846/J XXII. GP

Eingelangt am 24.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten

Broukal, Jarolim und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Steuerfreiheit von „direkten Spenden"

Wie durch die Medien bekannt wurde, sind durch diverse Vortragstätigkeiten des
Finanzministers angeregte Zahlungen jeweils in der Höhe von € 7.000,- bis € 10.000,-zu
Gunsten gemeinnütziger Einrichtungen sowie zugunsten eines Treuhandkontos zur
Auszahlung gekommen.

Hierbei wurde bekannt, dass die Zahlung dieser Beträge direkt von den Unternehmen, welche
die Vorträge veranstaltet hatten, an die jeweilige gemeinnützige Einrichtung erfolgte und
diese Vorgangsweise daher nicht als Honorar für die getätigten Vorträge verstanden werden
darf, sondern als bloße Anregung, zugunsten sozial Bedürftiger zu spenden. Solche „direkten
Spenden" seien in jeder Hinsicht steuerfrei, sowohl schenkungssteuerfrei auf Ebene des
Zahlungsempfängers bzw. Zahlungsgebers, als auch einkommenssteuerfrei auf Ebene der
Person, welche die Zahlung angeregt hatte.

In diesem Zusammenhang wurde ebenso bekannt, dass derartige Zahlungen nicht nur direkt
an bestimmte gemeinnützige Einrichtungen erfolgt sind, sondern auch an ein bei einem Notar
eingerichtetes Treuhandkonto.

Aufgrund des dargestellten Sachverhalts darf angenommen werden, dass solche „direkten
Spenden" steuerfrei behandelt werden dürfen. Hierbei werden als „direkte Spenden"
Auszahlungen verstanden, die ein Unternehmen aufgrund der Anregung einer für dieses
Unternehmen tätig gewordenen Person zugunsten sozial bedürftiger Personen getätigt hat.

Zahlreiche Anfragen haben gezeigt, dass aufgrund der im Zusammenhang mit Vorträgen des
Finanzministers „gewährten" Steuerbegünstigungen der Bedarf besteht, auch weiteren
potentiellen Spendern eine derartige steuerbegünstigende Vorgangsweise zu bescheinigen.
Zuletzt hat Herr Abgeordnete zum Nationalrat Josef Broukal gegenüber dem St. Anna
Kinderspital die Erklärung getätigt, Geldmittel im Zusammenhang mit einem von ihm


getätigten Vortrag vor einem im Computerwesen tätigen Verein dem Spital zur Verfügung zu
stellen. In diesem Zusammenhang wurde auch angekündigt, dass gemäß dem „Grasser-
Steuermoden" nicht der Steuer unterworfene Beträge natürlich ebenfalls dem Spital zugute
kommen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:

1. Ist das oben dargestellte Verständnis einer „direkten Spende" zutreffend? Wenn nein,
wie lautet Ihre Definition des Terminus „direkte Spenden", für welche Sie in einer
Presseerklärung am 9. Juli 2003 Steuerfreiheit bescheinigt haben?

2. Welche Rechtnormen sind für die Bescheinigung einer derartigen Steuerfreiheit
einschlägig? Wenn diese nicht genannt werden können, handelt es sich um einen
Umkehrschluss oder einer Rechtslücke?

3.  Welche Vorgangsweise muss von natürlichen Personen gewählt werden, damit ein von
Unternehmen, für welche diese tätig wurden, aufgrund dieser Tätigkeit als Spende
ausgezahlter Betrag nicht ihrem Einkommen zugerechnet wird und daher nicht der
Einkommenssteuer unterliegt?

4.  Ist es notwendig, dass der von einer natürlichen Person angeregte Spendebetrag direkt
an eine vorab bestimmte gemeinnützige Einrichtung zur Auszahlung gebracht werden
muss?

Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

5.  Reicht es nicht auch, wenn ein Verwendungszweck für sozial Bedürftige vereinbart
wurde, diesen Betrag auf einem Treuhandkonto zur weiteren Verwendung zwischen
zu lagern?

Wenn ja, warum?


Wenn nein, warum nicht?

6.   Der pensionierte Burgschauspieler Otto Tausig hatte in ähnlicher Weise Leistungen an
diverse Einrichtungen erbracht, eine Auszahlung branchenüblicher Honorare jedoch
abgelehnt, und angeregt, diese stattdessen an gemeinnützige Organisationen zu
spenden. Das Finanzamt hatte ihm auf Anfrage Einkomrnensteuerpflicht für diese
Beträge bescheinigt.

Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass die durch Ihre Vortragstätigkeit zur Auszahlung
gelangten Beträge nicht Ihrem Einkommen zugerechnet wurden und daher nicht der
Einkommenssteuer unterlagen, der ähnlich gelagerte Fall des Otto Tausig jedoch
anders beurteilt wurde?

7.   In einem Schreiben vom 26. August 2003 erklärte das Finanzamt für den 9., 18. und
19. Bezirk und Klosterneuburg auf Anfrage der Merkur-Treuhand
Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsges.m.H., dass „gem. EstR, RZ
4601...Einnahmen einem Steuerpflichtigen zugeflossen" sind, „sobald er volle
Verfügungsmacht über sie erhält".

Wie ist diese „Verfügungsmacht" Ihrer Ansicht nach zu definieren?

Erhält der Steuerpflichtige durch die Einzahlung auf ein von ihm errichtetes
Treuhandkonto die Verfügungsmacht über diesen Betrag? Wenn nein, warum nicht?

Inwiefern ist eine Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen gegeben, wenn dieser bloß
die Zahlung einer vereinbarten Summe als Spende anregt, auf diesen Betrag jedoch
keinerlei Ansprüche erhebt?