welchen Erkenntnissen basiert Ihre vor Abschluss irgendwelcher
Ermittlungen getätigte
Aussage, die involvierten ExekutivbeamtInnen - die den später Verstorbenen
mit den Füssen am Boden
fixiert hatten und teilweise auf seinem Körper gestanden sind - hätten „den
Vorschriften entsprechend
gehandelt"?
3.
Welche Vorschriften Ihres Ressorts sehen eine Fixierung von in Bauchlage
„gesicherten"
Personen mit den Füssen oder gar ein auf den Körper des Beamtshandelten Steigen
zur Fixierung vor?
4.
Ist das Büro für Interne Angelegenheiten, das im Innenressort
angesiedelt und Ihnen unterstellt
ist, Ihrer Meinung nach eine unabhängige Untersuchungseinrichtung bei
mutmaßlichen
Menschenrechtsverletzungen durch die Exekutive?
5.
Kann von unabhängigen Ermittlungen durch das BIA ausgegangen werden,
wenn Sie vor Beginn
dieser Ermittlungen durch Ihre Beamtinnen bereits öffentlich sagen, dass die in
die Amtshandlung
involvierten ExekutivbeamtInnen vorschriftsgemäss vorgegangen seien?
6.
Glauben Sie, dass die Praxis der Voruntersuchungsführung durch
weisungsgebundene
Beamtinnen des BIA bei Vorwürfen gegen Exekutivbeamtinnen den Bestimmungen der
Antifolterkonvention entspricht?
7.
Ist der Erlass aus dem Jahr 2000, nach dem nicht haltlose Vorwürfe gegen
Sicherheitsorgane unverzüglich im Wege gerichtlicher Voruntersuchungen zu
klären sind und in diesen
Fällen Einvernahmen durch die Sicherheitsorgane grundsätzlich zu unterlassen
sind, nicht mehr in Kraft,
sodass ein weisungsgebundenes Büro im Innenministerium, das BIA, bei Vorwürfen
gegen eigene
BeamtInnen ermittelt?
8. Am
15. Juli 2003 wurde von der Polizei gegen Cheibani Wague Anzeige wegen schwerer
Körperverletzung und Sachbeschädigung erstattet. Bei dieser Anzeige waren auch
Aussagen von
ExekutivbeamtInnen dabei, dass u.a. Wague erst im Rettungswagen bewusstlos
geworden sei und dann
reanimiert wurde. Warum ging das BIA diesen inzwischen durch das Amateurvideo
und
ZeugInnenaussagen als Falschaussage zu identifizierenden Aussagen in ihren
Ermittlungen nicht nach?
9.
Warum hat das BIA nicht recherchiert, wer der/die BerichtsiegerInnen bei
dieser Anzeige waren?
Warum hat er sie nicht befragt?
10. Welche
konkreten Massnahmen wurden nach dem Tod von Cheibani Wague seitens Ihres
Ressorts getroffen, um einen ähnlichen Todesfall während einer Amtshandlung auszuschliessen?
11. Warum haben Sie eine Woche gebraucht, um zu diesem Todesfall öffentlich Stellung zu nehmen?
12. Der
Vize-Generalinspektor der Sicherheitswache Wien, Karl Mahrer, wird im Profil
vom 18. August
2003 mit dem Satz zitiert: „Es gibt keinen Erlass, dass gewisse Fixiertechniken
nicht angewendet
werden". Ist diese Information korrekt? A) Wenn ja, warum wurde selbst
nach dem Tod von Cheibani
Wague auf eine solche Weisung bzw einen solchen Erlass verzichtet? B) Wenn
nein, von wann stammt
dieser Erlass und was sind die konkreten Verbote, die er ausspricht?
13. Laut
Stadtzeitung „Falter" Nr. 35/03 haben manche der involvierten
ExekutivbeamtInnen in ihren
Aussagen vor dem BIA zu ihren früheren Aussagen Widersprüchliches ausgesagt wie:
„Nach eingehender
Betrachtung steht fest, dass die Fixierung nicht in der von mir oben
dargestellten Form stattgefunden hat".
Was für Konsequenzen sind seitens Ihres Ressorts im Fall von Falschaussagen von
ExekutivbeamtInnen
angedacht?
14. Warum
wurden Cheibani Wague zu dem Zeitpunkt noch Fussfesseln angelegt, als er
bereits
regungslos schien, wie es auf dem Amateurvideoband zu sehen ist, welches auch
vom ORF ausgestrahlt
wurde? Entspricht diese Vorgehensweise den Vorschriften und dem Prinzip der
Verhältnismässigkeit
einer Amtshandlung?
15. Laut
Aussage des involvierten Notarztes aus der Stadtzeitung „Falter" Nr. 35/03
habe eine
Polizistin die Verabreichung von Beruhigungstropfen durch den Notarzt nicht
erlaubt, da sonst der Patient
ruhiger wäre und der Amtsarzt später keine Einweisung verfügen könne.
Entspräche eine solche
Vorgangsweise Ihrer Meinung nach den Kompetenzen der Exekutive?
16. Wenn keine
Konsequenzen aufgrund von Falschaussagen von ExekutivbeamtInnen angedacht
sind, wie es in den Medien vom 27. und 28.8.2003 berichtet wurde, warum nicht?
17. Warum wurde dem Menschenrechtsbeirat, dessen Aufgabe
die unabhängige Überprüfung der
Einhaltung der Menschenrechte durch die Exekutive ist, vom Ihnen unterstellten
BIA die Akteneinsicht
verweigert, als dieser die Ermittlungsvorgänge durch das BIA begleitend
verfolgen wollte?