822/J XXII. GP

Eingelangt am 24.09.2003
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ANFRAGE

des Abgeordneten Pirklhuber, Glawischnig, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Koexistenz gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologischer
Kulturpflanzen

Die Frage der Koexistenz steht im Mittelpunkt der gegenwärtigen Diskussion um eine
mögliche Aufhebung des Moratoriums für die Zulassungen gentechnisch veränderter
Organismen. Die Europäische Kommission hat im Sommer 03 Richtlinien für die
Koexistenz veröffentlicht, nach denen diese Frage den einzelnen Mitgliedsstaaten
überlassen werden soll (Risikomanagment, Haftungsfragen, zivilrechtliche Fragen,
notwendige zusätzliche Überwachung, Frage der Kostenübernahme, gesetzliche
Vorschriften zur Kontaminationsvermeidung, Informationsverpflichtungen etc.).
Weiters wurde im Rahmen der EU-VO zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit
von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln die EU-
Freisetzungsrichtlinie in einem wesentlichen Punkt abgeändert: Die Mitgliedstaaten
dürfen nach dem neuen Art. 26a der RL 2001/18/EG in Zukunft Maßnahmen
ergreifen, um das unbeabsichtigte Vorhandensein von GVO in anderen Produkten zu
verhindern.

Die österreichische Bundesregierung hat es bisher verabsäumt, ein umfassendes
Konzept zur Errichtung gentechnikfreier Zonen vorzulegen oder den Bundesländern
Anhaltspunkte und Unterstützung für die Verwirklichung solcher Vorhaben zu geben.
Die österreichische Landwirtschaft ist auf das drohende Problem der Gentech-
Kontaminationen in keiner Weise vorbereitet, da weder Anti-
Kontaminationsmaßnahmen noch Haftungsregelungen existieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.     Welches Konzept der Koexistenz zwischen gentechnisch veränderten und
nicht-veränderten Produktionsweisen in Österreich gibt es?

2.     Was bedeutet die Koexistenz in der Praxis für Bäuerinnen und Bauern,
Saatgutunternehmen, Lebens- und Futtermittelproduzenten, Einzelhändler,
Konsumentinnen?

3.     Durch welche Maßnahmen werden Sie verhindern, dass sich GVO-Pflanzen
durch Bestäubung und andere Wege der Fortpflanzung auf benachbarten
Feldern bzw. der Umwelt ausbreiten?


4.      Die Vorschriften des ökologischen Landbau verbieten den Einsatz genetisch
veränderter Organismen und Technologien. Welche besonderen Maßnahmen
(Sicherheitsabstände zwischen den Feldern, Pufferzonen, Pollenfallen- und
Barrieren, geeignete Fruchtfolgen etc.) werden Sie ergreifen, um biologische
Produktionsformen zu schützen?

5.      Wie in den Leitlinien der Europäischen Kommission zur Koexistenz vermerkt,
erfordert die notwendige Trennung von gentechnisch verändertem und nicht-
veränderten landwirtschaftlichen Rohstoffen und Produkten zusätzliche
Maßnahmen bei Saatgutgewinnung, Produktion, Ernte, Transport und
Lagerung (Trennung der Produktionslinien). Welche Maßnahmen zur
Kontaminationsvermeidung werden Sie ergreifen, mit welchen Kosten ist zu
rechnen und wer soll die Kosten dafür tragen?

6.      Welche Informationspflichten sind vorgesehen hinsichtlich Information der
Nachbarbetriebe bei der Aussaat von GVO?

7.      Welche Melde- Überwachungs- und Kontrollsysteme sind vorgesehen und wer
übernimmt die Kosten dafür?

8.      Ist die Errichtung eines Standortregisters vorgesehen, bei denen Flächen mit
gentechnisch veränderten Kulturen eingetragen werden?

9.      Ist die Errichtung eines Kennzeichnungssystems vorgesehen für Felder, auf
denen gentechnisch veränderte Kulturen angebaut werden?

10.   Wird es eine Aufzeichnungspflicht geben für Betriebe, die GVO anwenden
hinsichtlich Anbauverfahren und Handhabung, Lagerung, Transport und
Vermarktung?

11.   Auf welche Weise werden die Landwirte über die Koexistenz-Maßnahmen
informiert?

12.   Welche Maßnahmen werden getroffen, den durch die Anwendung von GVO
geschädigten Bäuerinnen und Bauern zu ihrem Recht zu verhelfen?

13.   Sie als Landwirtschafts- und Umweltminister haben erheblichen politischen
Einfluss auf die Haftungsbestimmungen im Zusammenhang mit dieser neuen
Technologie und ihre Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Treten Sie dafür
ein, dass es zu klaren Haftungsregelungen nach dem Verursacherprinzip
kommt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, für welche konkreten Maßnahmen
werden Sie sich einsetzen?

14.   In der Anfragebeantwortung 182/AB erwähnen Sie, dass seitens des BMLFUW
die Initiative zur Gründung einer Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Länder
und von Expertinnen ergriffen wurde. Welchen Auftrag hat diese
Arbeitsgruppe? Wer sind die Mitglieder der Arbeitsgruppe? Gibt es schon
Ergebnisse der Arbeitsgruppe und wenn ja, welche?

15.   Inwiefern unterstützen Sie die oberösterreichische Initiative für eine
gentechnikfreie Landwirtschaft?


16.    Inwiefern gibt es eine Zusammenarbeit bzw. Unterstützung der Bemühungen
der Bundesländer Kärnten und Salzburg hinsichtlich eines
Gentechnikvorsorgegesetzes?

17.    Welche Maßnahmen setzen Sie zur Etablierung gentechnikfreier Zonen in
Österreich? Liegt ein Konzept vor? Wenn ja, welches?

18.    Inwiefern gibt es eine grenzübergreifende Zusammenarbeit mit benachbarten
Ländern im Hinblick auf GVO-freie Zonen bzw. Koexistenzmaßnahmen?

19.    Derzeit werden von der EU-Kommission Kontaminationsgrenzwerte für Saatgut
diskutiert, die sich je nach Kulturart zwischen 0,3 und 0,7% (=Schwellenwert,
d.h. darunter ist keine Kennzeichnung nötig) bewegen. Was ist die
diesbezügliche österreichische Position im Rahmen der EU?