827/J XXII. GP
Eingelangt am 24.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der
Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend Testkäufer gesucht
In den letzten Tagen wird von marketmind Markt- und Markenforschung
A-1090 Wien, Porzellangasse 32
T: +43 1 3694626-21 / F: +43 1 3694626-33
www.marketmind.at
folgender Brief versandt:
Sehr geehrte Frau .............................!
Marketmind ist ein Marktforschungsunternehmen mit Sitz in Wien.
Für
ein interessantes Marktforschungsprojekt im sozialen Bereich suchen wir
in einigen großen Städten Personen mit sozialem Engagement,
die für uns als Mystery Shopper ('Verdeckte Kunden') tätig werden.
Da es sich bei Ihnen um eine soziale Institution handelt, hoffen wir, dass
wir auf ihre Unterstützung zählen können und durch Sie
diese Personen erreichen. Daher bitte ich Sie für uns einen Aushang*) an einer von
Menschen viel frequentierten und gut sichtbaren Stelle anzubringen.
*)Text des Aushanges:
Testkäufer
gesucht: Wir sind
ein Marktforschungsunternehmen und suchen für ein breit angelegtes "Thema:
Serviceleistungen für Behinderte" Die Ergebnisse
der Studie sollen dazu beitragen, Serviceleistungen und |
(Um
Missverständnisse vorweg zu nehmen: Die Arbeit basiert auf
Werkvertragsbasis und wird natürlich honoriert!)
Vielleicht haben auch Ihre Mitarbeiter daran Interesse selbst als Mystery
Shopper tätig zu werden.
Worum
es bei dieser wichtigen Aufgabe genau geht (Thema: Serviceleistungen
für Behinderte) finden Sie ebenfalls im mit geschickten Worddokument! (siehe
Text
des Worddokumentes oben).
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen natürlich gerne zur Verfügung!
Ich
werde Sie zwar in den nächsten Tagen telefonisch kontaktieren um unser
Anliegen auch noch persönlich zu besprechen, würde
mich jedoch trotzdem über eine kurze Antwortmail freuen!
Ich
hoffe auf Ihre Zusammenarbeit und danke Ihnen schon jetzt,
mit freundlichen Grüssen,
Manuela Hofmann
______________________________________
Mag. (FH) Manuela Hofmann
marketmind Markt- und Markenforschung
A-1090 Wien, Porzellangasse 32
T: +43 1 3694626-21 / F: +43 1 3694626-33
www.marketmind.at
Ich
habe bei marketmind angerufen (24.7.03 ca. 18.15 Uhr) und dort wurde mir von
einem Mitarbeiter mitgeteilt, dass dieser Auftrag vom Ministerium für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz an dieses Institut erteilt wurde
und auch bezahlt wird, mit dem Ziel, als „verdeckte Kunden „ in diesem Fall als
Eltern
eines behinderten Kindes, mystery shoppig" zu betreiben um zu Überprüfen,
ob die
Beratungszentren auch ihre Serviceleistungen erbringen. Darauf erhielt ich die
Antwort, dass es nicht generell um Beratungszentren, sondern um die
Bundessozialämter geht
Meine
Nachfrage beim Mitarbeiter von marketmind, warum dann aber in im Text
steht,......., also ein bestimmtes Beratungszentrum und nicht die
Bundessozialämter,
erhielt ich die Auskunft, dass dies nicht konkret genannt werden
sollte. Und auf meine Frage, warum es eine gute Sache sein soll, wenn
„verdeckte
Kunden", also nichtbehinderte Personen Serviceleistungen für Menschen mit
Behinderung via mystery shopping beurteilen sollen, erhielt ich keine Antwort.
Am Ende des Telefonates stellte ich mich vor und versprach, alles zu tun, um
dieses
mystery shopping abzustellen.
Nach
ca. ½ Stunde bekam ich einen Anruf vom Telefondienst, mit der Frage, ob sie
mir ein Gespräch durchstellen dürfen. Als ich dies bejahte, hat sich eine Frau,
die
sich als Verantwortliche dieses mystery shopping „Projektes" vorstellte,
in der Handy
Leitung!
Sie
versuchte sich für dieses „Testkäufer" Angebot, also das mystery shopping
zu
rechtfertigen!
Heute
habe ich als „verdeckte Interessentin" wieder angerufen und mich neuerlich
für
diese „gute Sache" interessiert und gefragt, was ich den da verdienen
würde. Mir
wurde gesagt, ich erhielte pro „Beratungsgespräch" € 18,--, aber es ist
jetzt so, dass
sie noch keine Interessenten annehmen könnten, da noch ein paar Dinge zu klären
sind!
In
der Anfragenbeantwortung 721/AB zu 768/j vom 16.9.03 durch das
Bundesministerium für soziale Sicherheit Generationen und Konsumentenschutz ist
festgehalten: „ Die Verantwortung für die Projektdurchführung - inklusive des
Abschlusses des Werkvertrages - obliegt ausschließlich dem Bundeskanzleramt.
Die
durch das Projekt auflaufenden Kosten werden ebenfalls ausschließlich vom
Bundeskanzleramt getragen".
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.
