1009/J XXII. GP

Eingelangt am 23.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Matznetter

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Rückforderungen der Telekom Austria an den Bund

Das Finanzministerium sieht sich Rückforderungen der Telekom Austria von rund 250
Millionen Euro gegenüber, wobei Medienberichten zufolge ein Stillhalteabkommen bis Ende
dieses Jahres geschlossen worden sein soll. Es scheint so zu sein, dass die Telekom Austria zu
viel an den Bund für die „Auslagerung" der pragmatisierten Beamten in die Telekom Austria
Personalmanagement GmbH (TAP) gezahlt hat und nun eine Rückforderungen besteht.

Sollte die Republik den Betrag tatsächlich zahlen müssen, wäre das Budget 2004 gefährdet.

Sie haben am 8. September 2003 die schriftliche parlamentarische Anfrage 626/J vom 8. Juli
2003 betreffend Rückforderungen der Telekom Austria an den Bund mehr oder weniger
ausreichend beantwortet. Nachdem es sich bei den in Frage kommenden Beträgen jedoch um
nicht unbeträchtliche mögliche Belastungen für das Bundesbudget handelt, ist eine weitere
Aufklärung der Sachlage notwendig.

Darüber hinaus enthält die im Budgetbegleitgesetz 2003 inkludierte Novelle des PTSG
interessanterweise auch neue Rätsel über die Refundierungspflicht der Unternehmen. Es geht
um die Frage, ob der Bund für die Bundesbeamten Familienbeihilfen direkt auszahlt oder ob
der Bund Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds für die Bundesbeamten zu
leisten hat. Je nachdem, wären die Unternehmen refundierungspflichtig.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende


Anfrage:

1. Ist es richtig, dass der Bund einige zehntausend Bundesbeamte den
 
Nachfolgeunternehmen der PTV überlassen hat?

2. Ist es richtig, dass der Bund durch die Zuweisung der Bundesbeamten an die
 Nachfolgeunternehmen der PTV die Kosten für diese Beamten nicht mehr zu tragen
 
hat?

3. Ist es ein Nachteil für den Bund, dass er durch die Zuweisung der Beamten an die
 Nachfolgeunternehmen der PTV um einige zehntausend - um Ihre Diktion zu
 verwenden - „bewährte Arbeitskräfte" weniger zu bezahlen hat?

4. Sie haben in Ihrer Beantwortung der Anfrage 626/J mehrmals bekräftigt, dass der
 
Rechtsstandpunkt des BMF gegenüber der Forderung der Telekom Austria AG (TA) so
 
ausreichend fundiert sei, dass keine Gefahr für die finanzielle Situation der Republik
 
Österreich bestünde und Sie aufgrund der sicheren Rechtslage auch keine Veranlassung
 gesehen haben, andere Mitglieder der Bundesregierung von dieser Forderung zu
 informieren. Wir wiederholen noch einmal die Frage 14 der parlamentarischen Anfrage
 
vom 8. Juli 2003: Wenn der Rechtsstandpunkt des BMF so gesichert ist, dass die
 Forderung der TA sozusagen „nicht ernst zu nehmen sei" - warum waren Sie der
 
Meinung, ein „Stillhalteabkommen" mit der TA treffen zu müssen?

5. Im PTSG wurde - anlässlich des Budgetbegleitgesetzes 2003 - rückwirkend eine
 
Klarstellung vorgenommen. Nach Ihren Worten handelt es sich ausschließlich um eine
 
Klarstellung eines bis dahin zwar ungenau formulierten, aber trotzdem eindeutigen
 
Tatbestandes. Nennen Sie mindestens ein anderes Gesetz, in welchem aufgrund einer
 
„ungenauen" legistischen Formulierung ohne konkreten Anlass eine reine Klarstellung
 
über mehr als sieben Jahre rückwirkend vorgenommen wurde oder ist es doch so, dass
 auf verfassungswidrige Art und Weise in Form einer Anlassgesetzgebung versucht
 wurde, die seitens der TA gestellten Forderungen ex lege zunichte zu machen?

