887/J XXII. GP

Eingelangt am 14.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Krauter

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend unterbliebene Meldung von Aktiengeschäften des Finanzministers an den

Unvereinbarkeitsausschuss

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins Profil vom 13. Oktober 2003 ist zu entnehmen, dass
die Nichtmeldung des Finanzministers von Aktiengeschäften bzw. der Aktienanteile an dem
Unternehmen Y-line AG aufgrund von mangelhafter Beratung erfolgt sei. Grasser sei auch
davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber selbst erst ab einer Beteiligung von 25 % die
Gefahr von Einflussnahme oder Bevorzugung sehe. Vollkommen klar ist, dass diesbezüglich
das Unvereinbarkeitsgesetz nicht unterscheidet: Wenn jemand auch nur drei Aktien besitzt,
muss er das melden (Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer).

Durch den Finanzminister wurde ein Aktienportefeuille von rund 128.000 € dem
Unvereinbarkeitsausschuss verschwiegen. Bei dieser Summe ist Grassers Engagement bei der
Y-line AG nicht berücksichtigt. Finanzminister Grasser erwarb zwischen 15. und 16.
November 1999 in zwei Tranchen 295 Y-line Aktien und veräußerte diese Position zwischen
18. und 22. Dezember 2000.

Auffällig ist der Umstand, dass in der ersten Phase der Erstellung der privaten Homepage von
Karl-Heinz Grasser (zwischen Jahresbeginn 2001 und Juli 2001) ein Betrag von 110.000 €
zum Y-line Tochterunternehmen FirstlnEx geflossen ist. Die Y-line AG befindet sich seit
Herbst 2001 im Konkurs. Y-line Vorstandsvorsitzender Mag. Böhm war seinerzeit als FPÖ
Infrastrukturminister im Gespräch, der ehemalige FirstlnEx Vorstand Dieter Jandl ist ein
enger Schulfreund Grassers. Die FirstlnEx hat sowohl die Homepage des Finanzministeriums
um rund 50.000€ errichtet, als auch die Homepage-Adresse
www.karlheinzgrasser.com. die
nie online ging, registriert. Nach dem Ausscheiden von Jandl bei FirstlnEx kam es zur
Stornierung des Homepage-Auftrages. Somit steht einer Zahlung von 110.000 € eine Null-
Gegenleistung gegenüber.


Interessant erscheint dies vor dem Hintergrund, dass der FPÖ-Parlamentsklub als Schuldner
der Y-line AG im Konkursverfahren aufgetaucht ist und die entsprechende Forderung gegen
die FPÖ von 1,5 Mio. € auf rund 480.000 € reduziert wurde, diesbezüglich ist eine Klage des
Masseverwalters anhängig. Es ist somit nicht auszuschließen, dass es sich bei dieser Zahlung
an die FirstlnEx um ein Scheingeschäft zu Lasten der Y-line Gläubiger handelte.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt auch gegen Mag. Böhm wegen des Verdachtes auf
schweren Betrug und Bilanzfälschung. Vom Y-line Masseverwalter wurde eine Klage beim
Handelsgericht Wien eingebracht, wonach Böhm sich bei jenem Mann erkenntlich gezeigt
habe, der die Y-line AG als einziger Analyst Europas als Anlage empfohlen hat. Böhm habe
laut Klage zum Analysten der Lehmann&Brother Bankhaus AG eine intensive Beziehung
gepflogen. Anhand von Belegen hat der Masseverwalter den Analysten beim Handelsgericht
Wien vorerst auf die Rückzahlung von 34.844 € geklagt.

Lehmann&Brothers Bankhaus AG erhielt von Bundesminister Grasser über Vermittlung von
Karl-Heinz Muhr einen 10,3 Mio. € Auftrag zur Bewertung der Bundeswohnungen.

Die Steuerberatung und Bilanzerstellung von Y-line wurde durch die Kanzlei Ernst&Young
durchgeführt. Manipulationen hinsichtlich der Y-line Bilanz sind Teile der Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft. Gleichzeitig wurden durch Finanzminister Grasser und ausgelagerte
Unternehmen des Bundes mehrere Aufträge an Ernst&Young vergeben.

Seltsam erscheint auch der Umstand, dass ein ehemaliger Aufsichtsrat der FirstlnEx (Dr.
Keppert) nunmehr in der Strafsache gegen den Y-line Aufsichtsratvorsitzenden als Gutachter
herangezogen wird.

All diese Fakten zeichnen ein Bild des Systems Grasser, ebenso wie die Ausrede des
Finanzministers, dass er hinsichtlich seiner Unvereinbarkeitsmeldung „falsch" beraten -
wurde.

Aus den genannten Gründen richten die unterzeichneten Abgeordneten daher an den
Bundesminister für Finanzen nachstehende


Anfrage:

1.      Von welchen natürlichen bzw. juristischen Personen wurden Sie anlässlich Ihrer
Meldung gegenüber dem Unvereinbarkeitsausschuss im Jahr 2000 beraten, wie viele
entsprechende Beratungseinheiten fanden, geordnet nach Beratern, statt und welche
Kosten wurden durch diese Beratung verursacht?

2.      Von welchen natürlichen bzw. juristischen Personen wurden Sie anlässlich Ihrer

Meldung gegenüber dem Unvereinbarkeitsausschuss im Jahr 2003 beraten, wie viele
entsprechende Beratungseinheiten fanden, geordnet nach Beratern, statt und welche
Kosten wurden durch diese Beratung verursacht?

3.      War Ihnen im Zeitpunkt des Ankaufes von Y-line Aktien bekannt, dass der FPÖ-
Parlamentsklub Geschäftsbeziehungen mit der Y-line AG pflegte?

4.      War Ihnen im Zeitpunkt der Zahlung von 110.000 € durch Ihren Homepage-Verein zur
Förderung der New Economy bekannt, dass der FPÖ-Parlamentsklub Konkursschuldner
im Insolvenzverfahren der Y-line AG ist?

5.      Aus welchem Rechtstitel und für welche Gegenleistung wurden von Ihrem Homepage-
Verein 110.000 € an die FirstlnEx bezahlt?

6.      Welche Zahlungen des Bundesministeriums für Finanzen gingen an die FirstlnEx und
welchem Zweck dienten diese Zahlungen jeweils geordnet nach Auftrag, Vertragsinhalt
und Kostenhöhe?

7.      Können Sie ausschließen, dass durch die Zahlung Ihres Homepage-Vereines an die Y-
line Tochter FirstlnEx und der gleichzeitigen Herabsetzung der Schulden des FPÖ-
Parlamentsklubs im Zuge des Konkursverfahrens der Y-line AG Gläubigerinteressen
beeinträchtigt wurden?