901/J XXII. GP
Eingelangt am 14.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend das problematische Engagement der ÖBf AG in der Ukraine
Wie schon in der Anfrage 463/J vom
23.05.03 erwähnt, plant die Foria-ÖBf
Forstmanagement GmbH, ein Tochterunternehmen der österreichischen Bundesforste
AG,
die langfristige Pacht eines 160.000 ha großen Waldgebietes in den ukrainischen
Karpaten.
Entgegen den Behauptungen in der diesbezüglichen Anfragebeantwortung, Gespräche
wurden und werden mit allen relevanten Stellen, Institutionen und Behörden
geführt, ist
Medienberichten aus der Ukraine zu entnehmen, dass die lokale Bevölkerung zu
wenig oder
kaum in die Planung und Entscheidungsfindung miteinbezogen wird.
Laut der Lemberger Zeitung „Postup" Nr. 145 (1200) /
20.08.2003[1]
protestiert die ansässige
Bevölkerung gegen das Projekt „Karpatenland" auf ihrem Territorium. Die
Abgeordneten des
Dorfrates Zawadiwka (Turkiwskyi Kreis) lehnten in einer Abstimmung das Projekt
der
österreichischen Bundesforste über die Verpachtung der Wälder mehrheitlich ab.
Kritisiert
wird, dass man bis dato die Abgeordneten mit den Bedingungen des Abkommens
nicht
bekannt gemacht habe und viele Fragen ungeklärt seien. Gegen das Projekt
äusserten sich
auch Abgeordnete des ukrainischen Parlaments und das parlamentarische Komitee
für
Sicherheit und für den Kampf gegen die Korruption sowie das Ökologieinstitut
der Karpaten.
Auch die „Staatliche Verwaltung von Ökologie und Naturressourcen" im
Lemberger Gebiet
hat sich dezidiert gegen das Projekt „Karpatenland" ausgesprochen. In
Postup Nr. 183 und
185 (vom 3.+6.10.2003) wird ein offener Brief von 24 Professorinnen des Ökologieinstituts
der Karpaten und der Staatlichen Forsttechnischen Universität in Lemberg an den
Präsidenten der Ukraine, an die Verchovna Rada (Hoher Rat) und das
Ministerkabinett
veröffentlicht. Die hochrangigen WissenschaftIlnnen sprechen sich dezidiert
gegen das ÖBf-
Projekt aus, da sie die Zukunft der Karpaten und in Naturbewahrung und grünem
Tourismus, nicht aber in der forstlichen Erschließung sehen.
Nach unseren Informationen hat die Nationalakademie der
Wissenschaften der Ukraine bzw.
das Ökologie-Institut der Karpaten Vorschläge zum Abkommen über die Gründung
des
Betriebs „Karpatenland" eingebracht, die offenbar keine oder zu wenig
Berücksichtigung
finden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist das Abkommen bzw. ein Teil des Abkommens über den
Betrieb
„Karpatenland" schon öffentlich zugänglich? Wenn ja, wo kann es abgerufen
werden? Wenn nein, was ist der derzeitige Diskussionsstand und wann ist mit
einem Abschluss des Abkommens zu rechnen?
2. Wurde die
erwähnte Tochterfirma bereits gegründet? Wer sind die leitenden
Personen aus Österreich, bzw. aus der Ukraine?
3. Wie groß ist die Fläche, die gepachtet werden soll?
4. Welche österreichischen Firmen werden bei diesem Projekt tätig sein?
5. Wer sind die voraussichtlichen Holzabnehmer?
6. Stimmt es, dass die ÖBf AG ihre Vorbereitungen -
bis auf eine
Werbepräsentation in Lemberg - unter völliger Umgehung der örtlichen NGO's
und ÖkologInnen machen?
7. In der AB 424 vom 15. Juli 03 erwähnen Sie, dass
mit allen relevanten Stellen,
Institutionen und Behörden Gespräche geführt werden. Wie entkräften Sie den
in den ukrainischen Medien kolpiertierten Vorwurf, dass die Abgeordneten, die
Bevölkerung sowie einschlägig damit befasste Nichtregierungsorganisationen
umgangen werden?