6. Sie haben die Legalität der Zuweisung der Bundesbeamten zu den ehemaligen PTV-
 Unternehmen mit der Betriebsübergangsrichtlinie der EU begründet. Ist Ihnen bekannt,
 
dass nach herrschender Lehre und Judikatur die Betriebsübergangsrichtlinie der EU gar
 
nicht auf Beamte anwendbar ist?

7. Selbst wenn Ihre Theorie über die Anwendung der Betriebsübergangsrichtlinie richtig
 wäre, so bezieht sich dies auf den Zeitpunkt der Ausgliederung. Wie sehen Sie die


Situation heute, wo es in den ehemaligen PTV-Unternehmen, in der Österreichischen
Post AG genauso wie in der TA tausende Arbeitskräfte gibt, für die keine
Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht. Dienstgeber dieser zwar bewährten, aber
trotzdem überflüssigen Arbeitskräfte ist der Bund, also die Republik Österreich. Die
Unternehmen haben nun eine Menge - bewährte - Arbeitskräfte zu bezahlen, die
einerseits nicht gebraucht werden, für die aber andererseits auch keine
Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht. Diese Arbeitskräfte sind noch dazu nicht
einmal Arbeitnehmer der Unternehmen, sie sind Arbeitnehmer des Bundes. Derjenige,
der diese - seine - Arbeitnehmer nicht zu bezahlen braucht, ist der Bund. Halten Sie an
der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 8. Juli 2003 fest, wonach diese
Situation nicht als Vorteil für den Aktionär „Bund" zu sehen ist?

8. Wie würden Sie den Begriff einer „verdeckten Gewinnausschüttung" definieren?

9. Wenn sich ein Aktionär eines Unternehmens ohne jegliche Gegenleistung auf Kosten
 des Unternehmens Vorteile verschafft, die anderen Aktionären nicht zufließen! wie ist
 
eine solche Handlungsweise in ihrer Diktion zu bezeichnen?

10. Sie selbst haben den Wettbewerb der ehemaligen PTV-Unternehmungen angeordnet
 und auf dem frühzeitigen Börsegang der TA bestanden. Wie ist dies in Einklang zu
 
bringen damit, dass diese Unternehmen Lasten durch die unkündbaren
 Bundesbeamten zu tragen haben, die eindeutig dem Bund zuzurechnen sind?

11. Was gedenken Sie zu unternehmen, um eine sinnvolle Lösung hinsichtlich der den
 
ausgegliederten Unternehmen zugewiesenen Bundesbeamten herbeizuführen?

12. Im Zuge der genannten Novelle des PTSG wurde unter anderem die

 Refundierungspflicht der Unternehmen auf die „... Dienstgeberbeiträge zum
 Familienlastenausgleichsfonds ODER die ausbezahlten Familienbeihilfen .... „
 
erweitert. Daraus ergeben sich folgende Fragen:

12.a. Der Bund ist im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes „Selbstträger" der
Familienbeihilfen. Dies bedeutet, dass der Bund - mit Ausnahme der von ihm
verwalteten Unternehmen, Stiftungen etc. - keine Dienstgeberbeiträge zum
Familienlastenausgleichsfonds zu bezahlen braucht, aber dafür selbst die
Familienbeihilfe an seine Mitarbeiter, die Bundesbeamten, auszahlt. Die
ehemaligen PTV-Unternehmen sind keine Unternehmen des Bundes, keine
Stiftungen und Anstalten, sondern im Wettbewerb stehende
Aktiengesellschaften. Die TA ist noch dazu ein börsennotiertes Unternehmen.
Wie bereits festgehalten, ist der Bund als Dienstgeber der diesen Unternehmen


zugewiesenen Bundesbeamten nicht dienstgeberbeitragspflichtig. Er hat
vielmehr die - vergleichsweise viel niedrigere - Familienbeihilfe an „seine"
Beamten auszubezahlen. Ist es richtig, dass somit die PTV-Unternehmen für die
dienstzugewiesenen Bundesbeamten die ausbezahlten Familienbeihilfen und
nicht Dienstgeberbeiträge zum FLAF zu refundieren haben?

