862/J XXII. GP

Eingelangt am 01.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend ÖBB-Reform

Der europäische Schienenverkehr befindet sich in einem intensiven Liberalisierungsprozess.
Zahlreiche Richtlinien der Europäischen Union verlangen dabei auch Umstrukturierungen im
Bereich der Schienenverkehrsuntemehmen. So ist zur Stärkung des Wettbewerbs durch das
Mitgliedsland ein diskriminierungsfreier Zugang für Dritte zum Schienenverkehr umzusetzen.
Das erfordert bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) Reformen.

Zusätzlich zum europäischen Umstrukturierungsauftrag finden sich die ÖBB aber auch in
einer Finanzsituation, die überwiegend durch den Bund und damit von den österreichischen
Steuerzahlern getragen wird. Die jährlichen Zuschüsse belaufen sich mittlerweile auf rund 4,4
Mrd. Euro. Der kummulierte Verschuldungsstand von ÖBB und

Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft (SCHIG) wird gegen Ende 2003 rund 10
Mrd. Euro betragen. Daher müssen organisatorische und rechtliche Grundlagen geschaffen
werden, um eine Senkung des Zuschussbedarfes, eine nachhaltige Kostensenkung und ein
weiteres Wachstum der Erlöse der Absatzbereiche sicherzustellen.

Der Rechnungshof führt zahlreiche Kritikpunkte zur ÖBB-Personalpolitik an. Unter anderem
fallen darunter das ständig sinkende tatsächliche Pensionsantrittsalter, das derzeit bei 52,2
Jahren liegt; die überdurchschnittlich hohen Krankenstandstage, die derzeit bei 26,1
Kalendertagen pro ÖBB-Bedienstetem liegen, sowie entgeltmäßige Vorrückungsautomatiken,
welche dann im Pensionsfall zu Bruttoersatzraten führen, die von keiner anderen
Beschäftigtengruppe erzielt werden können.

Eine Reform der ÖBB ist daher sowohl zur wettbewerbsmäßigen Ausrichtung als auch zur
Konsolidierung der Staatsfinanzen dringend geboten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie folgende

 

Anfrage:

l.        In welcher Form werden die Vorgaben seitens der Europäischen Union aufgrund der
Richtlinien 2001/12   (Novelle der Richtlinie 91/440: „Entwicklung der Eisenbahnen
in der Gemeinschaft"), 2001/13 (Novelle Richtlinie 95/18: „Erteilung von
Genehmigungen - Betreiberlizenzen, Konzessionen") und 2001/14 („Zuweisung von
Fahrwegkapazitäten der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von
Eisenbahninfrastruktur und Sicherheitsbescheinigung") im Rahmen der ÖBB-Reform
verwirklicht?

 

2.        Wie soll die künftige Struktur der ÖBB aussehen? Was sind die Beweggründe für die
vorgesehene Gliederung der ÖBB in Holding und Tochtergesellschaften? Entsteht
durch diese Neustrukturierung finanzieller Mehraufwand für die ÖBB?

3.     Wie soll künftig sichergestellt werden, dass die Zuschüsse des Bundes, die derzeit bei
insgesamt rund 4,4 Mrd. Euro pro Jahr liegen, abgesenkt werden könnten?

4.     Die gesamte Verschuldung von ÖBB-Infrastruktur und SCHIG betrug per Ende 2002
rund 9 Mrd. Euro und wird gegen Ende 2003 auf 10 Mrd. Euro anwachsen. Wie sieht
das Finanzszenario für den Abbau dieser Finanzschulden aus?

5.        Hat das ÖBB-Reformprogramm Auswirkungen auf den weiteren Infrastrukturausbau?
Ist die Umsetzung der im Generalverkehrsplan vorgesehenen Infrastruktur-
Investitionen sichergestellt?

6.        Neben Veränderungen im Strukturbereich sind auch Anpassungen im Bereich des
Dienstrechts vorgesehen. Welche Änderungen treten in diesem Bereich ein?

7.    Werden durch das neue Dienstrecht Kritikpunkte des Rechnungshofes, beispielsweise
wegen überdurchschnittlich hoher Krankenstände, berücksichtigt?

8.        Das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz sieht im Vergleich zum allgemeingültigen
Arbeitsverfassungsgesetz zahlreiche Sonderrechte für die Personalvertretung vor.
Wird es hier zu Änderungen kommen? Wenn ja, zu welchen?