8. Welche Rechte werden der ansässigen Bevölkerung zugestanden
und wie
werden diese abgesichert?
9. Werden
im Abkommen die Rechte der Waldbenützerlnnen,
WaldeigentümerInnen und OrtsbewohnerInnen klar definiert?
10. Stimmt es, dass sich sowohl der Direktor des
Ökologieinstitutes der Karpaten
als auch Abgeordnete des ukrainischen Parlaments sowie das
parlamentarische Komitee für Sicherheit und für den Kampf gegen die
Korruption negativ zu diesem Vorhaben äussern? Was sind ihre Bedenken und
was ist diesen Argumenten entgegenzuhalten?
11. Wie stehen die ÖBf AG dem Vorschlag des Ökologieinstitutes
gegenüber, den
Zeitraum der Nutzung zu verkürzen (etwa auf 10 Jahre mit der Möglichkeit einer
Verlängerung)?
12. Wie wird sichergestellt, dass
ökologisch sensible Waldflächen (z.B.
Schutzwälder, schützenswerte Gebiete, Feuchtbiotope) von der Nutzung
ausgenommen werden bzw. welche Maßnahmen sind für diese Gebiete
vorgesehen?
13. Gibt es eine Karte, die die Nutz- und Schutzwälder und
solche Gebiete, wo der
Holzeinschlag verboten ist, ausweist? Wenn nein, soll eine solche erstellt und
öffentlich zugänglich gemacht werden?
14. Welche wesentlichen Maßnahmen sind zur Sicherstellung einer
nachhaltigen
Bewirtschaftung des Waldes vorgesehen?
15. Welche Aufgaben und Rechte
sollen von ukrainischen Forstbehörden
wahrgenommen werden?
16. In welcher Weise ist unter Berücksichtigung der
unterschiedlichen
Waldbewirtschaftungsbedingungen eine Zusammenarbeit bzw. regelmässiger
Austausch zwischen Fachleuten aus der Ukraine und Österreich vorgesehen?
17. Werden im Abkommen (oder in
entsprechenden Zusatzabkommen) alle Arten
von Infrastruktur-Investitionen mit dem Waldeigentümer vereinbart? Stimmt es,
dass der Waldeigentümer alle nicht amortisierten Investitionen entschädigen
soll? Wenn ja, was sind die Modalitäten?
18. Was geschieht mit Gebäuden, Betriebsflächen und
Einrichtungen, die von der
Foria GmbH nicht benutzt werden und wer soll die Amortisierungskosten
tragen?
19. Inwiefern wird im Abkommen die
Entwicklung der klein strukturierten
Holzwirtschaft vor Ort (Holzbe- und -Verarbeitung) berücksichtig und was sind
die wesentlichen Ziele und Maßnahmen?
20. Wie gehen die ÖBf AG mit der
Tatsache um, dass es durch die
Verpachtungsverträge zu einem massiven Abbau von Personal in den
ukrainischen Forstbetrieben kommen wird?
21. An welchen Maßstäben orientiert sich die Entlohnung der
MitarbeiterInnen der
Foria ÖBf Forstmanagement GmbH?
22. Durch welche konkreten
Maßnahmen werden die sozio-ökonomischen
Auswirkungen auf die Region berücksichtigt? In welche Projekte wird in der
Region investiert?
23. Inwiefern soll bei der Anlage von Forststraßen und
Bringungsanlagen eine
Schonung der Umwelt berücksichtigt werden? Werden auch in
Naturschutzgebieten Forststraßen gebaut werden?
24. Nach unseren Informationen besteht in der Bevölkerung großes
Interesse an
Ökotourismus.
Inwiefern finden diese Anregungen Niederschlag im Konzept
„Karpatenland"?
25. In welchen Ländern planen die ÖBf AG noch solche Nutzungsverträge?