839/J XXII. GP

Eingelangt am 24.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Spindelberger
und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
Betreffend: „100 Stunden gratis Arbeiten für Hettlage"

Der AK-Salzburg liegt ein Bettelbrief der Fa. „Hettlage" vor, in welchem diese ihren
Arbeitnehmerinnen ein sogen. „Solidarpaket" abverlangt wird. Die AK hat dies auch in
einer Presseaussendung deutlich gemacht:

„Die Mitarbeiter der Firma Hettlage in Österreich sollen ab November ein Jahr lang 100
Stunden gratis arbeiten. Mit dieser Aktion auf dem Rücken der Arbeitnehmer wollen die
Hettlage-Chefs die Firma sanieren. Für die Arbeiterkammer Salzburg ist das völlig
inakzeptabel.

Im August flatterte den österreichischen Mitarbeitern von Hettlage ein Bittschreiben der
Chefetage ins Haus. Darin ist von „Opfer", „Solidarität" und „Schulterschluss" die Rede.
Das Unternehmen habe im vergangen Jahr einen Umsatzrückgang von 20 Millionen Euro
verzeichnet, auch im ersten Halbjahr 2003 sei die Lage unverändert schlecht, schreiben
die Firmenchefs. Die Mitarbeiter (Vollzeitkräfte) werden deshalb gebeten, zwölf Monate
lang zusätzlich 100 Stunden ohne Bezahlung zu arbeiten, Teilzeitkräfte sollten einen
entsprechenden Anteil leisten.

In Deutschland will das Unternehmen den Mitarbeitern das Weihnachtsgeld streichen, in
Österreich ist das nicht möglich: Hierzulande sollen die Mitarbeiter ab November ihren
Beitrag über die Arbeitszeit leisten.

Gewissermaßen als „Entscheidungshilfe" drohen die Chefs mit Schließungen: „Im
vergangenen Jahr wurden in Österreich zwei Niederlassungen und in diesem Jahr werden
in Deutschland sieben Verkaufsniederlassungen geschlossen. 2004 kommt es zu weiteren
Schließungen", heißt es in dem Schreiben."

AK-Präsident Siegfried Pichler ist entsetzt über diesen Hettlage-Brief.

Die Arbeiterkammer befürchtet nun, dass die Mitarbeiter aus Angst vor Kündigung keine
andere Alternative sehen, als der Bitte der Firmenchefs nachzukommen. 43 Mitarbeiter
sind in Salzburg betroffen. Hettlage unterhält in Österreich 12 Filialen, darunter eine Filiale
im Europark Salzburg.

Die Vorgehensweise des Unternehmens ist aus Sicht der Fragesteller völlig inakzeptabel,
noch dazu, weil damit auch keine Arbeitsplatzgarantie für die Zukunft verbunden ist. Die
Beschäftigten wären auf jeden Fall der Verlierer.

Bei den österreichischen Arbeitnehmervertretungen sind in den letzten Jahren mehrere
derartige
"Arbeitsplatzerpressungen" bekannt geworden. Viele Arbeitnehmerinnen haben
sich allerdings in den letzten Jahren darauf eingelassen, um einer möglichen Kündigung
zu entgehen.


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit nachstehende

Anfrage

1. Wie beurteilen sie als für "Arbeit" ressortzuständiger Bundesminister den Inhalt
dieses Schreibens von Hettlage ?

2. Ist ein „freiwilliger" Verzicht auf die Bezahlung von Arbeitsleistungen - in diesem
Fall 100 Stunden im Jahr - rechtsgültig?

3. Wenn nein, warum nicht? Gibt es dazu oberstgerichtliche Entscheidungen?

4. Wenn ja, welche oberstgerichtliche Entscheidungen liegen vor?

5. Wie viele ähnliche Fälle sind ihnen in den letzten Jahren bekannt geworden? Was
haben sie dagegen unternommen?

6. Was werden sie als ressortzuständiger Bundesminister unternehmen um derartige
„Erpressungen" durch Unternehmen in Zukunft zu verhindern?

7. Was raten sie ArbeitnehmerInnen, die in der Vergangenheit derartige

Verzichtserklärungen unterschrieben haben? Ist eine Nachforderung des Entgelts
möglich - insbesondere dann, wenn trotzdem eine Kündigung ausgesprochen
wurde?