888/J XXII. GP

Eingelangt am 14.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Maier
und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend "EURATOM-Vertrag und Wettbewerbsrecht"

Die Abgeordneten des Österreichischen Nationalrates haben von der „Überparteilichen
Plattform gegen Atomgefahren und Zukunftswerkstatt Energie" einen Brief vom
26.09.2003 mit zahlreichen Fragen rund um die Subventionen der britischen Regierung an
British Energy erhalten.

In diesem ist zu lesen:

Nachdem British Energy bereits bei seiner Gründung im Zuge der Liberalisierung der
britischen Elektrizitätswirtschaft fragwürdige Startvorteile eingeräumt wurden, konnte nun
nur der Beschluß massivster Subventionen des britischen Staates die Nuklear
firma retten.
Innerhalb der EU-Kommission lehnt, nicht zum ersten Mal in jüngerer Vergangenheit,
Energiekommissarin Loyola de Lacio gegenüber Wettbewerbskommissar Mario Monti die
Anwendung der EU-Strom-Binnenmarktregeln und Liberalisierungsprinzipien unter
Berufung auf den EURATOM- Vertrag ab.

Vor dem Hintergrund des Streits zwischen Atom- und Wettbewerbsrecht erheben sich nun
zahlreiche Fragen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit nachstehende

Anfrage:

l.   Halten Sie die von der britischen Regierung beschlossenen Zuwendungen an British Energy in
Milliarden-Euro-Höhe für wettbewerbsgerecht oder wettbewerbswidrig?
Aufgrund welcher Rechtslage?


2.   Hat Ihr Ministerium bereits andere, frühere (evtl. anhaltende) Fälle von Subventionierung
insbesondere großer europäischer Stromproduzenten und/oder -Verteiler verfolgt (etwas die
direkten und indirekten staatlichen Hilfen für Electricité de France)?

2a) Sind derartige Fälle und insbesondere der vorliegenden (BE) in Ihrem Ministerium
ausführlich dokumentiert?

2b) Bestehen diesbezüglich Kontakte zu Fachleuten und/oder Organisationen, die sich in
internationalem Rahmen oder in den Sitzstaaten der begünstigten Unternehmen teils seit
langem kritisch mit deren Rolle und mit dem gesamten Themenkomplex befassen?

2c) Sind vom österreichischen Wirtschafts- oder einem anderem Ministerium dazu
beispielsweise Studien/Gutachten bei Europa- bzw. Wettbewerbsrechtle
rn in Auftrag gegeben
worden?

3.   Ist seit Beginn der Liberalisierung des Strommarktes von Ihnen oder Vorgängern im Amt je
erwogen worden, für die Republik Österreich gegen derartige eklatante Begünstigungen der
Nuklea
rwirtschaft innerhalb der Europäischen Union bei der Kommission Beschwerde
einzulegen bzw. Vor dem Europäischen Gerichtshof Klage zu erheben?

3a) Wenn ja - In welchen Fällen?
3b) Wenn nein - warum nicht?

4.   Fassen Sie angesichts des jüngsten und möglicherweise massivsten Falles British Energy eine
solche Beschwerde bzw. Klage ins Auge?
Was spricht in Ihren Augen dafür bzw. dagegen?

5.   Wie schätzen Sie die wettbewerbsrechtlichen Aussichten ein, wenn der vom EU-Konvent
verabschiedete Entwurf einer Unionsverfassung mit inhaltlich unverändertem EURATOM-
Vertrag als angefügtem Protokoll, als welches er EU-Primärrecht bleibt und laut Präambel
„weiterhin volle Rechtswirkung besitzen" soll, von den Mitgliedern beschlossen und von den
nationalen Parlamenten so ratifiziert wird?

5a) Ist die Pattstellung zwischen dem EU-Wettbewerbsrecht und dem EU-Sonderrecht für die
Atomwirtschaft, die dann voraussichtlich weiterbestünde, vom EuGH zu entscheiden?

5b) Sollte diese Klärung eher vor oder eher nach Abschluß des gesamten verfassungsgebenden
Prozesses (Konvent - Regierungskonferenz - Ratifizierungen) geschehen?

6.   Ist es Ihrer Meinung nach tragbar, daß die - massive, rechtliche und daher systematische -
Begünstigung der Kernenergieerzeugung und dazugehöriger, kostenbeeinflussender Bereiche
der Nuklearwirtschaft in der Europäischen Union etwa auf Grundlage fortgesetzter Gültigkeit
von EURATOM auf weitere Jahre oder Jahrzehnte festgeschrieben bleibt?

7.   Ist es für Sie vertretbar, daß in der Union allgemein und in Österreich im speziellen die
nichtnukleare Stromwirtschaft und insbesondere die Erneuerbaren Energien im Bereich der
Stromerzeugung mit einem solchen Zustand leben und wirtschaften?
Wenn ja - warum?


8.   Welche andere Schritte übernimmt oder erwägt Ihr Ministerium, um dem Wettbewerbsrecht in
Energiebelangen gegenüber den Sonderrechten der Atomindustrie auf EURATOM- oder
anderer Grundlage zur Durchsetzung zu verhelfen?