Wie lautet generell Ihre Stellungnahme zu der „guten Sache" als
„verdeckte
Kunden bei den Bundessozialämtern „mystery shopping" zu gehen?
2. Wie lautet die Ausschreibung für diesen Auftrag?
3.
Sind Sie bereit, die Kopien der Ausschreibungsunterlagen dieser
Anfragenbeantwortung beizulegen?
Wenn nein: Warum nicht?
4. Wann und durch wem wurde dieser Auftrag an marketmind erteilt?
5.
Wie hoch sind die Kosten, die für das „mystery shopping" vom
Ministerium
dafür veranschlagt wurden?
6. Welcher Betrag wurde wann bereits an marketmind ausbezahlt?
7. Welcher Betrag war bis zum Stichtag 31. Juli 2003 noch offen?
8. Welcher Betrag ist bzw. wird bis zum Stichtag 31.12. 2003 noch fällig?
9.
Was ist der Grund dafür, dass Bundessozialämter in dieser „Form"
überprüft
werden sollen?
10. Glauben Sie, dass „verdeckte
Kunden", die weder selbst betroffen oder
betroffene Angehörige sind, die
geniale Fähigkeiten haben zu bewerten,
welche Beratung für Menschen mit
Behinderung fachlich ist oder nicht?
Wenn ja: Warum?
11. Glauben Sie, dass „verdeckte
Kunden", die weder selbst betroffen oder
betroffene Angehörige sind, besser
bewerten können, ob die Mitarbeiterinnen
der Bundessozialämter zu den
„echten behinderten Kundinnen" freundlich
sind oder nicht?
Wenn ja: Warum?
12. Glauben Sie, dass „verdeckte
Kunden", die weder selbst betroffen oder
betroffene Angehörige sind, besser
bewerten können, ob die Mitarbeiterinnen
der Bundessozialämter den „echten
behinderten Kundinnen" die Auskünfte
verständlich machen können oder
nicht?
Wenn ja: Warum?
13. Glauben Sie, dass „verdeckte
Kunden", die weder selbst betroffen oder
betroffene Angehörige sind, besser
bewerten können, ob die Mitarbeiterinnen
der Bundessozialämter gegenüber
„echten behinderten Kundinnen"
Engagement zeigen oder nicht?
Wenn ja: Warum?
14. Glauben Sie, dass „verdeckte
Kunden", die weder selbst betroffen oder
betroffene Angehörige sind, besser
bewerten können, ob Bundessozialämter
Barrieren für „echten behinderten
Kundinnen" aufweisen oder nicht?
Wenn ja: Warum?
15. Was sind die Kriterien, nach denen
„verdeckte Kunden", die weder selbst
betroffen oder betroffene
Angehörige sind, bewerten sollen, was tatsächliche
Barrieren für Menschen mit
Behinderungen sind?
Wenn ja: Warum?
16. Welche Barrieren sind dabei konkret gemeint?
17. Haben Sie das sgn. „Angebot
für eine gute Sache" für „verdeckte Kunden"
vor der Veröffentlichung durch
marketmind überprüft und für gut befunden?
Wenn nein: Warum nicht und was war
der konkret Grund dafür, marketmind
als „fachlich geeignetes
Institut" unter Vertrag zu nehmen?
18. Ist es nicht auch Ihr Ziel, das
Menschen mit Behinderung und deren
Angehörige als „Experten in
eigener Sache" anerkannt werden und das
Fremdbestimmung schon längst der
Vergangenheit angehören sollte?
Wenn ja: Warum wurde dann anders
gehandelt?
Wenn nein: Warum nicht?
19. Warum wird (auch) in diesem Fall das
Recht auf Selbstbestimmung gröblichst
verletzt?
20. Glauben Sie, das wir Menschen mit
Behinderung und Angehörige von
Menschen mit Behinderung nicht in
der Lage sind, selbstbestimmt zu
bewerten, welche Serviceleistung
okay ist und welche nicht?
Wenn nein: Warum nicht?
21. Was halten Sie davon, „echte"
Kundinnen beurteilen zu lassen, ob sie mit
ihrem zuständigen Bundessozialamt
zufrieden sind oder nicht?
22. Was halten Sie davon, wenn
„echte" Kundinnen" nach Abschluss ihres
Beratungsgespräches gebeten werden
würden, einen Fragebogen über die
Qualität des Beratungsgespräches
auszufüllen, (der natürlich anonym sein
muss) und in einen dafür
vorgesehenen Postkasten zu werfen, um die Qualität
der
Serviceleistung „testen" zu können.
23. Glauben Sie nicht auch, dass die
Bundessozialämter bereit wären, diese
Fragebögen dann an jene Stelle zu
senden, die dann für die Auswertung
dieser Bögen zuständig ist?
24. Sind Sie meiner Meinung, dass diese
Form der Befragung erstens zeitgemäß
wäre und zweitens nicht den
schlechten „Geruch" hinterlassen würde, dass
die Bundessozialämter im Auftrag
des Ministeriums „beschnüffelt" werden?
25. Sind Sie bereit, konkret tätig zu
werden, damit diese „Art" der Erhebungen
von Serviceleistungen unverzüglich
abgestellt werden?
Wenn ja: Was werden Sie bis wann
konkret tun?
Wenn nein: Warum nicht?