12.b. Oder beabsichtigen Sie, von den PTV-Unternehmen unter dem Vorwand des
FLAF-Beitrages höhere finanzielle Mittel abzuverlangen, als der Bund als
Dienstgeber und Schuldner der Bezüge und Lohnabgaben dieser Beamten selbst
zu leisten hat?

12.c. Wäre dies gegebenenfalls nicht ebenso verfassungswidrig?

13. Durch diese - über sieben Jahre rückwirkende - Änderung des Poststrukturgesetzes
 
wurde eines noch klarer gestellt: Der Bund ist Dienstgeber der den PTA-Unternehmen
 
zugewiesenen Bundesbeamten. Der Bund zahlt die Gehälter dieser Bundesbeamten,
 
die Unternehmen trifft lediglich eine Refundierungspflicht. Schuldner der
 lohnabhängigen Abgaben ist daher ebenfalls der Bund. Somit richten sich die
 
lohnabhängigen Abgaben nach jenen, die der Bund für seine Bundesbeamten zahlen
 
muss. Ist ihnen bekannt, dass gegenüber dem Bund zusätzlich zu den bereits
 
bestehenden Forderungen der TA Rückforderungen der ehemaligen PTV-
 Unternehmen von weiteren rund 250 Mio. € an seitens der Finanzverwaltung zu
 
Unrecht einbehaltener Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds
 
bestehen?

14. Durch Ihre Tätigkeit sind dem Bund bisher bereits mit doch nicht unbeträchtlicher
 
Wahrscheinlichkeit mögliche Zahlungsverpflichtungen von immerhin rund 500 Mio. €
 
entstanden. Halten Sie es weiterhin nicht für notwendig, zumindest ihre Kollegen in
 
der Bundesregierung über die Fehlbeträge zu informieren?

15. Beabsichtigen Sie, diesen neuen Forderungen wiederum durch eine „rein legistische
 Klarstellung" mit Rückwirkung über 7 Jahre entgegenzutreten und die Probleme
 
sozusagen wieder „unter den Tisch zu kehren"?

16. Wäre vielleicht dieses Mal das Familienlastenausgleichsgesetz ein geeigneter

 Kandidat für eine rückwirkende „ausschließlich der Klarstellung dienende" - aber mit
 
hoher Wahrscheinlichkeit nach verfassungswidrige - Gesetzesänderung?


17. Halten Sie es weiterhin nicht für notwendig, sich um eine ernsthafte, seriöse und
 
zielführende Lösung der Problemstellungen der ausgegliederten Einheiten zu
 
bemühen?

18. Die Unternehmen der ehemaligen PTV haben dem Vernehmen nach in den letzten
 
drei Jahren oftmals Versuche unternommen, einige für die wirtschaftliche Gestion der
 
Unternehmen unumgängliche Anpassungen im Dienstrecht der zugewiesenen
 
Bundesbeamten zu erreichen. - erfolglos -. Mit Ihrer Politik der reinen
 
Mittelentziehung durch die Refundierungsverpflichtung der ausgegliederten
 Unternehmen von weit höheren Beträgen, als der Bund für die Beamten selbst zu
 
bezahlen hätte, wird auch jede weitere Privatisierung in Frage gestellt bzw. sogar
 verhindert. Wenn weiter privatisiert wird, ist dies nur mit hohen finanziellen
 
Abschlägen von den zu erwartenden Erlösen möglich. Damit wird der Republik
 Österreich weiterer unwiederbringbarer Schaden zugefügt.

18.a. Warum haben Sie die Anstrengungen der Unternehmen negiert ? Warum haben
Sie nicht mitgeholfen, sinnvolle Lösungen zu finden und damit Schaden für die
Republik Österreich zu vermeiden?

18.b. Wann werden sie damit aufhören, der Republik Österreich durch unüberlegte
 und unausgegorene Handlungen und weitere Anlassgesetzgebungen weiteren
 
Schaden zuzufügen?

18.c. Was gedenken Sie zu unternehmen, um die Situation der Unternehmen zu
verbessern und endlich eine ordentliche Gesamtlösung und damit eine
Verminderung der bestehenden und Vermeidung zukünftiger Forderungen der
Unternehmen zu erreichen ?