840/J XXII. GP
Eingelangt am 24.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Spindelberger
und GenossInnen
an den Bundesminister für Justiz
Betreffend: „100 Stunden gratis Arbeiten für Hettlage"
Der
AK-Salzburg liegt ein Bettelbrief der Fa. „Hettlage" vor, in welchem diese
ihren
Arbeitnehmerinnen ein sogen. „Solidarpaket" abverlangt wird. Die AK hat
dies auch in
einer Presseaussendung deutlich gemacht:
„Die
Mitarbeiter der Firma Hettlage in Österreich sollen ab November ein Jahr lang
100
Stunden gratis arbeiten. Mit dieser Aktion auf dem Rücken der Arbeitnehmer wollen
die
Hettlage-Chefs die Firma sanieren. Für die Arbeiterkammer Salzburg ist das
völlig
inakzeptabel.
Im
August flatterte den österreichischen Mitarbeitern von Hettlage ein
Bittschreiben der
Chefetage ins Haus. Darin ist von „Opfer", „Solidarität" und „Schulterschluss"
die Rede.
Das Unternehmen habe im vergangen Jahr einen Umsatzrückgang von 20 Millionen
Euro
verzeichnet, auch im ersten Halbjahr 2003 sei die Lage unverändert schlecht,
schreiben
die Firmenchefs. Die Mitarbeiter (Vollzeitkräfte) werden deshalb gebeten, zwölf
Monate
lang zusätzlich 100 Stunden ohne Bezahlung zu arbeiten, Teilzeitkräfte sollten
einen
entsprechenden Anteil leisten.
In
Deutschland will das Unternehmen den Mitarbeitern das Weihnachtsgeld streichen,
in
Österreich ist das nicht möglich: Hierzulande sollen die Mitarbeiter ab
November ihren
Beitrag über die Arbeitszeit leisten.
Gewissermaßen
als „Entscheidungshilfe" drohen die Chefs mit Schließungen: „Im
vergangenen Jahr wurden in Österreich zwei Niederlassungen und in diesem Jahr
werden
in Deutschland sieben Verkaufsniederlassungen geschlossen. 2004 kommt es zu
weiteren
Schließungen", heißt es in dem Schreiben."
AK-Präsident Siegfried Pichler ist entsetzt über diesen Hettlage-Brief.
Die
Arbeiterkammer befürchtet nun, dass die Mitarbeiter aus Angst vor Kündigung
keine
andere Alternative sehen, als der Bitte der Firmenchefs nachzukommen. 43
Mitarbeiter
sind in Salzburg betroffen. Hettlage unterhält in Österreich 12 Filialen,
darunter eine Filiale
im Europark Salzburg.
Die
Vorgehensweise des Unternehmens ist aus Sicht der Fragesteller völlig
inakzeptabel,
noch dazu, weil damit auch keine Arbeitsplatzgarantie für die Zukunft verbunden
ist. Die
Beschäftigten wären auf jeden Fall der Verlierer.
Bei
den österreichischen Arbeitnehmervertretungen sind in den letzten Jahren
mehrere
derartige "Arbeitsplatzerpressungen" bekannt geworden. Viele
Arbeitnehmerinnen haben
sich allerdings in den letzten Jahren darauf eingelassen, um einer möglichen
Kündigung
zu entgehen. Damit ergeben sich auch zahlreiche Rechtsfragen.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage
1. Wie
beurteilen sie als für Justiz zuständiger Bundesminister den Inhalt dieses
Schreibens von Hettlage ? Ist eine strafrechtliche Relevanz (z. B. Nötigung)
gegeben?
2.
Ist
ein „freiwilliger" Verzicht auf die Bezahlung von Arbeitsleistungen - in
diesem
Fall 100 Stunden im Jahr - rechtsgültig?
3. Wenn nein, warum nicht? Gibt es dazu oberstgerichtliche Entscheidungen?
4. Wenn ja, welche oberstgerichtliche Entscheidungen liegen vor?
5. Wie
viele ähnliche gerichtliche Fälle sind Ihnen in den letzten Jahren bekannt
geworden? Wie haben die Gericht entschieden?
6. Was
werden sie als Justizminister unternehmen um derartige „Erpressungen"
durch
Unternehmen in Zukunft zu verhindern?
7. Was raten sie ArbeitnehmerInnen, die in der Vergangenheit derartige
Verzichtserklärungen
unterschrieben haben? Ist eine Nachforderung des Entgelts
möglich - insbesondere dann, wenn trotzdem eine Kündigung ausgesprochen
wurde?