1029/J XXII. GP

Eingelangt am 05.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Regionalbahnstrecken, insbesondere in Niederösterreich

Im Regierungsübereinkommen der FPÖ und ÖVP von Februar 2003 ist der Ausbau
der Schiene als umweltfreundlicher Verkehrsträger sowie eine „Qualitätsoffensive im
öffentlichen Nahverkehr" festgeschrieben.

In der Anfragebeantwortung 770/AB des Verkehrsministers vom 10.10.2003 wird im
Gegensatz dazu festgehalten, dass „im Zuge der ÖBB-Reform auch ein neues
Konzept für die Bewirtschaftung der Nebenbahnen zu erstellen (ist). Dabei ist auch
die Postbus-Integration in die ÖBB zu berücksichtigen. Dazu ist festzuhalten, dass
Bahn und Bus aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen im öffentlichen
Verkehr als Verkehrsträger gleichwertig sind."

Es ist erstaunlich, dass grundlegende verkehrspolitische Bewertungen und
Weichenstellungen offenbar (ohne entsprechende Änderung des
Bundesministeriengesetzes) dem Finanzminister übertragen wurden. Daß es hier
nicht „nur" um öffentlichen Verkehr geht, sondern die Regionalbahnen auch
entscheidende Rolle für ökologisch vertretbaren Güterverkehr spielen, wird nicht
zuletzt durch entsprechende Projektaufträge des BMVIT bestätigt. Daß der Bus in
der verkehrspolitisch, aber auch volkswirtschaftlich wohl gebotenen
Gesamtbetrachtung daher kein gleichwertiger Verkehrsträger sein kann, weil er für
die Abwicklung von Güterverkehr nicht in Frage kommt, ist evident.

Jedenfalls bedeuten diese Regierungsaussagen aber, dass statt des im
Regierungsübereinkommen festgehaltenen Ausbaus der Schiene die Einstellung
weiterer Regionalbahnen (,,Neben"bahnen) im Raum steht. Währenddessen sind die
Folgen der letzten Welle der „Verkehrsbeendigung" auf „Nebenbahnen" noch nicht
bewältigt. Wie es mit dem vielversprechenden Ansatz der Ausschreibung weitergeht,
bleibt darüber hinaus offen. Da die ÖBB darüber hinaus mit dem bevorstehenden
Fahrplanwechsel beim Angebot im Regionalbahnnetz jedenfalls Verschlechterungen
beabsichtigen (zB im Weinviertel beim „Vorzeigeprojekt" Gänserndorf-Groß
Scheinbarth/Obersdorf), besteht dringendster Handlungsbedarf
für ein möglichst
flächendeckendes, ökologisch vertretbares Verkehrsangebot in Österreichs
Regionen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE:

1.   Wann erfolgte für die Strecke St.Aegyd/Markt - Kernhof der
Einstellungsbescheid?

2.   Wann erfolgte die Bewilligung zum Abtrag dieser Strecke und von welcher
Behörde wurde diese in welcher Form erteilt?

3.   Wie weit wird der Abtrag gehen?

4.   Wer sind die Interessenten, die sich für den Ankauf der Liegenschaft(en)
interessieren?

5.   Wie hoch wird der Verkaufspreis sein?

6.   Wann erfolgte für die Strecke Mariazell - Gußwerk der Einstellungsbescheid?

7.   Wann erfolgte die Bewilligung zum Abtrag dieser Strecke und von welcher
Behörde wurde diese in welcher Form erteilt?

8.   Wie weit wird der Abtrag gehen?

9.   Wer sind die Interessenten, die sich für den Ankauf der Liegenschaft(en)
interessieren?

10. Wie hoch wird der Verkaufspreis sein?

11. Welches weitere Vorgehen ist bei der seit zwei Jahren brach liegenden
Bahntrasse Freiland-Türnitz beabsichtigt?

12. Welche Ergebnisse oder Zwischenergebnisse des „Konzepts für die

Bewirtschaftung der Nebenbahnen", das Ihren Aussagen in 770/AB zufolge im
Zuge der - mittlerweile in der Phase der Beschlussfassung befindlichen -
ÖBB-Reform zu erstellen ist, liegen vor?

13. In welcher Weise wird die Postbus-Integration in die ÖBB in diesem
Zusammenhang berücksichtigt?

14. In welcher Weise wird dabei auf die beabsichtigte „Weitergabe" von Anteilen
dieses unter fragwürdigen Umständen gebildeten neuen Beinahe-
Monopolisten im Busbereich an private inländische Mitbewerber
berücksichtigt?

15. Wird bei dieser „Anteilsweitergabe" eine Ausschreibung stattfinden, wenn ja
in welchem geographischen Bezugsraum, wenn nein warum nicht?

16. Welche Informationen zu den regionalwirtschaftlichen Folgen der Stillegung
von Neben-/Regionalbahnstrecken liegen Ihnen vor, speziell auch im Hinblick
auf das Verunmöglichen des Gütertransports auf dem Schienenweg?

17. Welche Untersuchungen im Hinblick auf die Erhaltung und Stärkung der
Rolle der Regionalbahnen beim Gütertransport a) liegen Ihnen vor, b) haben
Sie beauftragt?

18. Welche Absichten für Angebotsreduktionen der ÖBB zum kommenden
Fahrplanwechsel sind Ihnen im einzelnen bekannt, und welche
Gegenmaßnahmen setzen Sie in den jeweiligen Fällen konkret, um im Sinne
des EBG einen bedarfsgerechten Verkehr sicherzustellen?

19. Was haben Sie konkret zur Verhinderung der beabsichtigten

Verschlechterungen im Raum Groß Schweinbarth-Obersdorf-Gänserndorf
unternommen bzw. werden Sie noch unternehmen?

20. Werden Sie die Möglichkeiten des Eisenbahngesetzes (zB §22 Abs 3)
       nützen, um die (wegen des volkswirtschaftlichen Nutzens von
        PendlerInnentransport per ÖPNV im öffentlichen Interesse erforderlichen
            Transportangebote für PendlerInnen sicherzustellen, insbesondere auch in
       der erwähnten Region?