1028/J XXII. GP

Eingelangt am 05.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend pietätlose Geschäftspraktiken gegenüber ÖBB-Vorteilscard-Kundlnnen

In der Zeit rund um Allerheiligen und Allerseelen wird traditionell der Verstorbenen
gedacht. Genau diese Jahreszeit nutzen pietätlose Geschäftemacher für das Keilen
um neue Abschlüsse bei Bestattungsversicherungen und dergleichen, ohne
Rücksicht auf die Gefühle der Adressatinnen. In den letzten Wochen wurden
beispielsweise an alle Besitzerinnen einer Vorteilscard der ÖBB über einem
bestimmten Alter entsprechende Angebote einer Versicherung (Quelle
Versicherungen) im Wege einer in Klagenfurt ansässigen Partnerfirma der ÖBB
(Vorteils Club Austria AG) zugesandt. Die „Trauerfall-Privat-Vorsorge" wird dabei als
„Vorteilsangebot für Sie", als Produkt, das „Ihnen Sicherheit bringt" und das „Ihnen
konkrete finanzielle Vorteile bringt", als Befreiung „Ihrer Hinterbliebenen" von
Belastungen und als einer von vielen „kostenlos zugänglichen Vorteilen", den die
ÖBB Vorteilscard eröffnet, angepriesen. Die gesamte Vorgangsweise wird noch von
der abschließenden Bemerkung im Schreiben, „Sie sehen, eine Vorteilscard zu
besitzen, lohnt sich einfach" (bei gleichzeitigem Verweis unter anderem auf die ÖBB-
Homepage!) „gekrönt". Dies wird von Betroffenen zurecht als völlig unpassender
Zynismus, als pietätlos, unseriös und dergleichen zurückgewiesen. Schließlich ist es
häufig so, dass Empfänger derartiger Post selbst Hinterbliebene sind, für die diese
Art der Erinnerung an ihre Verstorbenen gerade zu dieser Zeit des Jahres besonders
fehl am Platz ist.

Die ÖBB verdienen an dieser Verwendung der Daten ihrer Kundinnen. Wohl sieht
das Bestellformular zur ÖBB-Vorteilscard vor, derlei auf Wunsch zu unterbinden,
jedoch ist der entsprechende Hinweis so angebracht, dass er leicht übersehen
werden kann. Auch wenn daher am Ablauf alles rechtens sein mag, ist das Ergebnis
in mehrerlei Hinsicht unbefriedigend. Es steht zudem zu befürchten, dass derartige
Praktiken, die schon heute die Grenzen des guten Geschmacks weit überschritten
haben, infolge der Einsparungswut der Bundesregierung bei den ÖBB noch weiter an
Bedeutung gewinnen werden: Das Unternehmen wird förmlich dazu gezwungen sein,
alle nur irgend möglichen Einnahmen von dritter Seite zu maximieren, also auch
solche. Wie entsprechende Beschwerden belegen, sind derartige Praktiken nicht
geeignet, das Image des im Bundesbesitz befindlichen Unternehmens ÖBB bei
seinen derzeitigen und potenziellen Kundinnen zu verbessern, mit allen nachteiligen
Folgen, auch für die öffentlichen Hände, die bei Kundenschwund entstehende
Mindereinnahmen ausgleichen müssen.

Es besteht daher konsumentenschutzpolitischer, verkehrspolitischer und
grundsätzlicher Handlungsbedarf.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wie beurteilen Sie aus verkehrspolitischer Sicht die beschriebene
Vorgangsweise, die kein Einzelfall ist?

2.  Ist die beschriebene Vorgangsweise (Verwendung von ÖBB-Kundlnnendaten
durch ein anderes Unternehmen zur Zusendung von mit Namen und Adresse
versehenen, aber dennoch angeblich „anonymen" Angeboten eines dritten
Unternehmens) rechtlich korrekt?

3. Sehen Sie es als vorteilhaft für den Geschäftsgang eines Unternehmens im
Eigentum des Staates an, wenn dieses über derlei fragwürdige Methoden
Einnahmen lukriert und damit Kundinnen beleidigt, noch dazu um diese
Jahreszeit?

4.  Haben Sie bereits bzw. werden Sie ihre zB für Konsumentinnenschutz
zuständigen Regierungskolleginnen zum Abstellen dieser Praktiken
motivieren?

5. Wie werden Sie im Zusammenhang mit der ÖBB-Reform verhindern, dass der
Druck auf die ÖBB, derartige einnahmenseitig positive, aber abzulehnende
und imagemäßig negative Aktivitäten zu setzen, weiter steigt?

6. Wer ist im Unternehmen ÖBB für diese Aktion verantwortlich?

7.       Können Sie ausschließen, dass es im Zusammenhang mit dem in der

Anfragebegründung erwähnten Angebot im „Erfolgsfall" Provisionszahlungen
in Richtung ÖBB gibt?